Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Die Vorschrift des § 24 Ziff. 2 LAG enthält eine sachliche Befreiung (Teilbefreiung) der dort bezeichneten Wertpapiere und Anteile von der Vermögensabgabe.
Bei der Ermittlung des der Abgabe unterliegenden Vermögens sind Schulden und Lasten, die mit abgabebefreiten Wertpapieren und Anteilen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht abzugsfähig.
Normenkette
LAG § 24 Ziff. 2
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist vermögensabgabepflichtig. Zu seinem Vermögen gehören u. a. Aktien der H Gummiwaren-Fabrik AG im Nennwert von 800.000 DM. Das Finanzamt hat diese Aktien, die im vermögensteuerpflichtigen Vermögen mit dem Steuerkurswert von 25 % = 200.000 DM erfaßt worden sind, ebenso wie verschiedene andere Wertpapiere gemäß § 24 Ziff. 2 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) bei Berechnung des der Vermögensabgabe unterliegenden Vermögens außer Ansatz gelassen. Es hat andererseits dem Abgabepflichtigen auch den Abzug einer im Rückerstattungsverfahren vereinbarten Nachzahlungsverpflichtung in Höhe von 216.667 DM versagt, weil diese unstreitig in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Besitz der genannten Gummiwaren-Aktien steht.
Der Antrag des Bf. auf Berücksichtigung der Rückerstattungsverbindlichkeit im Betrage von 216.667 DM ist auch in der Einspruchsentscheidung des Finanzamts unter Hinweis auf § 74 des Bewertungsgesetzes (BewG), § 2 der Zehnten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (10. AbgabenDV-LA) abgelehnt worden.
Der Bf. hat in der Berufung gegen diese Einspruchsentscheidung geltend gemacht, das Finanzamt habe zu Unrecht den Abzug der Rückerstattungsverbindlichkeit mit der Begründung versagt, daß diese Verbindlichkeit in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern stehe, die bei der Ermittlung des abgabepflichtigen Vermögens nicht in Ansatz zu bringen seien. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise könne man nicht sagen, daß das in Aktien repräsentierte Vermögen des Bf. einen von der Vermögensabgabe befreiten Gegenstand darstelle. Es dürfe nämlich dabei nicht übersehen werden, daß die Aktien Anteilsrechte an einem Vermögen, nämlich dem Vermögen der H Gummiwaren-Fabrik AG darstellten, welches der Vermögensabgabe in vollem Umfang unterlegen habe. Da es sich bei dieser AG um eine reine Familiengesellschaft handle, widerspreche die formalistische Betrachtungsweise des Finanzamts, das in den Anteilsrechten an der Familiengesellschaft und dem Vermögen der Familiengesellschaft selbst zwei getrennte und selbständige Vermögenseinheiten erblicke, dem Willen des Gesetzgebers in bezug auf die Heranziehung von Familiengesellschaften zur Vermögensabgabe. Schon während der Beratungen über das LAG sei darüber diskutiert worden, ob eine "Doppelbesteuerung" oder Doppelbelastung ein und desselben Vermögens tragbar sei. Wenn sich schließlich die gesetzgebenden Körperschaften dahin entschieden hätten, Anteile an Kapitalgesellschaften im allgemeinen höher als andere Vermögensgegenstände, Anteile an Familiengesellschaften aber ebenso wie diese nur einmal zu belasten, und wenn dieser Wille seinen formalen Ausdruck in der Bestimmung des § 24 Ziff. 2 LAG gefunden habe, so lasse sich die Behauptung nicht aufrechterhalten, der in Familienaktien bestehende Vermögensanteil des Bf. sei ein von der Vermögensabgabe befreiter Gegenstand. Aber auch bei rein formaler Betrachtungsweise der Angelegenheit sei die Begründung des Finanzamts unzutreffend. Denn die Vorschrift des § 24 Ziff. 2 LAG stelle nicht eine Befreiungsvorschrift wie die im § 18 LAG katalogisierten persönlichen und sachlichen Abgabebefreiungen dar. Vielmehr handle es sich bei den Vorschriften des § 24 LAG um von den Bestimmungen des BewG abweichende Vorschriften, die den Wertansatz von Vermögen, Vermögensteilen oder einzelnen Vermögensgegenständen für die Zwecke des Lastenausgleichs anders als für die Vermögensteuer regeln sollten. Die Vorschriften des § 24 LAG stellte somit keine Steuerbefreiungs-, sondern reine Bewertungsvorschriften dar. Der Wertansatz des Familienaktienbesitzes des Bf. mit 0 DM stehe deshalb dem Abzug der fraglichen Rückerstattungsverbindlichkeit nicht entgegen. Die Entscheidung des Finanzamts sei im übrigen auch deshalb unbefriedigend, weil danach nur der auf die AG selbst entfallende Teil der Rückerstattungsverpflichtung zur steuerlichen Auswirkung gelange, nicht aber der auf den Bf. entfallende Teil. Dies stehe mit dem gesetzlichen Prinzip des § 27 des D-Markbilanzgesetzes (DMBG) in Widerspruch, der ohne Einschränkung die Kürzung des abgabepflichtigen Vermögens um Nachzahlungsverpflichtungen aus Anlaß der Rückerstattung gestatte.
Die Berufung hatte keinen Erfolg. Gegen das Berufungsurteil des Finanzgerichts hat nunmehr der Bf. Rechtsbeschwerde (Rb.) erhoben. Er rügt unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens unrichtige Anwendung des geltenden Rechts.
