Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftliches Eigentum und Nutzungsdauer eines Gebäudes
Leitsatz (NV)
- Wer aufgrund einer gesicherten Rechtsposition bei grundsätzlicher Unkündbarkeit des Nutzungsvertrags ein Wirtschaftsgut bis zu dessen wirtschaftlichem Verbrauch nutzen kann, kann wirtschaftlicher Eigentümer sein.
- Die Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes wird durch die objektive Nutzbarkeit unter Berücksichtigung der betriebstypischen Beanspruchung bestimmt und nicht durch davon losgelöste subjektive Vorstellungen der Beteiligten.
- Die Nutzungsdauer eines Gebäudes ist mit der Folge auf den jeweiligen ‐ auch wirtschaftlichen ‐ Eigentümer zu beziehen, dass sich ein über der typisierten Nutzungsdauer der einschlägigen Regelungen des EStG liegender Zeitraum der Gesamtabsetzung ergeben kann.
- Liegt lediglich eine Absichtserklärung vor, ein Gebäude von seiner technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung abzubrechen, so begrenzt dies die objektive Nutzungsdauer des Gebäudes nicht.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 4-5, § 10e; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die für die Streitjahre (1993 bis 1996) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.
Sie erwarben mit "Kaufvertrag" vom 30. Dezember 1993 einen nach Auffassung der Vertragsparteien vererblichen Anteil von 7 v.H. an einer drei Tage vorher gegründeten Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), indem einer der bis dahin zwei Gesellschafter seinen Anteil entsprechend verringerte. In diese Gesellschaft hatten die beiden Gründungsgesellschafter ein ihnen gehörendes und mit einem 1961 errichteten Einfamilienhaus bebautes Grundstück eingebracht. Mit dem erworbenen Gesellschaftsanteil der Kläger war nach dem Kaufvertrag das alleinige und nach Auffassung der Vertragsparteien vererbliche wirtschaftliche Eigentum an dem Einfamilienhaus mit allen Nutzen und Lasten verbunden.
Weiterhin heißt es in dem Vertrag:
"Es besteht Einigkeit unter den Anteilseignern, dass diese Baulichkeiten nach 18 Jahren, d.h. Ende des Jahres 2011, abgebrochen werden sollen und die Gesellschafter dann eine Neubebauung des Grundstücks beabsichtigen."
Der Gesamtpreis für den Gesellschaftsanteil und das wirtschaftliche Eigentum an dem Gebäude betrug 400 000 DM.
Entgegen den Anträgen der Kläger gewährte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) in den Einkommensteuerbescheiden für 1993 bis 1996 in Gestalt der verbösernden Einspruchsentscheidung vom 10. August 1998 lediglich einen Förderbetrag von 475 DM (= 7 v.H. des bei einer Bemessungsgrundlage von 113 000 DM ermittelten Abzugsbetrags von 6 780 DM).
Mit der dagegen erhobenen Klage machten die Kläger geltend, sie seien aufgrund des vererblichen Gesellschaftsanteils und des vererblichen Nutzungsrechts wirtschaftliche Eigentümer des Einfamilienhauses, weil ihnen die Gebäudesubstanz in vollem Umfang zustehe. Entsprechend der AfA-Regelung des § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) habe das Gebäude eine gewöhnliche Nutzungsdauer von 50 Jahren, die zum Zeitpunkt des vorgesehenen Abbruchs des Hauses ende.
Das FA bestritt das wirtschaftliche Eigentum der Kläger. Zivilrechtlich gebe es keine Übertragung wirtschaftlichen Eigentums, sondern die Einräumung von Nutzungsrechten. Welches Nutzungsrecht den Klägern eingeräumt worden sei, lasse sich dem Vertrag nicht entnehmen. Unzutreffend sei die Annahme der Kläger über die Nutzungsdauer des Gebäudes, weil bei Gebäuden grundsätzlich von einer Nutzungsdauer von 100 Jahren auszugehen sei und die Kläger nichts dafür vorgebracht hätten, dass das Gebäude im Jahre 2011 tatsächlich wirtschaftlich verbraucht sein werde.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1608 veröffentlichten Urteil statt. Die Kläger hätten durch den Kaufvertrag vom 30. Dezember 1993 wirtschaftliches Eigentum an dem Einfamilienhaus erlangt. Ihnen sei aufgrund des Kaufvertrags das alleinige Nutzungsrecht für die Restnutzungsdauer des Gebäudes von 18 Jahren eingeräumt worden.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Hilfsweise sei zu beachten, dass der Kläger das Haus zumindest teilweise betrieblich nutze.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Das FG sei zu Recht von einer Nutzungsdauer von 50 Jahren ausgegangen. Das FA habe nichts vorgebracht, was die Annahme einer regelmäßigen gewöhnlichen Nutzungsdauer von 50 Jahren hätte konkret erschüttern können.
