Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Gewerbetreibender, der es unterläßt, während eines kurzfristigen Auslandsaufenthalts einen Vertreter zu bestellen, geht der Vergünstigung des § 84 Satz 1 AO nicht verlustig.

 

Normenkette

AO § 84

 

Gründe

Die Rechtsmittelfrist war am 18. März 1957 entgegen der Ansicht der Vorinstanz noch nicht verstrichen. § 84 Satz 1 AO läßt die Rechtsmittelfrist für Steuerpflichtige, die zu Beginn der gewöhnlichen Frist nicht im Gebiet der Bundesrepublik sind, mit der Rückkehr ins Inland beginnen, jedoch mit der Einschränkung, daß die Frist bei einem Aufenthalt innerhalb Europas höchstens sechs Wochen beträgt. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs IV 602/56 U vom 24. Januar 1957 (BStBl 1957 III S. 89, Slg. Bd. 64 S. 234) wird für Steuerpflichtige, die sich zu Beginn der Rechtsmittelfrist nicht im Inland aufhalten, der Fristbeginn nicht gemäß § 84 Satz 1 AO hinausgeschoben, wenn es der Steuerpflichtige schuldhaft unterlassen hat, für die Dauer seiner Abwesenheit einen Bevollmächtigten zu bestellen. Der IV. Senat hat jedoch auch auf die Möglichkeit des Postnachsendeantrags hingewiesen und damit zu erkennen gegeben, daß der Kaufmann auch das Recht hat, anderweit abzuhelfen.

Dem Bf. ist die Vergünstigung des § 84 Satz 1 AO zuzubilligen. Es erscheint im Streitfall nicht gerechtfertigt, von dem Steuerpflichtigen, der nach den Feststellungen der Vorinstanz einen Vertreter nicht bestellt hatte, zu verlangen, er hätte für die Dauer seines nur kurzen Auslandsaufenthalts einen Vertreter bestellen müssen (vgl. auch Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, § 84 Anm. 3). Der Bf. war nur kurze Zeit im Ausland. Zur Zeit des gewöhnlichen Beginns der Rechtsmittelfrist, am 15. Februar 1957 (§ 17 des Verwaltungszustellungsgesetzes, §§ 82, 245, 246 Abs. 1 AO, § 187 Abs. 1 BGB), befand sich der Bf. seit sechs Tagen im Ausland. Er betrat das Gebiet der Bundesrepublik, da er sich vom 18. Februar bis 7. März 1957 in Berchtesgaden, Salzburg, Steyr und Wien aufgehalten hat, an einem aus den Akten nicht feststellbaren Tag dieses Zeitraums, vermutlich jedoch am 18. Februar 1957.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424071

BStBl III 1961, 107

BFHE 1961, 288

BFHE 72, 288

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