Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Wer eine Wohnanlage mit 41 Eigentumswohnungen in der Absicht errichtet, die Eigentumswohnungen an verschiedene Erwerber zu veräußern, begründet einen Gewerbebetrieb und überschreitet die Grenzen der Vermögensverwaltung.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 3 Nr. 2, § 15; GewStG § 2 Abs. 1; GewStDV § 1
Tatbestand
Zu entscheiden ist bei der einheitlichen Gewinnfeststellung und bei der Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrages 1962, ob die Errichtung und der Verkauf von 41 Eigentumswohnungen eine gewerbliche Tätigkeit darstellen.
In den Jahren 1961 und 1962 errichteten die Revisionskläger (Steuerpflichtigen - Stpfl. -) in einer Großstadt auf einem durch Vertrag vom 29. September 1960 erworbenen Grundstück ein Wohn- und Geschäftshaus. Ursprünglich hatten die Stpfl. den Bau eines Mehrfamilienhauses mit Geschäftsräumen und Mietwohnungen beabsichtigt. Die zuständigen Behörden genehmigten die vorgesehene Geschoßzahl nicht. Aus diesem Grunde und weil die Baupreise während des Genehmigungsverfahrens erheblich gestiegen waren, hätte sich beim Bau eines Miethauses eine Finanzierungslücke ergeben. Daraufhin entschlossen sich die Stpfl., ein Haus mit Geschäftsräumen und 48 Eigentumswohnungen zu bauen. Der Rohbau wurde bis Ende 1961 fertiggestellt. Das aus zwei Häusern bestehende Gesamtgebäude wurde am 1. Juli 1962 und am 1. August 1962 bezugsfertig. Am 5. Januar 1962 gaben die Kläger die nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) notwendige notarielle Teilungserklärung ab. Unter dem Datum vom 7. Februar 1962 stellt ein Makler einen ausführlichen Prospekt der Lage, Größe und der Kaufpreise der zur Veräußerung stehenden Eigentumswohnungen zusammen. In der Zeit vom 23. März 1962 bis 6. November 1962 wurden durch Vermittlung des Maklers 41 der 48 Eigentumswohnungen veräußert. Die Stpfl. erzielten einen Gewinn von 337.944 DM.
Das Finanzamt (FA) erfaßte den Gewinn in einem einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid unter den Einkünften aus Gewerbebetrieb und setzte einen Gewerbesteuermeßbetrag nach dem Gewerbeertrag fest. Die Stpfl. meinen, es handele sich um einen nicht steuerpflichtigen Gewinn aus der Veräußerung von Privatvermögen.
Das Finanzgericht (FG) sah die Errichtung und den Verkauf der Eigentumswohnungen unter Hinweis auf das Urteil des BFH I 417/61 vom 15. Juni 1965 (HFR 1965, Nr. 419, S. 510 = Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Gewerbesteuergesetz, § 2 Abs. 1, Rechtsspruch 238, Parzellierung eines Grundstücks sowie Errichtung und Verkauf von 32 Reiheneigenheimen) als gewerblichen Grundstückshandel an.
Die Stpfl. begründen ihre Revision wie folgt. Es fehle an der Nachhaltigkeit und der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Die Errichtung des Gebäudes, die Aufteilung in Sondereigentum sowie die Veräußerung stellten mit der übergabe an die Maklerfirma eine einzige einheitliche Handlung dar, die ohne Wiederholungsabsicht vorgenommen worden sei. Außerdem könne die Veräußerung von Eigentumswohnungen schon aus bürgerlich- rechtlichen Gesichtspunkten nicht als eine Mehrheit von Handlungen angesehen werden. Die Begründung von Wohnungseigentum und dessen übertragung an Dritte lasse eine Gemeinschaft entstehen. Die Begründung dieser Gemeinschaft könne nur eine einheitliche Handlung sein. Am wirtschaftlichen Verkehr nehme nur derjenige teil, der fortgesetzt mit Gewinnabsicht mit anderen in Beziehung trete, um seinen Lebensbedarf aus den Erlösen der Tätigkeit zu decken.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Zutreffend hielt das FG den gesamten Gewinn für einen Gewinn aus Gewerbebetrieb, weil die Stpfl. durch Planung, Errichtung und Verkauf unternehmerisch tätig wurden. Allein der sich über etwa 1/2 Jahr erstreckende Verkauf von 41 auf dem Grundstück zum Zwecke des Verkaufs errichteten Eigentumswohnungen war eine nachhaltige Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr; daß es an der Erfüllung der anderen Voraussetzungen für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit fehle, behaupten die Stpfl. selbst nicht.
