Leitsatz (amtlich)

1. Ein Gesellschafter leistete auch Sicherheit im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 KVStG 1959, wenn er sich dem Kreditgeber der Gesellschaft gegenüber verpflichtete, unmittelbar für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus dem Kreditgeschäft einzustehen, und der Kreditgeber von ihm die Befriedigung seiner Forderungen (im Rahmen der geleisteten Sicherheiten) verlangen konnte (Bestätigung der Rechtsauffassung im Urteil vom 15. Juli 1976 II R 132/69, BFHE 120, 279, BStBl II 1977, 91).

2. Verpflichtete sich ein Gesellschafter gegenüber dem Kreditgeber der Gesellschaft in einer sog. Patronatserklärung, etwaige Betriebsverluste der Gesellschaft während der Laufzeit des Kredits zu decken und ggf. nach Wahl des Kreditgebers entweder das Darlehen für Rechnung der Gesellschaft zurückzuzahlen oder dem Kreditgeber eine ihm genehme andere Sicherheit zu stellen, so können diese Verpflichtungen in ihrer Zusammenschau als Sicherheitsleistung im Sinne von 1. gewertet werden.

 

Normenkette

KVStG 1959 § 3 Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

Das Stammkapital der Klägerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, war zunächst auf 10 Mio. DM, später auf 12 Mio. DM erhöht worden. Von den Geschäftsanteilen hielt die Klägerin selbst einen Anteil von nominell 45 000 DM, die übrigen Anteile die X-AG - im folgenden Aktiengesellschaft -.

Die Klägerin hatte Darlehen von 4 Mio. DM und von 5 Mio. DM aufgenommen. Die Aktiengesellschaft hatte bezüglich dieser Darlehen gegenüber den Geldinstituten nach den Feststellungen des Finanzgerichts folgende Erklärung abgegeben:

"Die ... Aktiengesellschaft ... verpflichtet sich, in Zukunft etwa auftretende Betriebsverluste der ... (Klägerin) ... zu decken, solange die von der Darlehensgeberin gewährten Darlehen von DM ... noch nicht zurückgezahlt sind. Falls die ... Aktiengesellschaft gleichwohl von einer Deckung derartiger Verluste absehen will, wird sie dies der Darlehensgeberin unverzüglich anzeigen. Für diesen Fall verpflichtet sich die ... Aktiengesellschaft hiermit, nach Wahl der Darlehensgeberin entweder das jeweilige Darlehen für Rechnung der Darlehensnehmerin zurückzuzahlen oder der Darlehensgeberin eine ihr genehme andere Sicherheit zu stellen."

Das FA hatte entsprechend dem Erlaß des Finanzministers Baden-Württemberg vom 26. Februar 1968 - S 5102 - 1/67 - die Erklärungen der Aktiengesellschaft den Sicherheitsleistungen im Sinne des § 3 Abs. 2 des Kapitalverkehrsteuergesetzes i. d. F. vom 24. Juli 1959 (BGBl I 1959, 530, BStBl I 1959, 596) - KVStG 1959 - und den Änderungen durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften und des Kapitalverkehrsteuergesetzes vom 9. August 1960 (BGBl I 1960, 682, BStBl I 1960, 614) gleichgestellt und Gesellschaftsteuer festgesetzt.

Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Ihre Klage hatte Erfolg. Das FG hob den angefochtenen Gesellschaftsteuerbescheid ersatzlos auf. Es sah die Erklärungen der Aktiengesellschaft nicht als Sicherheitsleistungen im Sinne des § 232 BGB und des § 3 Abs. 2 KVStG 1959 an und hielt die Darlehensaufnahmen wegen der verhältnismäßig guten Kapitalausstattung der Klägerin für reine Finanzierungsdarlehen und nicht für gebotene Kapitalzuführungen im Sinne des § 3 Abs. 1 KVStG 1959.

Mit seiner Revision rügt das FA (Beklagter) rechtsfehlerhafte Anwendung des § 3 Abs. 1, Abs. 2 KVStG 1959.

