Leitsatz (amtlich)
Auch Wechselschulden sind Dauerschulden, wenn sie der Erweiterung oder Verbesserung des Anlagevermögens dienen. Sie können des weiteren auch dann Dauerschulden sein, wenn der Gewerbetreibende aufgrund einer vorweg getroffenen Abrede einen gesicherten Anspruch auf Wechselprolongation für einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten hat.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein Omnibusunternehmen. Sie erwarb von der Firma W zahlreiche Omnibusse. Bei Fälligkeit der Kaufpreise wurden teilweise gebrauchte Omnibusse in Zahlung gegeben. Ein Teil der Kaufpreise wurde bei Fälligkeit bar bezahlt. Die Restkaufpreise wurden jedoch überwiegend durch Drei-Monats-Wechsel finanziert. Die Firma W war grundsätzlich bereit, sich von der Klägerin Drei-Monats-Akzepte geben zu lassen und diese in angemessener Höhe zu verlängern. Vor der Fälligkeit eines Wechsels bereitete das Büro der Firma W (ohne Einschaltung der Geschäftsleitung) einen neuen Drei-Monats-Wechsel vor, wobei jeweils von der letzten Wechselsumme eine Teilzahlung abgesetzt wurde. Die Klägerin akzeptierte regelmäßig den Wechsel und leistete die angeforderte Zahlung. Manchmal leistete sie bei mangelnder Liquidität - nach Absprache mit der Firma W - eine geringere oder gar keine Teilzahlung und gab ein Akzept über eine entsprechend höhere Summe zurück. Manchmal leistete sie auch eine höhere Teilzahlung als gefordert. Die Abzahlung erstreckte sich auf 7 bis 18 Quartale und betrug durchschnittlich drei Jahre.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte nach einer Betriebsprüfung in den vorbehaltlosen Gewerbesteuermeßbescheiden für 1973 bis 1976 die Wechseldiskontbeträge als Dauerschuldzinsen den Gewerbeerträgen (§ 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -) und die Wechselschulden den Gewerbekapitalien (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG) hinzu. Der Einspruch blieb im Streitpunkt erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte aus: Die Wechselschulden seien Dauerschulden. Es sei eine Laufzeit des Einzelkredits von über 12 Monaten zu erwarten gewesen. Es habe regelmäßig keiner Neuverhandlungen über die Wechselverlängerungen bedurft. Die Höhe der Teilzahlungen habe sich im allgemeinen nach den letzten Abzahlungen gerichtet. Nur falls die Klägerin eine Abweichung nach oben oder unten gewünscht habe, sei von dem formularmäßigen Vorschlag der Firma W abgewichen worden, wobei sich wegen der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Klägerin mit der Firma W keine Schwierigkeiten ergeben hätten. Der Dauerschuldcharakter werde auch durch den Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung belegt, daß die Wechselkredite einen Bankkredit ersetzt hätten.
Die Klägerin macht mit der Revision geltend: Dauerschulden seien zu verneinen. Bei Kaufvertragsabschluß sei offen gewesen, ob die Wechsel über ein Jahr hinaus prolongiert werden müßten. Ein Kreditvertrag hätte aber eine feste Laufzeit erfordert. Es sei nicht zu erwarten gewesen, daß sich die Finanzierung über einen längeren Zeitraum erstreckt haben würde. Sie, die Klägerin, sei, wie der als Zeuge gehörte Prokurist H von der Firma W bekundet habe, jeweils 14 Tage vor Fälligkeit des Wechsels zur Zahlung des Wechselbetrags aufgefordert worden. Daraufhin habe sie ganz unterschiedlich reagiert. Entweder habe sie den Wechselbetrag gezahlt oder sich den Wechsel prolongieren lassen oder Teilzahlungen in wechselnder Höhe - manchmal sogar den angeforderten Teilzahlungsbetrag übersteigend - geleistet. Der Tilgungszeitraum sei unbestimmt gewesen und habe sich nach ihrer Finanzstärke gerichtet.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Die Vorentscheidung verletzt § 8 Nr. 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG.
1. Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb sind zwecks Ermittlung des Gewerbeertrags gemäß § 8 Nr. 1 GewStG Zinsen für Schulden hinzuzurechnen, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen. Die Verbindlichkeiten, die diesen Schuldzinsen entsprechen, sind zwecks Ermittlung des Gewerbekapitals gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs hinzuzurechnen (Dauerschulden).
