Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten

Hat der Erblasser Leistungen aus einer Sterbegeldversicherung zu Lebzeiten an ein Bestattungsunternehmen abgetreten, erhöht sich der Nachlass um einen Sachleistungsanspruch der Erben gegen das Bestattungsunternehmen. Die Kosten der Bestattung sind im vollen Umfang als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd zu berücksichtigen.

Hintergrund: Gesetzliche Regelung

Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer u.a. die Kosten der Bestattung des Erblassers als Nachlassverbindlichkeiten von dem Erwerb abzugsfähig. Ohne Nachweis wird für diese Kosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG insgesamt ein Betrag von 10.300 EUR abgezogen. Der Abzug von Nachlassverbindlichkeiten ist durch diesen Pauschbetrag jedoch nicht begrenzt. Sind nachweislich höhere Kosten entstanden, die dem Grunde nach unter § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG fallen, können die Erben sie erwerbsmindernd geltend machen. Voraussetzung ist, dass die Erben sie auch tatsächlich getragen haben.

Sachverhalt: Bestattungskosten wurden zum Teil aus Leistungen der Sterbegeldversicherung beglichen

Der dem Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:

  • Der Kläger und seine Schwester sind Erben ihrer im Jahr 2019 verstorbenen Tante (Erblasserin).
  • Die Erblasserin hatte eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen und das Bezugsrecht für die Versicherungssumme zu Lebzeiten an ein Bestattungsunternehmen zur Deckung der Kosten ihrer Bestattung abgetreten.
  • Das Bestattungsunternehmen stellte nach dem Tod der Erblasserin für seine Leistungen insgesamt einen Betrag in Höhe von 11.653,96 EUR in Rechnung. Davon bezahlte die Sterbegeldversicherung 6.864,82 EUR.
  • Den Wert des Erwerbs berechnete das FA einschließlich eines Sachleistungsanspruchs auf Bestattungsleistungen in Höhe von 6.864 EUR, abzüglich der Schulden der Erblasserin und abzüglich der Pauschale für Erbfallkosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG in Höhe von 10.300 EUR und entsprechend der Erbquote von 1/2.
  • Der Kläger wandte sich im Einspruchsverfahren zunächst gegen die Einbeziehung des Anspruchs auf Bestattungsleistungen in die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer. Hilfsweise, also für den Fall, dass der Betrag den Nachlasswert erhöhe, seien die vollständigen, den Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG übersteigenden Erbfallkosten zu berücksichtigen.

Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück. Der abgetretene Betrag von 6.864 EUR aus der Sterbegeldversicherung sei als Sachleistungsanspruch bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs anzusetzen. Die Erben könnten nur den verbliebenen, tatsächlich als Bestattungskosten noch gezahlten Betrag geltend machen. Das FG wies die Klage ebenfalls als unbegründet zurück.

Entscheidung: Bestattungskosten im vollen Umfang abzugsfähig

Der BFH hält die Revision für begründet. Er hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.

Zwar ist – wie vom FG zutreffend entschieden – aufgrund der von der Erblasserin abgeschlossenen Sterbegeldversicherung ein Sachleistungsanspruch auf den Kläger als Erben übergegangen, der in Höhe der Versicherungsleistung den Nachlass erhöht. Der von der Sterbegeldversicherung an das Bestattungsunternehmen ausgezahlte Betrag in Höhe von 6.894 EUR zählt zum steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, da er zu einer Bereicherung der Erben geführt hat und nicht steuerfrei ist. Die Bestattungskosten sind jedoch – anders als vom FG angenommen – nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG im vollen Umfang als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig.

Versicherungsleistung fällt in den Nachlass

Hat der Erblasser eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen und den beim Tod entstehenden Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung unmittelbar an ein Bestattungsunternehmen abgetreten, gehört der Zahlungsanspruch selbst nicht zur Erbmasse. Gleichwohl geht in diesen Fällen ein Sachleistungsanspruch des Erblassers gegenüber dem Bestattungsunternehmen nach § 1922 BGB auf die Erben als Gesamtrechtsnachfolger über.

Dieser der Abtretung der Versicherungsleistung zugrunde liegende Anspruch auf Durchführung der Bestattung fällt in den Nachlass. Er ist mit dem gemeinen Wert zu bewerten und erhöht entsprechend den Wert des Erwerbs von Todes wegen. Der gemeine Wert stimmt üblicherweise mit dem abgetretenen Versicherungsanspruch überein. Danach hat sich der Nachlass um den von der Sterbegeldversicherung ausgezahlten Betrag in Höhe von 6.894 EUR erhöht.

Bestattungskosten sind Nachlassverbindlichkeiten

Entgegen der Auffassung des FG sind von dem um die Zahlung der Sterbegeldversicherung als Sachleistung erhöhten Nachlass die Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG in vollem Umfang abzuziehen. Hierzu führt der BFH weiter aus:

  • Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Erben durch die Bestattungskosten in Höhe der abgetretenen Versicherungsleistung nicht gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG wirtschaftlich belastet waren. Tatsächlich wurde durch das Erlöschen des zum Nachlass gehörenden Anspruchs auf Erbringung der Bestattungsleistungen der Nachlass – insoweit – gemindert.
  • Der Fall ist insoweit nicht anders zu behandeln, als hätte den Erben ein unmittelbarer Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistungen aus der Sterbegeldversicherung zugestanden oder der Erblasser zu Lebzeiten bereits eine Anzahlung an das Bestattungsunternehmen für die zu erwartenden Bestattungskosten geleistet. In beiden Fällen wäre der Nachlass um die Leistung der Sterbegeldversicherung beziehungsweise den Anspruch gegen das Bestattungsunternehmen zu erhöhen und in Höhe der tatsächlich entstandenen Bestattungskosten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG zu mindern.

Zurückweisung der Sache zur erneuten Verhandlung an das FG

Die Feststellungen des FG reichten im Urteilsfall nicht aus, um die Höhe der insgesamt zu berücksichtigenden Nachlassverbindlichkeiten abschließend zu bestimmen, sodass das Verfahren zurückverwiesen wurde. Diese Feststellungen wird das FG im zweiten Rechtsgang noch treffen müssen.

Hinweis: Erhöhung des Erbfallkostenpauschbetrags mit dem JStG 2024

Mit dem JStG 2024 möchte der Gesetzgeber den Erbfallkostenpauschbetrags von derzeit 10.300 EUR auf 15.000 EUR erhöhen. Der Bundesrat, der sich am 22.11.2024 mit dem JStG 2024 beschäftigen wird, muss dem Gesetz noch zustimmen.

BFH, Urteil v. 10.7.2024, II R 31/21; veröffentlicht am 14.11.2024

Alle am 14.11.2024 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen



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