Leitsatz (amtlich)
Hat der Zollbeteiligte die eingeführte und zum freien Verkehr abgefertigte Ware wieder ausgeführt und wurde der Zoll nach § 40 ZG in Verbindung mit § 80 AZO erlassen oder erstattet, so handelt es sich um einen gegenüber der Einfuhr und Abfertigung zum freien Verkehr neuen und selbständigen Lebensvorgang, durch den ein Merkmal jenes vorangegangenen, für die Entstehung der Zollschuld nach § 36 Abs. 3 ZG maßgeblichen Lebensvorganges nicht nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit wegfallen kann. Die entgegenstehende Auffassung im Urteil vom 15. Januar 1974 VII R 24/71 (BFHE 111, 272) gibt der Senat auf.
Normenkette
AbsichG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1; StAnpG § 4 Abs. 3 Nr. 2; ZG § 36 Abs. 3, § 40
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte in den Jahren 1968 und 1969 in drei Teilsendungen eine Maschine aus den USA ein. Sie stellte am 18. Dezember 1968, 15. Januar 1969 und 5. Mai 1969 heim Zollamt (ZA) Anträge auf Abfertigung zum freien Verkehr. Das ZA entsprach den Anträgen, erhob neben dem Zoll 11 % Einfuhrumsatzsteuer und gewährte der Klägerin 4 % Einfuhrvergütung nach § 1 Abs. 1 des Absicherungsgesetzes (AbsichG) vom 29. November 1968 (Bundesgesetzblatt I 1968 S. 1255 – BGBl I 1968, 1255 – Bundeszollblatt 1968 S. 1259 – BZBl 1968, 1259 –).
Am 28. Oktober 1969 führte die Klägerin den größten Teil der Ware wieder in die USA aus. Das ZA erstattete ihr daraufhin durch drei Bescheide vom 3. Februar 1970 den hierauf entfallenden Zoll, zog aber davon die entsprechende Einfuhrvergütung ab.
Mit der gegen diese Bescheide erhobenen Klage begehrte die Klägerin, die in den Bescheiden enthaltenen Aufrechnungsverfügungen aufzuheben. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage durch Urteil vom 12. Juli 1972 V 30/70 N (Entscheidungen der Finanzgerichte 1973 S. 139 – EFG 1973, 139 –) mit folgender Begründung statt:
Die Aufrechnungsverfügungen in den drei Bescheiden seien rechtswidrig gewesen, weil ein gegenüber dem Zollerstattungsanspruch der Klägerin aufrechenbarer Anspruch auf Rückzahlung der Einfuhrvergütung nicht bestanden habe. Es sei nicht ersichtlich und auch nicht von der Verwaltung behauptet worden, daß die Voraussetzungen des § 1 AbsichG für die Gewährung der Einfuhrvergütung bei der Einfuhr der Ware nicht erfüllt gewesen seien. Es gebe auch keine Vorschrift, die die Rückzahlung der Einfuhrvergütung für den Fall anordne, daß die Ware wieder ausgeführt werde. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AbsichG sehe zwar vor, daß eine Sonderumsatzsteuer zu erheben sei, wenn der Unternehmer eine Ausfuhrlieferung nach § 4 Abs. 1 UStG 1967 bewirke. Führe demnach der Unternehmer eine Ware zunächst ein und anschließend wieder aus, so bewirke das Gegenüberstehen von Einfuhrvergütung (§ 1 Abs. 1 AbsichG) und Sonderumsatzsteuer (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AbsichG) in der Regel für ihn eine Kompensation von finanziellem Vor- und Nachteil. Denn der Höhe nach entsprächen sich Einfuhrvergütung und Sonderumsatzsteuer. Für den gegenwärtigen Fall könne aber offenbleiben, ob man die vom ZA zur Aufrechnung gestellten und von der Verwaltung rechtlich als rückgeforderte Einfuhrvergütung angesehenen Beträge als Sonderumsatzsteuer für die Ausfuhr nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AbsichG behandeln könnte. Das sei jedenfalls schon deshalb nicht möglich, weil z. Z. der Ausfuhr der Ware am 28. Oktober 1969 die Sonderumsatzsteuer auf 0 DM herabgesetzt gewesen sei, und zwar seit dem 10. Oktober 1969, 24.00 Uhr. Das sei geschehen durch § 2 der Verordnung zur vorübergehenden Senkung der v. H.-Sätze der §§ 1 bis 4 des Absicherungsgesetzes vom 10. Oktober 1969 (BGBl I 1969, 1864). Auch später sei keine Sonderumsatzsteuer mehr erhoben worden (vgl. Verordnung zur Aufhebung der §§ 1 und 2 des Absicherungsgesetzes vom 28. Oktober 1969, BGBl I 1969, 2045).