Nur durch nachhaltige Tätigkeit lassen sich 41 Eigentumswohnungen einer Wohnanlage herstellen und an verschiedene Erwerber verkaufen. Nachhaltig ist in der Regel eine wiederholte Tätigkeit. Nachhaltigkeit liegt auch vor, wenn zwar die Tätigkeit auf einem einmaligen Entschluß beruht, die Durchführung aber mehrere Handlungen erfordert (so BFH-Urteil IV 313/59 U vom 23. Februar 1961, BFH 72, 533, BStBl III 1961, 194, mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Schrifttum für eine Arbeitsgemeinschaft, die zur Abwicklung eines Bauauftrages gebildet wurde). Zum Verkauf von 41 Eigentumswohnungen muß sich der Bauherr erfahrungsgemäß wiederholt mit Werbemaßnahmen an die öffentlichkeit wenden, z. B. durch Anzeigen und Prospekte. Hieran schließen sich viele Verkaufsverhandlungen, von denen in der Regel nur ein Teil zum Vertragsabschluß führt. Die für den Verkauf notwendigen, sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden zielbewußten Handlungen waren auch im vorliegenden Falle erforderlich. Das angefochtene Urteil stellt ausdrücklich fest, daß die Stpfl. ausführliche Prospekte anfertigen ließen und sich die Veräußerungen vom März bis November 1962 hinzogen.
Die Nachhaltigkeit ist nicht etwa deshalb zu verneinen, weil die Einzelmaßnahmen "unselbständige Teile einer in organisatorischer, technischer und finanzieller Hinsicht aufeinander abgestimmten Gesamttätigkeit" waren (so das FG Hamburg im nicht rechtskräftigen Urteil I 111, 112/61 (IV) vom 14. Oktober 1965, EFG 1966 Nr. 198 S. 185 unter Angabe der Aufsätze von Theis, Der Betrieb 1961 S 452 ff. und Oschmann, Der Betriebsberater 1962 S. 1323 ff., auf das sich die Stpfl. beziehen).
Jede gewerbliche Tätigkeit besteht aus vielen Einzelakten, die in jeder Hinsicht aufeinander abgestimmt sein müssen, wenn der Gewerbebetrieb Erfolge erzielen soll. Die Arbeitsgemeinschaft im Baugewerbe, deren Tätigkeit auch nur auf ein einziges Ziel ausgerichtet ist, sieht der BFH im Urteil IV 313/59 U als ein gewerbliches Unternehmen an. Es kann fraglich sein, ob jemand nachhaltig tätig wird, wenn er nur wenige Handlungen vornimmt, um einen Zweck zu erreichen, z. B. eine oder zwei Eigentumswohnungen in einem Hause veräußert. Veräußert ein Bauherr jedoch 41 Eigentumswohnungen, muß er ähnlich tätig werden wie ein Wohnungsbauunternehmen. Deshalb gebietet es auch die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, diesen Bauherrn mit den Wohnungsbauunternehmen gleichzustellen, mit denen er in Wettbewerb tritt.
Zu Unrecht meinen die Stpfl., die Verkäufe der Eigentumswohnungen könnten aus bürgerlich-rechtlichen Gesichtspunkten nicht als eine Mehrzahl von Handlungen angesehen werden, weil die Begründung des Wohnungseigentums und dessen übertragung eine Gemeinschaft entstehen lasse. Die Begründung des Wohnungseigentums ließ noch keine Gemeinschaft entstehen, denn die Stpfl. begründeten es durch eine einseitige Teilungserklärung nach § 8 WEG. Diese Erklärung führt lediglich zu einer Teilung des bisher einheitlichen Eigentums. An den Eigentumsverhältnissen ändert sich nichts. Von einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann auf Grund der Teilungserklärung allein noch nicht gesprochen werden (siehe Johannes Bärmann, Kommentar zum Wohnungseigentumsgesetz, 3. Auflage 1964, § 8 WEG, Anm. V). Das Wohnungseigentum (Sondereigentum an der Wohnung und Miteigentum an den gemeinschaftlich genutzten Gebäudeteilen) wird nicht auf die Gemeinschaft, sondern auf die einzelnen Erwerber übertragen. Die Bildung der Gemeinschaft ist eine Folge der einzelnen übertragungen von Wohnungseigentum. Zwischen dem Veräußerer und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entstehen bei der Veräußerung keine rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen. Es besteht daher kein Anlaß, bei der Entscheidung über die Gewerbesteuerpflicht des Veräußerers davon auszugehen, daß bürgerlich-rechtlich eine einmalige Handlung durch Veräußerung sämtlicher Wohnungen an die Gemeinschaft der erwerbenden Wohnungseigentümer vorliege.
Zutreffend bejahte das FG auch die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. An ihm beteiligt sich, wer seine Leistungen der Allgemeinheit gegen Entgelt darbietet (siehe BFH- Urteil IV 178/58 U vom 17. März 1960, BFH 70, 561, BStBl III 1960, 209, 212). Diese Voraussetzung erfüllten die Stpfl., indem sie Wohnungen über längere Zeit einer größeren Anzahl von Interessenten zum Verkauf anboten. Darauf, ob sie ihren Lebensbedarf aus den Erlösen der Verkäufe decken wollten, kommt es nicht an. Insoweit folgt der Senat dem von den Stpfl. in der Revisionsbegründung (S. 8) genannten Urteil des Reichsfinanzhofs VI 192/42 vom 15. Juli 1942 (RStBl 1942, 989) nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 412475 |
BStBl III 1967, 337 |
BFHE 1967, 207 |
BFHE 88, 207 |