Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer, Kfz-Steuer, sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Auch Kraftfahrzeuge mit einer 6 km in der Stunde nicht übersteigenden Höchstgeschwindigkeit sind Kraftfahrzeuge im Sinn des Kraftfahrzeugsteuergesetzes. Die Steuerpflicht wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Kraftfahrzeug vom Zulassungsverfahren ausgenommen ist.
Normenkette
KraftStG § 1; KraftStDB § 1
Tatbestand
Für den Lohndrescher (Beschwerdeführer - Bf. -) war eine luftbereifte Zugmaschine mit einer Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 6 km/Stunde zugelassen. Später erklärte die Zulassungsstelle, daß das Fahrzeug kein Kraftfahrzeug im Sinne der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung sei und daher nicht unter die Vorschriften über das Zulassungsverfahren falle. Das Finanzamt hat dieses Fahrzeug als ein der Kraftfahrzeugsteuer unterliegendes Kraftfahrzeug angesehen. Das Finanzgericht hat dies als zu Recht bestehend bestätigt. Der Bf. wendet sich dagegen mit der Begründung, daß diese Zugmaschine, da sie eine Höchstgeschwindigkeit von nicht über 6 km/Stunde habe, von den Vorschriften über das Zulassungsverfahren ausgenommen und damit nach dem Verkehrsrecht nicht als Kraftfahrzeug anzusehen sei. Selbst wenn das Fahrzeug ein Kraftfahrzeug im Sinne des Verkehrsrechts und damit im Sinne des Kraftfahrzeugsteuergesetzes wäre, würde es als vom Zulassungsverfahren ausgenommen oder als ausschließlich zur Beförderung und zum Antrieb einer Dreschmaschine verwendet oder als selbstfahrende Arbeitsmaschine von der Steuer freizustellen sein. Außerdem gebiete Art. 3 des Grundgesetzes die Freistellung, da das Fahrzeug ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken diene und Fahrzeuge, die ausschließlich solchen Zwecken dienen, steuerbefreit seien, wenn sie Landwirten oder landwirtschaftlichen Genossenschaften gehören.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) hat keinen Erfolg.
Kraftfahrzeuge im Sinn des Kraftfahrzeugsteuergesetzes sind nach Satz 1 des § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStDB) solche "Landfahrzeuge, die maschinell angetrieben werden und nicht an Gleise gebunden sind". Satz 2 des § 1 KraftStDB enthält eine Einschränkung dahin, daß Fahrzeuge, die nach dem Verkehrsrecht nicht als Kraftfahrzeuge anzusehen sind, es auch nicht im Sinn des Kraftfahrzeugsteuergesetzes sind. Danach sind Kraftfahrzeuge im Sinn des Kraftfahrzeugsteuergesetzes alle maschinell angetriebenen und nicht an Gleise gebundenen Landfahrzeuge, die auch nach dem Verkehrsrecht Kraftfahrzeuge sind.
Daß das hier in Frage stehende Fahrzeug ein Landfahrzeug ist, das maschinell angetrieben wird und nicht an Gleise gebunden ist, steht außer Streit. Es fragt sich nur, ob das Fahrzeug nach dem Verkehrsrecht etwa nicht als Kraftfahrzeug anzusehen ist. Dies ist zu verneinen. Nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen gelten als Kraftfahrzeuge im Sinn dieses Gesetzes "Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein". Das Gesetz macht dabei keine Ausnahme hinsichtlich solcher Landfahrzeuge, deren Höchstgeschwindigkeit 6 km/Stunde nicht überschreitet. Nach dem Verkehrsrecht, mit dem das Steuerrecht (ß 1 Satz 1 KraftStDB) sachlich übereinstimmt, ist also das in Frage stehende Fahrzeug ein Kraftfahrzeug. Daran wird auch nichts dadurch geändert, daß die Dienstanweisung zur Durchführung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (Reichsverkehrsblatt B 1939 S. 191), auf die sich der Bf. bezieht, in der Anweisung zum § 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bestimmt, daß Landfahrzeuge mit nicht mehr als 6 km/Stunde Höchstgeschwindigkeit, "sofern sie sinnvoll überhaupt als Kraftfahrzeuge angesehen werden könnten, beim Verkehr auf allen Straßen, die nicht Reichsautobahnen sind, im Sinne der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht als Kraftfahrzeuge, sondern als andere Straßenfahrzeuge" gelten, "auch wenn sie nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung Kraftfahrzeuge sind". Diese Bestimmung, eine reine Verwaltungsanweisung, läßt den im Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen verkehrsrechtlich festgelegten Begriff des Kraftfahrzeugs unberührt. Das ist, worauf das Finanzgericht mit Recht hinweist, aus der Bestimmung selbst zu entnehmen. Die Bestimmung will solche Kraftfahrzeuge nur von den Vorschriften über das Zulassungsverfahren ausnehmen, weil die Anwendung dieser Vorschriften auf solche Kraftfahrzeuge nicht notwendig erscheint. Damit werden aber diese Fahrzeuge nicht zu solchen, die nach dem Verkehrsrecht nicht als Kraftfahrzeuge anzusehen sind.
