Leitsatz (amtlich)
Die am 1.Juni 1978 in Kraft getretene Gemeinschaftsregelung über die Anwendung des Währungsausgleichs-Koeffizienten auf in nationaler Währung zugeschlagene Erstattungen entfaltet keine unzulässige Rückwirkung.
Orientierungssatz
Wird nachträglich eine vom Bürger erworbene Rechtsposition durch künftig geltende Vorschriften im ganzen entwertet, so wird ein bestehender Vertrauensschutz verletzt, wenn die Verordnung einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Bürger nicht zu rechnen und den er bei seinen Dispositionen nicht zu berücksichtigen brauchte. Hierbei geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht etwa soweit, dem Bürger jegliche Enttäuschung zu ersparen. Vielmehr ist das Vertrauen des einzelnen auf den Fortbestand einer bestimmten gesetzlichen Regelung mit der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit abzuwägen (vgl. BFH-Urteil vom 12.3.1974 VII R 107/71, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Im Gemeinschaftsrecht gelten im wesentlichen die gleichen Rechtsgrundsätze (ständige Rechtsprechung des EuGH; vgl. auch BFH-Urteil vom 24.4.1979 VII R 33/75).
Normenkette
EWGV 1182/78; EWGV 1392/78; EWGV 1837/78; EWGV 1380/75 Art. 4 Abs. 3; GG Art. 20 Abs. 3
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte in der Zeit vom 1.Juni bis 17.Oktober 1978 größere Mengen nichtdenaturierten Weißzuckers nach Drittländern aus. Die Ausfuhren erfolgten im Ausschreibungsverfahren unter Verwendung von Ausfuhrlizenzen, auf denen die jeweils zugeschlagene Ausfuhrerstattung in DM vermerkt war. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) gewährte jeweils Ausfuhrerstattung und Währungsausgleichsbeträge. Die Ausfuhrerstattungsbeträge errechnete er, indem er die in den Ausfuhrlizenzen in DM angegebenen Erstattungssätze durch Anwendung der im Zeitpunkt der Versandabfertigung der Zuckersendungen gültigen Währungsausgleichs-Koeffizienten von 0,925 und 0,928 kürzte (vgl. die jeweiligen Anhänge II der Verordnungen (EWG) Nr.1036/78 --VO Nr.1036/78-- der Kommission vom 19.Mai 1978, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- L 133/1 vom 22.Mai 1978, und Nr.1508/78 --VO Nr.1508/78-- der Kommission vom 29.Juni 1978, ABlEG L 178/47 vom 1.Juli 1978). Die Klägerin erhob nach erfolglosem Einspruch Klage mit dem Begehren, die Bescheide insoweit aufzuheben, als die beantragten Erstattungen durch die Anwendung des Währungskoeffizienten gekürzt worden seien, und das HZA zu verpflichten, ihr die durch die Anwendung des Währungskoeffizienten gekürzten Erstattungen festzusetzen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit folgender Begründung ab:
Art.4 Abs.3 Buchst.b der Verordnung (EWG) Nr.1380/75 (VO Nr.1380/75) der Kommission vom 29.Mai 1975 (ABlEG L 139/37 vom 30.Mai 1975) habe vorgeschrieben, daß im Handel mit Drittländern die Erstattungen, die in Rechnungseinheiten festgesetzt seien, mit einem Koeffizienten multipliziert werden müßten. Dieser Koeffizient sei aufgrund der VO Nrn.1036/78 und 1508/78 damals auf 0,925 und 0,928 festgesetzt worden. Aufgrund des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 24.Mai 1978 Rs.108/77 (EuGHE 1978, 1187) habe der Koeffizient jedoch nicht auf Erstattungen angewendet werden dürfen, die in nationaler Währung festgesetzt gewesen seien. Um den Koeffizienten auch auf die in nationaler Währung zugeschlagenen Ausfuhrerstattungen für die Ausfuhren ab 1.Juni 1978 anwenden zu können, habe die Kommission in kurzen Zeitabständen die Verordnungen (EWG) Nr.1182/78 (VO Nr.1182/78) vom 31.Mai 1978 (ABlEG L 145/46 vom 1.Juni 1978), Nr.1392/78 (VO Nr.1392/78) vom 23.Juni 1978 (ABlEG L 167/53 vom 24.Juni 1978) und Nr.1837/78 (VO Nr.1837/78) vom 31.Juli 1978 (ABlEG L 210/51 vom 1.August 1978) erlassen. Bereits die am 1.Juni 1978 in