Entscheidungsstichwort (Thema)

Einbeziehung von Zinsen in den Zollwert

 

Leitsatz (amtlich)

Zinsen, die in bezug auf die zu bewertenden Waren zu zahlen sind, können nur dann mit der Begründung, sie seien nicht getrennt ausgewiesen worden, in den Zollwert einbezogen werden, wenn sie im angemeldeten Preis eingeschlossen waren und von ihm abgezogen werden sollen.

 

Orientierungssatz

Leasing-Verträge stellen keine Kaufgeschäfte i.S. des Art. 3 ZWVO 1980 dar. Bei eingeführten Waren, die Gegenstand eines Leasing-Vertrags sind, ist der Zollwert in Anwendung des Art. 2 Abs. 3 ZWVO 1980 und unter Berücksichtigung ihrer mutmaßlichen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer auf der Grundlage der Leasing-Raten zu ermitteln.

 

Normenkette

EWGV 1495/80 Art. 3 Abs. 2-3; EWGV 1224/80 Art. 2 Abs. 3, Art. 3

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ließ in der Zeit vom 5.Juni bis 6.Dezember 1984 bei verschiedenen Zollstellen eine Zylinderfertigungsanlage in einzelnen Teilpartien zum freien Verkehr abfertigen. Bei jeder Teilabrechnung legte sie Pro forma-Warenrechnungen vor, auf deren Grundlage die Zollwerte ermittelt wurden (Zollwerte insgesamt 1 685 106,16 DM). Im Zuge einer Außenprüfung durch die Zollwertgruppe der Oberfinanzdirektion (OFD) Köln stellte sich heraus, daß die Klägerin am 15.Februar 1984 mit der japanischen Lieferfirma einen Leasing-Vertrag über die eingeführte Anlage abgeschlossen hatte. Daraufhin erhob der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt ―HZA―) 47 239,98 DM Zoll mit folgender Begründung nach: Da kein Kaufgeschäft vorliege, sei der Zollwert nach Art.2 Abs.3 der Verordnung (EWG) Nr.1224/80 des Rates vom 28.Mai 1980 über den Zollwert der Waren ―ZWVO 1980― (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ―ABlEG― L 134) zu ermitteln. Die Leasing-Dauer entspreche der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der geleasten Maschinen und betrage 10 Jahre. Der Zollwert sei auf der Grundlage der 10 gleichen Leasing-Raten einschließlich der vereinbarten Zinsen (8 % pro Jahr für den jeweils noch nicht bezahlten Teil der Mietzahlung) festzusetzen. Der Zollwert betrage danach insgesamt 2 488 168,69 DM, woraus sich ein nachzuzahlender Zollbetrag von 47 239,98 DM errechne. Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Ihre Klage mit dem Antrag, den Steueränderungsbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung aufzuheben, begründete die Klägerin im wesentlichen damit, das HZA habe zu Unrecht die von ihr im Rahmen des Leasing-Vertrages zu zahlenden Zinsen in Höhe von 802 000 DM in den Zollwert einbezogen; der Zinsbetrag sei auch getrennt von den Leasing-Raten in der Zahlungsvereinbarung vom 16.April 1985 zwischen ihr und der Lieferantin ausgewiesen worden.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des HZA ist nicht begründet. Das FG ist zu Recht zur Auffassung gelangt, daß das HZA die von der Klägerin an die Lieferantin zu zahlenden Zinsen nicht in den Zollwert der eingeführten Waren einbeziehen durfte.

Der Steueränderungsbescheid beruht auf Art.2 der Verordnung (EWG) Nr.1697/79 des Rates vom 24.Juli 1979 (ABlEG L 197/1). Danach darf das HZA Zoll nachfordern, der zu Unrecht unerhoben geblieben ist. In den ursprünglichen Bescheiden ist der von der Klägerin zu zahlende Zoll jedoch richtig festgesetzt worden.

Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, daß der Zollwert nicht nach Art.3 ZWVO 1980 ermittelt werden konnte. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die eingeführten Waren sind Gegenstand eines Leasing-Vertrages gewesen. Leasing-Verträge stellen aber schon ihrer Natur nach keine Kaufgeschäfte i.S. des Art.3 ZWVO 1980 dar (vgl. auch Abschn.V des Gutachtens des Technischen Ausschusses für den Zollwert des Brüsseler Zollrats, abgedruckt bei Zepf, Wertverzollung, 4.Aufl., VIII D 1.1). Im vorliegenden Fall kam auch, wie zwischen den Beteiligten offenbar unstreitig ist, keine Zollwertermittlung nach Maßgabe der Art.4 bis 7 ZWVO 1980 in Betracht. Das HZA hat also den Zollwert zu Recht auf der Grundlage der Bewertungsmethode des Art.2 Abs.3 ZWVO 1980 festgestellt.