Der I. und der IV. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) unterscheiden in ständiger Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, zwischen den Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung oder der Erweiterung des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen (erste Tatbestandsgruppe), und den Schulden, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen (zweite Tatbestandsgruppe); Verbindlichkeiten der ersten Tatbestandsgruppe sind regelmäßig ohne Rücksicht auf ihre Laufzeit Dauerschulden (Urteile vom 30. Juni 1971 I R 55/68, BFHE 103, 80, BStBl II 1971, 750; vom 28. Juli 1976 I R 91/74, BFHE 119, 569, BStBl II 1976, 789; vom 16. November 1978 IV R 192/75, BFHE 126, 305, BStBl II 1979, 151; vom 8. Oktober 1981 IV R 172/80, BFHE 134, 352, BStBl II 1982, 73; s. auch Abschn. 47 Abs. 4 der Gewerbesteuer-Richtlinien 1974 - GewStR 1974 -).
Diese Rechtsprechung ist im Schrifttum teilweise kritisiert worden (u. a. Rose/Telkamp, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1976, 135; Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, 5. Aufl., Lieferung 1982, § 8 Nr. 1, Anm. 11). Der Kritik ist zuzugeben, daß nach der Gesetzesbegründung zu § 8 Nr. 1 GewStG 1936 die zweite Tatbestandsgruppe die Fälle der ersten Tatbestandsgruppe umfassen sollte (RStBl 1937, 693, 695). Diese Auffassung ist aber im Wortlaut des § 8 Nr. 1 GewStG 1936 ff. nicht zum Ausdruck gekommen. Die Vorschrift stellt vielmehr die beiden Tatbestandsgruppen alternativ nebeneinander. Das lediglich im zweiten Satzteil genannte Zeitmoment ("vorübergehende" Stärkung des Betriebskapitals) ist aber, wie die Rechtsprechung betont hat, bei der Auslegung des ersten Satzteils nicht gänzlich außer acht zu lassen. Es behält Bedeutung für die laufenden Geschäftsvorfälle (BFHE 103, 80, BStBl II 1971, 750; s. auch Reichel, Der Betrieb - DB - 1978, 2145). Die frühere Rechtsprechung ist sonach nicht geändert, sondern lediglich unter stärkerer Betonung der Grenzen des Wortsinns des § 8 Nr. 1 GewStG modifiziert worden.
Auch Wechselschulden können die Eigenschaft von Dauerschulden annehmen. Die aufgewandten Diskontbeträge sind dann Zinsen i. S. des § 8 Nr. 1 GewStG (Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 21. Februar 1939 I 464/38, RFHE 46, 194, RStBl 1939, 711).
2. Das FG hat lediglich geprüft, ob die Wechselverbindlichkeiten der Klägerin der zweiten Tatbestandsgruppe des § 8 Nr. 1 GewStG zuzuordnen sind. Es erscheint indessen nicht ausgeschlossen, daß die Wechselverbindlichkeiten mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen (erste Tatbestandsgruppe des § 8 Nr. 1 GewStG). Ihre mögliche Kurzfristigkeit wäre in diesem Falle nicht zu beachten, da mit den Kreditmitteln Anlagevermögen erworben wurde und sonach die Finanzierung eines laufenden Geschäftsvorfalls ausscheidet.
Nicht gefolgt werden kann der von der Klägerin in der Vorinstanz geäußerten Auffassung, daß die von ihr erworbenen Omnibusse Umlaufvermögen seien, weil die Fahrzeuge nach etwa dreijähriger Nutzung wieder veräußert worden seien, um den Fahrzeugpark jung zu halten. Omnibusse eines Personenbeförderungsunternehmens sind nicht zur alsbaldigen Veräußerung, sondern dazu bestimmt, als Anlagevermögen durch die betriebsübliche Nutzung laufende Einnahmen zu erbringen (BFH-Urteil vom 13. April 1965 I 366/62 U, BFHE 82, 466, BStBl III 1965, 416). Eine dauernde Nutzung (§ 152 Abs. 1 des Aktiengesetzes - AktG -) ist selbst dann anzunehmen, wenn beabsichtigt ist, ein zu nutzendes Wirtschaftsgut schon nach einem Gebrauch von weniger als einem Jahr zu veräußern (BFH-Urteil vom 13. Januar 1972 V R 47/71, BFHE 106, 142, BStBl II 1972, 744).
