Entscheidungsstichwort (Thema)
Modernisierungsaufwand bei Hausumbau
Leitsatz (NV)
Zu den gem. § 82 a EStDV begünstigten Aufwendungen gehören auch die Folgekosten, die zur Beseitigung der beim Einbau begünstigter Anlagen und Einrichtungen entstandenen Schäden aufgewendet werden müssen, nicht jedoch Aufwendungen, die eine Folge eines nichtbegünstigten Hausumbaus sind.
Normenkette
EStDV 1978, 1979 §§ 82a, 82b
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat im Jahre 1977 ein mit einem Zweifamilienhaus bebautes Grundstück zum Preis (einschließlich Nebenkosten) von rd. 200 000 DM erworben. Davon entfielen auf das 1935 errichtete Gebäude ca. 90 000 DM. Im Anschluß an den Erwerb ließ der Kläger an und in dem Gebäude umfangreiche Bauarbeiten durchführen, bevor er es mit seiner Familie bezog. Von den gesamten Bauaufwendungen in Höhe von 200 000 DM behandelte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung ca. 160 000 DM als Instandhaltungsaufwendungen und verteilte sie gemäß § 82 b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) gleichmäßig auf drei Jahre.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beurteilte die Kosten als anschaffungsnahe Aufwendungen i. S. des Abschn. 157 Abs. 5 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) und demnach als Herstellungskosten und gewährte hierauf die erhöhten Absetzungen gemäß § 7 b und Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Einsprüche hatten insoweit Erfolg, als das FA 17 000 DM für den Umbau von Fenstern und Türen als Herstellungskosten i. S. des § 82 a EStDV ansah und hierauf die erhöhten Absetzungen von 10 v. H. jährlich anstelle der bisher berücksichtigten AfA von 2 v. H. gemäß § 7 Abs. 4 EStG gewährte.
Die Klage hatte zu einem geringen Teil Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, daß die Beurteilung der gesamten Aufwendungen als Herstellungsaufwand nicht hindere, abgrenzbare Teile hiervon als Modernisierungsaufwand i. S. von § 82 a EStDV zu behandeln. Das FA habe daher mit Recht die Aufwendungen für den Umbau von Fenstern und Türen als Modernisierungsaufwendungen angesehen. Als deren Folgekosten könnten nach der Schätzung des Sachverständigen, der sich das FG angeschlossen habe, etwas mehr als 1/5 der reinen Umbaukosten behandelt werden, weil es sich nur insoweit um Aufwendungen gehandelt habe, die für die Beseitigung der bei dem Einbau der begünstigten Anlagen und Einrichtungen entstandenen Schäden aufgewandt worden seien. Es bezifferte die gemäß § 82 a EStDV noch zu berücksichtigenden Aufwendungen auf 976 DM und 10 992 DM.
Der Kläger, der die Kosten für sämtliche Baumaßnahmen anteilig den Aufwendungen für den Umbau von Fenstern und Türen hinzugerechnet habe, verkenne den Begriff der Folgekosten. Unter Folgekosten seien diejenigen Aufwendungen zu verstehen, die für die Beseitigung von Schäden aufgewandt werden, die bei dem Einbau begünstigter Anlagen und Einrichtungen entstünden. Im Streitfall sei aber der Umbau von Fenstern und Türen zum großen Teil eine Folge des inneren Umbaus des Gebäudes (dem Versetzen von Wänden, Verlegen von Türöffnungen und anderem mehr) gewesen. Die Zuordnung der hierdurch verursachten Aufwendungen zu den Kosten des Umbaus von Fenstern und Türen stelle das Verhältnis von Ursache und Folge auf den Kopf.
Die Schätzung des Sachverständigen zu korrigieren, bestehe kein Anlaß, und zwar um so weniger, als nach Auffassung des FG in den Umbaukosten von 14 798 DM auch solche enthalten seien, die - wie die Kosten der von der Rückfront des Hauses zur Seite verlegten Kellertür - nicht unter die Begünstigungsvorschrift des § 82 a EStDV fielen.
Begünstigt seien die Aufwendungen, die durch die Einrichtung eines Badezimmers im Dachgeschoß (zweite Wohnung) entstanden seien. Diese habe der Kläger - vom Bausachverständigen und vom FA unbeanstandet - auf 10 992 DM beziffert.