Die Klägerin hat im Revisionsverfahren ein Rechtsgutachten darüber eingereicht, "ob die Bürgschaftserklärung in der Patronatserklärung ... eine Sicherheit darstellt". Das Gutachten verneint dies, weil "die ... Bürgschaft von einer Potestativbedingung abhängt, deren Herbeiführung im freien Belieben der ... AG, also des potentiellen Bürgen steht".

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Das FG hat § 3 Abs. 2 Satz 1 KVStG 1959 rechtsfehlerhaft angewendet: Die Aktiengesellschaft hat für die Darlehen, die die Klägerin von den Geldinstituten aufgenommen hat, Sicherheit geleistet; es bedarf weiterer Aufklärung, ob die Darlehensgewährung eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzte.

1. Gemäß § 3 Abs. 1 KVStG 1959 unterlag die Gewährung von Darlehen an eine inländische Kapitalgesellschaft durch einen Gesellschafter der Gesellschaftsteuer, wenn die Darlehensgewährung eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzte. Solchen Darlehen eines Gesellschafters waren hinsichtlich der Besteuerung Darlehen eines Dritten gleichgestellt, wenn ein Gesellschafter dafür Sicherheit leistete (§ 3 Abs. 2 Satz 1 KVStG 1959).

2. Was als Sicherheit für ein Darlehen (vgl. dazu im allgemeinen Winden im Enzyklopädischen Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen, 3. Aufl., Stichwort: Kreditsicherung; Lwowski, Kreditsicherheiten, 1972 S. 11 bis 16, 26 ff.; Jährig/Schuck, Handbuch des Kreditgeschäfts, 2. Aufl., 1975 S. 222 ff.) im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 KVStG 1959 anzusehen und zu werten ist, ließ sich dem Wortlaut dieser Gesetzesvorschrift nicht entnehmen. In ihr waren keine Sicherungsmittel im einzelnen aufgeführt. Maßgebend für die daher notwendige Auslegung der Bestimmung ist der objektiv geregelte Gesetzestatbestand (vgl. Entscheidung des BFH vom 7. Januar 1953 II 188/52 U. BFHE 57, 197, BStBl III 1953, 78, 79). Danach war, wie der Senat in seinem Urteil vom 15. Juli 1976 II R 132/69 (BFHE 120, 279) näher ausgeführt hat, eine Sicherheit im Sinne von § 3 Abs. 2 KVStG 1959 dann geleistet, wenn der Gesellschafter dem Darlehensgläubiger gegenüber unmittelbar mit seinem Vermögen einzustehen hatte, sei es durch Einräumung eines unmittelbaren Anspruchs des Gläubigers gegenüber dem Gesellschafter, sei es durch Einräumung eines unmittelbaren dinglichen Befriedigungsrechts an einem Vermögensgegenstand des Gesellschafters.

Diese Rechtsauffassung über die Sicherheitsleistung im Sinne des § 3 Abs. 2 KVStG 1959 greift auch im Streitfall Platz.

Das bedeutet, daß eine kapitalverkehrsteuerrechtlich erhebliche Sicherheit dann geleistet ist, wenn die Aktiengesellschaft den Geldinstituten unmittelbar für die Verbindlichkeiten der Klägerin aus dem Kreditgeschäft einstehen muß und die Geldinstitute (beim Ausfall der Klägerin) von der Aktiengesellschaft die Befriedigung ihrer Forderungen aufgrund und im Rahmen der gewährten Sicherheitsleistung verlangen können.

3. Die Aktiengesellschaft hat eine solche unmittelbare Sicherheit gegenüber den Geldinstituten bezüglich der gewährten Darlehen geleistet.

