Leitsatz (amtlich)
1. Darin, daß § 8 Ziff. 3 GewStG die Hinzurechnung auf die Vergütungen für eine Beschäftigung des Ehegatten des stillen Gesellschafters im Betrieb ausdehnt, ist kein Verstoß gegen Art. 3 oder Art. 6 GG zu erblicken.
2. Die zu § 8 Ziff. 3 GewStG erlassene Milderungsanordnung in Abschn. 53 Abs. 1 GewStR 1951 (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 285/56 U vom 7. Mai 1957, Slg. Bd. 65 S. 82, BStBl 1957 III S. 264) ist regelmäßig auch anzuwenden, wenn nicht der Angestellte, sondern dessen Ehegatte mit einer geringen Vermögenseinlage beteiligt ist.
Normenkette
GG Art. 3, 6; GewStG § 8 Ziff. 3
Tatbestand
Der Inhaber der zur Gewerbesteuer herangezogenen Einzelfirma hat im Oktober 1952 seiner verheirateten Tochter, deren Ehemann seit Ende 1948 im Betrieb als Angestellter tätig ist, 20 000 DM geschenkt. Diese hat sich mit dem zugewendeten Betrag am väterlichen Betrieb als stille Gesellschafterin beteiligt. Bei der Veranlagung zur Gewerbesteuer 1954 hat das Finanzamt dem Gewinn der Firma aus Gewerbebetrieb gemäß § 8 Ziff. 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) den Gewinnanteil der Tochter und das Gehalt ihres Ehemannes hinzugerechnet.
Mit der Sprungberufung hat der Beschwerdegegner (Bg.) gegen die Hinzurechnung im wesentlichen folgendes geltend gemacht: Bei der Vorschrift des § 8 Ziff. 3 GewStG, daß auch Gehälter und sonstige Vergütungen, die der Ehegatte des stillen Gesellschafters für seine Beschäftigung im Betrieb erhalte, dem Abzugsverbot unterlägen, handle es sich offensichtlich um eine Schutzbestimmung, die verhindern solle, daß durch die Beschäftigung des Ehegatten im Betrieb gegen verhältnismäßig hohe Vergütung und eine dadurch ermöglichte Niedrighaltung der dem stillen Gesellschafter gewährten Bezüge die Vorschrift der Nichtabzugsfähigkeit des Gewinnanteils und der Bezüge des stillen Gesellschafters umgangen werde. Von einer solchen Umgehung könne hier nicht die Rede sein. Während seine Tochter erst seit 1. Oktober 1952 stille Gesellschafterin sei, erhalte ihr Ehemann seit 1948 lediglich Bezüge, wie sie auch die übrigen im Betriebe beschäftigten Angestellten für eine gleichartige Tätigkeit erhielten. Hätte er anstatt seiner Tochter seinen Schwiegersohn beschenkt und diesen als stillen Gesellschafter beteiligt oder wäre anstelle des Schwiegersohnes dessen Ehefrau im Betrieb als Angestellte beschäftigt, so hätte, da die Vermögenseinlage nur als gering anzusehen sei, die Anordnung in Abschn. 53 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) 1951 angewendet werden müssen. Da diese eine Einschränkung der Bestimmung des § 8 Ziff. 3 GewStG bezüglich der Hinzurechnung bringe, wenn sie die Fragen auch nicht erschöpfend behandle, andererseits aber klar erkennen lasse, daß bei geringfügiger Vermögenseinlage eine Milderung der gesetzlichen Bestimmung angestrebt sei, hätte bei großzügiger Auslegung von der vorgenommenen Hinzurechnung abgesehen werden können, und zwar schon deswegen, weil die Bezüge des Ehegatten aus dem Gewerbebetrieb bei der Hinzurechnung nach § 8 Ziff. 3 GewStG ebenso behandelt werden müßten wie die Bezüge, die der stille Gesellschafter selbst aus seiner Beschäftigung im Betriebe erhalte.
