Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Stehen Schuldverbindlichkeiten in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer dem Rückerstattungsverpflichteten gemäß § 27 Abs. 1 LAG zuzurechnenden Kapitalforderung, die gemäß § 24 Ziff. 1 d LAG bei der Ermittlung des der Abgabe unterliegenden Vermögens außer Ansatz zu lassen ist, so sind gemäß § 2 Abs. 3 der 10. AbgabenDV-LA auch diese Schuldverbindlichkeiten bei der Ermittlung des abgabepflichtigen Vermögens nicht als abzugsfähige Vermögensbelastungen zu berücksichtigen.

 

Normenkette

LAG § 24/1/d, § 27 Abs. 1; 10. AbgabenDV-LA 2/3

 

Tatbestand

Streitig ist allein, ob der Beschwerdegegner (Bg.) bei der Veranlagung zur Vermögensabgabe gewisse Verbindlichkeiten, die auf den Ergebnissen eines nach dem Gesetz Nr. 59 der Militärregierung durchgeführten Rückerstattungsverfahrens beruhen, von abgabepflichtigen Vermögen in Abzug bringen kann oder nicht.

Der Bg. hatte im Jahre 1938 von dem Rückerstattungsberechtigten, dem inzwischen verstorbenen Kaufmann A., die Grundstücke S-straße in H. käuflich erworben. Er hat für den Erwerb dieser Grundstücke und für die Ablösung der auf ihnen lastenden Hauszinssteuer insgesamt rund 340.000 RM aufgewendet, die zum Teil im Kreditwege beschafft worden sind. Wegen dieses Kredits waren die Grundstücke am Währungsstichtag mit einer Hypothek zugunsten der Hypothekenbank in H. belastet, die zu dieser Zeit noch mit 112.626,67 RM valutiert war.

Das von den Erben des Rückerstattungsberechtigten nach dem Kriege eingeleitete Rückerstattungsverfahren hat mit der Rückgabe der fraglichen Grundstücke an sie geendet. In dem gerichtlichen Beschluß vom 12. Dezember 1951, in dem die Verpflichtung zur Rückgewähr der entzogenen Grundstücke ausgesprochen wurde, hat andererseits die Wiedergutmachungskammer auch die Eintragung einer Gesamthöchstbetragshypothek von 34.000 DM zur Sicherung der Ansprüche des Bg. auf Rückgewähr des Kaufpreises etc. angeordnet, für die in einem späteren gerichtlichen Vergleich vom 31. März 1952 eine Abfindungsleistung von insgesamt 20.000 DM vereinbart worden ist.

Nach Abschluß des Rückerstattungsverfahrens hat das Finanzamt im Rahmen der endgültigen Veranlagung des Bg. zur Vermögensabgabe, bei der die Ergebnisse des Rückerstattungsverfahrens berücksichtigt worden sind, weder den Abfindungsbetrag von 20.000 DM als abgabepflichtiges Vermögen erfaßt noch andererseits die nach Abschluß des Rückerstattungsverfahrens bei dem Abgabepflichtigen verbliebene persönliche Schuld aus dem vorerwähnten Grundstückskredit bzw. die rückständigen Zinsen aus dieser Schuld zum Abzug zugelassen. Das Finanzamt hat demgemäß die Vermögensabgabe nach einem abgabepflichtigen Vermögen von 223.700 DM auf 111.850 DM berechnet und nach Abzug des Soforthilfeabgabeanrechnungssolls den ursprünglichen Vierteljahresbetrag der Abgabe auf 1.333,20 DM festgesetzt.

Der Abgabepflichtige hat gegen die Veranlagung Einspruch erhoben und beantragt, abweichend von dieser die auf 11.262 DM umgestellte persönliche Schuld aus dem ehemaligen Grundstückskredit sowie die Zinsrückstände im Betrage von 1.500 DM nunmehr vom abgabepflichtigen Vermögen in Abzug zu bringen.

Der Einspruch ist indessen ohne Erfolg geblieben. Das Finanzamt hat im Gegenteil sogar die festgesetzte Vermögensabgabe noch dadurch erhöht, daß es nunmehr die bislang zum Abzug zugelassenen Kosten des Rückerstattungsverfahrens in Höhe von 1.932 DM nicht mehr berücksichtigt und damit das abgabepflichtige Vermögen um den gleichen Betrag vermehrt hat.

Dagegen ist der im Anschluß an das Einspruchsverfahren vom Abgabepflichtigen eingelegten Berufung in vollem Umfang Erfolg beschieden gewesen. Das Finanzgericht hat nämlich die Auffassung vertreten, daß die nach § 24 Ziff. 1 d des Gesetzes über den Lastenausgleich (LAG) gewährte gesetzliche Vergünstigung, die es im Streitfalle gestattet, den Abfindungsbetrag von 20.000 DM bei der Berechnung des abgabepflichtigen Vermögens außer Ansatz zu lassen, den Abzug der Schulden, soweit er nach den für die Vermögensteuer geltenden Vorschriften zulässig ist, nicht hindert. Es hat mit dieser Begründung die vom Abgabepflichtigen geltend gemachten Verbindlichkeiten sowie die Kosten des Rückerstattungsverfahrens in vollem Umfang vom abgabepflichtigen Vermögen abgezogen und die festgesetzte Vermögensabgabe entsprechend auf 88.830 DM, den Vierteljahresbetrag auf 1.243,60 DM ermäßigt.

