Revision eingelegt (BFH IX R 1/22)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei einem Nießbrauch mit anschließendem Ankaufsrecht des Nießbrauchers
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einem Nießbrauch hat der Eigentümer das für die Bestellung gezahlte Entgelt grundsätzlich im Jahr des Zuflusses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen.
2. Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen. Ein wirtschaftlicher Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers ist anzunehmen, wenn der Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat oder wenn dem Eigentümer überhaupt kein Herausgabeanspruch mehr zusteht.
3. Ein Wirtschaftsgut kann einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen sein, wenn es ihm aufgrund eines "Mietkaufvertrags" überlassen wird, der bei wirtschaftlicher Betrachtung als Kaufvertrag anzusehen ist. Typischerweise liegt wirtschaftliches Eigentum vor, wenn der Kaufpreis nach dem bei Abschluss des Mietvertrages vereinbarten künftigen Übernahmepreis bestimmt wird und die Mietzahlungen auf diesen Preis in voller Höhe angerechnet werden.
Normenkette
EStG § 10d Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob - und ggf. in welcher Höhe - der Kläger aus entgeltlichem Nießbrauch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat.
Der Kläger wurde in den Streitjahren getrennt zur Einkommensteuer veranlagt. Neben Einkünften aus Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen erzielte er auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Einkommensteuerbescheide und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nach § 10d Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) für 2011 (zuletzt vom 04.11.2015), 2012 und 2013 (zuletzt jeweils vom 02.11.2016) standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
In der Zeit vom 10.10.2016 bis zum 03.07.2017 fand beim Kläger für den Streitzeitraum eine Betriebsprüfung statt, die mit Bericht vom 05.07.2017 abgeschlossen wurde.
Nach den Prüfungsfeststellungen (s.a. Tz. 1.8 und Anlage 9 Bp-Bericht; Bd. 3 Bp-Handakten) erzielte der Kläger aus einem Nießbrauchsvertrag vom 02.10.2008 über das Objekt D bislang nicht erklärte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Laut Nießbrauchsvertrag wurde mit Wirkung zum 01.11.2008 für die Fa. A A GmbH & Co. B KG (im Folgenden "KG") ein Nießbrauch an dem Objekt bestellt. Als Gegenleistung verpflichtete sich diese dazu, den Kläger von der Zahlung von Zins und Tilgung aus einer Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Bank 1 freizustellen, soweit ihm hierfür nicht Fördermittel der Bank 2 gewährt würden. Der Prüfer setzte die laut Vertrag vom Nießbraucher zu zahlenden Beträge als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung an; als Ausgaben berücksichtigte er die Abschreibung und die vom Kläger getragenen Kosten (Zinszahlungen). So ergaben sich bislang nicht erklärte Einkünfte i.H.v. 156.492 € (2011), 165.760 € (2012) und 188.368 € (2013).
Hiergegen wandte der Steuerberater des Klägers bereits während der Prüfung ein, dass die vereinbarten Zahlungen nicht vollständig geflossen seien, sondern nur i.H.v. 70.000 € (2011), 7.348,87 € (2012) und 102.000 € (2013). Hierzu wurden die Jahreskontoauszüge des Darlehens vorgelegt. Dies führe zu einer entsprechenden Minderung der Einkünfte um 105.235 € (2011), 176.321 € (2012) und 106.420 € (2013).
Das Finanzamt folgte dem Ergebnis der Außenprüfung und erließ am 11.09.2017 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide und geänderte Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nach § 10d Abs. 4 EStG für die Jahre 2011 bis 2013. Die Einkommensteuer 2011 und 2012 wurde danach weiterhin i.H.v. 0 € festgesetzt, die Einkommensteuer 2013 erhöhte sich von zuletzt 305 € auf 121.907 €. Der verbleibende Verlustvortrag auf den 31.12. wurde nun i.H.v. 545.046 € (2011), 811.004 € (2012) und 0 € (2013) festgestellt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben.
Die gegen die geänderten Bescheide eingelegten Einsprüche wurden zunächst damit begründet, dass - wie bereits während der Betriebsprüfung eingewandt - allenfalls die tatsächlich zugeflossenen Beträge als Einnahmen anzusetzen seien, § 11 Abs. 2 EStG.
Später wurde vorgetragen, dass sich der Sachverhalt (und damit auch die Rechtslage) anders darstelle als bisher angenommen: Die Zahlungen auf das Darlehenskonto seien vom Hausverwalterkonto aus geflossen, auf dem auch die Mieten und die Förderungen eingegangen seien. Allerdings habe es sich rechtlich nicht um laufende Zahlungen für die zeitlich befristete Einräumung eines Nießbrauchs gehandelt, sondern um Kaufpreiszahlungen für die Veräußerung der Immobilie. Mit Abschluss des notariellen Vertrages vom 0...