Auch aus den Vorschriften des StAnpG könne der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt – HZA –) keinen Anspruch auf Rückgewähr der Einfuhrvergütung herleiten. § 1 Abs. 2 StAnpG, auf den es hinweise, sei für sich allein keine Anspruchsgrundlage für die Rückforderung. In Betracht käme allenfalls § 4 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 Nr. 2 StAnpG. Nach diesen Vorschriften sei eine Steuerfestsetzung zu ändern, wenn ein Merkmal, dessen Vorliegen das Gesetz für eine sonstige Steuervergünstigung fordere, nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit weggefallen sei. Es müsse sich, wie der Gesetzestext ergebe, um ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal handeln und nicht darum, ob die wirtschaftliche Zielsetzung der gesetzlichen Vorschrift erreicht werde oder nicht. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise spiele bei § 1 Abs. 2 StAnpG eine Rolle, nicht aber bei § 4 Abs. 2 und 3 StAnpG. Ein solches gesetzliches Tatbestandsmerkmal im Sinne von § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 StAnpG für die Gewährung der Einfuhrvergütung nach § 1 AbsichG sei durch die Wiederausfuhr der Ware nicht nachträglich rückwirkend weggefallen. Gesetzliche Merkmale oder Tatbestandsvoraussetzungen für die Gewährung der Einfuhrvergütung nach § 1 AbsichG seien die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer und deren Entrichtung. Beide Voraussetzungen seien bei der Einfuhr erfüllt gewesen und durch die Ausfuhr nicht rückgängig gemacht worden. Einen gesetzlichen Tatbestand, der für den Fall der Wiederausfuhr der Ware das Erlöschen der Einfuhrumsatzsteuerschuld, also die rechtliche Umkehrung ihre Entstehung anordne, gebe es nicht. Auch die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer werde bei der Wiederausfuhr der Ware nicht rückgängig gemacht. § 21 Abs. 2 Satz 2 UStG 1967 bestimme ausdrücklich, daß § 40 ZG und damit § 80 der Allgemeinen Zollordnung (AZO) dann nicht anwendbar seien, wenn der Steuerpflichtige – wie hier – zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Demgemäß habe die Zollverwaltung der Klägerin die Einfuhrumsatzsteuer auch nicht erstattet. Wenn das beklagte HZA demgegenüber einwende, die Einfuhrumsatzsteuer sei zwar nicht rechtlich erstattet worden, wohl aber wirtschaftlich, nämlich durch den Vorsteuerabzug der Klägerin, so sei dem entgegenzuhalten, daß es nach § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 StAnpG auf die Rückgängigmachung oder den Wegfall eines Tatbestandsmerkmals der Steuervorschrift ankomme, nicht auf den hinter ihr stehenden Zweck.
Schließlich ergebe auch § 80 AZO in Verbindung mit § 40 ZG keine Anspruchsgrundlage für die Rückforderung der Einfuhrvergütung. Insbesondere komme eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmungen nicht in Betracht (anderer Ansicht Hessisches FG in seinem Urteil vom 17. Dezember 1970 VII 33/70, EFG 1971, 270).
Mit der Revision rügt das HZA die Verletzung von Bundesrecht, insbesondere des § 1 AbsichG und des § 4 StAnpG in Verbindung mit § 40 ZG und § 80 AZO. Es führt aus:
Die Auffassung des FG, eine Rückforderung der nach dem Absicherungsgesetz gewährten Einfuhrvergütung komme nicht in Betracht, weil im Gesetz selbst ein Rückforderungsrecht nicht vorgesehen sei, treffe nicht zu. Da der Rückforderungsanspruch ein Anspruch gegen den Steuerpflichtigen sei, müsse zwar eine gesetzliche Grundlage vorhanden sein, damit die Verwaltung derartige Ansprüche gellend machen könne. Die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. März 1965 VI 260/64 U (BFHE 82, 522, BStBl III 1965, 435) und vom 27. August 1965 VI 97/64 (Steuerrechtsprechung in Karteiform – StRK –, Reichsabgabenordnung, § 144, Rechtsspruch 17) gingen jedoch zu Recht auch von einem allgemeinen Rückforderungsanspruch aus, denn in seiner Wirkung gleiche der Rückforderungsanspruch dem Steueranspruch. Das Hessische FG habe in seinem Urteil VII 33/70 ausgeführt, daß sich der Rückforderungsanspruch aus dem Absicherungsgesetz selbst ergebe.
Der Zweck des Absicherungsgesetzes, die Stabilität der inländischen Währung zu sichern, lasse die Gewährung der Einfuhrvergütung nur für die Waren gerechtfertigt erscheinen, die tatsächlich in die inländische Wirtschaft eingingen. Würden Waren an den ausländischen Lieferer zurückgesandt, bevor sie in die inländische Wirtschaft eingegangen seien, so sei damit der wirtschaftliche Grund für die Gewährung der Einfuhrvergütung entfallen. Das rechtfertige eine Anwendung der §§ 4 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG in Verbindung mit § 40 ZG und § 80 AZO.