Nach Art.2 Abs.3 ZWVO 1980 ist der Zollwert durch zweckmäßige Methoden, die mit den Leitlinien und allgemeinen Bestimmungen des Übereinkommens zur Durchführung des Art.VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von Genf (GATT) sowie mit Art.VII GATT übereinstimmen, sowie auf der Grundlage von in der Gemeinschaft verfügbaren Daten zu ermitteln. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß in Anwendung dieser Vorschrift und unter Berücksichtigung der mutmaßlichen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der eingeführten Waren (*= der vereinbarten Leasing-Dauer von 10 Jahren) das HZA den Zollwert auf der Grundlage der Leasing-Raten ermittelt hat. Die Summe dieser Raten (ohne Zinsen) entspricht im Ergebnis der Summe der ursprünglich aufgrund der angemeldeten Pro forma-Rechnungspreise angenommenen Zollwerte. Dagegen gehören die darüber hinaus von der Klägerin an die Lieferantin gezahlten Zinsen grundsätzlich nicht zum Zollwert, da sie sich nicht auf den Wert der eingeführten Waren beziehen, sondern zum Ausgleich des Kredits dienen, den im Vergleich mit einem Kaufgeschäft der Leasing-Geber dem Leasing-Nehmer dadurch gewährt, daß er die Zahlung nicht bei Lieferung erhält, sondern später und über mehrere Jahre verteilt (vgl. auch Art.3 Abs.2 EinzelfallVO und Zepf, a.a.O., Art.2 A 3.2.8 Abs.3).

Entgegen der Auffassung des HZA ergibt sich aus Art.3 Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr.1495/80 der Kommission zur Durchführung einiger Vorschriften der ZWVO 1980 (EinzelfallVO) vom 11.Juni 1980 (ABlEG L 154/14) keine Rechtsgrundlage dafür, die Zinszahlungen der Klägerin dennoch in den Zollwert einzubeziehen. Nach dieser Vorschrift "sind Zinsen, die im Rahmen einer vom Käufer abgeschlossenen Finanzierungsvereinbarung in bezug auf den Kauf eingeführter Waren zu zahlen sind", nicht in den Zollwert einzubeziehen, falls u.a. "die Zinsen getrennt von dem für die Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis ausgewiesen sind". Diese Vorschrift bezieht sich, wie ihr Wortlaut belegt, unmittelbar nur auf den hier nicht vorliegenden Fall der Bewertung aufgrund eines Kaufgeschäfts nach Art.3 ZWVO 1980. Sie gilt aber nach Art.3 Abs.3 EinzelfallVO entsprechend, wenn der Zollwert, wie hier, nach einer anderen Methode ermittelt wird. Ob bei einer solchen entsprechenden Anwendung in Fällen wie dem vorliegenden nur die reinen Leasing-Zahlungen oder diese zuzüglich der Zinsbeträge als "für die Waren tatsächlich gezahlter oder zu zahlender Preis" im Sinne der Vorschrift anzusehen sind, kann hier unentschieden bleiben. Denn jedenfalls scheidet die Anwendung der genannten Vorschrift hier deswegen aus, weil die Klägerin von vornherein nur die Pro forma- Rechnungspreise angemeldet hatte, die den Leasing-Raten ausschließlich der Zinsen entsprachen. Ein von den angemeldeten Beträgen zu trennender Betragsbestandteil kam daher nicht in Betracht. Die Klägerin traf daher auch nicht die Pflicht zu einem getrennten Ausweis.

Ein getrennter Ausweis setzt schon nach dem Wortlaut voraus, daß zuvor zollwertrechtlich unterschiedlich zu behandelnde Beträge ungetrennt, d.h. in einem Betrag, angemeldet worden sind. Getrennt ausweisen bedeutet, wie es die Kommission in ihrer Stellungnahme in der Rs.290/84 (EuGHE 1985, 3914) ausgedrückt hat, einen Betrag "unterscheidbar", "als getrennter Kostenbestandteil erkennbar" kenntlich machen. Es geht also stets um die Abtrennung (und den Abzug) eines Teilbetrages von einem angemeldeten Gesamtbetrag. Das ergibt sich auch aus dem Text des durch die Verordnung (EWG) Nr.1496/80 der Kommission über die Anmeldung der Angaben für den Zollwert vom 11.Juni 1980 ―AnmeldeVO― (ABlEG L 154/16) vorgeschriebenen Vordrucks für die Zollwertanmeldung D. V. 1 , der unter A die Anmeldung der Grundlage der Zollwertbemessung, unter B die Angabe bestimmter hinzuzurechnender Beträge (die hier nicht in Betracht kommen) und unter C die Anmeldung bestimmter "Abzüge" vorschreibt, also nur die Anmeldung von Beträgen, die unter A bereits implizit mitangemeldet worden sind. Die Einbeziehung eines (auch implizit) nicht angemeldeten Betrages in den Zollwert kann also mit dem Fehlen eines getrennten Ausweises allein nicht gerechtfertigt werden (so auch Zepf, a.a.O., Art.2 A 3.2.8 Abs.5).

Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht der Kommentar des Technischen Ausschusses für den Zollwert des Brüsseler Zollrats zur Anwendung der Entscheidung über die Bewertung von Datenträgern mit Software für Datenverarbeitungsanlagen (vgl. den Text dieses Kommentars bei Zepf, a.a.O., VIII C 13.1). Unter Nr.4 des Kommentars hat sich der Ausschuß dafür ausgesprochen, daß der Begriff "getrennt ausgewiesen" so ausgelegt wird, daß die Kosten und der Wert der Daten oder Programmbefehle als getrennt ausgewiesen anzusehen sind, sofern lediglich die Kosten und der Wert der Datenträger bekannt sind. Nach Auffassung des Ausschusses können somit dann, wenn von vornherein nur die Kosten der Datenträger angemeldet worden sind, die Kosten der Software nicht mit der Begründung dem Zollwert zugeschlagen werden, sie seien nicht getrennt ausgewiesen worden. In dieselbe Richtung weist auch der Kommentar des Ausschusses der Gemeinschaft für den Zollwert zu der Bedeutung des Begriffes "getrennt ausgewiesen" (abgedruckt bei Zepf, a.a.O., II B 70a). Nach Absatz 7 des Kommentars kommt ein getrennter Ausweis normalerweise nur dann in Betracht, wenn es sich um die Frage handelt, ob bei der Ermittlung des Zollwerts ein bestimmter Abzug erlaubt werden kann, was wohl nur bedeuten kann: Abzug vom angemeldeten Rechnungspreis.

Im vorliegenden Fall waren die Zinszahlungen in den von der Klägerin angemeldeten Pro forma-Rechnungspreisen nicht enthalten. Diese Pro forma-Rechnungspreise entsprachen den vereinbarten Leasing-Raten ohne Zinsen und stellten, wie auch das HZA grundsätzlich nicht in Abrede stellt, die zutreffende Grundlage für die Zollwertbemessung dar. Für einen getrennten Ausweis fehlte bei dieser Sachlage jede Grundlage. Infolgedessen konnte das Fehlen dieses Ausweises auch nicht zur nachträglichen Einbeziehung der Zinszahlungen in den Zollwert führen.

Es braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob anders zu entscheiden wäre, wenn die Zollwertanmeldungen der Klägerin unrichtig gewesen wären, d.h. die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, unter A der Zollwertanmeldung alle aufgrund des Leasing-Vertrages von ihr zu entrichtenden Zahlungen einschließlich der Zinsen anzugeben. Denn eine solche Pflicht traf die Klägerin nicht. Da die Zollwertermittlung nach Art.2 Abs.3 ZWVO 1980 durchzuführen war, muß davon ausgegangen werden, daß die Angabe der als solche ausgewiesenen Pro forma-Rechnungspreise als Grundlage für die Berechnung des Zollwerts in der Zollwertanmeldung rechtlich nicht zu beanstanden ist. Daran vermag auch die nicht zutreffende Bezeichnung der Lieferantin als Verkäuferin und der Klägerin als Käuferin in der Zollwertanmeldung nichts zu ändern. Denn der ―lediglich auf den hier nicht vorliegenden Fall des Verkaufs abgestellte― Vordruck D. V. 1 sah andere Bezeichnungen nicht vor.

Da schon aus diesem Grund der Revision des HZA der Erfolg zu versagen ist, kommt es nicht darauf an, ob mit dem FG davon auszugehen ist, daß der getrennte Ausweis jedenfalls auch noch nach dem maßgebenden Zeitpunkt erbracht werden kann. Der Senat kann daher im vorliegenden Fall entscheiden, ohne zuvor die Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) auf sein Ersuchen mit Beschluß vom 13.Februar 1989 VII R 167, 168/85 (BFHE 156, 295) abzuwarten. Er braucht auch nicht auf die Frage einzugehen, ob nicht wenigstens in Fällen wie dem vorliegenden, in dem das HZA nachträglich eine Bewertung nach Art.2 Abs.3 ZWVO 1980 für richtig hielt, der Zollwertanmelder befugt ist, den getrennten Ausweis nachträglich zu erbringen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63059

BFH/NV 1991, 11

BFHE 162, 520

BFHE 1991, 520

BB 1991, 128 (L)

HFR 1991, 231 (LT)

StE 1991, 19 (K)

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge