Leitsatz (amtlich)
1. Die Höhe der Teilherstellungskosten i.S. von § 4b Abs.4 Satz 2 InvZulG bestimmt sich nach der Summe der Aufwendungen, die dem Bauherrn bis zum 1.Juli 1977 durch den tatsächlichen Verbrauch von Gütern und die tatsächliche Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung des Bauobjekts entstanden sind.
2. Eine im Konkurs des Generalbauunternehmers ausgefallene Forderung des Bauherrn aus Überzahlung von Teilleistungen des Generalbauunternehmers ist nicht in die investitionszulagebegünstigten Teilherstellungskosten einzubeziehen.
Orientierungssatz
Der Begriff Teilherstellungskosten ist ebenso wie viele andere vom Gesetzgeber in § 4b InvZulG 1975 verwendete Begriffe (z.B. "Herstellung", "abnutzbare unbewegliche Wirtschaftsgüter", "Anlagevermögen", "Anschaffungskosten", "Herstellungskosten") dem Einkommensteuerrecht entnommen. Diese dem Einkommensteuerrecht entnommenen Begriffe sind im Investitionszulagenrecht grundsätzlich nach den für die Einkommensbesteuerung maßgebenden Grundsätzen auszulegen. Ausführungen und BFH-Rechtsprechung zu den Begriffen Herstellungskosten und Teilherstellungskosten i.S. des Einkommensteuerrechts. Auch objektiv unnötige, sogar vergebliche Aufwendungen können unter der Voraussetzung in die Herstellungskosten bzw. Teilherstellungskosten eines Gebäudes einzubeziehen sein, daß Aufwendungen durch den Verbrauch von Gütern und die tatsächliche Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellungskosten des Bauvorhabens entstanden sind, die wertbestimmend in das herzustellende oder anzuschaffende Wirtschaftsgut eingehen (vgl. BFH-Rechtsprechung zu den vergeblichen Planungskosten).
Normenkette
InvZulG 1975 § 4b
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt ein Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs. Mit dem Neubau eines Omnibus-Betriebshofs, der nach dem 30.Juni 1977 und vor dem 1.Juli 1978 fertiggestellt wurde, hatte sie die X-AG (AG) als Generalbauunternehmer beauftragt. Diese fiel während der Durchführung des Bauvorhabens 1976 in Konkurs. Die von der AG bis zur Konkurseröffnung erbrachten Leistungen hat die Klägerin ausweislich einer Schlußrechnung vom 30.November 1976 mit einem Betrag von 668 739,25 DM überzahlt und ist mit einer deshalb geltend gemachten Forderung im Konkursverfahren der AG ausgefallen. Nach Abzug von Versicherungsleistungen aus einer Durchführungsbürgschaft in Höhe von 500 000 DM erlitt die Klägerin einen Forderungsverlust von 168 739,25 DM. Diesen Betrag, den die Klägerin in ihrer Bilanz zum 30.Juni 1977 aktiviert hat, bezog sie in die Herstellungskosten, für die sie eine Investitionszulage nach § 4b des Investitionszulagengesetzes 1975 (InvZulG) beantragte, mit ein.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte es ab, für die im Konkurs ausgefallene Forderung im Betrag von 168 739,25 DM Investitionszulage zu gewähren. Das FA vertrat die Auffassung, eine Investitionszulage sei nur für tatsächlich entstandene Teilherstellungskosten zu gewähren (§ 4b Abs.4 Satz 2 InvZulG; vgl. Tz.51 und 52 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 5.Mai 1977 IV B 2 - S 1988 - 150/77, BStBl I 1977, 246). Hierzu gehöre nicht ein über die abgerechneten Bauleistungen hinaus gezahlter Betrag, mit dem die Klägerin im Konkurs des Generalbauunternehmers ausgefallen sei.