Die Zuführung der angekauften Omnibusse zum Anlagevermögen könnte - eventuell teilweise - den Betrieb in seinem Umfang erweitert (Erwerb zusätzlicher Omnibusse) oder qualitativ verbessert haben (etwa Ersatz von veralteten durch moderne Modelle). Gewöhnliche Ersatz- und Erhaltungsinvestitionen verbessern hingegen nicht den Betrieb, sondern erhalten ihn lediglich in seinem ursprünglichen Zustand. Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des IV. Senats an, daß eine Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs Maßnahmen voraussetzt, denen ein den Gründungs- und Erwerbsvorgängen des § 8 Nr. 1 GewStG vergleichbares Gewicht zukommen muß (Urteile vom 16. November 1978 IV R 192/75, BFHE 126, 305, BStBl II 1979, 151, und in BFHE 134, 352, BStBl II 1982, 73). Der I. Senat ist von seiner früheren Ansicht, daß auch der bloße Ersatz gebrauchter Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens durch neue Wirtschaftsgüter als Verbesserung des Betriebs anzusehen sei (Urteile in BFHE 119, 569, 574, BStBl II 1976, 789; vom 2. Mai 1961 I 63/60 S, BFHE 73, 744, BStBl III 1961, 537), abgerückt, wie er dem IV. Senat auf Anfrage mitgeteilt hat (BFHE 126, 305, 309, BStBl II 1979, 151).
3. Die zweite Tatbestandsgruppe des § 8 Nr. 1 GewStG erfaßt als Dauerschulden ferner Verbindlichkeiten, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen. Die Wechselschulden der Klägerin können auch die Voraussetzungen dieser Alternative erfüllen.
Die Mittel aus der Schuldaufnahme dienten, wie dargelegt, der Beschaffung von Anlagevermögen. Eine solche Maßnahme ist selbst dann nicht ein laufender Geschäftsvorfall, wenn Ersatz- und Erhaltungsinvestitionen getätigt worden sein sollten. Die nicht nur vorübergehende Verstärkung des Betriebskapitals setzt allerdings auch in diesem Fall eine längerfristige Verschuldung voraus, die im allgemeinen bei einer Kreditaufnahme für mindestens 12 Monate anzunehmen ist (zuletzt BFH-Urteile vom 19. Juni 1980 IV R 93/77, BFHE 131, 73, BStBl II 1980, 660; vom 9. April 1981 IV R 24/78, BFHE 133, 67, BStBl II 1981, 481; Abschn. 47 Abs. 6 GewStR; s. bereits Gesetzesbegründung zu § 8 Nr. 1 GewStG in RStBl 1937, 693, 695). Die bisherigen Feststellungen des FG erlauben keine Beurteilung der Frage, ob die Wechselverbindlichkeiten der Klägerin eine Laufzeit von weniger oder mehr als 12 Monaten hatten.
a) Wechselverbindlichkeiten sind regelmäßig von einem Grundschuldverhältnis abhängig. Ihr Charakter läßt sich zutreffend nur bestimmen, wenn das Grundschuldverhältnis - hier die Verbindlichkeiten aus dem Ankauf der Omnibusse - in die Betrachtung miteinbezogen werden. Die von der Klägerin begebenen Akzepte ließen zivilrechtlich die Kaufpreisverbindlichkeiten unberührt. Diese wurden durch die Hingabe der Akzepte nicht getilgt. Denn die Hingabe eines Wechsels zur Bezahlung einer Schuld bedeutet im kaufmännischen Verkehr im Zweifel nur eine Leistung erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -; Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 20. Oktober 1975 II ZR 55/74, Wertpapier-Mitteilungen - WM - 1975, 1255); es sind keine Umstände ersichtlich, die die Annahme einer Leistung an Erfüllungs Statt gebieten würden.