Der Vorsteher des Finanzamts hat Rechtsbeschwerde (Rb.) erhoben. Er rügt fehlerhafte Anwendung bzw. Nichtanwendung bestehender gesetzlicher Vorschriften, insbesondere des § 74 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) und des § 2 Abs. 3 der Zehnten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (10. AbgabenDV-LA).

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Zutreffend hat das Finanzamt bei der endgültigen Veranlagung der Vermögensabgabe in dem Bescheid vom 18. November 1955 die inzwischen bekanntgewordenen Ergebnisse des Rückerstattungsverfahrens berücksichtigt, das bezüglich der Grundstücke S-straße 10 - 14 von den Erben des Rückerstattungsberechtigten eingeleitet worden war. Es hat deshalb abweichend von seinem früheren Vorgehen bei der Festsetzung der Soforthilfeabgabe die zurückerstatteten Grundstücke mit Recht dem Bg. nicht mehr zugerechnet. Dieses Verfahren entspricht durchaus dem in § 27 LAG zum Ausdruck gebrachten Grundsatz des LAG, wonach die dinglichen und schuldrechtlichen Folgen einer Rückerstattungsentscheidung oder eines Rückerstattungsvergleichs auf den Währungsstichtag zurückbezogen werden müssen. Von diesen Ergebnissen ausgehend, wäre an sich statt der rückerstatteten Grundstücke der dem Abgabepflichtigen durch Vergleich vom 31. März 1952 zugebilligte Abfindungsbetrag von 20.000 DM bei der Berechnung des abgabepflichtigen Vermögens zu erfassen gewesen, wenn nicht derartige Ansprüche des Rückerstattungsverpflichteten auf Grund des § 24 Ziff. 1 d LAG außer Ansatz zu lassen wären. Das Finanzamt hat dieser Vorschrift Rechnung getragen und seinerseits den Abfindungsbetrag von 20.000 DM nicht erfaßt. Insoweit besteht unter den Beteiligten kein Streit.

Fraglich ist jedoch, ob deswegen, weil dieser Abfindungsbetrag bei dem abgabepflichtigen Vermögen nicht in Ansatz gebracht werden kann, andererseits auch der Abzug der Kosten des Rückerstattungsverfahrens sowie der Schuld- und Zinsverbindlichkeiten zu versagen ist, die schon bei der Kreditaufnahme aus Anlaß des Grundstückserwerbs zur Entstehung gelangt waren. Das Finanzgericht hat diese Frage mit der an sich zutreffenden Begründung verneint, daß die nach § 24 Ziff. 1 LAG im Rahmen der Vermögensabgabe gewährte besondere Vergünstigung grundsätzlich den Abzug von Schulden nicht ausschließe, die nach den für die Vermögensteuer geltenden Vorschriften zu berücksichtigen seien. Doch hat es das Finanzgericht unterlassen, im einzelnen zu prüfen, ob der Abzug der vom Abgabepflichtigen geltend gemachten Verbindlichkeiten nach den Vorschriften des Vermögensteuergesetzes und insbesondere des BewG wirklich zulässig oder etwa im Hinblick darauf zu versagen ist, daß diese Schulden in wirtschaftlichem Zusammenhang mit solchen Wirtschaftsgütern stehen, die bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Vermögens nicht zu erfassen sind. Das Finanzamt hat in diesem Zusammenhang zunächst auf § 74 Abs. 2 BewG verwiesen, nach dessen Inhalt Schulden und Lasten nicht abzugsfähig sind, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern stehen, die nicht zum Vermögen im Sinne dieses Gesetzes gehören. Der Wortlaut dieser Vorschrift würde allerdings das Vorgehen des Finanzamts, das dem Abgabepflichtigen den Abzug der umstrittenen Schuldposten versagt hat, insofern nicht decken, als die Zugehörigkeit des Abfindungsbetrages zum sonstigen Vermögen im Sinne des BewG nicht zu bezweifeln, sein Ansatz vielmehr nur im Rahmen der Ermittlung des abgabepflichtigen Vermögens auf Grund der Bestimmung des § 24 Ziff. 1 d LAG ausgeschlossen ist. Dessenungeachtet steht es außer Frage, daß der Abzug solcher Verbindlichkeiten, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die zwar nach den Vorschriften des BewG Vermögen darstellen, trotzdem aber nach den Vorschriften des LAG außer Ansatz bleiben müssen, dem in § 74 Abs. 2 BewG verfolgten Gesetzeszweck zuwiderlaufen würde. Dem trägt die Vorschrift des § 2 Abs. 3 der 10. AbgabenDV-LA dadurch Rechnung, daß sie noch ausdrücklich und ganz allgemein den Abzug solcher Schulden und Lasten verbietet, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit befreiten Vermögensgegenständen stehen, wobei es völlig offengelassen wird, auf welcher Vorschrift im Einzelfalle die Befreiung der in Betracht kommenden Gegenstände beruht. Zumindest diese Vorschrift rechtfertigt auch nach ihrem Wortlaut die Ablehnung des Abzugs der vom Abgabepflichtigen geltend gemachten Verbindlichkeiten, soweit diese tatsächlich in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der ihm gewährten Abfindung stehen.

