Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Berücksichtigung des auf das Kalenderjahr 1956 entfallenden Gewerbeertrags des Wirtschaftsjahrs 1956/1957 bei der Ermittlung des Gewerbesteuermeßbetrags 1957 verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
GewStG § 10; GG Art. 3 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Regelung in Art. 12 Abs. 2 des Gesetzes zur änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts vom 18. Juli 1958 - StändG 1958 -, BGBl 1958 I S. 473, BStBl 1958 I S. 412, wonach der Ermittlung des Gewerbeertrags 1957 der volle Gewinn des Wirtschaftsjahres 1956/57 zugrunde zu legen ist, gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstößt.
Die Bfin. ermittelte ihren Gewinn nach einem vom 1. Mai bis 30. April laufenden Wirtschaftsjahr. Das Finanzamt errechnet den für den Erhebungszeitraum 1957 maßgebenden Gewerbeertrag auf der Grundlage des im Wirtschaftsjahr 1956/1957 erzielten Gewinns, indem es § 10 GewStG in der sich aus Art. 6 Ziff. 4 Buchstabe b des Gesetzes zur änderung steuerrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 - StändG 1957 -, BGBl 1957 I S. 848, BStBl 1957 I S. 352, geltenden Fassung auf Grund des Art. 12 Abs. 2 StändG 1958 erstmals für den Erhebungszeitraum 1957 anwandte. Die Bfin. bestreitet nicht, daß diese Berechnung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags 1957 dem Gesetz entspricht. Sie ist aber der Meinung, daß die dadurch herbeigeführte doppelte Erfassung des auf das Kalenderjahr 1956 entfallenden Gewinns des Wirtschaftsjahrs 1956/1957 gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, weil dieser Gewinnteil bereits bei der Gewerbesteuer 1956 erfaßt worden sei. Da ihr Gewinn des Wirtschaftsjahrs 1956/1957 wesentlich höher als die Gewinne des Vorjahres und des folgenden Jahres lägen, ergebe sich für sie eine ungewöhnliche Steuerbelastung.
Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Das Finanzgericht ging in übereinstimmung mit der Bfin. davon aus, daß die doppelte Heranziehung des auf das Kalenderjahr 1956 entfallenden Gewinns des Wirtschaftsjahrs 1956/1957 als Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer dem klaren Willen des Gesetzgebers entspreche. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit der Besteuerung sei durch diese Regelung nicht verletzt. Der Gesetzgeber habe sich bei der Lösung des Umstellungsproblems noch im Bereich des ihm zustehenden Ermessens gehalten, wenn auch die Regelung in einzelnen Fällen und bei der Bfin. wegen des im Wirtschaftsjahr 1956/1957 verhältnismäßig hohen Gewinns zu einer höheren Steuerbelastung führe.
Entscheidungsgründe
Die Rb. der Bfin. ist nicht begründet.
Wie sich aus der Entscheidung des Senats vom heutigen Tage I 232/59 S (BStBl 1960 III S. 23) ergibt, entspricht die Behandlung des auf das Kalenderjahr 1956 entfallenden Gewinns des Wirtschaftsjahrs 1956/1957 bei den Gewerbesteuerveranlagungen 1956 und 1957 dem Gesetz. In dieser Entscheidung ist im einzelnen dargelegt, warum in der Behandlung der Unternehmer mit abweichendem Wirtschaftsjahr bei der Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerveranlagung 1956 ein Vorteil gegenüber den Unternehmern liegt, deren Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt. Mit Recht weist das Finanzgericht darauf hin, daß dem Gesetzgeber bei der Wiedereinführung der Fiktion, wonach der im Wirtschaftsjahr erzielte Gewinn als im Veranlagungszeitraum oder Erhebungszeitraum erzielt anzusehen ist, verschiedene Möglichkeiten der überleitung zur Verfügung standen. Grundsätzlich bestand keine Veranlassung, dem 12monatlichen Besteuerungszeitraum des Kalenderjahrs 1956 einen kürzeren Gewinnermittlungszeitraum als 12 Monate zugrunde zu legen, weil damit die Unternehmer mit vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr bevorzugt worden wären. Wollte der Gesetzgeber für das Wirtschaftsjahr, für das die Fiktion erstmals gelten sollte (er entschied sich für das Wirtschaftsjahr 1956/1957), eine doppelte Erfassung des auf das Kalenderjahr 1956 entfallenden Gewinnteils des Wirtschaftsjahrs 1956/1957 vermeiden, so hätte er den steuerlich noch nicht erfaßten Teil des auf das Kalenderjahr 1956 entfallenden Gewinns des Wirtschaftsjahrs 1955/56 auf ein Kalenderjahr umrechnen müssen. Diese Umrechnung hätte zu den gleichen Härten bei den Unternehmern geführt, die im Wirtschaftsjahr 1955/1956 einen besonders hohen Gewinn erzielt haben. Außerdem lag es näher, die Besteuerungsgrundlage für das Kalenderjahr 1956 aus einem diesem Kalenderjahr möglichst nahen Zeitraum zu berechnen. Deshalb muß die vom Gesetzgeber getroffene Regelung als zulässig angesehen werden. Jedenfalls liegt eine willkürliche Lösung des übergangsproblems durch den Gesetzgeber nicht vor. Ob und in welchen Fällen das Finanzamt bei Härten, die sich aus der übergangsregelung ergeben, den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag 1956 auf Grund des § 131 AO ermäßigen muß, ist nicht Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Fundstellen
Haufe-Index 409867 |
BStBl III 1961, 25 |
BFHE 1961, 64 |
BFHE 72, 64 |