In der Handels- und in der Steuerbilanz werden allerdings, weil wirtschaftlich gesehen nur eine Belastung gegeben ist, nicht beide Verbindlichkeiten passiviert, sondern wegen des stärkeren wirtschaftlichen Risikos lediglich die Wechselverbindlichkeit (s. § 151 Abs. 1 Passivseite VI 2 AktG; Wirtschaftsprüferhandbuch 1981 S. 776; BFH-Urteil vom 31. Juli 1967 I R 234/64, BFHE 90, 132, 134, BStBl II 1968, 7). Die nicht passivierte Kaufpreisschuld ( = Verbindlichkeit aus Lieferung, § 151 Abs. 1 Passivseite VI 1 AktG) geht dadurch jedoch nicht unter. Sie lebt selbst in der Buchführung wieder auf, sobald die wechselrechtliche Haftung erlischt.
Die Kaufpreisschulden gehen auch dann nicht unter, wenn die Firma W - wie vorgetragen - die hereingenommenen Akzepte bei ihrer Bank diskontiert haben sollte. Die Banken sind nach Nr. 42 der Bankbedingungen - insbesondere bei Nichteinlösung - zur Rückbelastung berechtigt. Von einer Tilgung der Kaufpreisschulden konnte erst ausgegangen werden, sobald die Klägerin die begebenen Wechsel in vollem Umfang einlöste.
Sonach wurden kurzfristige Verbindlichkeiten nicht schon durch den Umstand begründet, daß die von der Klägerin begebenen Akzepte lediglich eine Laufzeit von drei Monaten hatten. Der Charakter einer Wechselverbindlichkeit beurteilt sich auch nach der Verbindlichkeit aus dem Grundgeschäft. Dessen Abwicklung wird wiederum von der Akzeptbegebung beeinflußt. Der Gläubiger, der einen Wechsel in Zahlung nimmt, ist verpflichtet, Befriedigung zunächst aus dem Wechsel zu suchen. Die Forderung aus dem Grundgeschäft gilt gleichfalls als gestundet; einer Klage steht der Einwand der Wechselhingabe entgegen (Urteil des Reichsgerichts - RG - vom 22. Dezember 1936 VII 137/36, RGZ 153, 179, 182).
b) Die Stundung für die dreimonatige Laufzeit des Erstwechsels verlieh der Kaufpreisverbindlichkeit noch keinen Dauerschuldcharakter. Eine Stundung über 12 Monate hinaus kann jedoch durch mehrfache Prolongation des Wechsels eintreten (RFH-Urteil vom 7. April 1943 VI 422/42, RStBl 1943, 517; BFH-Urteile vom 2. März 1966 I 33/65, BFHE 85, 192, BStBl III 1966, 280; vom 4. Juli 1969 VI R 276/66, BFHE 96, 535, BStBl II 1969, 712; vom 28. Juni 1978 I R 81/75, BFHE 125, 564, BStBl II 1978, 651). Die Prolongation vollzieht sich derart, daß der Verpflichtete vor dem Verfall des Erstwechsels dem Berechtigten einen Verlängerungswechsel gibt; es bedarf einer Prolongationsabrede (BGH-Urteile vom 2. Juni 1960 II ZR 44/60, WM 1960, 837; vom 12. Oktober 1977 VI ZR 10/76, WM 1977, 1380). Dem Verpflichteten steht nunmehr gegenüber dem Berechtigten die Einrede der Prolongation zu (RG-Urteil vom 26. April 1922 V 585/21, RGZ 104, 331, 333) mit der Folge, daß die Verpflichtung aus dem Grundgeschäft weiterhin als gestundet gilt. Wird der Erstwechsel, wie es hier der Fall gewesen sein dürfte, nicht zurückgegeben, treffen den Wechselnehmer Diligenzpflichten; er hat für die Einlösung fällig werdender Wechsel zu sorgen und sich - gegebenenfalls durch Diskontierung des Prolongationswechsels - rechtzeitig die Mittel für die Einlösung zu beschaffen (BGH-Urteil vom 14. Januar 1953 VI ZR 8/52, BGHZ 8, 276; vgl. im einzelnen Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 13. Aufl., 1980, Art. 17 WG Anm. 71 bis 79; Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere, 11. Aufl., 1977 S. 94 f.; Zöllner, Wertpapierrecht, 13. Aufl., 1982 S. 101).