Es kann auch nicht der offenbaren Meinung des Bf. gefolgt werden, daß sich das Kraftfahrzeugsteuergesetz bei inländischen Kraftfahrzeugen nur auf solche Kraftfahrzeuge bezieht, die dem inländischen Zulassungsverfahren unterliegen. § 1 Abs. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes unterwirft schlechthin "das Halten eines Kraftfahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Straßen" der Kraftfahrzeugsteuer. Wenn die Vorschriften in den §§ 4 ff. des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (Steuerschuldner, Dauer der Steuerpflicht) davon ausgehen, daß jedes der Steuer unterliegende inländische Kraftfahrzeug dem inländischen Zulassungsverfahren unterworfen ist, so erklärt sich das damit, daß im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1935 die Reichs-Straßenverkehrs-Ordnung vom 28. Mai 1934 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - I S. 457) in Geltung war, nach der grundsätzlich alle Kraftfahrzeuge der Zulassung bedurften (ß 14). Auf die Begründung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes, und zwar Abschn. "zu § 4" wird Bezug genommen (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1935 S. 500, 502). Zwar sah § 31 der Reichs-Straßenverkehrs-Ordnung für den Reichsverkehrsminister oder die von diesem bestimmten Stellen u. a. die Ermächtigung vor, Ausnahmen von der Zulassungspflicht zu genehmigen. Es kann auch angenommen werden, daß der Kraftfahrzeugsteuergesetzgeber die Absicht hatte, jeweils diejenigen Kraftfahrzeuge, die auf Grund des § 31 der Reichs-Straßenverkehrs-Ordnung vom Zulassungsverfahren ausgenommen werden würden, auch von der Kraftfahrzeugsteuer freizustellen, wie er das auch bei den selbstfahrenden Arbeitsmaschinen und bei den Krankenstühlen mit maschinellem Antrieb in der Verordnung über die Befreiung von Arbeitsmaschinen von der Kraftfahrzeugsteuer vom 21. Dezember 1936 (RGBl. I S. 1140) zur Angleichung des Steuerrechts an das Verkehrsrecht getan hat, als der Reichsverkehrsminister diese Fahrzeuge durch Erlaß vom 22. April 1936 K 1. 4387 (Reichsverkehrsblatt B S. 201) von den Vorschriften über das Zulassungsverfahren ausgenommen hatte (vgl. hierzu Runderlaß des Reichsministers der Finanzen vom 18. Januar 1937 S 6011 - 114 III - RStBl. 1937 S. 97). Kraftfahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 6 km/Stunde sind bisher jedoch noch nicht von der Kraftfahrzeugsteuer freigestellt worden. Folglich unterliegen diese Fahrzeuge nach § 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes der Kraftfahrzeugsteuer, auch wenn hinsichtlich solcher Fahrzeuge das Kraftfahrzeugsteuergesetz gewisse Lücken (z. B. in den §§ 4 ff.) aufweist, die bis zur Beseitigung dieser Lücken durch entsprechende Anwendung der Vorschriften des § 77 Abs. 2 KraftStDB auszufüllen sind, und bei Erfassung dieser Fahrzeuge die Mitwirkung der Zulassungsbehörden (ß 18 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes) ausgeschlossen ist. Für die Frage der Steuerpflicht ist es hiernach gleichgültig, wie die vom Zulassungsverfahren ausgenommenen Kraftfahrzeuge von den Zulassungsbehörden im Einzelfall tatsächlich behandelt werden.