Der Hilfsantrag des FA sei unbegründet. Der betrieblich genutzte Teil des Gebäudes betrage lediglich 10,42 v.H. der gesamten Wohnfläche des Hauses, sodass auch bei einer entsprechenden Kürzung die Bemessungsgrundlage mit 331 464 DM noch über dem Höchstbetrag liege.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Entgegen der Auffassung des FG haben die Kläger mit dem Kaufvertrag vom 30. Dezember 1993 kein wirtschaftliches Eigentum erworben, sodass ihnen lediglich eine ihrer zivilrechtlichen Mitberechtigung entsprechende Förderung nach § 10e Abs. 1 EStG zusteht. Deren Höhe kann aufgrund der Feststellungen des FG nicht abschließend festgesetzt werden.
1. Im Regelfall ist der zivilrechtliche Eigentümer auch wirtschaftlicher Eigentümer. Eine Abspaltung des wirtschaftlichen Eigentums vom zivilrechtlichen setzt voraus, dass derjenige, der für sich das wirtschaftliche Eigentum in Anspruch nimmt, nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Einen wirtschaftlichen Ausschluss in diesem Sinn nimmt die Rechtsprechung an, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein Herausgabeanspruch besteht oder der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat (vgl. die Nachweise in den Senatsurteilen vom 27. November 1996 X R 92/92, BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97, und vom 18. Juli 2001 X R 23/99, BFHE 196, 145, BStBl II 2002, 281).
Solches kommt auch dann in Betracht, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer aufgrund einer gesicherten Rechtsposition bei grundsätzlicher Unkündbarkeit des Nutzungsvertrages das Wirtschaftsgut bis zu dessen wirtschaftlichem Verbrauch nutzen kann ("Nutzung bis zum Verbrauch"; vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 25. Oktober 1963 IV 429/62 U, BFHE 78, 107, BStBl III 1964, 44; bestätigt durch BFH-Urteil vom 26. Januar 1970 IV R 144/66, BFHE 97, 466, BStBl II 1970, 264, unter III.1. der Entscheidungsgründe; P. Fischer in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 39 AO 1977 Rdnr 62, 66).
In Fällen, in denen zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum nicht übereinstimmen, steht die Förderung nach § 10e Abs. 1 EStG dem wirtschaftlichen Eigentümer zu (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 12. April 2000 X R 69/98, BFH/NV 2000, 1331; vom 18. Juli 2001 X R 15/01, BFHE 196, 151, BStBl II 2002, 278).
2. Das FG ist davon ausgegangen, dass mit dem von den Klägern erworbenen Gesellschaftsanteil das wirtschaftliche Eigentum an dem Gebäude verbunden sein kann. Es hat dies daraus gefolgert, dass den Klägern das alleinige Nutzungsrecht "für die Restnutzungsdauer des Einfamilienhauses von 18 Jahren" eingeräumt sei, wobei "von einer gewöhnlichen Restnutzungsdauer von 50 Jahren auszugehen" sei. Eine solche Auslegung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 erscheine zumindest als vertretbar. Damit ist das FG offenbar der Argumentation der Kläger gefolgt, die gewöhnliche Nutzungsdauer sei im Zeitpunkt des in Aussicht genommenen Abbruchs des Gebäudes abgelaufen. Das Nutzungsrecht sei auch, so führt das FG weiter aus, vererblich; dies gelte jedenfalls für die Zeit bis zum wirtschaftlichen Verbrauch des Gebäudes im Jahre 2011. Es sei nur folgerichtig, dass laut Kaufvertrag die Dauer der Gesellschaft mit dem Nutzungsverhältnis parallel laufe.
Diese Rechtsauffassung ist unzutreffend. Nach den vom FG getroffenen Feststellungen liegen die Voraussetzungen für wirtschaftliches Eigentum im Streitfall nicht vor.
Es kann dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen ein Gesellschafter wirtschaftlicher Eigentümer des der Gesellschaft bürgerlich-rechtlich gehörenden Gebäudes sein kann (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 26. Februar 1987 IV R 106/83, BFH/NV 1987, 497). Im Streitfall scheitert die Annahme wirtschaftlichen Eigentums an dem Gebäude daran, dass der vereinbarte Abriss des Gebäudes nicht dessen Nutzungsdauer begrenzt. Die Ausführungen des FG werden dem Rechtsbegriff der gewöhnlichen Nutzungsdauer nicht gerecht.
