Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungszusage an den im Betrieb mitarbeitenden Ehegatten
Leitsatz (NV)
1. Die Bildung einer Rückstellung für eine Pensionsverpflichtung zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn es nach der für den Betrieb geltenden Ruhegeldordnung an eindeutigen und nachprüfbaren Tatbestandsmerkmalen fehlt, bei deren Erfüllung ein Ruhegeldanspruch entstehen soll. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Versorgungsanspruch von der Erbringung ,,außerordentlicher Leistungen für den Betrieb" abhängt.
2. Ein Pensionsversprechen kann insoweit betrieblich veranlaßt sein, als die Zusage an die Stelle einer fehlenden Anwartschaft auf Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung getreten ist.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 6a
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Gesamtrechtsnachfolgerin nach ihrem verstorbenen Ehemann A. A betrieb eine . . . In dem Unternehmen war seit dem 1. August 1964 die Klägerin - neben anderen familienfremden Aushilfskräften - als Geschäftsgehilfin (Ein- und Verkauf für den gesamten Betrieb und Erledigung der dabei anfallenden schriftlichen Arbeiten) aufgrund eines steuerrechtlich anerkannten Arbeitsvertrages tätig. Ihr Bruttogehalt betrug in den Jahren 1975 bis 1976 und 1978 bis 1981 (Streitjahre) zwischen 13 720 DM und 24 400 DM.
Mit Vertrag vom 29. Dezember 1975 erteilte A der Klägerin, die am 1. Januar 1979 der Sozialversicherung beigetreten ist, eine Versorgungszusage. Danach stand ihr nach Vollendung des 60. Lebensjahres oder bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Unternehmen wegen Dienstunfähigkeit nach mindestens zehnjähriger Betriebszugehörigkeit eine monatliche Rente von 1 000 DM zu. Unter bestimmten Voraussetzungen war eine Kürzung oder Einstellung der zugesagten Versorgungsleistungen möglich.
Gleichzeitig mit der Pensionszusage trat eine als ,,Betriebsvereinbarung" bezeichnete Ruhegeldordnung in Kraft. Nach dieser Vereinbarung stand jedem Betriebsangehörigen nach mindestens zehnjähriger Betriebszugehörigkeit ein Anspruch auf Gewährung einer Alters- und Dienstunfähigkeitsversorgung zu, sofern er sich ,,durch außerordentliche Leistungen am Betrieb verdient gemacht" hatte. Über die jeweilige Höhe der betrieblichen Altersversorgung sollten die gegenwärtige und künftige Ertragslage des Betriebes sowie die allgemeine Entgeltsentwicklung entscheiden, wobei die Versorgung auf 75 v. H. des zuletzt bezogenen Entgelts begrenzt war.
Familienfremden Arbeitnehmern wurde aufgrund dieser Ruhegeldordnung keine Pensionszusage erteilt.
Die von A im Hinblick auf die Pensionszusage vom 29. Dezember 1975 gewinnmindernd geltend gemachten Rückstellungszuführungen erkannte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) für die Streitjahre 1975 und 1976 in Höhe der ersparten Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Zusatzversorgungskasse und für die Streitjahre 1978 bis 1981 - gemäß dem versicherungsmathematischen Gutachten des Fachprüfers der Oberfinanzdirektion (OFD) - insoweit an, als die Pensionsverpflichtung einer Sozialversicherungsrente - berechnet nach den fiktiven Arbeitgeberanteilen zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Zusatzversorgungskasse ab Erteilung der Pensionszusage - entspricht.
Die Klagen hatten nur teilweise Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) hielt es zwar nicht für wahrscheinlich, daß auch vergleichbaren familienfremden Arbeitnehmern eine entsprechende Pensionszusage erteilt worden wäre, und sah - ebenso wie das FA - die Pensionszusage lediglich insoweit als betrieblich veranlaßt an, als sie an Stelle eines Eintritts der Klägerin in die gesetzliche Sozialversicherung erteilt worden war. Es vertrat jedoch die Auffassung, daß bei der versicherungsmathematischen Berechnung der Rückstellungsbeträge auch die ersparten Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung der Klägerin für die Zeit ab Beginn des steuerrechtlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnisses (1. August 1964) und zur Zusatzversorgungskasse (ab deren Gründungsjahr 1970) bis zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage zu berücksichtigen seien.
Gegen die Urteile des FG haben sowohl die Klägerin als auch das FA Revision eingelegt.
Das FA beantragt, das Urteil des FG betreffend die Streitjahre 1975 und 1976 insoweit aufzuheben, als das FG bei der Ermittlung der Pensionsrückstellung auch ersparte Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit ab Beginn des steuerrechtlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnisses (1. August 1964) bis zur Erteilung der Versorgungszusage (29. Dezember 1975) berücksichtigt hat und die Klage auch insoweit abzuweisen; ferner beantragt es, das Urteil der Vorinstanz betreffend die Streitjahre 1978 bis 1981 aufzuheben, die Klage abzuweisen sowie die Revisionen der Klägerin gegen beide Entscheidungen der Vorinstanz zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Der Senat hat die Verfahren X R 155/87 und X R 156/87 gemäß § 73 Abs. 1 i. V. m. § 121 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
2. Die Revisionen des FA sind begründet. Die Revisionen der Klägerin sind unbegründet.
Im Hinblick auf die inhaltliche Unbestimmtheit der Ruhegeldordnung vom 29. Dezember 1975 besteht keine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß A sich familienfremden Arbeitnehmern gegenüber zur Zahlung einer entsprechenden Pension verpflichtet hätte. Darin, daß die Klägerin in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum hinweg unentgeltlich Überstunden geleistet hat, ist kein betrieblicher Anlaß für die Gewährung einer Ruhegeldzusage zu sehen. Daher kann das Pensionsversprechen steuerrechtlich nur insoweit anerkannt werden, als die Pensionszusage an die Stelle einer fehlenden Anwartschaft auf Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung getreten ist; gleiches gilt für die ersparten Beiträge zur tariflichen Zusatzversorgungskasse (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Dezember 1980 IV R 142/78, nicht veröffentlicht).
Der Senat nimmt insoweit auf die Gründe seines Urteils vom 7. Februar 1990 X R 63-65/87, BFH/NV 1991, 80, das zu einem dem Streitfall vergleichbaren Revisionsverfahren ergangen ist, Bezug.
Das FG ist bei seinen Enscheidungen zwar von diesen Grundsätzen ausgegangen; es hat dabei jedoch verkannt, daß die Zuführungen zur Pensionsrückstellung nur entsprechend der Höhe der ersparten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur tarifvertraglichen Zusatzversorgungskasse ab Erteilung der Pensionszusage (29. Dezember 1975) als betrieblicher Aufwand anerkannt werden können. Der Senat verweist auch insoweit auf die Gründe seines Urteils X R 63-65/87.
Den Revisionen des FA ist demgemäß in dem beantragten Umfang stattzugeben (§ 121 i. V. m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 63040 |
BFH/NV 1991, 587 |