Die Betrachtungsweise des FG bei der Anwendung des § 4 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG sei zu eng. Der Vorgang, an den das Gesetz die Gewährung der Einfuhrvergütung knüpfe, sei im vorliegenden Fall sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich rückgängig gemacht: wirtschaftlich und wohl auch zivilrechtlich durch die Rücksendung der Ware an den Lieferanten, steuerrechtlich bezüglich der Einfuhrumsatzsteuer durch die Belassung des die effektive Einfuhrumsatzsteuerzahlung ausgleichenden Vorsteuerbetrages, was wie eine Erstattung wirke. Wollte man nun für die Einfuhrvergütung nicht die gleichen Konsequenzen aus der Rückgängigmachung des Einfuhrvorgangs ziehen, so hieße das, auf halbem Wege stehen zu bleiben. Das sei aber nicht zu rechtfertigen.
Zur näheren Präzisierung des in § 4 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG niedergelegten Rückforderungsanspruchs bezüglich der Einfuhrvergütung könnten § 40 ZG und § 80 AZO durchaus herangezogen werden. Etwas anderes habe das Hessische FG in dem Urteil VII 33/70 der Sache nach auch nicht gemacht. Der Hinweis des erkennenden FG auf allgemeine Gesichtspunkte der juristischen Methodenlehre ziehe daher nicht.
Das HZA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat die in den Erstattungsbescheiden des ZA vom 3. Februar 1970 enthaltenen und durch die Klage angefochtenen Aufrechnungsverfügungen zu Recht aufgehoben. Die Aufrechnungsverfügungen waren rechtswidrig, da den zu erstattenden Zollbeträgen keine entsprechenden Ansprüche auf Rückzahlung der gewährten Einfuhrvergütung gegenüberstanden.
Die Klägerin hat bei der Abfertigung der drei Teilsendungen zum freien Verkehr im Dezember 1968 sowie im Januar und Mai 1969 die Einfuhrvergütung zu Recht erhalten. Für die Ware war nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 11, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 3 und § 21 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 und § 36 Abs. 3 Sätze 1 und 2 ZG in der Person der Klägerin eine Einfuhrumsatzsteuerschuld in Höhe von 11 % des Einfuhrumsatzsteuerwertes entstanden. Damit war zugleich der Tatbestand des § 1 Abs. 1 AbsichG erfüllt, der für den Fall, daß in der Zeit vom 20. November 1968 bis 31. März 1970 eine Einfuhrumsatzsteuerschuld entstand, bestimmte, daß dem Schuldner bei der Entrichtung der Steuerschuld eine Vergütung gewährt wird, deren Höhe hier 4 % der Bemessungsgrundlage betrug.
Die Rückforderung einer rechtmäßig erlangten Vergütung stellt einen Eingriff in die Rechte des Empfängers dar. Sie unterliegt wie die Erhebung einer Steuer dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit, ist also – wie das FG zutreffend ausgeführt und das HZA im wesentlichen auch nicht bezweifelt hat – nur zulässig, wenn das Gesetz sie an einen Tatbestand geknüpft hat und dieser erfüllt ist. Der erkennende Senat konnte daher im Urteil vom 15. Januar 1974 VII R 24/71 (BFHE 111, 272) nicht dem vom HZA erwähnten Urteil des Hessischen FG VII 33/70 folgen, das einen solchen Eingriff mit dem Zweck des Absicherungsgesetzes und einer entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Zollgesetzes und der Allgemeinen Zollordnung zu rechtfertigen suchte, die über eine Rückforderung der Vergütung nichts aussagen.
Soweit das HZA unter Berufung auf die BFH-Urteile VI 260/64 U und VI 97/64 meint, hier komme ein allgemeiner Rückforderungsanspruch in Betracht, übersieht es die Tatsache, daß die Klägerin die Einfuhrvergütung zu Recht erhalten hat, die erwähnten Urteile aber Fälle behandeln, in denen eine Wohnungsbau-Prämie bzw. ein Erstattungsbetrag zu Unrecht gewährt worden war. Das erstgenannte Urteil erkennt ein prinzipielles Recht zur Rückforderung einer Wohnungsbau-Prämie nur für den Fall an, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Prämie von vornherein nicht vorgelegen haben oder durch das spätere Verhalten des Berechtigten nachträglich weggefallen sind. Im gegenwärtigen Fall haben aber die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AbsichG für die Gewährung der Einfuhrvergütung – wie bereits dargelegt – von vornherein vorgelegen. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AbsichG sind nach der Wiederausfuhr eines Teiles der Ware nicht nachträglich weggefallen. Das FG hat zutreffend ausgeführt, daß die in § 1 Abs. 1 AbsichG erwähnten Tatbestandsmerkmale der Entstehung und Entrichtung einer Einfuhrumsatzsteuerschuld bei der Wiederausfuhr eines Teiles der Ware nicht rückgängig gemacht worden sind.
