Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Erfüllt der Gesellschafter einer GmbH seine Verpflichtung zur baren Einzahlung einer Stammeinlage vereinbarungsgemäß durch Aufrechnung mit einer Darlehnsforderung gegen die Gesellschaft, so liegt eine Bareinlage nur dann vor, wenn der Gesellschaft die zur Tilgung ihrer Schuld erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stehen.
Normenkette
KVStG § 8/1/a; KVStG § 8/1/b
Tatbestand
Die Beschwerdegegnerin (Bgin.), eine GmbH, erhöhte kurz vor der Währungsumstellung ihr Stammkapital um 750.000 RM durch Ausgabe eines neuen Stammanteils in dieser Höhe. Die alleinige Gesellschafterin kam ihrer Einlageverpflichtung dadurch nach, daß sie mit einer Teilforderung in gleicher Höhe aus einer höheren Gesamtforderung aufrechnete. Die Urkunde über die Gesellschaftsversammlung besagt, daß die alleinige Gesellschafterin die neue Stammeinlage von 750.000 RM übernimmt, "die mit Genehmigung" der Bgin. "durch Verrechnung mit Wertstellung zum 31. Dezember 1947 gezahlt ist". Die Kapitalerhöhung wurde 1949 in das Handelsregister eingetragen.
Streitig ist nur noch, ob es sich um eine Bareinlage oder eine Sacheinlage handelt, ob also die Gesellschaftsteuer nach § 8 Ziff. 1 a oder b des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KapVStG) zu berechnen ist.
Die Vorinstanz hat ein beteiligungsähnliches Darlehen im Sinne des § 3 KapVStG als vorliegend erachtet und weiterhin unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung (Urteil des Bundesfinanzhofs II 10/51 S vom 13. März 1951, Bundessteuerblatt - BStBl. - III S. 84) ausgesprochen, daß wenn die Besteuerung dieses Ersatztatbestandes unterblieben ist, der Haupttatbestand zu versteuern ist, sofern er sich später - und zwar wie im Streitfalle nach Wiedererhebung der Kapitalverkehrsteuer - verwirklicht. Die Erfüllung der Einlageverpflichtung aus Anlaß der Kapitalerhöhung wurde als eine Erfüllung durch eine Bareinlage angesehen.
Entscheidungsgründe
Hiergegen hat der Vorsteher des Finanzamts Rechtsbeschwerde (Rb.) erhoben. Er weist insbesondere darauf hin, daß nach dem Wortlaut des Erhöhungsbeschlusses die Leistung nicht durch Barzahlung bewirkt worden sei. Das Urteil des Reichsfinanzhofs II 3/43 S vom 11. März 1943, Slg. Bd. 53 S. 78, das sich mit der gleichen Frage befaßt habe, sei nicht überzeugend.
Die Vorinstanz hat die Steuerpflicht des Haupttatbestandes zutreffend bejaht; dem Beschwerdeführer ist aber dahin beizupflichten, daß in dem Streitfall nach dem Wortlaut des Erhöhungsbeschlusses Zweifel bestehen, ob eine Einlage, die in der vorliegenden Form durch Verrechnung, d. h. einen Aufrechnungsvertrag (vgl. §§ 19, 56 des GmbH-Gesetzes) zu leisten war, eine Geldeinlage oder eine Sacheinlage ist. Dem Urkundeninhalt allein kann hiernach eine entscheidende Bedeutung nicht zukommen, zumal die Bemessungsgrundlage für die Gesellschaftsteuer nicht die Verpflichtungserklärung, sondern die Gegenleistung ist (ß 8 Ziff. 1 KapVStG). Die Bedeutung einer Verrechnungsabrede ist daher nunmehr zu erörtern.
Es ist an sich zuzugeben, daß eine Verrechnungsabrede eine Einlage zur Sacheinlage macht, da für das Wesen einer Geldeinlage allein entscheidend ist, ob eingezahlt wird oder nicht, vgl. auch Schlegelberger, Quassowski usw., Kommentar über das Aktiengesetz 3. Auflage Anm. 2 zu § 20. Diese Auffassung schließt jedoch nicht aus, daß als eine in Geld zu leistende Einlage auch eine Einlage anzusehen ist, die einer Geldleistung wirtschaftlich gleichwertig ist. Diese Gleichwertigkeit ist gegeben und es bestehen keine Bedenken, eine Geldeinlage anzunehmen, wenn die Verrechnung nur dazu dient, das zwecklose Hin- und Herschieben von Zahlungsmitteln zu ersparen (vgl. Reichsgericht in Zivilsachen, Juristische Wochenschrift 1926 S. 1153 f.). Hierbei ist aber Voraussetzung, daß der Gesellschaft die zur Tilgung ihrer Darlehnsschuld erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stehen, sie also mit der Rückzahlung des Darlehens vorausgehen könnte (vgl. auch Brodmann, Kommentar über das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2. Auflage Anm. 3 zu § 19). Maßgebend hierfür ist der Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung (ß 54 Abs. 3 des GmbH-Gesetzes, Juristische Wochenschrift 1938 S. 1400 zu 2, vgl. hierzu auch Reichsgericht in Zivilsachen, Juristische Wochenschrift 1914 S. 984 zu 9). Erst wenn diese Voraussetzung gegeben ist, ist die Leistung durch Verrechnung einer Bareinlage gleichzustellen. Nur mit dieser Einschränkung kann dem vorstehend erwähnten Urteil des Reichsfinanzhofs vom 11. März 1943 gefolgt werden. Dieses stellte es für die Annahme einer Bareinlage in einem gleichgelagerten Fall nur darauf ab, ob der übernehmende Gesellschafter die unbeschränkte Verpflichtung zur Einzahlung auf die neue Stammeinlage einging und diese Verpflichtung mit Zustimmung der Gesellschaft durch Aufrechnung mit seiner Darlehnsforderung tilgte.
Die Frage, ob der Bgin. (GmbH) zur Zeit der Eintragung der Kapitalerhöhung die zur Tilgung der Darlehnsschuld erforderlichen Mittel zur Verfügung standen, hat die Vorinstanz nicht erörtert. Das Urteil des Finanzgerichts war demnach aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, da noch insoweit weitere Ermittlungen erforderlich sind.
Fundstellen
Haufe-Index 407461 |
BStBl III 1952, 227 |
BFHE 1953, 589 |
BFHE 56, 589 |