Soweit der Kläger Kosten der übrigen Modernisierungsmaßnahmen nach den Nrn. 3, 6 und 7 der Anlage 7 zu § 82 a EStDV für begünstigt halte, könne ihm nicht gefolgt werden. § 82 a EStDV wolle die Modernisierung von Altbauten nicht schlechthin fördern. Soweit Anlagen und Einrichtungen bereits vorhanden gewesen und lediglich erneuert oder modernisiert seien, greife § 82 a EStDV nicht ein. Das gelte für die Ölheizung mit Warmwasseranlage (vorher Warmwasserboiler), die bereits von der Voreigentümerin installiert und vom Kläger lediglich auf ein sparsameres Modell umgestellt und erweitert worden sei.
Gegen die Entscheidung des FG richtet sich die Revision des Klägers. Es sei unzutreffend, nur solche Folgekosten zu berücksichtigen, die getätigt worden seien, damit die Mindestausstattung von Wohnungen im sozialen Wohnungsbau erreicht werde.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen und eine Veranlagung im Sinne der abgegebenen Einkommensteuererklärung gutzuheißen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das FA erließ am 9. August 1984 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 1978 und 1979. Der Kläger beantragte, diese Einkommensteuerbescheide zum Gegenstand des Verfahrens zu machen (§ 68 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Beide Beteiligte erklärten, daß die tatsächlichen Grundlagen des Streitfalls durch die Änderungsbescheide nicht berührt worden sind.
Entscheidungsgründe
1. Gegenstand des Verfahrens sind aufgrund der im Revisionsverfahren abgegebenen Erklärung des Klägers die Einkommensteuerbescheide für 1978 und 1979 vom 9. August 1984 (§§ 68, 121, 123 Satz 2 FGO).
2. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
3. Der Senat vermag mangels tatsächlicher Feststellungen nicht nachzuprüfen, ob das FG zu Recht die vom Kläger begehrten erhöhten Absetzungen gemäß § 82 a EStDV in der nichtbewilligten Höhe abgelehnt hat.
Das FG hat die Bauaufwendungen des Klägers von rund 200 000 DM zutreffend als Herstellungskosten beurteilt. Es hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, daß Aufwendungen für ein Bündel von Einzelbaumaßnahmen, die für sich genommen teils Herstellungs-, teils Erhaltungsaufwand darstellen, nach der Rechtsprechung insgesamt als Herstellungskosten zu behandeln sind, wenn sie in engem räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zueinander stehen und in ihrer Gesamtheit als eine ,,einheitliche Baumaßnahme im Wesen einer Generalüberholung und Modernisierung des Hauses im ganzen und von Grund auf" anzusehen sind (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Juni 1975 VIII R 114/71, BFHE 116, 469, BStBl II 1975, 878).
Ergänzend hat das FG ausgeführt, daß man zum gleichen Ergebnis gelange, wenn man mit dem FA die gesamten Kosten als anschaffungsnahen Aufwand ansehe, weil es sich nach der BFH-Rechtsprechung um Aufwendungen handele, die im Anschluß an den Erwerb eines Gebäudes gemacht worden und diese im Verhältnis zum Kaufpreis hoch seien und hierdurch das Wesen des Gebäudes verändert, sein Nutzungswert erhöht oder die Nutzungsdauer erheblich verlängert würden (Beschluß vom 22. August 1966 GrS 2/66, BFHE 86, 792, BStBl III 1966, 672; Urteil vom 8. Juli 1980 VIII R 189/78, BFHE 131, 312, BStBl II 1980, 744).
Der Senat folgt dieser - der Rechtsprechung des BFH entsprechenden - Beurteilung der Aufwendungen durch das FG. Da bereits diese rechtlichen Überlegungen die Vorentscheidung tragen, braucht der Senat auf die weiteren Rechtsausführungen des FG nicht einzugehen.
Auch eine Verteilung des Aufwandes gemäß § 82 b EStDV kommt nicht in Betracht; denn § 82 b EStDV setzt voraus, daß die Aufwendungen Erhaltungsaufwand sind und nicht, wie hier, Herstellungaufwand.
4. Das FG ist auch zutreffend davon ausgegangen, daß das Vorliegen von einheitlich als Herstellungsaufwand zu beurteilenden Baukosten die sachliche Aussonderung von Teilen der Kosten als Modernisierungsaufwand i. S. von § 82 a EStDV nicht ausschließt (vgl. Urteil in BFHE 116, 469, BStBl II 1975, 878).