Ohnehin kann entgegen der Auffassung des FG aus der in § 7 Abs. 5 Nr. 2 EStG vorausgesetzten Abschreibungsdauer für die Entscheidung des Streitfalls schon nichts hergeleitet werden, weil es eine auf das einzelne Objekt bezogene Obergrenze des Abschreibungszeitraums nicht gibt. Das Gesetz geht vielmehr typisierend davon aus, dass die in den Abschreibungssätzen unterstellte Nutzungsdauer von Gebäuden mit jedem Eigentümerwechsel neu beginnt. Da die Nutzungsdauer auf den jeweiligen Eigentümer zu beziehen ist, kann sich ein über der typisierten Nutzungsdauer liegender Zeitraum der Gesamtabsetzung ergeben (vgl. BFH-Urteil vom 28. September 1971 VIII R 73/68, BFHE 103, 468, BStBl II 1972, 176; Blümich/Brandis, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 7 EStG Rdnr. 516). Darüber hinaus ist die gewöhnliche Nutzungsdauer eines Gebäudes nicht zwingend nach den in § 7 Abs. 4 und 5 EStG unterstellten Daten zu bemessen. Denn dort wird eine kurze Lebensdauer von Gebäuden angenommen, die schon ausweislich der amtlichen Begründung zu diesen Bestimmungen durch die tatsächlichen Verhältnisse nicht bestätigt wird (BTDrucks IV/2008 S. 4 und 5). Es spricht viel dafür, dass der Gesetzgeber die Nutzungsdauer von Gebäuden aus steuer- und wohnungspolitischen Gründen kurz bemessen hat (vgl. Pezzer, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1995, 1853, 1856). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Bewertungsrecht bei Massivbauten von einer Lebensdauer von 100 Jahren ausgeht (vgl. P. Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 39 AO 1977 Rdnr. 50, 51).
Vorstehendes gilt nicht nur im Fall des Wechsels des zivilrechtlichen Eigentümers, sondern auch dann, wenn das Wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer aufgrund wirtschaftlichen Eigentums (§ 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977) zugerechnet werden soll.
3. Die Entscheidung des FG stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend dar. Insbesondere endet die Nutzungsdauer auch nicht aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen im Jahre 2011.
a) Maßgebend für die Bestimmung der Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts ist die objektive Nutzbarkeit unter Berücksichtigung der betriebstypischen Beanspruchung; unerheblich sind davon losgelöste subjektive Vorstellungen der Vertragsparteien. Unter Nutzungsdauer ist der Zeitraum zu verstehen, in dem das Wirtschaftsgut erfahrungsgemäß verwendet oder genutzt werden kann. Das Tatbestandsmerkmal der "gewöhnlichen" Nutzungsdauer (§ 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977) ―im Regelfall gleichbedeutend mit der "betriebsgewöhnlichen" Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG)― hebt darauf ab, dass die Eigentümermacht ihre natürliche Grenze in der Lebensdauer eines Wirtschaftsgutes hat. Bei Bestimmung der "betriebsgewöhnlichen" Nutzungsdauer sind die besonderen betrieblichen Verhältnisse zu beachten, unter denen das Wirtschaftsgut eingesetzt wird, insbesondere eine durch die betriebliche Nutzung eintretende besondere Beanspruchung, welche die gewöhnliche Nutzungsdauer verkürzt.
Die zu schätzende Nutzungsdauer wird bestimmt durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Gegenstands begrenzen können. Auszugehen ist von der technischen Nutzungsdauer, also dem Zeitraum, in dem sich das Wirtschaftsgut technisch abnutzt. Technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer fallen in der Regel zusammen. Sofern die wirtschaftliche Nutzungsdauer ausnahmsweise kürzer als die technische Nutzungsdauer ist, kann sich der Steuerpflichtige nach ständiger Rechtsprechung des BFH hierauf berufen (Senatsurteil vom 19. November 1997 X R 78/94, BFHE 184, 522, BStBl II 1998, 59).
Dagegen kommt es nicht darauf an, wie lange der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut tatsächlich in seinem Betrieb verwendet oder voraussichtlich verwenden wird; denn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer wird nicht dadurch vermindert, dass der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut vor Beendigung seines technischen oder wirtschaftlichen Wertverzehrs veräußert (BFH-Urteil vom 26. Juli 1991 VI R 82/89, BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000, m.w.N.). Maßgebend für die Bestimmung der Nutzungsdauer ist somit nicht die Dauer der betrieblichen Nutzung durch den einzelnen Steuerpflichtigen, sondern die objektive Nutzbarkeit eines Wirtschaftsguts unter Berücksichtigung der besonderen betriebstypischen Beanspruchung.
