Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur steuerlichen Behandlung von verlorenen Zuschüssen, die von Mineralölgesellschaften an Tankstelleninhaber gegeben wurden.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 6 Abs. 1 Ziff. 3, § 15/1, § 26; GewStG § 2 Abs. 1, § 7

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hatte die Streitsachen betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1950 des Beschwerdegegners (Bg.) zu einheitlicher Entscheidung verbunden. Der erkennende Senat hält es für erforderlich, die Umsatzsteuersache abzutrennen, damit über diese von dem dafür zuständigen Senat entschieden wird.

Streitig ist ausschließlich, ob ein vom Bg. vereinnahmter Betrag in Höhe von 15 000 DM, den er von einer Mineralölgesellschaft als Zuschuß im Jahre 1950 erhalten hatte, seinen gewerblichen Einkünften zuzurechnen ist.

Der Bg. betrieb im Streitjahr auf einem seiner Ehefrau gehörigen Grundstück neben einem Einzelhandelsgeschäft eine Tankstelle für Kraftfahrzeugtreibstoffe, die er aus eigenen Mitteln eingerichtet hatte. Am 22. Dezember 1950 schloß er mit der Mineralölgesellschaft einen Vertrag, mit dem er sich zum ausschließlichen Verkauf von Kraft- und Schmierstoffen dieser Gesellschaft sowie zur Duldung der Einrichtung einer Zapfstelle durch diese auf dem Grundstück seiner Ehefrau und zur Eintragung einer Dienstbarkeit im Grundbuch zu Gunsten der Mineralölgesellschaft verpflichtete. Der Vertrag wurde zugleich im Namen seiner Ehefrau geschlossen und von ihr mitunterschrieben. Die vom Bg. mit einem Kostenaufwand von 14 790 DM bereits errichtete Tankstelle wurde der Mineralölgesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Am gleichen Tage schlossen der Bg. und seine Ehefrau einen weiteren Vertrag mit der Mineralölgesellschaft, auf Grund dessen diese ihnen zur Anlegung einer neuen Einfahrt zur Tankstelle sofort einen verlorenen Zuschuß in Höhe von 15 000 DM gab, der jedoch zurückzuzahlen war, falls sie in grober Weise gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen verstoßen sollten. Der Bg. verbuchte den erhaltenen Zuschuß als Einlage zu Gunsten seines Kapitalkontos. Das Finanzamt erkannte diese Sachbehandlung steuerlich nicht an und rechnete diesen Betrag gewinnerhöhend den buchmäßig ausgewiesenen gewerblichen Einkünften hinzu.

Das FG gab der Berufung des Bg. statt; es kürzte die gewerblichen Einkünfte um den strittigen Zuschußbetrag. Das FG ging davon aus, daß nach einer von der genannten Mineralölgesellschaft eingeholten Auskunft die Höhe der sich aus dem Treibstofflieferungsvertrag ergebenden Vergütungen nicht durch die Zuschußvereinbarung beeinflußt sei. Die Gesellschaft habe in zahlreichen anderen Fällen erst nachträglich mit den Tankstelleninhabern derartige Zuschußvereinbarungen getroffen, ohne daß dies die Höhe der Vergütungen aus den bereits vorher abgeschlossenen Verträgen beeinflußt habe. Der Zuschuß stehe mit dem Tankstellenvertrag in keinem wirtschaftlichen Zusammenhange. Er sei ohne jede Gegenleistung im eigenen Interesse der Gesellschaft gegeben worden, um in möglichst großem Umfang eigene Erzeugnisse vertreiben zu können. Er solle den Bg. an die den Zuschuß gebende Gesellschaft binden, um Konkurrenzfirmen auszuschließen. Dies folge aus der Verpflichtung des Bg. zur Rückzahlung, falls er den Tankstellenvertrag verletze. Er gehöre deshalb auch nicht zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb.

Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts rügt, das FG habe den wirtschaftlichen Zusammenhang der beiden Verträge vom 22. Dezember 1950 verkannt. Dieser ergebe sich bereits aus der Koppelung des Zuschußvertrages mit dem Tankstellenvertrag.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

Der Auffassung des FG, der vom Bg. vereinnahmte Zuschuß sei nicht zu seinen gewerblichen Einkünften zu rechnen, vermag der Senat nicht zu folgen. Das FG hat bei der Beurteilung des Zuschusses den Begriff der gewerblichen Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Ziff. 2 und § 15 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verkannt. Die Entscheidung des FG war deshalb, soweit sie die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer betrifft, wegen Rechtsirrtums aufzuheben.

Der Bg. unterhielt einen Gewerbebetrieb, mit dem er unstreitig den Betrieb einer Tankstelle verbunden hatte. Im Rahmen dieses Gewerbebetriebes hat er mit der Mineralölgesellschaft einen Belieferungsvertrag geschlossen, in dem er sich verpflichtete, ausschließlich die ihm von dieser Gesellschaft gelieferten Treib- und Schmierstoffe zu verkaufen. Von diesem Vertrage kann die weitere Vereinbarung, durch die er einen sogenannten verlorenen Zuschuß erhielt, nicht mit der Wirkung getrennt werden, daß nicht auch diese Vereinbarung im Rahmen seines gewerblichen Betriebes getroffen worden sei. Die gesamten vertraglichen Abreden des Bg. mit der Mineralölgesellschaft, die im Rahmen des Tankstellenvertrages getroffen worden sind, bilden ein wirtschaftliches Ganzes. Sie können nicht in verschiedene selbständige Vorgänge aufgespalten werden. Der Bg. kann sich insbesondere nicht darauf berufen, daß die schriftlichen Bestätigungen der getroffenen Vereinbarungen in zwei getrennten Schriftstücken niedergelegt sind. Dafür, daß es sich um Bestandteile eines einheitlichen Vertrages gehandelt hat, spricht bereits die Tatsache, daß beide schriftliche Bestätigungen vom gleichen Tage stammen. Die Einheit des Vorganges ergibt sich aber auch aus der Koppelung der Zuschußvereinbarung mit den sich aus dem übrigen Tankstellenvertrag ergebenden Verpflichtungen. Die Zuschußgewährung muß deshalb als betrieblicher Vorgang behandelt werden.