Der erkennende Senat hat allerdings im Urteil VII R 24/71 die Vorschriften des § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 StAnpG als Rechtsgrundlage für die Rückforderung einer nach dem Absicherungsgesetz rechtmäßig gewährten Einfuhrvergütung für den Fall anerkannt, daß der Einführer die wegen eines Sachmangels beanstandete Ware an den Lieferer zurückgeschickt und gemäß § 40 ZG in Verbindung mit § 80 AZO die Erstattung der Eingangsabgaben begehrt und erlangt hat. Die Bestimmungen des § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 StAnpG sehen vor, daß die Gewährung einer Steuervergünstigung rückgängig gemacht wird, „wenn ein Merkmal, dessen Vorliegen das Gesetz … für eine … Steuervergünstigung fordert, nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit weggefallen ist”. Im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung und dem Schrifttum hat der Senat als „Merkmal” im Sinne dieser Vorschrift nicht das abstrakte Tatbestandsmerkmal des Steuergesetzes, sondern das konkrete Sachverhaltsmerkmal im Sinne eines rein tatsächlichen Lebensvorganges angesehen. Der tatsächliche Lebensvorgang, aufgrund dessen das ZA nach § 1 Abs. 1 AbsichG die Einfuhrvergütung gewährt hatte, bestand nach seiner Auflassung darin, daß die Ware in das Zollgebiet mit der Bestimmung eingeführt wurde, in dessen Wirtschaft überzugehen, und daß sie deshalb zum freien Verkehr abgefertigt wurde. An dieser Auffassung hält der Senat nicht mehr fest.
§ 1 Abs. 1 AbsichG stellt für die Gewährung der Einfuhrvergütung nur darauf ab, daß in der Zeit vom 20. November 1968 bis 31. März 1970 eine Einfuhrumsatzsteuerschuld entsteht. Als tatsächlicher Lebensvorgang hierfür kommt nur die Erfüllung von Vorschriften in Betracht, an die die Entstehung einer solchen Steuerschuld geknüpft ist (vgl. § 3 Abs. 1 StAnpG), also der § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 11, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 3 und § 21 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 und § 36 Abs. 3 Sätze 1 und 2 ZG. Dieser Lebensvorgang ist besonders gekennzeichnet durch die Einfuhr der Ware und durch ihre antragsgemäße Abfertigung zum freien Verkehr. Das nach § 21 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967 für die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuerschuld maßgebende Zollgesetz geht zwar davon aus, daß die eingeführten und zum freien Verkehr abgefertigten Waren dazu bestimmt sind, in den Kreislauf der inländischen Wirtschaft überzugehen (vgl. § 40 ZG). Auf die Frage, ob das der Fall ist, kommt es aber in den Vorschriften des § 36 Abs. 3 ZG über die Entstehung der Zollschuld bei der Abfertigung zum freien Verkehr nicht an. Für den Fall, daß eine eingeführte und zum freien Verkehr abgefertigte Ware nicht in die inländische Wirtschaft eingegangen ist, hat der Gesetzgeber zwar durch § 40 ZG die Möglichkeit eröffnet, den Zollbeteiligten aus Rechtsgründen vom Zoll zu entlasten. Das geschieht aber nicht etwa durch einen nachträglichen Wegfall der nach § 36 Abs. 3 ZG entstandenen Zollschuld, sondern dadurch, daß der Zoll erlassen oder erstattet wird. Hat in einem solchen Falle der Zollbeteiligte die Ware wieder ausgeführt und – wurde der Zoll nach § 40 ZG in Verbindung mit § 80 AZO erlassen oder erstattet, so handelt es sich um einen gegenüber der Einfuhr und der Abfertigung zum freien Verkehr neuen und selbständigen Lebensvorgang, durch den ein Merkmal jenes vorangegangenen, für die Entstehung der Zollschuld nach § 36 Abs. 3 ZG maßgeblichen Lebensvorganges nicht nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit wegfallen kann.
Das FG hat zutreffend dargelegt, daß im vorliegenden Falle die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AbsichG nicht ausgelöst hat und daß deshalb Wiederausfuhr eines Teils der Ware eine Sonderumsatzsteuerschuld auch unter diesem Gesichtspunkt die Aufrechnungsverfügungen in den drei Bescheiden nicht gerechtfertigt werden konnten.
Fundstellen
Haufe-Index 514821 |
BFHE 1976, 223 |