Kraft getretene VO Nr.1182/78 habe für den Zuckersektor die Anwendung des in Art.4 Abs.3 VO Nr.1380/75 genannten Koeffizienten auch auf die in nationaler Währung zugeschlagenen Erstattungen angeordnet. Die VO Nr.1837/78, die die VO Nr.1182/78 abgelöst habe, habe durch Änderung des Art.4 Abs.5 VO Nr.1380/75 die Anwendung des Koeffizienten auf Geschäfte präzisiert, für die die Zollförmlichkeiten ab 1.Juni 1978 erfüllt worden seien. Durch die VO Nr.1182/78 und Nr.1837/78 sei somit die Anwendung des Koeffizienten auch auf solche Geschäfte vorgesehen worden, für die die Zollförmlichkeiten ab 1.Juni 1978 erfüllt worden seien, deren in nationaler Währung festgesetzte Ausfuhrerstattungen aber bereits vor dem Ergehen des Urteils in EuGHE 1978, 1187 zugeschlagen worden seien.
Gegen diese Regelung bestünden aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts keine Bedenken. Insbesondere sei das kurzfristige Inkrafttreten der VO Nr.1182/78 nicht zu beanstanden. Es liege keine unzulässige echte Rückwirkung vor. Die Neuregelung entfalte allerdings eine sog. unechte Rückwirkung. Diese könne aber nicht als unzulässig angesehen werden. Im Streitfall sei eine schutzwürdige Vertrauensposition der Klägerin nicht gegeben.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
1. Die angefochtenen Bescheide entsprechen, wie die Beteiligten nicht in Abrede stellen, dem damals geltenden Gemeinschaftsrecht. Sie betreffen Zuckerpartien, für die im Rahmen einer Ausschreibung Erstattungen in nationaler Währung vor dem 1.Juni 1978 zugeschlagen und die Ausfuhrförmlichkeiten ab 1.Juni 1978 erfüllt worden sind. Nach den VO Nr.1182/78, Nr.1392/78 und Nr.1837/78 galt der Währungskoeffizient des Art.4 Abs.3 VO Nr.1380/75 auch für solche Warenpartien.
2. Die Klägerin ist der Auffassung, die genannten Verordnungen entfalteten eine unzulässige echte Rückwirkung, weil sie eingriffen in die ihr vor dem 1.Juni 1978 zugeschlagenen und festgesetzten Erstattungen. Der Senat folgt dieser Auffassung nicht. Er ist vielmehr mit dem EuGH (Urteil vom 20.November 1979 Rs.162/78, EuGHE 1979, 3467, 3488) der Meinung, daß die Anwendung der genannten Verordnungen "nicht eine Verringerung der zugeschlagenen Erstattungen, sondern lediglich eine Berichtigung des Währungsausgleichsbetrags durch Anwendung des Koeffizienten auf die Erstattungen zur Folge (hat), wodurch der Währungsausgleichsbetrag hinsichtlich der aufgewerteten Währungen verringert und hinsichtlich der abgewerteten Währungen erhöht wird". Die Richtigkeit dieser Auffassung --die in jenem Verfahren auch von der Kommission und dem Generalanwalt geteilt wurde (EuGHE 1979, 3477, 3495)-- ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Rechtlich stellen Grundwährungsausgleichsbetrag und Koeffizient einzelne Elemente dar, die zusammen den Währungsausgleichsbetrag für den Handel mit Drittländern ergeben. Die Regelungen des Gemeinschaftsrechts für die Währungsausgleichsbeträge belegen das deutlich. Der Koeffizient ist in Art.4 Abs.3 VO Nr.1380/75 geregelt. Diese Verordnung enthält "Durchführungsvorschriften für die Währungsausgleichsbeträge". Sie beruht auf Art.6 der Verordnung (EWG) Nr.974/71 (VO Nr.974/71) des Rates vom 12.Mai 1971 (ABlEG L 106/1 vom 12.Mai 1971), die ebenfalls nur eine Regelung über Währungsausgleichsbeträge enthält. Nach Art.1 Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr.243/78 (VO Nr.243/78) der Kommission vom 1.Februar 1978 (ABlEG L 37/5 vom 7.Februar 1978) gilt als Währungsausgleichsbetrag die Gesamtheit folgender Elemente: der Grundwährungsausgleichsbetrag, der Koeffizient und der repräsentative Kurs, der zur Umrechnung der in Rechnungseinheiten festgesetzten Beträge in nationale Währung anzuwenden ist. Rechtlich hat der Koeffizient also allein mit dem Währungsausgleich zu tun.