Welcher sachliche Inhalt sich hinter der Bezeichnung als "verlorenem Zuschuß" verbirgt, haben die Vorbehörden nicht geprüft. Soweit ein Baukostenzuschuß zur Minderung tatsächlicher Baukosten gegeben wird, wird er beim Empfänger meist als durchlaufender Posten behandelt werden können. Der Zuschuß ist in einem solchen Fall von den Herstellungskosten des mit seiner Hilfe hergestellten Wirtschaftsgutes abzusetzen. Aus welchen Gründen im Streitfall der Zuschuß von der Mineralölgesellschaft gegeben worden ist, erscheint zweifelhaft. Nach der schriftlichen Vereinbarung soll er zur Anlegung einer neuen Einfahrt zur Tankstelle gegeben worden sein. Eine Verpflichtung des Bg., eine solche Einfahrt tatsächlich zu schaffen, ergibt sich daraus aber noch nicht. Das war auch nicht mehr möglich, da die Einfahrt mit anderem Kredit bereits geschaffen war. Der Zuschuß kann daher nicht als durchlaufender Posten behandelt werden (vgl. Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs IV 61/49 U vom 25. November 1949, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK - Einkommensteuergesetz § 2 Rechtsspruch 1, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1950 Nr. 28).

Nach den Feststellungen des Betriebsprüfers, denen der Bg. nicht widersprochen hatte, hat dieser für die von ihm auf eigene Kosten errichtete Tankstelle 14 790 DM aufgewendet. Dieser Betrag entspricht etwa dem ihm von der Mineralölgesellschaft gewährten Zuschuß. Trotz der ausdrücklichen anderen Kennzeichnung spricht viel dafür, daß der Zuschuß zumindest zu einem Teil als nachträglicher Zuschuß für die bereits vom Bg. aufgewendeten Kosten gegeben worden ist. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 55/53 U vom 6. Oktober 1953 (Slg. Bd. 58 S. 61, Bundessteuerblatt - BStBl - 1953 III S. 315), dem der Senat beitritt, würde dem Bg. bei einer entsprechenden Beurteilung des Sachverhaltes ein Wahlrecht hinsichtlich der bilanzmäßigen Behandlung eines echten Baukostenzuschusses zustehen. Der Bg. und die vom FG um Auskunft ersuchte Mineralölgesellschaft haben aber selbst nicht behauptet oder dargelegt, daß der Zuschuß einen nachträglichen Kostenersatz für die Einrichtung der Tankstelle darstellen solle. Der Zuschuß kann deshalb auch nicht als durchlaufender Posten im Sinne des genannten Urteils I 55/53 U behandelt werden.

Aus der Koppelung der Zuschußvereinbarung mit dem übrigen Tankstellenvertrag folgt aber, daß diese jedenfalls in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den vom Bg. übernommenen Verpflichtungen steht. Der Bg. hat sich verpflichtet, ausschließlich die Erzeugnisse der vertragschließenden Mineralölgesellschaft zu verkaufen und ihr die unentgeltliche Benutzung seiner Tankstelle zu überlassen; er hat ihr ferner vereinbarungsgemäß eine Dienstbarkeit auf dem von ihm genutzten Grundstück durch Eintragung im Grundbuch eingeräumt und sich für den Fall einer groben Vertragsverletzung zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet. Der Zuschuß muß deshalb als Entgelt für die der Mineralölgesellschaft gewährte Nutzung für das ihr eingeräumte Vertriebsmonopol behandelt werden. Dies macht es aber notwendig, einen entsprechenden Passivposten einzusetzen, der im Verlauf der 10-jährigen Vertragsdauer in entsprechenden jährlichen Teilbeträgen gewinnerhöhend aufzulösen ist (vgl. Peters-Herrmann, Kommentar zur Einkommensteuer, Anm. 57 zu § 5 E 323). Eine derartige Passivierung entspricht auch der durch § 6 Abs. 1 Ziff. 3 EStG vorgeschriebenen Teilwertbewertung. Würde der Bg. seinen Betrieb veräußern, so müßte der Erwerber seines Betriebes im Hinblick auf die vom Bg. übernommenen Verpflichtungen ebenfalls einen entsprechenden Abschlag ansetzen.

Die Sache wird an das Finanzamt zurückverwiesen, das den gewerblichen Gewinn für das Streitjahr unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze neu festzustellen haben wird. Bei der Einkommensteuer hat das Finanzamt ferner zu beachten, daß das Bundesverfassungsgericht den § 26 EStG 1951 für nichtig erklärt hat (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 1 BvL 4/54 vom 17. Januar 1957, BStBl 1957 I S. 193). Bei der erneuten Entscheidung über die Veranlagung des verheirateten Bg. wird das Finanzamt deshalb die zu erwartende, sich voraussichtlich auch auf das Jahr 1950 beziehende gesetzliche Neuregelung der Ehegattenbesteuerung zu berücksichtigen haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408770

BStBl III 1957, 342

BFHE 1958, 282

BFHE 65, 282

BB 1957, 990

DB 1957, 983

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