Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstückserwerb nach der HöfeO RP; Leistungen eines Dritten an den Veräußerer als Gegenleistung
Leitsatz (NV)
1. Zur GrESt-Freiheit nach § 15 GrEStG RP.
2. § 24 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG RP (= § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG 1983) setzt voraus, daß die Leistung des Dritten in ihrem Hauptzweck darauf gerichtet ist, daß der Verkäufer das Grundstück dem Käufer überläßt.
3. Bei gleichzeitigem Kauf anderer Wirtschaftsgüter durch den Dritten (siehe LS 2) kann ein krasses Mißverhältnis bei den Leistungen ein Indiz für das Vorhandensein einer Leistung i. S. des § 24 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG RP (= § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG 1983) sein. Ein solches Mißverhältnis gehört aber nicht zu den Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Vorschrift.
Normenkette
GrEStG RP § 15; GrEStG RP § 24 Abs. 3 Nr. 3; GrEStG 1983 § 9 Abs. 2 Nr. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klin. - eine Arbeitnehmerin - erwarb aufgrund notariell beurkundeten Kaufvertrages 1975 von verschiedenen Verkäufern eine Reihe von weinbaulich genutzten Grundstücken. Auf einem der Grundstücke stand ein Geräteschuppen zum Unterstellen von landwirtschaftlichem Gerät. Die Grundstücke sollten nebst aufstehender Rebanlage und Geräteschuppen übereignet werden; Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr sollten nach der Ernte 1975 auf die Klin. übergehen. Der Kaufpreis wird in der Urkunde mit . . . DM angegeben. Die Vertragsverhandlungen hatte der Vater der Klin. ge
führt. Dieser ist Komplementär der X-KG, an die nach den Feststellungen des FG die Ernte von . . . Fudern verkauft worden ist. Von dem vom Vater der Klin. aus eigenen Mitteln aufgebrachten Gesamtaufwand von . . . DM sollen . . . DM auf die Ernte entfallen. Die Klin. hat ihrem Vater nichts erstattet. Sie hatte mit notariell beurkundetem Vertrag vom gleichen Tag sich als ,,Gegenleistung" zur Bestellung eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts zugunsten ihrer Eltern und zur Einräumung eines Vorkaufsrechts zugunsten ihres Bruders sowie dazu verpflichtet, diesem die Grundstücke nach dem Tod der Eltern auf 15 Jahre zu verpachten. Dieser Vertrag wurde im Grundbuch nicht vollzogen und durch notariell beurkundeten Vertrag 1980 wieder aufgehoben.
Die Klin. beantragte für die Erwerbsvorgänge von 1975 Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 15 Abs. 1 des damals geltenden Grunderwerbsteuergesetzes Rheinland-Pfalz (GrEStG RP). Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Eintragung des erworbenen Grundbesitzes in die Höferolle wies der Höfeausschuß der Kreisverwaltung 1976 zurück, weil zu dem Grundbesitz keine Hofstelle i. S. der Höfeordnung (HöfeO RP) gehöre. Gegen diese Entscheidung ging die Klin. mit Rechtsmitteln vor. Erst nachdem sie von ihrem Vater durch Schenkungsvertrag 1976 ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude erhalten hatte, sah der Höfeausschuß die Voraussetzungen einer Eintragung in die Höferolle als gegeben an. Die Eintragung des mit Verträgen von 1975 und 1976 erworbenen Grundbesitzes als Hof in die Höferolle erfolgte 1980.
Das FA vertrat die Ansicht, der Erwerb von 1975 sei nicht von der GrESt befreit und setzte gegen die Klin. GrESt fest.
Gegen diesen Bescheid legte die Klin. Einspruch ein. Im Laufe des Einspruchsverfahrens setzte das FA die GrESt durch auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 gestützten Änderungsbescheid auf . . . DM fest. Auch gegen diesen Bescheid legte die Klin. Einspruch ein. Mit der Einspruchsentscheidung setzte das FA die GrESt auf . . . DM herab und wies im übrigen den Einspruch zurück. Das FA war der Auffassung, es liege hinsichtlich Grundstücks- und Erntekaufpreis ein Gesamtkaufpreis vor und teilte den insgesamt zu erbringenden Preis wie folgt auf:
Grund und Boden ... DM
Rebanlagen ... DM
Ernte ... DM
Mit der Klage begehrte die Klin. Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung, hilfsweise Herabsetzung der GrESt auf . . . DM. Sie ist der Auffassung, die Voraussetzungen der Grunderwerbsteuerbefreiung aus § 15 Abs. 1 GrEStG lägen nunmehr nach Eintragung des Hofes in die Höferolle vor. Das FG hat der Klage nur im Hilfsantrag stattgegeben. Da die mit Vertrag von 1975 erworbenen Grundstücke mangels Hofstelle keinen Hof gebildet hätten, was sich auch aus dem erfolglos bis zum OLG betriebenen Verfahren auf Eintragung lediglich dieser Grundstücke als Hof ergäbe, lägen die Voraussetzungen von § 15 Abs. 3 GrEStG nicht vor. Zur Entscheidung über den Hilfsantrag hat es ausgeführt, zwar rechne auch dasjenige nach § 24 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG zur Gegenleistung, was ein anderer als der Erwerber dafür gewährt habe, daß der Veräußerer dem Erwerber das Grundstück überläßt; doch könne von einer derartigen zur Gegenleistung rechnenden Zahlung eines Dritten nur dann gesprochen werden, wenn zwischen dem vom Vater der Klin. ausgehandelten Kaufpreis für die Grundstücke einschließlich Rebanlagen einerseits und der Ernte andererseits ein auffälliges Mißverhältnis bestünde. Das aber sei nicht feststellbar.