Die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit und gegenseitige Abhängigkeit von Grundwährungsausgleichsbetrag und Koeffizient erhellt deutlich aus der Methode, die der Festsetzung der Währungsausgleichsbeträge nach der VO Nr.1380/75 zugrunde liegt (vgl. Absatz 7 von deren Erwägungsgründen). Die Grundwährungsausgleichsbeträge werden für innergemeinschaftlichen und Drittlandsverkehr unter Bezug auf die Garantiepreise berechnet und einheitlich festgesetzt. "Die so festgesetzten Beträge tragen, was Ausfuhren in Drittländer angeht, nicht nur dem Weltmarktpreis der betreffenden Erzeugnisse, sondern auch der Differenz zwischen diesem und dem Garantiepreis der Gemeinschaft Rechnung, die durch die Ausfuhrerstattungen ausgeglichen wird. Die Anwendung des Koeffizienten auf die Erstattung führt zur Festsetzung eines Währungsausgleichsbetrags, der sich auf der Grundlage des Weltmarktpreises errechnet" (EuGHE 1979, 3487, Abs.18 der Urteilsgründe). Die Anwendung des Koeffizienten ist also ein technisches Hilfsmittel zur Verminderung des für den Drittlandsverkehr in der Regel überhöhten, weil auf der Grundlage der Gemeinschaftspreise berechneten Grundwährungsausgleichsbetrags. Die Verminderung ist, wie in der Rechtssache 162/78 Generalanwalt Warner zu Recht ausgeführt hat, "erforderlich, um zu vermeiden, daß ein Exporteur aus einem Mitgliedsstaat mit aufgewerteter Währung zweimal so viel erhält oder ein Exporteur aus einem Mitgliedsstaat mit abgewerteter Währung zweimal so viel bezahlt wie der Betrag, der dem Prozentsatz entspricht, der zur Berechnung der Währungsausgleichsbeträge verwendet oder der auf den Erstattungsbetrag angewandt wird" (EuGHE 1979, 3495; vgl. auch Gilsdorf, Der Währungsausgleich aus rechtlicher Sicht, 1978 S.17).
Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung von Währungsausgleichsbeträgen entsteht erst nach Erfüllung der Ausfuhrzollförmlichkeiten (vgl. Art.10 VO Nr.1380/75). Diese sind in den streitigen Fällen ab dem 1.Juni 1978 erfüllt worden. Ab diesem Zeitpunkt aber galt bereits die VO Nr.1182/78, die die Anwendung des Koeffizienten in Fällen wie dem vorliegenden vorschrieb. Da diese Anwendung der Durchführung des Währungsausgleichs diente, änderte er an der Höhe der der Klägerin zugeschlagenen Erstattung nichts. Eine echte Rückwirkung kommt daher der ab 1.Juni 1978 für den Währungsausgleich geltenden Regelung des Gemeinschaftsrechts nicht zu. Denn die ungünstigen Rechtsfolgen der Anwendung des Koeffizienten sind nicht an einen im Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO Nr.1182/78 abgeschlossenen Tatbestand geknüpft, sondern an den Tatbestand der Erfüllung der Ausfuhrförmlichkeiten nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung (vgl. auch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 26.Februar 1969 2 BvL 15,23/68, BVerfGE 25, 269, 290).