a) Die Verpflichtungserklärungen der Aktiengesellschaft sind den sogenannten Patronatserklärungen zuzurechnen. Diese bedürfen keiner bestimmten Form, unterliegen den freien Vereinbarungen der Parteien und reichen in ihren vom Inhalt und rechtlichen Gehalt her sehr unterschiedlichen Formen von bedeutungslosen Erklärungen bis zu rechtlich relevanten (garantie- oder bürgschaftsähnlichen) Verpflichtungen (vgl. im allgemeinen Winden, a. a. O., S. 1080 und bezüglich der verschiedenen in der Kreditsicherungspraxis gebrauchten Formen insbesondere Kamprad, Zur Gesellschaftsteuerpflicht von Krediten, für die Gesellschafter Sicherheit leisten, Der Betrieb 1967 S. 1869 - DB 1967, 1869 - und DB 1969, 327; Rümker, Probleme der Patronatserklärung in der Kreditsicherungspraxis, Wertpapier-Mitteilungen 1974 S. 990; Obermüller, Die Patronatserklärung, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 1975 S. 1, 3 ff.; Bordt, Die Bedeutung von Patronatserklärungen für die Rechnungslegung, Die Wirtschaftsprüfung 1975 S. 285 ff.; Schraepler, Patronatserklärungen als Sicherheit, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 1975 S. 215; Hauptfachausschuß des Instituts der Wirtschaftsprüfer, Stellungnahme 2/76: Zur aktienrechtlichen Vermerk- und Berichterstattungspflicht bei Patronatserklärungen gegenüber dem Kreditgeber eines Dritten, DB 1976, 1921). Der Verpflichtungsgehalt einer Patronatserklärung kann daher ebensowenig allgemeingültig festgelegt werden wie die gesellschaftsteuerrechtlichen Wirkungen einer solchen Erklärung. Beides muß aus dem Inhalt der jeweiligen Erklärung, ggf. aus deren einzelnen Elementen heraus nach deren Wortlaut und dem erkennbaren Willen der beteiligten Parteien geprüft und bestimmt werden. Es konnten deshalb nicht, wie es die Finanzverwaltung z. B. nach dem von dem FA angeführten Erlaß des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 26. Februar 1968 getan hat, die Patronatserklärungen allgemein als Sicherheiten im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 KVStG 1959 angesehen und die damit zusammenhängenden Kredite der Gesellschaftsteuer unterworfen werden.

Die im Streitfall von der Aktiengesellschaft abgegebenen Erklärungen lassen sich nicht in eine der im Schrifttum (vgl. die vorstehenden Hinweise, insbesondere Obermüller, S. 3, 4 und Rümker, S. 991 ff.) aufgeführten praxisüblichen "Grundformen" der Patronatserklärungen einordnen. Sie enthalten vielmehr eine Mehrheit von Elementen, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit als Sicherheitsleistung im Sinne des § 3 Abs. 2 KVStG 1959 in Betracht kommen können. Dabei mag auf sich beruhen, daß in den Patronatserklärungen von "anderen Sicherheiten" die Rede ist und in dem Darlehensvertrag mit dem einen der Kreditinstitute die Patronatserklärung ausdrücklich als "Sicherheit" bezeichnet ist. Allein aus diesem Ausdruck ist nicht ersichtlich, daß die Vertragsparteien damit eine Sicherheit im Sinne des § 3 Abs. 2 KVStG 1959 gemeint und vereinbart haben.

b) Die Erklärung, die während der Laufzeit der Darlehen evtl. auftretenden Betriebsverluste der Klägerin zu übernehmen, enthält insoweit - wie dem eindeutigen Wortlaut zu entnehmen ist - eine ausdrückliche, rechtsverbindliche Verpflichtung der Aktiengesellschaft. Sie zielt nicht ab auf eine - laufende - Liquiditätsausstattung der Klägerin, die zur Erfüllung der Verpflichtungen der Klägerin aus dem Darlehensvertrag erforderlich ist, sondern auf die Erhaltung des Stammkapitals der Klägerin und damit zugleich auf die Aufrechterhaltung deren Bonität. Der Umfang der Verpflichtung ("... auftretende Betriebsverluste ...") mag zweifelhaft sein, zumal "Betriebsverluste" sich nicht ohne weiteres als (jährliche) "Bilanzverluste" oder "steuerliche Verluste" qualifizieren lassen. Ob in dieser Erklärung, wie das Finanzamt meint, ein Garantievertrag zu sehen ist, kann offenbleiben. Aus ihr ergibt sich für die Geldinstitute kein unmittelbarer Anspruch gegen die Aktiengesellschaft auf Tilgung ihrer Forderungen: Diese hat sich durch ihre Erklärungen insoweit nicht verpflichtet, für die Rückzahlung der Darlehenssummen selbständig und unabhängig von den Darlehensschulden der Klägerin einzustehen und ein entsprechendes Risiko gegenüber den Darlehensgebern zu übernehmen, sondern lediglich dazu, die auftretenden Betriebsverluste zu übernehmen. Mit der tatsächlichen Übernahme der Betriebsverluste würde die Aktiengesellschaft keine fremde, sondern eine eigene Verpflichtung erfüllen, was nicht nur den Geldinstituten, sondern allen Gläubigern der Klägerin zugute käme. Die Erklärung kann damit - für sich betrachtet - insoweit nicht als zusätzliche Haftungsgrundlage zugunsten der Geldinstitute bezüglich der Darlehensbeträge angesehen werden.

