Einkunftserzielung bei entgeltlich bestelltem Nießbrauch
Zahlungen für ein Nießbrauchrecht
Vor dem FG Nürnberg wurde folgender Fall verhandelt: Das Finanzamt stellte bei einer Außenprüfung fest, dass der Kläger aus dem notariell beurkundeten Nießbrauchsvertrag vom 2.10.2008 über das Objekt D bislang nicht erklärte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat. Laut Nießbrauchsvertrag wurde der Fa. AA GmbH & Co. B KG ("KG") ein Nießbrauch an dem Objekt bestellt. Als Gegenleistung verpflichtete sich diese dazu, den Kläger von der Zahlung von Zins und Tilgung aus einer Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Bank 1 freizustellen. Das Finanzamt setzte die vom Nießbraucher zu zahlenden Beträge als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung an; als Ausgaben berücksichtigte es die AfA und die vom Kläger getragenen Kosten (Zinszahlungen).
Einkünfteerzielung oder Kaufpreiszahlungen?
Dem Vorbringen des Klägers, wonach es sich rechtlich nicht um laufende Zahlungen der KG für die zeitlich befristete Einräumung eines Nießbrauchs, sondern um Kaufpreiszahlungen für die Veräußerung der Immobilie gehandelt habe, weil bereits im Notarvertrag Frau H ein Ankaufsrecht am Grundstück eingeräumt worden war, und das wirtschaftliche Eigentum demzufolge bereits am 2.10.2008 auf die KG übergegangen sei, folgte das Finanzamt nicht.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Das FG hat dem Finanzamt Recht gegeben und entschieden, dass der Kläger aus entgeltlichem Nießbrauch aus dem Objekt D Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat. Ist das zugewendete Nutzungsrecht (wie hier der Nießbrauch) entgeltlich bestellt, hat der Eigentümer das für die Bestellung gezahlte Entgelt grundsätzlich im Jahr des Zuflusses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Die dingliche Natur des Rechts steht der Zurechnung des Entgelts zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nicht entgegen, da die Begriffe Vermietung und Verpachtung einkommensteuerrechtlich weit auszulegen sind und auch wirtschaftlich vergleichbare Nutzungsüberlassungen einschließen.
Übt allerdings ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO). Ein wirtschaftlicher Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers wird von der Rechtsprechung angenommen, wenn der Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat oder wenn dem Eigentümer überhaupt kein Herausgabeanspruch mehr zusteht. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen.
Gestaltung der Vertragsbedingungen sind entscheidend
Hiernach kann ein Wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen sein, wenn es ihm aufgrund eines „Mietkaufvertrags“ überlassen wird. Darunter versteht man Vereinbarungen, in denen Elemente eines Mietvertrags mit denen eines Kaufvertrags verbunden sind. Diese Verträge können so gestaltet sein, dass sie bei wirtschaftlicher Bewertung von Anfang an als Kaufverträge anzusehen sind. Maßgebend ist, ob die Vertragsbedingungen so ausgestaltet sind, dass der Mieter vernünftigerweise keine andere Wahl hat, als von seinem Ankaufsrecht Gebrauch zu machen, sodass der Mieter von Anfang an daran interessiert ist, Eigentum zu erwerben. Dabei ist es unerheblich, ob der wirtschaftliche Sachzwang aus der Ausgestaltung des Mietzinses oder des Optionsrechts folgt. Wesentliche Kriterien sind Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Mietkäufer.
Selbst wenn man diese zum Mietkauf ergangene Rechtsprechung auf den Fall eines Nießbrauchs mit anschließendem Ankaufsrecht des Nießbrauchers anwenden wollte, wäre der Kläger wirtschaftlicher Eigentümer geblieben, denn die Vertragsbedingungen waren nicht so ausgestaltet, dass der Nießbraucher vernünftigerweise keine andere Wahl hatte, als von seinem Ankaufsrecht Gebrauch zu machen. Die KG als Nießbrauchsberechtigte konnte nicht wählen. Ihr ist keine Kaufoption eingeräumt worden. Das Ankaufsrecht war Frau H eingeräumt worden, die aber nicht Nießbraucherin war. Nießbraucher (KG) und Käufer (Frau H) waren nicht personenidentisch.
Revision beim BFH
Gegen die Entscheidung des FG hat der Kläger Revision eingelegt, Az. beim BFH IX R 1/22. In diesem Revisionsverfahren geht es allerdings (nur) um die Frage, ob das Finanzamt die AfA für das Gebäude unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger das Grundstück im Jahr 2004 durch den Erwerb der übrigen Anteile an der vormaligen Grundstücks-GbR zum Alleineigentum erworben hatte, zutreffend berechnet hat.
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