3. Die Neuregelung des Gemeinschaftsrechts zum 1.Juni 1978 dürfte aber eine sog. unechte Rückwirkung entfalten, d.h., die Regelung wirkt auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft ein (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 12.März 1974 VII R 107/71, BFHE 112, 319, 322, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BVerfG). Auch für eine solche Rückwirkung ergeben sich aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes des Bürgers gewisse Grenzen, die das rechtsetzende Organ beachten muß. Wird nachträglich eine vom Bürger erworbene Rechtsposition durch künftig geltende Vorschriften im ganzen entwertet, so wird ein bestehender Vertrauensschutz verletzt, wenn die Verordnung einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem er nicht zu rechnen und den er bei seinen Dispositionen nicht zu berücksichtigen brauchte. Hierbei geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht etwa soweit, dem Bürger jegliche Enttäuschung zu ersparen. Vielmehr ist das Vertrauen des einzelnen auf den Fortbestand einer bestimmten gesetzlichen Regelung mit der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit abzuwägen (vgl. BFHE 112, 319, 323, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).
Im Gemeinschaftsrecht gelten im wesentlichen die gleichen Rechtsgrundsätze, wie sich aus der ständigen Rechtsprechung des EuGH ergibt (vgl. auch Urteil des Senats vom 24.April 1979 VII R 33/75, BFHE 128, 122). Die Grundsätze des Vertrauensschutzes des Marktbürgers und der Rechtssicherheit sind Teil des Gemeinschaftsrechts. Die Anwendung dieser Grundsätze in der Auslegung des EuGH führt zum Ergebnis, daß eine unzulässige unechte Rückwirkung im vorliegenden Fall nicht gegeben ist.
In Anwendung der genannten Rechtsgrundsätze auf die Rechtsmaterie der Währungsausgleichsbeträge ist der EuGH in mehreren Entscheidungen zu dem Ergebnis gekommen, daß bei einer unechten Rückwirkung das gesetzgeberische Anliegen im Regelfall höher zu bewerten ist als ein etwaiges Vertrauen des Betroffenen in den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung. So hat der EuGH mit Urteil vom 15.Februar 1978 Rs.96/77 (EuGHE 1978, 383, 400) zum Ausdruck gebracht: "Nach einem allgemein anerkannten Grundsatz sind Gesetzesänderungen, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, auf die künftigen Wirkungen unter dem alten Recht entstandener Sachverhalte anwendbar ... Keine Bestimmung der VO Nr.974/71 verleiht Exporteuren einen Anspruch auf Beibehaltung einer bestimmten Methode der Berechnung der Ausgleichsbeträge." Im Urteil vom 13.Juni 1978 Rs.146/77 (EuGHE 1978, 1347, 1355) meinte der EuGH, ein Anspruch auf Gewährung von Währungsausgleichsbeträgen ergebe sich erst mit tatsächlicher Durchführung der Ausfuhr, woraus folge, daß "die Ausgleichsbeträge zu gewähren oder zu erheben sind, die aus den zur Zeit der Ein- oder Ausfuhr geltenden Bestimmungen sich ergeben, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der dem fraglichen Geschäft zugrunde liegende Vertrag geschlossen worden ist" (vgl. auch EuGH-Urteile vom 8.Juni 1977 Rs.97/76, EuGHE 1977, 1063, 1077, und vom 14.Mai 1975 Rs.74/74, EuGHE 1975, 533, 548).
Im vorliegenden Fall kommt, wie das FG zu Recht ausgeführt hat, hinzu, daß die Anwendung des Koeffizienten wirtschaftlich erforderlich war, weil anderenfalls überhöhte Währungsausgleichsbeträge bezahlt worden wären, was wiederum zu Wettbewerbsverzerrungen und zu einer Diskriminierung der Ausführer in Abwertungsländern geführt hätte. Dies unterstreicht den Vorrang des öffentlichen Interesses an der sofortigen Inkraftsetzung der Regelung der VO Nr.1182/78 gegenüber den Interessen der Klägerin an der Fortgeltung der zuvor geltenden Rechtslage. Der EuGH hat in Absatz 19 der Gründe seines Urteils in EuGHE 1979, 3467, 3487 auf diesen Umstand hingewiesen: "Da sich die Zuschlagserteilung nach dem in Rechnungseinheiten ausgedrückten Höchstbetrag richtet, schlägt sich die Inzidenz der Auf- oder Abwertung der jeweiligen Währung, die durch die Währungsausgleichsbeträge ausgeglichen werden soll, bereits in der Berechnung der zugeschlagenen Erstattungen nieder. Würde der für den innergemeinschaftlichen Handel festgesetzte Währungsausgleichsbetrag in voller Höhe erhoben oder gewährt, so würde dies folglich zu einer Verdoppelung der Inzidenz des Währungsausgleichs auf denjenigen Teil des Garantiepreises der Gemeinschaft führen, den die Ausfuhrerstattung darstellt. Dadurch, daß gleichzeitig der Koeffizient angewandt und der Währungsausgleichsbetrag gewährt oder erhoben wird, kann diese doppelte Inzidenz vermieden werden."