c) Die im zweiten Teil der Patronatserklärung gegebenen Anzeigevereinbarungen enthalten nichts darüber, daß die Aktiengesellschaft eine irgendwie geartete Haftung für die Darlehensverbindlichkeiten der Klägerin übernommen oder für die rechtzeitige und vollständige Erfüllung dieser Verbindlichkeiten einzustehen habe. Ob und inwieweit sich aus einer Verletzung dieser Vereinbarung evtl. Ansprüche der Geldinstitute gegen die Aktiengesellschaft ergeben könnten, ist für die Entscheidung des Senats unerheblich; solche Ansprüche wären unabhängig von den Verbindlichkeiten aus den Darlehensgewährungen und hätten keine rechtlichen Auswirkungen auf die Rückzahlung der Darlehenssummen.

d) Die Erklärungen der Aktiengesellschaft im letzten Teil der Patronatserklärung, nach Wahl der Geldinstitute das (jeweilige) Darlehen für Rechnung der Klägerin zurückzuzahlen oder den Geldinstituten eine ihnen genehme andere Sicherheit zu stellen, enthalten zwei verschiedene Verpflichtungen. Durch die Verpflichtung der Aktiengesellschaft zum einen, die Darlehen ggf. "für Rechnung der Darlehensnehmerin zurückzuzahlen", haben die Geldinstitute unter bestimmten Voraussetzungen wegen der Verbindlichkeiten der Klägerin aus den Kreditgeschäften einen unmittelbaren Befriedigungsanspruch gegen die Muttergesellschaft der Klägerin; diese hat den Geldinstituten unmittelbar für die Erfüllung der von der Klägerin übernommenen Verbindlichkeiten einzustehen. Nach Wahl der Geldinstitute hat die Aktiengesellschaft zum anderen anstelle einer Darlehensrückzahlung eine den Geldinstituten "genehme Sicherheit" zu stellen. Ob diese Erklärungen insoweit schon für sich allein - wofür ihr rechtlicher Verpflichtungsgehalt sprechen könnte - eine Sicherheitsleistung im Sinne des § 3 Abs. 2 KVStG 1959 darstellen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn diese Erklärungen können nicht unabhängig und losgelöst von den Zielvorstellungen der sie vereinbarenden Vertragsparteien, dem Zweck der sogenannten Patronatserklärung (in ihrer Gesamtheit) und dem Zusammenhang der einzelnen Erklärungen (als Bestandteile der ganzen Patronatserklärung) gewertet werden. Eine diese Momente berücksichtigende Zusammenschau macht im Streitfall wegen des Verpflichtungs(Sicherheits-)Gehalts der beiden Erklärungen im letzten Teil der Patronatserklärungen deutlich, daß die Aktiengesellschaft mit ihren Erklärungen den Geldinstituten unmittelbare Sicherheiten für die der Klägerin gewährten Kredite leisten sollte und geleistet hat. Der Senat sieht dementsprechend diese Erklärungen der Aktiengesellschaft im Zusammenhang mit deren Verpflichtung, etwa auftretende Betriebsverluste der Klägerin während des Laufs der Kredite zu decken (vgl. oben a), als Sicherheitsleistung im Sinne des § 3 Abs. 2 KVStG 1959 an und zwar - entsprechend Inhalt und Ausgestaltung der einzelnen Erklärungen - als Sicherheitsleistung in Form einer - wovon auch das Rechtsgutachten ausgeht - Bürgschaft zugunsten der darlehensgewährenden Geldinstitute.

