Leitsatz (amtlich)
Die Gewinnbeteiligung von am elterlichen Unternehmen als Kommanditisten beteiligten, nicht mitarbeitenden Kindern kann steuerlich nur bis zur angemessenen Höhe anerkannt werden. Soweit die Gewinnbeteiligung eine Verzinsung des Kapitalanteils von 20 v. H. übersteigt, ist sie unangemessen.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 2, § 15 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob der Anteil der minderjährigen Kinder am Gewinn 1964 einer Familien-KG unangemessen hoch ist und das FA daher der Gewinnverteilungsabrede die Anerkennung versagen durfte.
Die Revisionsklägerin, eine KG, betrieb ein gepachtetes Hotel. Auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom 10. Dezember 1964 wurden die beiden minderjährigen Töchter des Komplementärs und seiner Frau (Kommanditistin) als Kommanditisten aufgenommen. Die Töchter brachten je 7 500 DM als Kommanditeinlage ein, die ihnen von ihren Eltern zuvor im Wege der Umbuchung geschenkt worden waren. Das Vormundschaftsgericht ordnete die zum Abschluß dieser Rechtsgeschäfte erforderlichen Pflegschaften für die minderjährigen Kinder an und genehmigte die notariell beurkundeten Verträge. Nach Eintritt der Töchter in die KG waren die Gesellschafter am Kapital wie folgt beteiligt:
Komplementär mit 20 300 DM
= 29,2 v. H. des Gesellschaftskapitals,
seine Frau (Kommanditistin) mit 34 300 DM
= 49,2 v. H. des Gesellschaftskapitals und
seine Töchter als Kommanditistinnen mit je 7 500 DM
= je 10,8 v. H. des Gesellschaftskapitals.
Jedem Elternteil stand vorweg eine Tätigkeitsvergütung von jährlich 50 000 DM zu.
Der Gewinn der KG betrug im Veranlagungszeitraum 1964 lt. Erklärung zur einheitlichen Feststellung des Gewinns 690 849 DM. Auf den Monat Dezember entfiel anteilig ein Gewinn von 57 570 DM. Der Revisionsbeklagte (FA) beurteilte die den Kindern zugewiesenen Gewinnanteile von je 15 953 DM als unangemessen hoch und setzte als Gewinnanteil für jedes der Kinder 363 DM an.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Gegen die Vorentscheidung wendet die KG mit der Revision ein, es sei unzutreffend, daß eine so hohe Verzinsung der niedrigen Einlagen nur als Ergebnis außerbetrieblicher (rein familiärer) Erwägungen denkbar sei. Die Vorentscheidung verletze den Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Schenke jemand eine Einnahmequelle ohne Einschränkung, dann gingen die vollen Rechte aus dieser Quelle auf den Beschenkten über. Von diesem Sachverhalt müsse auch im Steuerrecht ausgegangen werden.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Vorinstanz ging davon aus, daß die von der KG begehrte Verteilung des Gewinns, die zu einem jährlichen Ertrag des Mehrfachen der den Kindern geschenkten Einlagen führe, auf betriebsfremden, familiären Erwägungen beruhe und daher nicht der Besteuerung zugrunde zu legen sei. Das FG sah den vom FA bei jedem Kind berücksichtigten Gewinnanteil von 363 DM, der zu einer 20 %igen Verzinsung des Realwerts jeder Einlage führe - wie das der Praxis im Bezirk der OFD entspreche -, als einen angemessenen und großzügig bemessenen Gewinnanteil an, wie er unter Fremden vorkommen könne. Diese Vorentscheidung stimmt im Ergebnis mit den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen überein (vgl. Urteile des BFH IV 421/62 U vom 25. Juli 1963, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 78 S. 3 - BFH 78, 3 -, BStBl III 1964, 3; IV R 139/67 vom 15. November 1967, BFH 90, 399, BStBl II 1968, 152).
2. Die Einwendungen der KG rechtfertigen keine andere Entscheidung.
a) Zu Unrecht meint die KG, steuerlich gebe es keine Rechtsgrundlage dafür, von der Gewinnverteilungsabrede der Gesellschafter abzuweichen. Denn für die einkommensteuerliche Beurteilung von Rechtsgestaltungen zwischen sehr nahen Familienangehörigen, bei denen häufig rein familiäre und damit außerbetriebliche Erwägungen eine Rolle spielen, ist entscheidend, welche Abreden unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zwischen einander fremd gegenüberstehenden Personen vereinbart worden wären. Das gilt auch für Gesellschaftsverträge und deren Gewinnverteilungsabreden (vgl. BFH-Urteile IV 421/62 U vom 25. Juli 1963, a. a. O.; IV 335/61 U vom 7. November 1963, BFH 78, 155, BStBl III 1964, 61; VI 296/62 U vom 26. Juni 1964, BFH 80, 402, BStBl III 1964, 619; I 187/64 vom 10. Mai 1967, BFH 88, 518, BStBl III 1967, 498; IV 162/63 vom 8. Juni 1967, BFH 89, 235, BStBl III 1967, 598; IV R 139/67 vom 15. November 1967, a. a. O.; IV 85/65 vom 22. Januar 1970, BFH 98, 401, BStBl II 1970, 413, und IV R 178/68 vom 22. Januar 1970, BFH 98, 405, BStBl II 1970, 416).