Einspruch und Klage, mit der die Klägerin die Gewährung einer Investitionszulage auch für die im Konkurs ausgefallene Forderung begehrte, blieb in diesem --im Revisionsverfahren allein noch streitigen-- Punkt ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung aus: Die im Konkurs ausgefallene Forderung der Klägerin aus Überzahlung der bis zum 3.November 1976 erbrachten Bauleistungen stelle eine Vorauszahlung auf nicht entstandene Herstellungskosten und nicht Teilherstellungskosten dar. Entsprächen die Vorauszahlungen eines Bauherrn nicht dem tatsächlichen Baufortschritt, richte sich die Höhe der Teilherstellungskosten nicht nach dem Betrag der tatsächlichen Aufwendungen des Bauherrn oder nach den in Rechnung gestellten Beträgen, sondern nach dem Stand der Bauarbeiten. Aus der mit Schlußrechnung vom 30.November 1976 erfolgten Abrechnung der bis zum 3.November 1976 erbrachten Bauleistungen folge, daß am Bilanzstichtag zumindest eine Vorauszahlung auf noch nicht erbrachte Leistungen in Höhe von 161 477,55 DM vorgelegen habe, die --da nicht zu den Teilherstellungskosten gehörig-- nicht zu aktivieren war.
Mit der Revision rügt die Klägerin einen Verstoß der Vorentscheidung gegen § 4b Abs.4 Satz 2 InvZulG. Sie trägt vor, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei die Frage, welche Vorgänge im einzelnen in den Bereich der Herstellung fallen, weniger nach rechtlichen als nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden (Urteile vom 19.April 1977 VIII R 44/74, BFHE 122, 108, BStBl II 1977, 600, und VIII R 119/75, BFHE 122, 111, BStBl II 1977, 601). Ausschlaggebend sei die Zweckbestimmung einer Aufwendung (sog. finaler Herstellungskostenbegriff, vgl. BFH-Urteil vom 12.November 1975 I R 135/73, BFHE 118, 44, BStBl II 1976, 297), nicht der durch sie bewirkte Leistungserfolg. Bei richtiger Anwendung der BFH-Rechtsprechung zur steuerrechtlichen Beurteilung vergeblicher bzw. erfolgloser Aufwendungen hätte das FG die ertragsteuerlich gebotene, zumindest jedoch zulässige Aktivierung des von ihr, der Klägerin, vergeblich aufgewendeten Betrages als bis zum 30.Juni 1977 angefallene Teilherstellungskosten behandeln und die Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszulage auch insoweit bejahen können. Zu den Herstellungskosten gehörten nach der Rechtsprechung auch objektiv unnötige und vergebliche Aufwendungen.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den geänderten Investitionszulagebescheid vom 3.April 1979 dahingehend zu ändern, daß die Investitionszulage unter Einbeziehung weiterer Aufwendungen von 161 477,55 DM festgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht die im Konkurs des Generalbauunternehmers ausgefallene Forderung der Klägerin aus Überzahlung von Teilleistungen nicht in die investitionszulagebegünstigten Teilherstellungskosten einbezogen.
1. Gemäß § 4b Abs.2 Satz 1 Nr.2 InvZulG gehört zu den begünstigten Investitionen die Herstellung von abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, wenn die Wirtschaftsgüter nachweislich nach dem 30.November 1974 und vor dem 1.Juli 1975 vom Steuerpflichtigen bestellt worden sind oder wenn der Steuerpflichtige in diesem Zeitraum mit der Herstellung begonnen hat. Das FG ist im Streitfall zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin als Bauherr den Omnibus-Betriebshof errichtet hat und als Hersteller des Bauvorhabens anzusehen ist. Zwischen den Beteiligten ist nicht bestritten, daß mit der Herstellung des Omnibus-Betriebshofs innerhalb des Bestellzeitraums (nach dem 30.November 1974 und vor dem 1.Juli 1975) begonnen worden ist.
2. Weitere Voraussetzung für die Gewährung der Investitionszulage gemäß § 4b InvZulG ist, daß die Wirtschaftsgüter vor dem 1.Juli 1976 geliefert oder fertiggestellt worden sind. An die Stelle des 1.Juli 1976 tritt bei Gebäuden und Gebäudeteilen der 1.Juli 1977 (§ 4b Abs.2 Satz 2 InvZulG). Für Gebäude und Gebäudeteile, bei denen --wie im Streitfall-- die Voraussetzungen des § 4b Abs.2 Satz 1 InvZulG vorliegen und die --wie der Omnibus-Betriebshof-- erst nach dem 30.Juni 1977 und vor dem 1.Juli 1978 fertiggestellt werden, wird auf Antrag eine Investitionszulage in Höhe von 7,5 v.H. der Summe der vor dem 1.Juli 1977 aufgewendeten Teilherstellungskosten gewährt (§ 4b Abs.4 Satz 2 InvZulG). Für die Entscheidung des Streitfalls kommt es mithin darauf an, ob es sich bei der im Konkursverfahren ausgefallenen Forderung der Klägerin in Höhe des im Revisionsverfahren noch geltend gemachten Betrages von 161 477,55 DM um Teilherstellungskosten handelt.