Die Bürgschaft der Aktiengesellschaft ist von keiner Bedingung abhängig. Diese Auffassung steht mit Wortlaut und rechtlichem Inhalt der Erklärungen im Einklang. Zwar hat, wie die Klägerin zutreffend vorträgt, die Aktiengesellschaft die Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung und zur Gestellung einer anderen Sicherheit nur für den Fall übernommen, daß sie etwa auftretende Betriebsverluste der Klägerin nicht (mehr) decken will. Das schließt aber ihre Rückzahlungs pflicht ebensowenig aus wie ihr Einstehen-Müssen für die Darlehensverbindlichkeiten der Klägerin wie schließlich ihre Pflicht zur Gestellung einer anderen Sicherheit. Die in dem Rechtsgutachten als (aufschiebende) "Potestativ- oder Wollensbedingung" aufgefaßte Abhängigkeit der Verbürgung von einem bestimmten, zwischen den Vertragsparteien festgelegten Verhalten der Aktiengesellschaft beeinflußt die Wirksamkeit der Erklärungen sowie deren Verpflichtungsgehalt nicht; sie nimmt den Erklärungen auch nicht ihren rechtlichen Charakter als gesellschaftsteuerrechtliche Sicherheitsleistungen. Das Rechtsgutachten, in dem - von einer zivilrechtlichen Betrachtung ausgehend - eine davon abweichende Auffassung vertreten wird, übersieht, daß "eine Minderung, wenn nicht gar ein völliges Fehlen des Verpflichtungsgehalts" das (verständliche) Sicherungsbedürfnis der Geldinstitute nicht erfüllt hätte und ein Mangel an ausreichenden Sicherheiten den Abschluß der Kreditverträge zwischen den Geldinstituten und der Klägerin hätte scheitern lassen. Die Verbürgung als solche wird nach Wortlaut und Inhalt der Erklärungen nicht in das Belieben der Aktiengesellschaft gestellt. Die von dieser übernommenen Verpflichtungen sind mit dem Abschluß der Vereinbarungen wirksam, die Aktiengesellschaft bindend und unabhängig von einem bestimmten eigenen, späteren Verhalten der Aktiengesellschaft zustande gekommen. Die "Bedingungen" im Sinne des Rechtsgutachtens betreffen nicht die Bürgschaftsverpflichtung als solche, sondern sind im Rechtsraum außerhalb dieser Verpflichtungen angesiedelt. Damit wird die Bürgschaft selbst nicht zu einer bedingten. Denn eine Bürgschaft wird nicht durch die vom Bürgen übernommene Verpflichtung bedingt, für den Nichteintritt des Bürgschaftsfalles zu sorgen. Es ist auch kein durch eine Bürgschaft gesicherter Gläubiger verpflichtet, den Bürgen auf Zahlung in Anspruch zu nehmen. Er darf sich stets mit einer anderen "ihm genehmen Sicherheit" zufrieden geben, sofern ihm eine solche von dem Bürgen angeboten oder von vornherein gestellt wird.

Der Senat sieht bei dieser Rechtsauffassung davon ab, darauf einzugehen, ob im Streitfall überhaupt eine echte Wollensbedingung (Ein Rechtsgeschäft ist dadurch bedingt, daß einer der Geschäftspartner erklärt, das Geschäft gelten zu lassen; vgl. u. a. Soergel/Siebert, Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und den Nebengesetzen, 10. Aufl., Band 1, Allgemeiner Teil, Anm. 25 vor § 158 - S. 760 ff. -) oder eine Potestativbedingung gegeben ist, und ob nach dem vorliegenden Sachverhalt überhaupt Anwartschaft oder Ersetzungsbefugnis in Betracht kommen können.

4. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden. Die bisher getroffenen Feststellungen lassen eine Prüfung der (weiteren) tatbestandsmäßigen Voraussetzung nicht zu, ob die Darlehen eine gebotene Kapitalzuführung ersetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72254

BStBl II 1977, 355

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