Gemäß § 82 a Abs. 1 Satz 1 EStDV können Steuerpflichtige - neben den AfA für das Gebäude - von den Herstellungskosten, die für den Einbau der in der Anlage 7 der EStDV bezeichneten Anlagen und Einrichtungen bei einem nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden Gebäude aufgewendet werden, anstelle der nach § 7 Abs. 4 oder 5, § 7 b oder § 54 EStG zu bemessenden AfA im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Jahren jeweils bis zu 10 v. H. absetzen (vgl. Urteil in BFHE 116, 469, BStBl II 1975, 878).
Das FG hat - entgegen der Behauptung des Klägers in der Revision - nicht verkannt, daß die Herstellungskosten in nach § 82 a EStDV zu begünstigende und in nicht nach dieser Vorschrift begünstigte Aufwendungen aufzuteilen sind, sofern die Aufteilung ,,nicht bloß rechnerisch, sondern auch sachlich - nachprüfbar - möglich ist" (vgl. Urteil in BFHE 116, 469, BStBl II 1975, 878, dort unter 2. Abs. 4).
Die Aufwendungen des Klägers sind demgemäß sachlich den verschiedenen Baumaßnahmen zuzuordnen, soweit dies möglich ist, und zwar ggf. im Schätzungswege; davon ist das FG auch ausgegangen.
Zuzustimmen ist dem FG auch darin, daß bei den Folgekosten jeweils zwischen denjenigen Aufwendungen zu unterscheiden ist, die zur Beseitigung der beim Einbau begünstigten Anlagen und Einrichtungen entstandenen Schäden aufgewendet wurden, und solchen Aufwendungen, die eine Folge der Neugestaltung des inneren Hauses sind, wobei die letzteren Folgekosten nicht zu den gemäß § 82 a EStDV begünstigten Folgeaufwendungen gehören.
a) Das FG hat - im Gegensatz zum Kläger - den Umbau von Fenstern und Türen als eine Folge des inneren Umbaus des Gebäudes beurteilt. Insbesondere läßt die Würdigung, daß die Zuordnung der Aufwendungen ,,fast sämtlicher Baumaßnahmen" zu den Folgekosten des Umbaus von Fenstern und Türen durch den Kläger das Verhältnis von Ursache und Folge auf den Kopf stelle, keinen Rechtsirrtum erkennen.
Das FG hat ausgehend von der Schätzung im Gutachten des Bausachverständigen die Höhe und anteilige Zuordnung der Folgekosten für den Umbau von Fenstern und Türen um einen zwischen den Beteiligten unstreitigen Betrag von 976 DM erhöht.
Das FG führte weiter aus, der Gutachter habe fehlerhaft zugunsten des Klägers Aufwendungen für die von der Rückfront des Hauses zur Seite verlegte Kellertüre als gemäß § 82 a EStDV begünstigt anerkannt; es hat aber diese Aufwendungen nicht aus dem als begünstigt anerkannten Betrag ausgeschieden.
Der BFH ist an die tatsächlichen Feststellungen über die geschätzte Höhe der Aufwendungen und ihrer Folgekosten gebunden, denn der Kläger hat in bezug auf diese Feststellungen keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht.
b) Der Kläger hat als gemäß Anlage 7 Nr. 6 und 7 zu § 82 a EStDV begünstigt den Einbau von Brennstellenanschlüssen und Steckdosen sowie u.a. den Einbau einer Warmwasseranlage - statt eines Warmwasserboilers - geltend gemacht. Das FG hat zwar ausgeführt, § 82 a EStDV greife nicht ein, soweit Anlagen und Einrichtungen der in Anlage 7 genannten Art bereits vorhanden waren und lediglich erneuert oder modernisiert wurden. Dem Urteil lassen sich aber keine Tatsachen dazu entnehmen,
aa) ob und wie viele Brennstellenanschlüsse und Steckdosen vor dem Umbau vorhanden waren und ob und ggf. wie viele darüber hinaus eingerichtet worden sind, und
bb) ob eine Warmwasseranlage (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 4. Februar 1986 IX R 71/83, BFHE 146, 80, BStBl II 1986, 402, dort unter 3.) eingebaut worden ist.
5. Der Senat vermag in der Sache mangels tatsächlicher Feststellungen zu 4. b) nicht abschließend zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 414746 |
BFH/NV 1987, 149 |