Das Finanzgericht hat der Berufung stattgegeben und dabei im wesentlichen folgendes ausgeführt: Der gesetzgeberische Beweggrund für die Ausdehnung der Hinzurechnung auf die Bezüge des im Betrieb beschäftigten Ehegatten des stillen Gesellschafters habe in der Vorschrift des § 8 Ziff. 3 GewStG keinen Niederschlag gefunden. Infolgedessen unterlägen Gehälter und sonstige Vergütungen, die an den Ehegatten des stillen Gesellschafters im Betrieb gezahlt würden, auch dann dem Abzugsverbot des § 8 Ziff. 3 GewStG, wenn die Beschäftigung und Bezahlung des Ehegatten des stillen Gesellschafters, wie im vorliegenden Fall, nicht in der Absicht der Umgehung des Abzugsverbotes für die Bezüge des stillen Gesellschafters erfolgt seien. Aber gerade, weil der Beweggrund des Gesetzgebers im Gesetz keinen Niederschlag gefunden habe, müsse Abschn. 53 Abs. 1 GewStR 1951 auch auf den Fall Anwendung finden, in dem der eine Ehepartner stiller Gesellschafter und der andere Ehepartner bezahlter Angestellter des gleichen Betriebes sei. § 8 Ziff. 3 GewStG betrachte aus fiskalischen Gründen beide Ehegatten gewissermaßen als eine einzige Person. Dann müsse aber bei Anwendung der Milderungsvorschrift des Abschn. 53 Abs. 1 GewStR 1951 die gleiche Betrachtungsweise gelten, d. h. es müßten hier ebenfalls beide Ehegatten als eine einzige Person behandelt werden.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) hat der Vorsteher des Finanzamts zunächst bestritten, daß Abschn. 53 Abs. 1 GewStR 1951 ein von den Steuergerichten anzuwendender Milderungserlaß sei. Die dort getroffene Anordnung entspreche nicht den nach Art. 80 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) an eine Rechtsverordnung zu stellenden Anforderungen. Die GewStR stützten sich nur auf Art. 108 Abs. 6 GG, der lediglich zum Erlaß allgemeiner Verwaltungsvorschriften ermächtige. Auch nach ihrer Einleitung seien die GewStR nicht als Rechtsverordnung gedacht. Selbst wenn aber Abschn. 53 Abs. 1 GewStR 1951 eine von den Gerichten anzuwendende Vorschrift darstellen würde, hätte das Finanzgericht, so macht die Rb. weiter geltend, mit seiner Entscheidung die Grenzen des Milderungserlasses überschritten. Denn hiernach solle eine Hinzurechnung nur dann unterbleiben, wenn ein Angestellter des Betriebes zugleich mit einer geringen Vermögenseinlage an dem Betrieb als stiller Gesellschafter beteiligt sei. Die Vorschrift erfasse somit einen ganz bestimmten und genau umrissenen Tatbestand, der vom Gericht nicht über den klaren Wortlaut hinaus erweitert werden könne. Im übrigen bestehe hierzu auch kein Anlaß. Langjährige und bewährte Angestellte in zumeist leitender Stellung würden oftmals von dem Betrieb dadurch belohnt, daß ihnen das Recht eingeräumt werde, sich an dem Betrieb mit einer geringen Vermögenseinlage als stille Gesellschafter zu beteiligen. Um in derartigen besonders gelagerten Fällen nachteilige Folgen für den Betrieb, die sich aus der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Ziff. 3 GewStG ergeben würden, auszuschalten, sei offensichtlich die genannte Anordnung getroffen worden. Andere Fälle, insbesondere diejenigen, in denen nicht der Angestellte, sondern seine Ehefrau sich als stille Gesellschafterin an dem Arbeitgeberbetrieb des Ehemannes beteilige, sollten jedenfalls erkennbar nicht begünstigt werden. Dieser Tatbestand trete zumeist, wie auch im vorliegenden Fall, nur bei verwandtschaftlichen Bindungen auf.