Daß ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang im Streitfalle gegeben ist, kann nach Ansicht des Senats nicht bezweifelt werden. Was zunächst die persönliche Schuldverbindlichkeit des Abgabepflichtigen gegenüber der Hypothekenbank in Hamburg anlangt, so rührt diese Verbindlichkeit fraglos aus der Kreditaufnahme anläßlich des Erwerbs der rückerstatteten Grundstücke her. Der wirtschaftliche Zusammenhang dieser zunächst auch hypothekarisch gesicherten Verbindlichkeit mit den rückerstatteten Grundstücken ist daher nicht zu leugnen. Die Frage ist nur, ob nach der Rückerstattung der 1938 erworbenen Grundstücke zwischen dieser am Abgabepflichtigen als persönlichem Schuldner haften gebliebenen Verbindlichkeit und seinem Abfindungsanspruch ein wirtschaftlicher Zusammenhang gleichfalls bejaht werden kann. Unter Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse des vorliegenden Falles trägt der Senat jedoch keine Bedenken, auch insoweit einen wirtschaftlichen Zusammenhang als gegeben anzunehmen; denn der Inhalt des am 12. Dezember 1951 ergangenen Teilbeschlusses der Wiedergutmachungskammer läßt erkennen, daß die Ansprüche, zu deren Sicherung die vom Gericht angeordnete Eintragung einer Gesamthöchstbetragshypothek von 34.000 DM dienen sollte, über die das Gericht sich aber die Entscheidung zunächst noch vorbehalten hatte, auch den Ersatz der Aufwendungen für den Erwerb der rückerstatteten Grundstücke mit umfassen sollten. Zu diesen gehörte auch die Aufnahme des Kredits zur Finanzierung des Grundstückserwerbs, aus dem die hier streitige auf 11.262,66 DM umgestellte Restverbindlichkeit hervorgegangen ist. Dabei ist es gleichgültig, daß diese Ansprüche, die von der Wiedergutmachungskammer auf rund 340.000 RM veranschlagt und die nach ihrer Ansicht im Verhältnis 10 : 1 auf DM umzustellen waren, vergleichsweise mit der Zahlung eines Betrages in Höhe von nur 20.000 DM abgegolten worden sind. Entscheidend bleibt vielmehr, daß diese Abfindung zur Deckung aller Gegenansprüche des Abgabepflichtigen, insbesondere auch derjenigen auf Rückgewähr der Leistungen des Abgabepflichtigen bestimmt war, die eben zum Teil mit Hilfe der Aufnahme der hier streitigen Schuld erbracht worden sind. Danach besteht also ein wirtschaftlicher Zusammenhang auch zwischen der nach § 24 Ziff. 1 d LAG außer Ansatz zu lassenden Abfindung und der geltend gemachten persönlichen Verbindlichkeit des Abgabepflichtigen gegenüber der Hypothekenbank H. Gleiches gilt für die Zinsrückstände aus dieser Schuld. Da endlich auch die geltend gemachte Kostenschuld ihren Ursprung in dem gleichen Rückerstattungsverfahren hat, auf Grund dessen die Abfindung gewährt worden ist, steht auch diese Schuld in wirtschaftlichem Zusammenhang zu der vereinbarten Abfindung. Dies entspricht auch der Ansicht von Kühne-Wolff (siehe Kühne-Wolff, Kommentar zum Gesetz über den Lastenausgleich, Bem. 7 a zu § 24 LAG).

Soweit aber ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Verbindlichkeiten mit solchen Wirtschaftsgütern besteht, die nach § 24 Ziff. 1 d LAG außer Ansatz zu lassen sind, kann sich dies im Gegensatz zur Auffassung des Bg. nach der Bestimmung des § 2 Abs. 3 der 10. AbgabenDV-LA auch zum Nachteil des Abgabepflichtigen auswirken, obwohl die Vorschrift des § 24 Ziff. 1 d LAG grundsätzlich die Gewährung einer steuerlichen Vergünstigung für den Abgabepflichtigen bezweckt.

Da das Finanzgericht insoweit die Rechtslage verkannt hat, unterliegt seine Entscheidung der Aufhebung, und die Einspruchsentscheidung ist, da das Finanzamt den Abzug der fraglichen Schulden gemäß § 2 Abs. 3 der 10. AbgabenDV-LA in Verbindung mit § 24 Abs. 1 d LAG zu Recht versagt hat, wiederherzustellen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409267

BStBl III 1959, 122

BFHE 1959, 314

BFHE 68, 314

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