Mit der Revision verfolgt die Klin. ihr auf Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung gerichtetes Klagebegehren weiter. Sie rügt Verletzung von § 15 Abs. 1 GrEStG.
Das FA ist der Revision entgegengetreten und hat Anschlußrevision erhoben. Mit dieser rügt es Verletzung von § 24 GrEStG sowie unzutreffende Sachverhaltsermittlung.
Entscheidungsgründe
1. Die Revision der Klin. ist unbegründet. Nach § 15 Abs. 1 GrEStG waren folgende Grundstückserwerbe nach der HöfeO von der Besteuerung auf Antrag ausgenommen:
a) Nach Nummer 1 der Erwerb eines Grundstückes zum Ausbau oder zur Abrundung eines Hofes bis zum Zweifachen einer Ackernahrung entweder (Buchst. a) durch den Eigentümer eines in die Höferolle eingetragenen Hofes oder (Buchst. b) durch den Eigentümer eines nicht in die Höferolle eingetragenen Hofes, wenn er spätestens mit dem Antrag auf Ausnahme von der Besteuerung den Antrag auf Eintragung des Hofes in die Höferolle dem Höfeausschuß zur Entscheidung über die Eintragungsfähigkeit zugeleitet hat. Die subjektiven Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GrEStG waren im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs von 1975 nicht erfüllt, denn die Klin. war zu diesem Zeitpunkt nicht Eigentümerin eines Hofes. Der Senat vermag die in der Revision von der Klin. vertretene Auffassung, Grundstückserwerb zum Ausbau eines Hofes sei der Erwerb von Grundstücken zum Aufbau eines Hofes, nicht zu teilen. Ausgebaut kann nur etwas bereits Vorhandenes werden.
b) Nach Nummer 2 der Erwerb aller in die Höferolle eingetragenen Grundstücke eines Hofes durch einen Landwirt, der den Hof als Hofbauer übernimmt. Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses Befreiungstatbestandes sind nicht erfüllt.
c) Nach Nummer 3 schließlich der Erwerb der zu einem nicht in die Höferolle eingetragenen Hof gehörenden Grundstücke durch einen Landwirt, der den Hof im ganzen zur Selbstbewirtschaftung übernimmt, wenn spätestens mit dem Antrag auf Ausnahme von der Besteuerung der Antrag auf Eintragung des Hofes in die Höferolle dem Höfeausschuß zur Entscheidung über die Eintragungsfähigkeit zugeleitet wird. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß diese Vorschrift nicht den Erwerb von Grundstücken, die nicht selbst einen eintragungsfähigen Hof bilden, von der GrESt befreit. Im Zeitpunkt der Verwirklichung des Tatbestands des § 2 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG lag kein Hof im ganzen im Sinn der Vergünstigungsvorschrift vor, der zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht worden wäre. Nach den Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), ist die Eintragung in die Höferolle für die Grundstücke des Erwerbsvorgangs von 1975 allein deshalb abgelehnt worden, weil sie für sich keinen Hof i. S. der HöfeO RP bildeten. Der Umstand, daß nach Erwerb der Hofstelle aufgrund Schenkungsvertrages von 1976 unter Einschluß der vorher erworbenen Grundstücke der Gesamtbesitz als Hof in die Höferolle eingetragen wurde, ist eine Rückwirkung auf den Grundstückserwerb von 1975 nicht beizumessen. Für die Befreiung ist nämlich erforderlich, daß die den Erwerbsvorgang bildenden Grundstücke für sich als Hof im Sinne der HöfeO RP eintragungsfähig sind.
2. Die Anschlußrevision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das FG zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung.
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es § 24 GrEStG verletzt. Nach dieser Vorschrift ist Gegenleistung (nach deren Wert die Steuer nach § 23 Abs. 1 GrEStG bemessen wird) bei einem Kauf der Kaufpreis (Abs. 1 Nr. 1). Der Gegenleistung sind Leistungen hinzuzurechnen, die ein anderer als der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer als Gegenleistung dafür gewährt, daß der Veräußerer dem Erwerber das Grundstück überläßt (Abs. 3 Nr. 3). Die Leistung des Dritten muß in ihrem Hauptzweck darauf gerichtet sein, daß der Verkäufer das Grundstück dem Käufer überläßt. Mag auch bei gleichzeitigem Kauf anderer Wirtschaftsgüter durch den Dritten ein krasses Mißverhältnis zwischen den für den Grundbesitz einerseits und die anderen Wirtschaftsgüter andererseits festgelegten Kaufpreisen ein Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Leistung i. S. des § 24 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG darstellen, so ist entgegen der Auffassung des FG nicht umgekehrt nur dann eine Leistung im Sinne dieser Vorschrift anzunehmen, wenn ein solches Mißverhältnis vorliegt. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, daß der Vater der Klin. nach den bindenden Feststellungen des FG die Preisverhandlungen geführt und allein den Gesamtpreis belegt hat. In einem solchen Falle ist der Gesamtpreis nach der Boruttau`schen Formel (vgl. Urteil des Senats vom 19. Dezember 1967 II R 41/67, BFHE 91, 385, BStBl II 1968, 349) auf das Grundstück einschließlich der mitverkauften Bestandteile einerseits und die anderen Wirtschaftsgüter, die ebenfalls der gemeinsamen Preisverhandlung und -bildung unterzogen wurden, andererseits aufzuteilen. Die Sache ist nicht spruchreif, weil das FG keine Feststellungen darüber getroffen hat, die die Ermittlung der zutreffenden Besteuerungsgrundlage ermöglichen.
Fundstellen
Haufe-Index 414141 |
BFH/NV 1986, 698 |