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Dem Finanzgericht ist zunächst darin beizutreten, daß bei Anwendung der gesetzlichen Vorschrift des § 8 Ziff. 3 GewStG der Gewinnanteil der Tochter und das Gehalt ihres Ehemannes dem Gewinn der Firma des Bg. hinzugerechnet werden müßten. Dies muß auch dann gelten, wenn man von dem angeführten gesetzgeberischen Beweggrund für die Ausdehnung der Hinzurechnung auf die Bezüge des Ehegatten des stillen Gesellschafters ausgeht. Denn es kann nicht darauf ankommen, ob im Einzellfall eine Umgehung in dem angedeuteten Sinne vorliegt; es muß vielmehr genügen, daß die Möglichkeit einer solchen Umgehung besteht. Dies ist aber der Fall, sobald die Beschäftigung des einen Ehegatten im Betrieb und die Beteiligung des anderen Ehegatten als stiller Gesellschafter an dem gleichen Betrieb zusammentreffen, gleichgültig, ob vorher nur der eine oder der andere Tatbestand gegeben war. In der Hinzurechnung der Bezüge des Ehegatten des stillen Gesellschafters kann auch kein Verstoß gegen Art. 3 oder Art. 6 GG erblickt werden. Der Bundesfinanzhof hat bereits in dem Urteil I 71/57 U vom 28. Januar 1958 (Bundessteuerblatt -- BStBl -- 1958 III S. 112) im Hinblick auf das Wesen der Gewerbesteuer einen solchen Verstoß für die Vorschrift des § 8 Ziff. 5 GewStG verneint, die eine Hinzurechnung der Bezüge des mitarbeitenden Ehegatten des Unternehmers oder Mitunternehmers vorsieht. Aus den gleichen Erwägungen muß auch die Hinzurechnung der Bezüge des im Betrieb beschäftigten Ehegatten eines stillen Gesellschafters nach § 8 Ziff. 3 GewStG als nicht im Widerspruch zu den angeführten Vorschriften des GG stehend angesehen werden.
Das Finanzgericht hat ferner mit Recht die Streitfrage auch unter dem Gesichtspunkt der Anordnung in Abschn. 53 Abs. 1 GewStR 1951 geprüft. Diese ist, wie der Bundesfinanzhof in dem Urteil I 285/56 U vom 7. Mai 1957 (Slg. Bd. 65 S. 82, BStBl 1957 III S. 264) ausgesprochen hat, ein allgemeiner Milderungserlaß aus der Zeit vor Inkrafttreten des GG, der von den Steuergerichten zu beachten und auszulegen ist. Der Auffassung des Finanzamts, daß das Finanzgericht bei seiner Entscheidung die Grenzen dieses Milderungserlasses überschritten habe, kann der Senat nicht beitreten. Es ist darin zwar nur von dem Fall die Rede, daß der stille Gesellschafter Angestellter ist. Der Senat hält es aber in Übereinstimmung mit der Vorentscheidung für gerechtfertigt, die Eheleute ebenso wie nach der gesetzlichen Vorschrift des § 8 Ziff. 3 GewStG auch bei der Anwendung der Milderungsbestimmung des Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O. als eine Einheit zu betrachten. Die Härte, die durch die genannte Anordnung beseitigt werden soll, sieht der Senat vor allem darin, daß, wenn ein Angestellter am Betrieb des Arbeitgebers mit einer geringen Vermögenseinlage als stiller Gesellschafter beteiligt wird, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Betriebes nach der gesetzlichen Vorschrift nicht nur die Gewinnanteile des Angestellten hieraus zuzurechnen wären, sondern auch die bisherige Abzugsfähigkeit der Gehaltsbezüge des Angestellten verlorengehen würde; bei den letzteren wird es sich, da in der Regel leitende Angestellte in Frage kommen werden, meist um erhebliche Beträge handeln. Nach der Milderungsbestimmung des Abschn. 53 Abs. 1 GewStR 1951 soll in diesen Fällen von einer Wiederhinzurechnung überhaupt abgesehen werden. Bei stiller Beteiligung der Ehefrau des Angestellten erscheint aber die aufgezeigte Härte nicht minder groß. Damit rechtfertigt sich die Anwendung des Milderungserlasses auch auf diesen Sachverhalt. Aus der Anordnung ist auch nicht zu entnehmen, daß sie nicht gelten soll, wenn zwischen dem Betriebsinhaber und dem Angestellten oder dessen Ehefrau verwandtschaftliche Beziehungen bestehen.
Hiernach war die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409083 |
BStBl III 1958, 264 |
BFHE 1958, 688 |