Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschaffungskosten eines Tonvorkommens
Leitsatz (NV)
Die Höhe der Anschaffungskosten eines Tonvorkommens richtet sich grundsätzlich nach dem Preis, zu dem dieses entsprechend der vertraglichen Regelung erworben wurde.
Normenkette
HGB § 255 Abs. 1; EStG § 9 Abs. 1 Nr. 7, § 7 Abs. 6
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb, für den er neben eigenen ... ha weitere ... ha Nutzflächen von seinem Vater zugepachtet hatte. Unter einem Teil der zunächst zugepachteten Flächen befand sich ein seit etwa 70 Jahren bekanntes abbauwürdiges Tonvorkommen, für das im Dezember 1983 eine Abgrabungsgenehmigung für die Firma F erteilt worden war. Im März 1984 erwarb der Kläger von seinen Eltern das Tonvorkommen und die entsprechenden Grundstücksflächen zu einem Kaufpreis von insgesamt 415 000 DM. Nach dem Kaufvertrag entfielen von dem Kaufpreis 140 000 DM auf den Grund und Boden sowie 275 000 DM auf das Tonvorkommen. Von dem Kaufpreis waren 100 000 DM nach Eintragung der Auflassungsvormerkung und Einholung der erforderlichen Genehmigungen, 157 500 DM zum 31. Dezember 1985 sowie weitere 157 500 DM zum 31. Dezember 1986 fällig. Sollte die Ausbeute bereits vor Zahlung des Gesamtkaufpreises durchgeführt bzw. abgeschlossen sein, war nach dem Kaufvertrag der zu diesem Zeitpunkt noch offenstehende Kaufpreis vorzeitig fällig. Bis zur jeweiligen Fälligkeit der Zahlung sollte nach einer nachträglichen Vereinbarung der noch offene Restkaufpreis mit jeweils 5,5 % verzinst werden. Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch sollte nach vollständiger Zahlung des Gesamtkaufpreises erfolgen. Nach Fälligkeit zahlte der Kläger die erste Kaufpreisrate im Oktober 1984. Die beiden restlichen Raten zahlte er 1985 bzw. 1987.
Einen Tag nach Abschluß des Kaufvertrages schloß der Kläger mit F einen Tongewinnungsvertrag, in dem sich F verpflichtete, pro Tonne (t) Ton 1,80 DM zu zahlen. Bei einer aufgrund von Probebohrungen ermittelten Mächtigkeit des Tonvorkommens von 153 000 t betrug der voraussichtliche Erlös aus der Ausbeute 275 400 DM.
Im Streitjahr (1984) begann der Kläger mit dem Abbau des Tonvorkommens und erzielte dabei einen Erlös von ... DM. Für das Darlehen zur Entrichtung der ersten Kaufpreisrate zahlte der Kläger im Streitjahr ... DM an Zinsen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) setzte für das Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Tongewinnungsvertrag mit F in Höhe von ... DM an. Die beantragten Absetzungen für Substanzverringerung (AfS) nach § 7 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigte das FA nicht. Es war der Auffassung, der Kaufvertrag über den Erwerb des Tonvorkommens sei steuerlich nicht anzuerkennen, da Leistung und Gegenleistung in einem unangemessenen Verhältnis stünden.
Das Finanzgericht (FG) entschied auf die Sprungklage, der Vertrag vom März 1984 enthalte zwei selbständige Erwerbsvorgänge und habe dem Grunde nach zu steuerlich zu berücksichtigenden entgeltlichen Erwerbsvorgängen geführt. Der Höhe nach sei jedoch nur der Teil des Kaufpreises für das Tonvorkommen als Bemessungsgrundlage für die AfS zu berücksichtigen, den auch ein fremder Dritter unter Einbeziehung eigener Gewinnmöglichkeiten als angemessen angesehen hätte. Bei der Ermittlung einer von einem fremden Dritten akzeptierten Gegenleistung hielt das FG einen Abschlag von 30 % von dem vereinbarten Kaufpreis für zutreffend und berücksichtigte damit AfS in Höhe von ... DM sowie zum Erwerb des Tonvorkommens aufgewendete Zinsen in Höhe von ... DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der Verletzung des materiellen Rechts gerügt wird.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Der am 22. Februar 1995 geänderte Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr wurde auf Antrag der Kläger Gegenstand des Verfahrens.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat im Ergebnis zu Recht AfS sowie Zinszahlungen in Höhe von zusammen ... DM als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beurteilt.
Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Klägers aus der Ausbeutung des Tonvorkommens (vgl. Senatsurteil vom 21. Juli 1993 IX R 9/89, BFHE 172, 498, BStBl II 1994, 231) sind nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG in der Weise zu ermitteln, daß den Einnahmen die Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) gegenüberzustellen sind. Handelt es sich bei diesen Aufwendungen um Anschaffungskosten, so sind sie nur in Form von Absetzungen für Abnutzung -- AfA -- oder AfS (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i. V. m. § 7 Abs. 1, 4, 5 und 6 EStG) abziehbar. Anschaffungskosten sind nach der handelsrechtlichen Begriffsbestimmung des § 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches, die ebenso für das Steuerrecht, und zwar auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gilt (vgl. Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, 476, BStBl II 1990, 830 unter C. III. 1 c dd), die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben.
Rechtlich zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß der zwischen dem Kläger und seinen Eltern geschlossene Kaufvertrag zwei Erwerbsvorgänge enthält und das Tonvorkommen als entdeckter und zur nachhaltigen Nutzung in den Verkehr gebrachter Bodenschatz mit steuerlicher Wirkung selbständig übertragen und damit vom Kläger erworben werden konnte (vgl. BFH-Urteil vom 18. März 1980 VIII R 148/78, BFHE 133, 359, BStBl II 1981, 794). Die Anschaffungskosten dieses Bodenschatzes sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i. V. m. § 7 Abs. 6 EStG nach Maßgabe des Substanzverzehrs in Form von AfS abzuziehen.
Die Höhe der Anschaffungskosten richtet sich grundsätzlich nach dem Preis, zu dem das Wirtschaftsgut entsprechend der vertraglichen Vereinbarung erworben worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1977 III R 92/75, BFHE 124, 296, BStBl II 1978, 233).
Nach der Schätzung der Vorinstanz (vgl. § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung -- AO 1977 --) wandte der Kläger aber nur 70 % des tatsächlich gezahlten Kaufpreises auf, um das Tonvorkommen von seinem Vater zu erhalten; nur insoweit handelte es sich nach den Feststellungen des FG um einen angemessenen Kaufpreis. Revisionsrechtlich ist diese Würdigung des FG nicht zu beanstanden; denn der BFH als Revisionsinstanz ist grundsätzlich an die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Gründe, die es rechtfertigen könnten, den formwirksam ab geschlossenen und tatsächlich auch durchgeführten Kaufvertrag insgesamt der Besteuerung nicht zugrunde zu legen, sind nicht ersichtlich.
Da die Kläger keine Revision eingelegt haben, hat der Senat nicht darüber zu befinden, ob das FG den genannten Abschlag zu Recht vorgenommen hat. Damit sind dem Kläger Anschaffungskosten in Höhe von 70 % des Kaufpreises entstanden, die im Streitjahr in Form von AfS in Höhe von ... DM zu berücksichtigen sind. Die zur Finanzierung dieser Anschaffungskosten aufgewendeten Zinsen in Höhe von ... DM hat die Vorentscheidung ebenfalls zu Recht als Werbungskosten (Schuldzinsen i. S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beurteilt.
Fundstellen
Haufe-Index 65916 |
BFH/NV 1996, 667 |