Daß die in Frage stehende Zugmaschine nur zur Beförderung (Fortbewegung) einer Dreschmaschine von einer Arbeitsstätte zur anderen und zum Antrieb der Dreschmaschine benutzt wird, ist für die Frage der Steuerpflicht ohne Belang. Die Vorschrift des § 3 Ziff. 3 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1935, die der Bf. offenbar im Auge hat und nach der das Halten von Kraftfahrzeugen von der Steuer befreit ist, solange sie ausschließlich zur Beförderung (Fortbewegung) von Geräten von und zur Arbeitsstätte und zum Antrieb dieser Geräte verwendet werden, ist durch Art. IV des Kontrollratgesetzes Nr. 14 außer Kraft gesetzt worden. Der Hinweis des Bf. auf die Urteile des Reichsfinanzhofs vom 29. November 1927 (Slg. Bd. 22 S. 198) und vom 8. Februar 1929 (Slg. Bd. 25 S. 28) geht daher fehl.
Fehl geht auch der Hinweis des Bf. auf § 8 der für die britische Zone ergangene Durchführungs-Verordnung zum Kontrollratgesetz Nr. 14 zur änderung der Kraftfahrzeugsteuergesetze nach seiner änderung durch das Kontrollratgesetz Nr. 51 (KraftStDVO). Denn die in Frage stehende Zugmaschine ist keine selbstfahrende Arbeitsmaschine im Sinn des § 2 der bereits erwähnten Verordnung vom 21. Dezember 1936, da nach dieser Vorschrift als Arbeitsmaschinen nur Kraftfahrzeuge gelten, "die nach ihrer Bauart und ihren besonderen Einrichtungen zur Leistung von Arbeiten, nicht zur Beförderung von Personen oder Gütern geeignet und bestimmt sind". Diese Voraussetzung liegt bei der in Frage stehenden Zugmaschine nicht vor.
Fehl geht schließlich noch der Hinweis des Bf. auf Art. 3 des Grundgesetzes. Die im Grundgesetz vorgesehene Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz kann nicht dazu führen, Ausnahmen von der Besteuerung, die der Gesetzgeber auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt wissen will, im Auslegungswege auszudehnen. Anlaß, in der Frage, ob die von Lohndreschern gehaltenen Zugmaschinen unter die Befreiungsvorschrift des Art. 1 Ziff. 2 des Kontrollratgesetzes Nr. 51 fallen, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen - Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs II 133/50 S vom 20. Februar 1951 (Bundessteuerblatt - BStBl. 1951 III S. 62) und II 61/52 U vom 22. Oktober 1952, das im BStBl. 1953 Teil III noch veröffentlicht werden wird -.
Der Bf. hat mündliche Verhandlung beantragt. Es erscheint jedoch angezeigt, einen Vorbescheid gemäß § 294 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung zu erlassen.
Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf den Inhalt des Bescheids vom 28. Januar 1953 Bezug genommen.
Die Vertreter des Beschwerdeführers (Bf.) wiederholten im wesentlichen in der mündlichen Verhandlung das bereits Vorgebrachte oder nahmen darauf Bezug. Der Senat hat sich erneut die Gründe des Bescheids zu eigen gemacht. Daß das Finanzamt, wie die Vertreter des Bf. weiter vorgetragen haben, die Zugmaschine unbesteuert gelassen habe, solange sie eisenbereift und noch nicht luftbereift gewesen sei, ist für die Entscheidung ohne Bedeutung. Die Vertreter des Bf. machten noch geltend, daß die Mehrzahl der Kraftfahrzeuge mit einer 6 km in der Stunde nicht übersteigenden Höchstgeschwindigkeit als von den Vorschriften über das Zulassungsverfahren ausgenommen tatsächlich unversteuert bleibe. Auch dies wäre, falls es zutreffen sollte, für die Entscheidung ohne Belang.
Die Rechtsbeschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 407690 |
BStBl III 1953, 231 |
BFHE 1954, 607 |
BFHE 57, 604 |