Das FG hat nicht festgestellt, dass das Gebäude im Jahre 2011 wirtschaftlich oder technisch verbraucht sein könnte. Hierfür ist auch anderweitig nichts ersichtlich.
b) Die gewöhnliche Nutzungsdauer wird nicht dadurch beeinflusst, dass das Gebäude vor seiner technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung (hierzu Senatsurteil in BFHE 184, 522, BStBl II 1998, 59, unter 4. der Entscheidungsgründe) beseitigt werden soll. Der VIII. Senat des BFH hat mit Urteil vom 8. Juli 1980 VIII R 176/78 (BFHE 131, 310, BStBl II 1980, 743) entschieden, dass eine verkürzte Nutzungsdauer nicht angenommen werden könne, wenn ein Abbruch erst geplant sei; die Vorbereitungen für den Abbruch müssten vielmehr so weit gediehen sein, dass die weitere Nutzung des Hauses in der bisherigen Weise so gut wie ausgeschlossen sei. Etwas anderes hat der I. Senat des BFH in seinem Urteil vom 22. August 1984 I R 198/80 (BFHE 142, 370, BStBl II 1985, 126) für den Fall angenommen, dass sich ein Steuerpflichtiger entschließt, ein selbst hergestelltes oder mit Nutzungsabsicht erworbenes Gebäude abzureißen; in diesem Falle seien die restlichen Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) auf die verbleibende Nutzungsdauer zu verteilen.
Eine hiermit vergleichbare Vereinbarung, aufgrund derer sich die Beteiligten unabdingbar und endgültig zum Abriss verpflichtet hätten, haben die Vertragsparteien des Streitfalles nicht geschlossen. Im Falle des BFH-Urteils in BFHE 142, 370, BStBl II 1985, 126 entsprach eine solche Verpflichtung der Interessenlage des Erwerbers, der ein im Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums unbebautes Grundstück erwerben wollte, um sodann einen Neubau errichten zu können. Dies ist ―so auch im Streitfall― anders, wenn die Vertragsparteien lediglich eine gemeinschaftliche Absichtserklärung abgeben, ohne dass erkennbar ist, aus welchen Gründen ein im Jahre 2011 mutmaßlich noch vorhandener Wert notwendigerweise vernichtet werden müsste.
Dass das Einfamilienhaus zu diesem Zeitpunkt noch nicht wertlos sein würde, geht aus der von den Klägern vorgelegten Berechnung des von ihnen in Anspruch genommenen Abzugsbetrages hervor, in der für die Nutzungsdauer ein Mietpreis von 18 DM/qm angesetzt wurde. Dieser Ansatz schließt die Annahme aus, dass das Gebäude im Jahre 2011 wertlos sein wird. Dies vorausgesetzt ist es nicht ausgeschlossen, dass die Gesellschafter bis zum Jahre 2011 von einem "geplanten" Neubau wieder Abstand nehmen. Allenfalls wenn die Vorbereitungen für den Abbruch so weit gediehen sind, dass die weitere Nutzung des Hauses in der bisherigen Weise so gut wie ausgeschlossen ist, könnte die Annahme einer kürzeren Nutzungsdauer berechtigt sein (vgl. BFH-Urteil in BFHE 131, 310, BStBl II 1980, 743). Hierfür ist im Streitfall nichts ersichtlich.
4. Damit steht dem Grunde nach fest, dass die Kläger steuerrechtlich gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 nur entsprechend ihrem Anteil an der GbR Mitberechtigte des Einfamilienhauses und des Grundstücks sind und nur in diesem Umfang den Abzugsbetrag nach § 10e EStG beanspruchen können. Der Senat ist jedoch an einer Entscheidung in der Sache selbst gehindert, da Feststellungen zur Bemessungsgrundlage fehlen. Die Sache ist daher an das FG zurückzuverweisen.
Das FG hat bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu beachten, dass das von den Klägern entrichtete Entgelt für den Anteil am Grund und Boden, für den Anteil am Gebäude und nicht zuletzt für das Recht, das Gebäude bis zum Jahre 2011 nutzen zu können, gezahlt wurde. In die Bemessungsgrundlage gehen nur die auf den Anteil am Grund und Boden und am Gebäude entfallenden Anschaffungskosten ein. Zu deren Ermittlung ist der Gesamtkaufpreis um den auf das Nutzungsrecht entfallenden Teil zu verringern und der danach verbleibende Betrag im Verhältnis der Verkehrswerte von Grund und Boden sowie des Gebäudes aufzuteilen (vgl. BFH-Urteile vom 15. Januar 1985 IX R 81/83, BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252, und vom 29. November 2000 X R 36/97, BFH/NV 2001, 595; B. Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer-und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 10e EStG Anm. 140; Schmidt/Glanegger, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl., § 6 Rz. 119). Außerdem hat sich das FG mit dem Einwand des FA zu befassen, ein Teil des Gebäudes werde von den Klägern zu anderen als Wohnzwecken genutzt.
Fundstellen
Haufe-Index 1102339 |
BFH/NV 2004, 474 |
DB 2005, 9 |
HFR 2004, 193 |