Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollwertmindernde Berücksichtigung einer Einkaufsprovision
Leitsatz (NV)
Einkaufsprovisionen dürfen nicht in den Zollwert einbezogen werden, wenn sie nicht vom Rechnungspreis ,,getrennt ausgewiesen" worden sind. Getrennt ausgewiesen in diesem Sinn ist eine Einkaufsprovision nur dann, wenn sie als solche eindeutig bezeichnet worden ist.
Normenkette
EWGV 1495/80 Art. 3 Abs. 1 Buchst. b
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionbeklagte (Klägerin) beantragte März 1984 die Abfertigung einer Sendung Schuhe mit Ursprung in der Volksrepublik China zum freien Verkehr. In der Zollanmeldung und in der Zollwertanmeldung gab sie als Verkäufer / Versender die Firma L in Hongkong an. Den Zollwert meldete die Klägerin unter Berücksichtigung des in DM umgerechneten Rechnungsnettopreises von L an. Nach der beigefügten Rechnung belief diese sich auf . . . US$ und war aufgeschlüsselt in einen Warenpreis von . . . US$ und ,,4 % agent commission" in Höhe von . . . US$. Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt - HZA -) übernahm den angemeldeten Zollwert in dem schriftlichen Steuerbescheid.
Am . . . beantragte die Klägerin beim HZA, den Zollwert auf der Grundlage des Rechnungspreises abzüglich der ,,Einkaufskommission" neu festzustellen und die zu viel entrichteten Eingangsabgaben zu erstatten. Sie fügte dem Schreiben die Einkaufsrechnung von L über . . . US$ bei. Zusätzlich trug sie vor, daß zwischen ihr und L ein Agentenvertrag bestehe. Diverse chinesische Firmen seien Hersteller und Verkäufer. Für die Leistungen von L sei gemäß Agenturabkommen . . . eine Provision von 3 bzw. 4 % vereinbart. Das HZA lehnte den Erstattungsantrag mit Bescheid . . . mit der Begründung ab, der in der Zollanmeldung angegebene Wert könne nach der Freigabe der Ware nicht mehr geändert werden. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und verpflichtete unter Aufhebung von Ablehnungsbescheid und Einspruchsentscheidung das HZA, der Klägerin einen Betrag von . . . DM zu erstatten.
Mit seiner Revision macht das HZA folgendes geltend: Die Klägerin habe ein Kaufgeschäft zwischen ihr und L angemeldet. Diesem Kaufgeschäft habe auch die vorgelegte Rechnung entsprochen. Die abfertigende Zollstelle habe annehmen müssen, daß es sich bei der in der Rechnung aufgeführten ,,agent commission" um eine Verkaufsprovision gehandelt habe. Um die zollwertrechtliche Bedingung, daß eine Einkaufsprovision ,,getrennt ausgewiesen" sein müsse, zu erfüllen, sei es jedoch erforderlich, daß in dem dafür vorgesehenen Feld 21 der Zollwertanmeldung verfahrensmäßig ein Antrag auf Nichteinbeziehung gestellt werde. Überdies scheide die nachträgliche Anmeldung eines anderen Kaufgeschäfts wegen der entscheidenden Funktion des maßgebenden Zeitpunkts im Zollwertrecht aus. An das von ihr ausgeübte Wahlrecht sei die Klägerin nach § 11 Abs. 3 des Zollgesetzes (ZG) gebunden.
Das HZA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie führt u. a. aus: Der Zollwert sei irrtümlich unter Einschluß der Verkaufsprovision angemeldet worden. Aus der beigefügten Rechnung habe sich aber ein getrennter Ausweis dieser Position ergeben. Daß die Verkaufsprovision nach materiellem Recht dem Zollwert nicht hinzuzurechnen gewesen sei, habe das FG zutreffend ausgeführt. Zweifelhaft könnte nur sein, ob die Klägerin ihren Erstattungsanspruch ,,verwirkt" haben könnte, weil sie zunächst einen formell fehlerhaften Antrag gestellt habe. Das FG habe jedoch zu Recht entschieden, daß die Erstattungs / Erlaß VO eine abschließende Regelung getroffen habe.
Entscheidungsgründe
Die Revision des HZA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Erstattung des gezahlten Zolls, da die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates vom 2. Juli 1979 über die Erstattung oder den Erlaß von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - L 175/1) - VO Nr. 1430/79 - nicht erfüllt sind. Der von der Klägerin mit Steuerbescheid . . . geforderte Zollbetrag überstieg den gesetzlich zu erhebenden Zoll nicht. Denn die angebliche Einkaufsprovision konnte die abfertigende Zollstelle zumindest deswegen nicht zollmindernd berücksichtigen, weil sie nicht als getrennt ausgewiesen anzusehen ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Antrag der Klägerin auch aus anderen Gründen keinen Erfolg haben kann.
Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1495/80 (VO Nr. 1495/80) der Kommission vom 11. Juni 1980 zur Durchführung einiger Vorschriften der ZWVO 1980 (ABlEG L 154/14) werden Einkaufsprovisionen dann nicht in den Zollwert einbezogen, wenn sie vom Rechnungspreis ,,getrennt ausgewiesen" sind. Der getrennte Ausweis setzt zunächst und in erster Linie die eindeutige Bezeichnung des Elements für die Zollwertermittlung voraus, das ausgewiesen werden soll. Denn das Erfordernis des Ausweises soll der abfertigenden Zollstelle die zutreffende Ermittlung der Höhe des Zollwerts ermöglichen, also sie veranlassen, ein bestimmtes Element, für das die Nichthinzurechnung vorgesehen ist, außer Betracht zu lassen. Dieser Zweck kann aber nur erfüllt werden, wenn dieses nicht zollwertmindernd zu berücksichtigende Element (z. B. Beförderungskosten oder Einkaufsprovisionen) als solches in der Sache eindeutig bezeichnet wird.
Die Richtigkeit dieser Auffassung wird bestätigt durch den Kommentar des EWG-Ausschusses für den Zollwert zur Bedeutung des Begriffs ,,getrennt ausgewiesen" (abgedruckt in Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung - VSF - Z 5064). Danach sind nachzuweisen ,,die Art des Elements und dessen Geldbetrag" (Absatz 4 des Kommentars). Es kann hier unentschieden bleiben, ob der Definition des Begriffs ,,ausweisen" in dem Kommentar ohne weiteres zu folgen ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 1988 VII R 38/85, BFHE 152, 573, 574). Denn jedenfalls ist dem Kommentar zu entnehmen, daß nach Auffassung des Ausschusses die (zutreffende) Bezeichnung des Elements im Nachweis oder Ausweis unbedingt erforderlich ist. Mittelbar ist das gleiche dem zitierten Senatsurteil zu entnehmen. In diesem hat der Senat entschieden, daß Beförderungskosten dann getrennt ausgewiesen sind, wenn sie in einem Schriftstück getrennt aufgeführt sind, das es ermöglicht, den Kaufpreis von diesen Kosten betragsmäßig zu unterscheiden. Daraus ergibt sich, daß der getrennte Ausweis auch die Bezeichnung des auszuweisenden, nicht dem Zollwert zuzurechnenden Elementes erfordert. Der Senat hatte allerdings im zitierten Urteil keinen Anlaß, auf diese Frage näher einzugehen, weil jedenfalls im entschiedenen Fall dieses Element (die Beförderungskosten) eindeutig als solches in dem betreffenden Schriftstück bezeichnet war.
Im vorliegenden Fall ist in der mit der Zollwertanmeldung vorgelegten Rechnung ein bestimmter vom Warenpreis unterschiedener Betrag als ,,agent commission" bezeichnet worden. Es fehlt jeder Hinweis darauf, es habe sich dabei um eine Einkaufsprovision gehandelt. Die ,,agent commission" (agent`s commission = Vertreterprovision; sales commission = Verkaufsprovision; buying commission = Einkaufsprovision) konnte auch hinzuzurechnende Elemente, wie z. B. Provisionen und Maklerlöhne (vgl. Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Ziff.i der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates über den Zollwert der Waren vom 28. Mai 1980, ABlEG L 134/1; ZWVO 1980) gemeint haben, zumal die genannte Rechnung einen Hinweis auf einen bestimmten Kaufvertrag enthält.
Es stellt sich nicht die Frage, ob der getrennte Ausweis i. S. des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b VO Nr. 1495/80 der Zollstelle bereits im maßgebenden Zeitpunkt vorliegen mußte. Auch wenn man es für zulässig erachtete, daß dieser Ausweis noch nachgereicht werden kann, ist jedenfalls die äußerste zeitliche Grenze für das Nachreichen der Zeitpunkt der Bestandskraft des betreffenden Bescheides (vgl. das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 13. Februar 1989 VII R 167, 168/85, BFHE 156, 295, 299). Diese äußerste Grenze hat die Klägerin hier jedenfalls nicht eingehalten; denn sie hat erstmals mit ihrem beinahe zwei Jahre später gestellten Erstattungsantrag auf den Abzug einer angeblichen Einkaufsprovision gedrungen.
Da es schon aus den genannten Gründen an einem getrennten Ausweis i. S. des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b VO Nr. 1495/80 fehlt, bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob ein getrennter Ausweis auch eines - hier fehlenden - entsprechenden Hinweises im Feld 21 der Zollwertanmeldung bedarf, wie das HZA unter Hinweis auf den genannten Kommentar des Ausschusses für den Zollwert meint.
Da danach der von der Klägerin im Bescheid . . . geforderte Betrag die gesetzlich zu erhebenden Abgaben nicht überstieg, sind die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 1430/79 nicht erfüllt. Es braucht daher nicht entschieden zu werden, ob dem Erstattungsantrag der Klägerin auch entgegensteht, daß Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 1430/79 nur auf Irrtumsfälle anzuwenden ist und ein solcher hier möglicherweise nicht vorliegt (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 15. Dezember 1987 Rs. 328/85, EuGHE 1987, 5136).
Da er die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts für offenkundig hält, ist der Senat nicht nach Art. 177 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH verpflichtet (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415, und Senatsurteil vom 23. Oktober 1985 VII R 107/81, BFHE 145, 266).
Fundstellen
Haufe-Index 417230 |
BFH/NV 1991, 134 |