Die Prolongationsabrede kann in unterschiedlicher Weise getroffen werden: entweder schon bei der Hingabe des Erstwechsels oder nachträglich von Fall zu Fall (Baumbach/Hefermehl, a. a. O., Anm. 74). Die Prolongationsmöglichkeit kann auch, wovon das FG ausgegangen ist, schon vorweg in einer Rahmenvereinbarung eingeräumt werden, in der für künftige Geschäftsabschlüsse eine Wechselkreditierung festgelegt wird. Eine Dauerschuld ist anzunehmen, wenn in einer Rahmenvereinbarung oder bei Hingabe des Erstwechsels eine Prolongationsmöglichkeit für mehr als 12 Monate vereinbart wird. Nur in diesem Falle hat der Schuldner einen Anspruch auf einen langfristigen Wechselkredit. Muß hingegen bei jeder Wechselfälligkeit erneut über eine Prolongation verhandelt werden, wird lediglich ein kurzfristiger Wechselkredit gewährt, der jeweils kurzfristig einverständlich verlängert werden kann, aber nicht verlängert werden muß.
c) Die Feststellung des FG, die Firma W sei "grundsätzlich" bereit gewesen, Drei-Monats-Akzepte der Klägerin anzunehmen und in angemessener Höhe zu verlängern, läßt offen, ob die Klägerin einen von vornherein gesicherten Anspruch auf Wechselbegebung und -prolongation hatte. Die Feststellung könnte bedeuten, daß eine Rahmenvereinbarung getroffen war, nach der die Klägerin für die Restkaufpreise aus Omnibuserwerben Drei-Monats-Akzepte geben und diese prolongieren durfte. Die "grundsätzliche" Bereitschaft könnte aber auch als eine unverbindliche Absichtserklärung der Firma W angesehen werden, sie würde von Fall zu Fall über eine Prolongation mit sich reden lassen. Eine solche Absichtserklärung hätte die Firma W nicht verpflichtet, sich z. B. im Krisenfall auf eine Prolongation einzulassen. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Firma W und der Klägerin würde eine rechtsverbindliche Prolongationsabrede nicht ersetzen. Der Umstand, daß es tatsächlich zu Prolongationen über längere Zeiträume gekommen ist, würde nicht einer Beurteilung entgegenstehen, daß entsprechend der Behauptung der Klägerin die Verbindlichkeiten kurzfristig waren und deren Fälligkeiten mehrfach kurzfristig hinausgeschoben wurden. Ein solches Verhalten wäre zwar für die Klägerin wegen der strengen wechselrechtlichen Haftung mit manchen Risiken verbunden gewesen, könnte jedoch auch wirtschaftlich einen Sinn gehabt haben. Abgesehen davon, daß ein Wechselkredit preiswerter als ein gewöhnlicher Kredit sein kann, hielt sich die Klägerin die Möglichkeit offen, den Zeitpunkt für eine günstige langfristige Kreditaufnahme frei zu bestimmen.
4. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Sie geht an das FG zurück, das zur Frage, ob die Klägerin einen von vornherein gesicherten Anspruch auf Wechselbegebung und -prolongation hatte, eine eindeutige Feststellung nachzuholen hat. Sollte sich ein solcher Anspruch nicht aus einer Rahmenvereinbarung ergeben, wird zu prüfen sein, ob er sich für einen Teil der Wechselkreditgeschäfte aus den Kaufverträgen ergibt; das FG hat hierzu bemerkt, daß in Ausnahmefällen bei den Kaufverhandlungen über die Wechselfinanzierung gesprochen wurde. Sollten Dauerschulden nach der zweiten Tatbestandsgruppe des § 8 Nr. 1 GewStG zu verneinen sein, wird zu prüfen sein, ob ein Fall der ersten Tatbestandsgruppe vorliegt. Das FG kann aber auch in der umgekehrten Reihenfolge vorgehen und zunächst zur ersten Tatbestandsgruppe Stellung nehmen.
Der Klägerin kann nicht ihre Einlassung in der mündlichen Verhandlung entgegengehalten werden, die Wechselkredite hätten einen Bankkredit ersetzt. Abgesehen davon, daß ein Bankkredit keine Dauerschuld sein muß, kommt es auf die tatsächlich gewählte Kreditform an.
Fundstellen
Haufe-Index 74895 |
BStBl II 1984, 213 |
BFHE 1984, 96 |