Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungszusage an den im Betrieb mitarbeitenden Ehegatten
Leitsatz (NV)
1. Die Bildung einer Rückstellung für eine Pensionsverpflichtung zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn es nach der für den Betrieb geltenden Ruhegeldordnung an eindeutigen und nachprüfbaren Tatbestandsmerkmalen fehlt, bei deren Erfüllung ein Ruhegeldanspruch entstehen soll. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Versorgungsanspruch von der Erbringung ,,außerordentlicher Leistungen für den Betrieb" abhängt.
2. Ein Pensionsversprechen kann insoweit betrieblich veranlaßt sein, als die Zusage an die Stelle einer fehlenden Anwartschaft auf Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung getreten ist.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 6a
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten. Der Kläger betrieb eine . . . In dem Unternehmen war seit dem 1. September 1963 die Klägerin als Geschäftsgehilfin (Ein- und Verkauf für den gesamten Betrieb und Erledigung der dabei anfallenden schriftlichen Arbeiten) aufgrund eines steuerrechtlich anerkannten Arbeitsvertrages tätig. Ihr Bruttogehalt betrug in den Jahren 1974 bis 1979 (Streitjahre) zwischen 12 100 DM und 23 624 DM.
Mit Vertrag vom 20. Oktober 1974 erteilte der Kläger seiner Ehefrau, die nicht sozialversichert war und am 1. November 1979 aus dem Betrieb ausgeschieden ist, eine Versorgungszusage. Danach stand ihr nach Vollendung des 60. Lebensjahres oder bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Unternehmen wegen Dienstunfähigkeit nach mindestens zehnjähriger Betriebszugehörigkeit eine monatliche Rente von 1 000 DM zu. Unter bestimmten Voraussetzungen war eine Kürzung oder Einstellung der zugesagten Versorgungsleistungen möglich.
Gleichzeitig mit der Pensionszusage trat eine als ,,Betriebsvereinbarung" bezeichnete Ruhegeldordnung in Kraft. Nach dieser Vereinbarung stand Betriebsangehörigen in leitender Stellung nach mindestens zehnjähriger Betriebszugehörigkeit ein Anspruch auf Gewährung einer Alters- und Dienstunfähigkeitsversorgung zu, sofern sie sich ,,durch außerordentliche Leistungen am Betrieb verdient gemacht" hatten. Über die jeweilige Höhe der betrieblichen Altersversorgung sollte die gegenwärtige und künftige Ertragslage des Betriebs sowie die allgemeine Entgeltsentwicklung entscheiden, wobei die Versorgung auf 75 v. H. des zuletzt bezogenen Entgelts begrenzt war.
Familienfremden Arbeitnehmern wurde aufgrund dieser Ruhegeldordnung keine Pensionszusage erteilt.
Die vom Kläger im Hinblick auf die Pensionszusage vom 20. Oktober 1974 gewinnmindernd geltend gemachten Zuführungen zur Rückstellung erkannte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) mangels betrieblicher Veranlassung nicht an.
In seinen Einspruchsentscheidungen hat das FA - gemäß dem versicherungsmathematischen Gutachten des Fachprüfers der Oberfinanzdirektion (OFD) - die Pensionsrückstellung insoweit gewinnmindernd berücksichtigt, als die Pensionsverpflichtung einer Sozialversicherungsrente - berechnet nach den fiktiven Arbeitgeberanteilen zur gesetzlichen Rentenversicherung ab Erteilung der Pensionszusage - entspricht.
Die Klagen hatten nur teilweise Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) hielt es zwar nicht für wahrscheinlich, daß auch vergleichbaren familienfremden Arbeitnehmern eine entsprechende Pensionszusage erteilt worden wäre und sah - ebenso wie das FA - die Pensionszusage lediglich insoweit als betrieblich veranlaßt an, als sie an Stelle eines Eintritts der Klägerin in die gesetzliche Sozialversicherung erteilt worden war. Es vertrat jedoch die Auffassung, daß bei der versicherungsmathematischen Berechnung der Rückstellungsbeträge auch die ersparten Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung der Klägerin für die Zeit ab Beginn des steuerrechtlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnisses (1. September 1963) bis zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage zu berücksichtigen seien.
Gegen die Urteile des FG haben sowohl die Kläger als auch das FA Revision eingelegt. Mit den Rechtsmitteln wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt.
Entscheidungsgründe
1. Der Senat hat die Revisionsverfahren X R 73/87, X R 74/87 und X R 75/87 gemäß § 73 Abs. 1 i. V. m. § 121 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
2. Die Revisionen des FA sind begründet. Die Urteile des FG sind aufzuheben und die Klagen abzuweisen. Die Revisionen der Kläger sind unbegründet.
Im Hinblick auf die inhaltliche Unbestimmtheit der Ruhegeldordnung vom 20. Oktober 1974 besteht keine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Kläger sich auch familienfremden Arbeitnehmern gegenüber zur Zahlung einer entsprechenden Pension verpflichtet hätte. In dem Umstand, daß die Klägerin in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum hinweg unentgeltlich Überstunden geleistet hat, ist kein betrieblicher Anlaß für die Gewährung einer Ruhegeldzusage zu sehen. Daher kann das Pensionsversprechen steuerrechtlich nur insoweit anerkannt werden, als die Pensionszusage an die Stelle einer fehlenden Anwartschaft auf Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung getreten ist. Der Senat nimmt insoweit auf die Gründe seines Urteils vom 7. Februar 1990 X R 63-65/87, BFH/NV 1991, 80, das zu einem dem Streitfall vergleichbaren Revisionsverfahren ergangen ist, Bezug.
Das FG ist bei seinen Entscheidungen zwar von diesen Grundsätzen ausgegangen; es hat dabei jedoch verkannt, daß die Zuführungen zur Pensionsrückstellung nur entsprechend der Höhe der ersparten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ab Erteilung der Pensionszusage (20. Oktober 1974) als betrieblicher Aufwand anerkannt werden können. Der Senat verweist auch insoweit auf die Gründe seines Urteils X R 63-65/87.
Fundstellen
Haufe-Index 63068 |
BFH/NV 1991, 586 |