Entgegen der Auffassung der KG haben die von der Rechtsprechung zu diesen Fragen entwickelten Grundsätze ihre Rechtsgrundlage unmittelbar in § 1 Abs. 2 und 3 StAnpG und § 12 EStG. Soweit die wirtschaftliche Betrachtung des Sachverhalts (§ 1 Abs. 2, 3 StAnpG) ergibt, daß die Gewinnverteilungsabrede auf familiären Erwägungen beruht, sind die Gewinnzuteilungen im allgemeinen als Zuwendungen nach § 12 Nr. 2 EStG zu beurteilen. Hiermit erledigt sich auch der Einwand, der Ansatz eines von den bürgerlich-rechtlichen Vereinbarungen abweichenden Gewinnanteils verstoße gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie gegen die Einheitlichkeit der Rechtsordnung.
b) In der Nichtanerkennung der Gewinnverteilungsabrede liegt keine Abkehr vom Urteil IV 246/50 S vom 22. August 1951 (BFH 55, 449, BStBl III 1951, 181), wie die KG meint. Denn die Fragen der steuerlichen Anerkennung des Bestehens einer Gesellschaft und der Angemessenheit ihrer Gewinnverteilung sind unabhängig voneinander zu entscheiden, wie der Senat schon damals aussprach (vgl. a. a. O., BStBl III 1951, 183 vorletzter Absatz).
c) Schon in seiner Entscheidung IV R 139/67 legte der Senat eingehend dar, daß es nicht richtig sei, daß, wenn ein Unternehmer einem anderen eine Beteiligung einräume und diese auch steuerlich anzuerkennen sei, dem Beteiligten auch der auf die Beteiligung entfallende, rein quantitativ abgespaltene Gewinn zugerechnet werden müsse. Die Angemessenheit der Gewinnbeteiligung ist gerade bei Gesellschaftsverhältnissen unter nahen Verwandten unabhängig vom Bestehen der Beteiligung gesondert zu prüfen. Hieran hält der Senat fest. Zutreffend aber stelle die Vorinstanz fest, unter Fremden wäre die Gewinnverteilung bei dem ungewöhnlich arbeitsintensiven Hotelbetrieb nicht in der Weise gestaltet worden, daß jemandem, der nicht benötigtes Geld in die KG einbringt und sonst keinerlei weitere Leistungen für deren Betrieb bewirkt, ein Gewinnanteil eingeräumt wird, der ein Mehrfaches der nominellen Einlage beträgt.
d) Die vertraglich vorgesehene Beteiligung der Kinder am Gewinn der KG beruht daher auch auf außerbetrieblichen Familienbeziehungen und ist demgemäß der Besteuerung nur in dem Umfang zugrunde zu legen, in dem sie nicht unangemessen ist. Der Senat sieht sie als unangemessen an, soweit sie zu einer Verzinsung von mehr als 20 v. H. des Kapitalanteils führt. Der diese Höchstgrenze übersteigende Gewinnanteil muß bei der Besteuerung außer Betracht bleiben.
Die Begrenzung der Gewinnbeteiligung auf einen Höchstbetrag widerspricht nicht dem Wesen der Gesellschafterstellung eines Kommanditisten. Selbst bei der OHG kann die Beteiligung eines Gesellschafters am Gewinn auf einen bestimmten festen oder auf einen Höchstbetrag begrenzt werden, ohne daß dies mit dem Wesen der OHG unvereinbar wäre (vgl. Urteil des Reichsgerichts II 512/16 vom 9. März 1917, Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 90 S. 14, und Grundsätze aus den Reichsgerichtsentscheidungen, dort Nr. 3 mit Anm. Hachenburg, Juristische Wochenschrift 1915 S. 1470; Fischer in Großkommentar zum HGB, 3. Aufl. des Staub'schen Kommentars, § 121 Anm. 11). Für die Begrenzung des Gewinnanteils eines Kommanditisten kann nichts anderes gelten. Bei der Festsetzung der Obergrenze für einen angemessenen Gewinnanteil der Kinder ist hierbei jedoch nicht von der Fragestellung auszugehen, ob die Gesellschaftsführung der Eltern mit der Tätigkeitsvergütung von je 50 000 DM vorweg angemessen abgegolten sei, wie die KG meint. Zu fragen ist vielmehr, welches Entgelt der Inhaber eines Unternehmens, auf dessen Arbeitsleistung der Gesellschaftserfolg beruht, einem fremden Dritten für eine Einlage zahlen würde, auf die ernicht angewiesen ist.
e) Soweit die KG vorträgt, es sei denkbar, daß bei der Eröffnung des Betriebes im Jahre 1962 zwei fremde, nicht tätige Kommanditisten mit einer Einlage von je 7 500 DM zu den gleichen Bedingungen aufgenommen worden wären, ist ihr entgegenzuhalten, daß die Verhältnisse im Zeitpunkt des Eintritts der Kinder in die KG und nicht die des Zeitpunkts der Eröffnung des Betriebes maßgebend sind.
f) Die Beurteilung des Sachverhalts nach seinem wirtschaftlichen Gehalt verstößt auch nicht gegen den Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 GG). Das FA wich von der Gewinnverteilungsabrede der Beteiligten nicht deshalb ab, weil sie zwischen Familienangehörigen vereinbart wurde, sondern weil sie in der von den Beteiligten gewählten Weise auf außerbetrieblichen, vom Steuerrecht nicht zu beachtenden Erwägungen beruhte. Gegen den Schutz von Ehe und Familie wird nicht dadurch verstoßen, daß familiäre Abreden außer acht gelassen werden, wenn sie den wirtschaftlichen Gehalt eines Sachverhalts überlagern.
g) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der vom FA als Bemessungsgrundlage für die angemessene Verzinsung geschätzte Wert der Kommanditeinlage um einen anteiligen Firmenwert zu erhöhen ist, wie die KG meint. Denn ein abgeleiteter Firmenwert besteht bei der KG nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 69380 |
BStBl II 1971, 262 |
BFHE 1971, 229 |