4. Die Einwendungen der Klägerin gegen diese Auffassung halten einer Prüfung nicht stand.
Entgegen der Auffassung der Klägerin enthalten die VO Nr.1182/78, Nr.1392/78 und Nr.1837/78 keine echte Rückwirkung. Für ihre Gegenauffassung kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf das Urteil in EuGHE 1978, 1187 berufen. Es kann dahinstehen, ob dieses Urteil die Auffassung der Klägerin stützt. Denn falls dem so sein sollte, hat der EuGH jedenfalls seine Meinung im Urteil in EuGHE 1979, 3467 geändert. Darin hat er mit aller Deutlichkeit entschieden, daß die Anwendung des Koeffizienten auf die Erstattungen nur die Währungsausgleichsbeträge betrifft, die zugeschlagene Erstattung also nicht verringert. Damit ist auch klargestellt, daß die Neuregelung keine echte Rückwirkung hat, da sie die Rechtswirkungen des Zuschlags unberührt läßt.
Ob die Kommission von einer echten Rückwirkung der Neuregelung ab 1.Juni 1978 ausgegangen ist, wie die Klägerin behauptet, kann dahinstehen. Denn das ist für die Entscheidung über die Rechtsfrage, ob eine echte Rückwirkung gegeben ist, ohne Bedeutung. Überdies hat die Kommission nach Darstellung ihres Vortrags in der Rechtssache 162/78 das Vorliegen einer echten Rückwirkung ausdrücklich in Abrede gestellt (EuGHE 1979, 3467, 3477).
Die Klägerin beruft sich auch zu Unrecht darauf, sie habe im Hinblick auf das Urteil in EuGHE 1978, 1187 Anspruch auf Vertrauensschutz. Wie ausgeführt, ist das öffentliche Interesse an der Erhebung des wirtschaftlich richtigen Währungsausgleichsbetrages ohnehin als vorrangig anzusehen. Darüber hinaus kann die letztgenannte EuGH-Entscheidung, wie das FG zu Recht ausgeführt hat, schon deswegen keine Grundlage für ein etwaiges Vertrauen der Klägerin abgeben, "weil sie in dem für die kaufmännische Disposition maßgeblichen Zeitraum noch nicht ergangen war" (S.9 der Vorentscheidung).
Zu einer Vorlage an den EuGH nach Art.177 Abs.3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) ist der Senat in Anwendung der Grundsätze des EuGH-Urteils vom 6.Oktober 1982 Rs.283/81 (EuGHE 1982, 3415) nicht verpflichtet. Die Frage, wie die Anwendung des Koeffizienten rechtlich zu beurteilen ist, hat der EuGH in EuGHE 1979, 3467 mit aller wünschenswerten Klarheit entschieden. Nach der umfangreichen Rechtsprechung des EuGH zur Frage der (unechten) Rückwirkung ist die Gültigkeit der VO Nr.1182/78, Nr.1392/78 und Nr.1837/78 derart offenkundig, daß für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt. Es kann daher dahinstehen, ob eine Vorlagepflicht nicht auch deswegen entfällt, weil es im vorliegenden Fall um die Gültigkeit von Handlungen von Gemeinschaftsorganen geht und an die Vorlagepflicht in solchen Fällen möglicherweise weniger strenge Anforderungen zu stellen sind als sie der EuGH in seinem Urteil in EuGHE 1982, 3415 aufgestellt hat (vgl. v.d. Groeben/v. Boeckh/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, 3.Aufl., Art.177 Anm.41, mit weiteren Hinweisen).
Fundstellen
Haufe-Index 60683 |
BFHE 144, 86 |
BFHE 1986, 86 |
HFR 1986, 573-574 (ST) |