EuGH-Vorlage zur zollwertrechtlichen Behandlung von Druckvorlagen für Etiketten
Hintergrund: Druckvorlagen für Konserven-Etiketten
Streitig ist die Nacherhebung von Einfuhrabgaben aufgrund Bemessung eines erhöhten Zollwerts wegen Einbeziehung von Zahlungen an inländische Werbeagenturen für die Gestaltung von Etiketten.
Die X (ein Logistikunternehmen) war Inhaberin eines Zolllagers Typ D. Sie fertigte Nahrungsmittel in Konserven, die von einem anderen Unternehmen (Käuferin, K) aus Drittländern eingeführt worden waren, zum Zolllagerverfahren ab und überführte sie anschließend im Rahmen des Anschreibeverfahrens in den zollrechtlich freien Verkehr. Die Konserven waren mit aufgeklebten Etiketten versehen, welche die Lieferanten unter Verwendung von Druckvorlagen im Drittland hergestellt hatten. Die Druckvorlagen waren den Lieferanten von der K kostenlos elektronisch zur Verfügung gestellt worden. Sie wurden von Designstudios in Deutschland im Auftrag und auf Kosten der K erstellt.
In den Zollwertanmeldungen der K war nur der Betrag angegeben, den die K entsprechend den mit den Herstellern in den Drittländern abgeschlossenen Kaufverträgen an diese zu zahlen hatte, einschließlich der Kosten für die Einzelverkaufsverpackungen und für den Druck der auf die Verpackungen aufgeklebten Etiketten, jedoch ohne die Kosten für die Druckvorlagen.
Das Hauptzollamt (HZA) erhob bei der X Zoll nach. Es war der Auffassung, dass anteilige Kosten für Designentwürfe bzw. Druckvorlagen für die Aufklebeetiketten in den Zollwert hätten einbezogen werden müssen.
Dem folgte das FG und wies die Klage ab. Die Kosten für die Erstellung der Druckvorlagen müssten nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii ZK bei der Ermittlung des Zollwerts berücksichtigt werden. Zu den Umschließungen (hier: Konserven) gehörten auch die Etiketten. Denn sie bildeten eine untrennbare Einheit mit den Konserven und seien als solche nicht mit "Hangtags" (Anhänger) oder Fotoeinlegern, die nicht als Umschließungen einzuordnen seien, vergleichbar. Eine Privilegierung (d.h. keine Zollwerterhöhung) für in der EU erarbeitete geistige Leistungen nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZK sei im Streitfall nicht möglich, da die Gestaltungsleistungen nicht für die Herstellung der Ware (d.h. der Lebensmittel), notwendig waren, sondern für die Herstellung der Etiketten als Teil der Umschließungen der Ware.
Entscheidung: Vorlage an den EuGH
Der BFH setzte das von der X angestrengte Revisionsverfahren aus und legte die Problematik den EuGH zur Vorabentscheidung vor (Art. 267 AEUV).
Etikett als Teil der Umschließung
Der BFH folgt der Auffassung des FG, dass es sich bei den im Streitfall verwendeten Konservendosen um Umschließungen i.S.v. Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii ZK handelt. Auch die Etiketten, die im Drittland auf die Konserven aufgeklebt werden, fallen unter diese Vorschrift. Denn sie sind fest mit den Konserven verbunden und können nicht ohne Beschädigung abgetrennt werden. Dementsprechend hat die X die Kosten für den Druck der Etiketten in den Zollwert einbezogen.
Zweifelhaft sind die Kosten für die Erstellung der Druckvorlagen
Ob der Hinzurechnungstatbestand des Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii ZK so weit ausgelegt werden kann, dass er auch Kosten für die Erstellung von Druckvorlagen für die im Drittland an den eingeführten Waren anzubringenden Etiketten erfasst, oder ob die Privilegierung für in der EU erstellte geistige Beistellungen als nicht zollwerterhöhend nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZK eingreift, ist unklar und bedarf der Klärung durch den EuGH.
- Der Wert der elektronischen Druckvorlagen für Etiketten könnte als von Art. 32 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZK umfasster immaterieller Gegenstand angesehen werden.
- Der im Vergleich zu Art. 32 Abs. 1 Buchst. a ZK weite Wortlaut des Art. 32 Abs. 1 Buchst. b ZK lässt es als fraglich erscheinen, ob Art. 32 Abs. 1 Buchst. b ZK vorrangig (als Spezialregelung) anzuwenden ist, wenn es um geistige Beistellungen geht.
- Schließlich stellt sich im Zusammenhang mit Art. 32 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv ZK die Frage, was mit den "eingeführten Waren" gemeint ist (die Konserven mit Etiketten und Inhalt oder nur die Lebensmittel).
Hinweis: Aufteilung der Kosten
Der Formulierung der Entscheidung dürfte zu entnehmen sein, dass der BFH dazu neigt, die Kosten für die Erstellung von Druckvorlagen zollwerterhöhend zu berücksichtigen. Der BFH weist allerdings besonders darauf hin, dass sich dann die weitere Frage stellt, wie die Kosten auf die Einfuhren aufgeteilt werden können, wenn die Druckvorlagen einmalig erstellt, die Waren jedoch über einen längeren Zeitraum eingeführt werden. Art. 32 ZK macht dazu keine Vorgaben.
BFH EuGH-Vorlage vom 17.01.2023 - VII R 7/20 (veröffentlicht am 19.05.2023)
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