3.a) Der Begriff Teilherstellungskosten ist im InvZulG nicht definiert. Er ist wie viele andere vom Gesetzgeber in § 4b InvZulG verwendete Begriffe (z.B. "Herstellung", "abnutzbare unbewegliche Wirtschaftsgüter", "Anlagevermögen", "Anschaffungskosten", "Herstellungskosten") dem Einkommensteuerrecht entnommen. Da sich aus dem erkennbaren Zweck des InvZulG und seiner Entstehungsgeschichte nichts Gegenteiliges entnehmen läßt, sind diese dem Einkommensteuerrecht (Bilanzsteuerrecht) entnommenen Begriffe im Investitionszulagenrecht grundsätzlich nach den für die Einkommensbesteuerung maßgebenden Grundsätzen auszulegen.
b) Im Einkommensteuerrecht (Bilanzsteuerrecht) sind Herstellungskosten im Sinn von § 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Wirtschaftsguts entstehen. Danach gehören zu den Herstellungskosten sowohl die Kosten, die unmittelbar der Herstellung dienen, als auch Aufwendungen, "die zwangsläufig im Zusammenhang mit der Herstellung des Wirtschaftsguts anfallen" oder "mit der Herstellung in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen" (zuletzt BFH-Urteil vom 13.Oktober 1983 IV R 160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101). Für die Zuordnung von Aufwendungen zu den Herstellungskosten kommt der Zweckrichtung der Aufwendungen als finalem Element entscheidende rechtliche Bedeutung zu (Urteil in BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101 unter Hinweis auf Döllerer, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1976/77, 196, 202). Als Teilherstellungskosten wird die Summe dieser Aufwendungen bezeichnet, die bis zum Ende eines Wirtschaftsjahres, das vor der Fertigstellung des Wirtschaftsguts liegt, bereits entstanden sind (BFH-Urteil vom 10.März 1982 I R 75/79, BFHE 135, 383, BStBl II 1982, 426 unter Bezugnahme auf Herrmann/Heuer/Raupaach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 6 EStG Anm.459 und 461; vgl. auch Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, § 1 InvZulG Anm.127). Entscheidend ist dabei, ob angefallene Kosten nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung als Teilherstellungskosten zu aktivieren wären (Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 4.Aufl., § 7a Anm.3). Die Aktivierung von Teilherstellungskosten setzt danach voraus, daß bei der Herstellung eines noch nicht fertiggestellten Wirtschaftsguts Kosten durch den Verbrauch von Gütern und durch die Inanspruchnahme von Diensten erwachsen sind, die in das in Herstellung befindliche Wirtschaftsgut eingegangen sind. Ob und in welchem Umfang der Hersteller (Bauherr) Zahlungen geleistet hat, ist ohne Bedeutung. Baut nämlich ein Bauunternehmer auf dem Grund und Boden des Bauherrn, gehen die halbfertigen Bauten in das Eigentum des Bauherrn über. Dieser hat die "Anlagen im Bau" nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung mit den Teilherstellungskosten zu aktivieren. Die --in der Praxis verbreitete-- Aktivierung in Höhe der geleisteten Anzahlungen führt, wie das FG zu Recht ausführt, dann zu unzutreffenden und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung nicht entsprechenden Ergebnissen, wenn der Bauherr seine Anzahlungen nicht gemäß dem Baufortschritt erbringt. Jedenfalls im letzteren Fall darf die Bewertung nicht nach den tatsächlichen Anzahlungen des Bauherrn oder nach den erhaltenen Rechnungen erfolgen. Sie richtet sich vielmehr nach dem tatsächlichen Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen für die Herstellung des noch nicht fertiggestellten Bauobjekts (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 5 EStG Anm.49 z Stichwort "Bauleistungen" und Anm.49 x Stichwort "Schwebende Geschäfte").
c) Übertragen auf die Regelung des § 4b Abs.4 Satz 2 InvZulG sind Teilherstellungskosten die bis zum 1.Juli 1977 aufgewendeten Herstellungskosten. Deren Höhe bestimmt sich --wie das FG zutreffend entschieden hat-- nach der Summe der Aufwendungen, die dem Bauherrn bis zum 1.Juli 1977 durch den tatsächlichen Verbrauch von Gütern und die tatsächliche Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung des Bauobjekts entstanden sind. Der Betrag der an den Bauunternehmer tatsächlich geleisteten Anzahlungen oder Vorauszahlungen auf den Verbrauch von Gütern und Diensten zur Herstellung des Wirtschaftsguts ist ohne Einfluß auf die Höhe der Teilherstellungskosten. Danach stellt im Streitfall die im Konkurs des Generalbauunternehmers ausgefallene Forderung der Klägerin aus der Überzahlung der bis zum 3.November 1976 vom Generalbauunternehmer erbrachten Bauleistungen eine bloße Vorauszahlung auf noch zu erbringende Bauleistungen dar. Hierfür besteht jedoch --wie das FG zutreffend entschieden hat-- kein Anspruch auf Investitionszulage. Denn Vorauszahlungen auf den Verbrauch von Gütern und Diensten zur Herstellung eines Wirtschaftsguts sind keine Teilherstellungskosten, solange und soweit die vorausbezahlten Güter und Leistungen nicht in das herzustellende Wirtschaftsgut eingegangen sind.
4. Die Einwendungen der Klägerin gegen diese Rechtsauffassung greifen nicht durch.
Der Senat verkennt nicht, daß auch objektiv unnötige, sogar vergebliche Aufwendungen in die Herstellungs- bzw. Teilherstellungskosten eines Gebäudes einzubeziehen sein können. Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß Aufwendungen durch den Verbrauch von Gütern und die tatsächliche Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung des Bauvorhabens entstanden sind, die wertbestimmend in das herzustellende oder anzuschaffende Wirtschaftsgut eingehen. Von diesem Erfordernis gehen auch die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Entscheidungen (BFH-Urteile vom 6.März 1975 IV R 146/70, BFHE 115, 438, BStBl II 1975, 574, und vom 11.März 1976 IV R 176/72, BFHE 119, 240, 243, BStBl II 1976, 614) jedenfalls im Ergebnis (vgl. BFH-Urteil vom 9.September 1980 VIII R 44/78, BFHE 131, 479, BStBl II 1981, 418) aus. Diese Urteile betreffen Sachverhalte, bei denen den vergeblichen Planungskosten tatsächliche Leistungen für die herzustellenden Bauwerke (Entwürfe von Architekten) zugrunde lagen, die wertbestimmend in das zu errichtende/anzuschaffende Gebäude eingegangen sein könnten (Urteil in BFHE 131, 479, 481, BStBl II 1981, 418). Vergleichbare Leistungen wurden im Streitfall, soweit die Klägerin mit ihrer Forderung im Konkursverfahren des Generalbauunternehmers ausgefallen ist, gerade nicht erbracht. Auch die weiteren von der Klägerin zur Stützung ihrer Rechtsauffassung angeführten BFH-Entscheidungen vom 14.Februar 1978 VIII R 9/76 (BFHE 125, 153, BStBl II 1978, 455) und vom 25.Juli 1978 VIII R 42/76 (BFHE 126, 18, BStBl II 1979, 14) ändern nichts an dieser Beurteilung. Diese Entscheidungen betreffen die unterschiedliche steuerliche Behandlung vergeblicher Aufwendungen zur Anschaffung/Herstellung abnutzbarer Wirtschaftsgüter einerseits und nichtabnutzbarer Wirtschaftsgüter andererseits im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Sie enthalten keinen Hinweis für die Bestimmung des hier streitigen bilanzsteuerrechtlichen Begriffs der Teilherstellungskosten.
Fundstellen
Haufe-Index 60722 |
BStBl II 1986, 367 |
BFHE 145, 482 |
BFHE 1986, 482 |
BB 1986, 1003-1003 (S) |
DB 1986, 1054-1055 (ST) |
DStR 1986, 444-444 (S) |
HFR 1986, 313-313 (ST) |