Entscheidungsstichwort (Thema)
"Kombinationen" im Sinne des Zolltarifs
Leitsatz (NV)
1. Aufmachung für den Einzelverkauf als Voraussetzung einer (Textil-)Kombination im zolltariflichen Sinne (hier: Bügel).
2. Eine (zweiteilige) Kombination liegt auch vor, wenn sich die Kleidungsstücke zusammen mit einem nicht zur Kombination gehörenden Stück auf einem gemeinsamen Bügel befinden.
Normenkette
Anm. 3b zu Kap. 62 zur KN Unterpos. 6204 2919
Tatbestand
Die beklagte Oberfinanzdirektion - OFD - erteilte der Klägerin verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA) über zwei ,,Damen-Kombinationen", bestehend aus Jacke bzw. Hemdbluse, Rock und Bluse aus Geweben aus (künstlichen) Chemiefasern, bei Jacke bzw. Hemdbluse und Rock bunt, bei der Bluse einfarbig, alle Teile auf einem gemeinsamen Bügel als Warenzusammenstellung für den Einzelverkauf aufgemacht. Die Teile wurden einzeln nach ihrer Beschaffenheit tarifiert (Jacke: Unterposition 6204 3919 der Kombinierten Nomenklatur - KN -; Röcke: Unterposition 6204 5910; Hemdbluse und Blusen: Unterposition 6206 4000). Die von der Klägerin begehrte Einreihung von Jacke bzw. Hemdbluse und Rock als ,,Kombination" i. S. von Anmerkung 3b zu Kapitel 62 - Unterposition 6204 2919 - wurde abgelehnt, weil der Bügel die gemeinsame Aufmachung aller drei Teile (als solche keine Kombination) darstelle und nicht als Aufmachung für ,,Rock/Jacke" bzw. ,,Rock/Hemdbluse" in Betracht komme.
Hiergegen richten sich die Klagen, zu deren Begründung die Klägerin im wesentlichen ausführt, der zolltarifliche Begriff der ,,Kombination" sei auch erfüllt, wenn ein drittes, nicht in die Kombination passendes Teil (,,Top") hinzukomme. Sein Vorhandensein ändere nichts daran, daß Jacke und Rock zusammen für den Einzelverkauf aufgemacht und zusammen als Kombination anzusehen seien. Die Auffassung der OFD führe nur dazu, daß für das dritte Teil zusätzliche Transportkosten aufgewendet werden müßten.
Die OFD führt aus, aus Anmerkung 3b zu Kapitel 62 KN ergebe sich, daß die erforderliche Aufmachung für den Einzelverkauf nur ein einziges Kleidungsstück zum Bedecken des Oberkörpers enthalten dürfe. Weitere auf einem Bügel vorhandene Oberteile schlössen die zolltarifliche Behandlung als Kombination aus. Es müsse vermieden werden, daß es bei Drei- oder Mehrteilern mit zwei Oberteilen zu einer Wahlmöglichkeit der Einreihung komme (Rock/Jacke oder Rock/Bluse als Kombination, getrennte Tarifierung des jeweils anderen Oberteils). Im Streitfall bestehe zwar keine Wahlmöglichkeit, da die Bluse andersfarbig sei, doch dürfe die Auslegung nicht nach dem zu entscheidenden Einzelfall vorgenommen werden.
Die Klagen richten sich, wie sich aus ihrer Begründung ergibt, gegen die beiden vZTA in der Fassung der Einspruchsentscheidungen, jedoch nur insoweit, als die Teile Jacke bzw. Hemdbluse und Rock getrennt und nicht als Kombination tarifiert worden sind. Die getrennte Tarifierung der Blusen, die schon nach ihrer (anderen) Beschaffenheit als Bestandteil einer Kombination ausscheiden (vgl. Anmerkung 3b zu Kapitel 62, jetzt auch Zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 62, eingefügt durch Verordnung (EWG) Nr. 1119/90 vom 2. Mai 1990, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 112/9; Anmerkung 13 zu Abschnitt XI), wird von der Klägerin nicht angegriffen.
Entscheidungsgründe
Die Klagen, über die gemeinsam entschieden wird (§ 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung), sind begründet.
Mit den Parteien ist davon auszugehen, daß die Teile Jacke/Rock bwz. Hemdbluse/Rock die für eine Kombination erforderliche ,,Gleichartigkeit" aufweisen (dazu Senat, Urteil vom 5. April 1990 VII K 27/89, BFH/NV 1991, 133). Insoweit liegt auch nur jeweils ein einziges Kleidungsstück zum Bedecken des Oberkörpers vor (Jacke bzw. Hemdbluse). Die OFD zieht auch nicht in Zweifel, daß der gemeinsame Bügel grundsätzlich als Aufmachung für den Einzelverkauf in Betracht kommt. Gestritten wird nur darüber, ob damit auch Jacke bzw. Hemdbluse und Rock für den Einzelverkauf aufgemacht sind. Diese Frage ist im Gegensatz zu der von der OFD vertretenen Auffassung zu bejahen. Der Umstand, daß der Bügel die Einzelverkaufsaufmachung eines ,,Dreiteilers" mit zwei Oberteilen ist, der als solcher keine Kombination im zolltariflichen Sinne darstellt, ändert nichts daran, daß damit auch die beiden Kombinationsteile als entsprechend aufgemacht anzusehen sind. Eine getrennte Aufmachung des Zweiteilers wird nicht gefordert. Es mag allerdings sein, daß eine Aufmachung des Zweiteilers für den Einzelverkauf zu verneinen wäre, wenn die von der OFD befürchtete ,,Wahlmöglichkeit" bestände und willkürlich bestimmt werden könnte, welches Oberteil als Bestandteil der Kombination gelten soll. Eine derartige Beurteilung, deren Berechtigung die Klägerin übrigens nicht in Frage stellt, verbietet sich jedoch in Fällen, in denen eine solche Wahl ausgeschlossen ist. Sind etwa Oberteil und Unterteile zusammen mit Nichtkleidungsstücken (z. B. Zubehör) für den Einzelverkauf aufgemacht, so sind, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen, die Kleidungsstücke als Kombination zu tarifieren; das Vorhandensein von Zubehör steht dem nicht entgegen. Dasselbe muß gelten, wenn zusätzlich ein Kleidungsstück vorliegt, das nach seiner objektiven Beschaffenheit unter keinen Umständen als Bestandteil einer Kombination im zolltariflichen Sinne in Betracht kommt. Auch dann sind Oberteil und Unterteil(e), mit dem weiteren Kleidungsstück zum Einzelverkauf aufgemacht, ohne Rücksicht auf dieses getrennt zu tarifierende Stück als Kombination zu beurteilen, wenn die weiteren Voraussetzungen von Anmerkung 3b zu Kapitel 62 erfüllt sind. Diese zolltarifliche Wertung berücksichtigt die im Zolltarif festgelegten objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware im maßgebenden Zeitpunkt und bedient sich damit des für die Auslegung des Zolltarifs allgemein verbindlichen Maßstabs (dazu Lux in Bail/Schädel/Hutter, Zollrecht, F II 1 Rz. 195 mit Rechtsprechungsnachweisen), der auch im Streitfall zu beachten ist. Was die OFD sonst etwa unter einer - von ihr abgelehnten - Auslegung ,,nach dem zu entscheidenden Einzelfall" versteht, ist nicht ersichtlich.
Da die Teile Jacke bzw. Hemdbluse und Rock hiernach jeweils Kombinationen darstellen, ist den Anfechtungsklagen gegen die anderslautenden zolltariflichen Entscheidungen der OFD stattzugeben.
Fundstellen
Haufe-Index 417229 |
BFH/NV 1991, 351 |