Entscheidungsgründe
Auch der Rb. muß der Erfolg versagt bleiben.
Mit Recht hat es das Finanzgericht abgelehnt, aus der Tatsache, daß die H Gummiwaren-Fabrik AG mit ihrem Betriebsvermögen zum Lastenausgleich herangezogen worden ist, irgendwelche Schlüsse auf die Abzugsfähigkeit der gegenüber dem Vorbesitzer der Fabrik bestehenden Rückerstattungsverbindlichkeit des Bf. zu ziehen. Der Bf. hat seine gegenteilige Auffassung mit einem Hinweis auf die im Steuerrecht herrschende wirtschaftliche Betrachtungsweise zu rechtfertigen versucht. Indessen berechtigt die wirtschaftliche Betrachtungsweise trotz voller Würdigung ihrer weitreichenden Bedeutung für das Steuerrecht im Regelfalle nicht dazu, zwei verschiedene und durchaus selbständige Rechtssubjekte, wie es AG und Aktionär tatsächlich sind, steuerrechtlich als eine einzige Rechtspersönlichkeit und ihr Vermögen als eine Einheit zu behandeln. Die steuerrechtliche Selbständigkeit von Kapitalgesellschaften wird durch § 24 Ziff. 2 LAG nicht berührt. Wer zwischen sich und den Verkehr eine juristische Person stellt oder sich in eine Rechtsstellung begibt, die getrennt von der juristischen Person besteht, muß die steuerrechtlichen Folgerungen hieraus hinnehmen. Für die Beurteilung der Abgabepflicht des Bf. ist es deshalb ohne Bedeutung, ob die Aktiengesellschaft selbst mit ihrem Betriebsvermögen der Vermögensabgabe unterliegt. Das Betriebsvermögen der Aktiengesellschaft und die an ihr bestehenden Anteilsrechte sind im übrigen nicht nur gegenständlich und eigentumsmäßig, sondern auch bewertungsmäßig voneinander verschieden. Gerade der Umstand, daß der Gesetzgeber die Erfassung des Betriebsvermögens von Aktiengesellschaften usw. beim Lastenausgleich zum Anlaß für die im § 24 Ziff. 2 LAG getroffene Regelung genommen hat, um steuerliche Doppelbelastungen (einmal des Kapitals der rechtlich selbständigen Kapitalgesellschaft, zum anderen der Anteilsrechte in der Person der an ihr beteiligten Gesellschafter) einzuschränken oder gar zu verhüten, zeigt, daß der Gesetzgeber grundsätzlich an der Unterscheidung dieser Vermögensmassen und ihrer Eigentümer festhält und daß der Umfang der Abgabepflicht des einzelnen Aktionärs nur unter Berücksichtigung der zu seinem eigenen Vermögen gehörenden Vermögensgegenstände zu prüfen ist.
Es kommt deshalb im Streitfalle nur darauf an, ob die Vorschrift des § 24 Ziff. 2 LAG, auf Grund deren die Aktien der fraglichen Familien-AG außer Ansatz gelassen worden sind, als eine Steuerbefreiungsvorschrift anzusehen ist und ob, falls dies zu bejahen ist, die mit diesen Aktien im wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Rückerstattungsverbindlichkeit außer Betracht zu bleiben hat. Wenn der Bf. zur Frage der Befreiungsvorschrift meint, daß der Katalog der Befreiungsvorschriften für die Vermögensabgaben nicht im § 24 LAG, sondern im § 18 LAG enthalten sei, so trifft dies zwar grundsätzlich insofern zu, als dort die persönlichen Abgabebefreiungen erschöpfend aufgezählt sind. Daneben enthält § 18 LAG in der Form persönlicher Teilbefreiungen auch die sachliche Abgabenbefreiung im einzelnen bestimmter Vermögensmassen mit steuerlich begünstigter Zweckwidmung. Damit ist indessen nicht gesagt, daß sachliche Befreiungen einzelner Vermögensgegenstände von der Abgabepflicht nicht auch an anderer Stelle des LAG enthalten seien, ähnlich wie auch im Bewertungsgesetz sachliche Steuerbefreiungen in verschiedenen Abschnitten verstreut sind. Der Bf. meint allerdings, daß dies bei § 24 Ziff. 2 LAG nicht zutreffe. Der Wortlaut dieser Vorschrift spricht indessen nicht gegen ihren Charakter als Befreiungsvorschrift; denn das Gesetz sagt nichts davon, daß die Aktien, Kuxe und sonstigen Anteile und Genußscheine an Kapitalgesellschaften nicht oder nur mit 50 v. H. ihres Normalwertes zu bewerten, sondern nur, daß sie entweder nicht oder nur mit der Hälfte ihres Wertes in Ansatz zu bringen seien. Vielmehr ergibt sich aus dem Sinn und dem inneren und äußeren Zusammenhang der Vorschrift mit hinreichender Deutlichkeit, daß es sich um eine sachliche Befreiung von der Vermögensabgabe im Interesse der Anteilseigner handelt. Der Gesetzgeber war sich bewußt, daß der Wert der Anteile an den Kapitalgesellschaften bereits durch die auf deren Betrieben ruhende hohe Vermögensabgabelast gemindert war. Die Anteilseigner sollten deshalb durch § 24 Ziff. 2 LAG hinsichtlich ihrer eigenen Vermögensabgabe entlastet werden. Auch die Ziffern 1, 3 - 5 des § 24 LAG zeigen deutlich, daß es sich dort nicht um Bewertungs-, sondern um Befreiungsvorschriften handelt.
Der Senat trägt auch keine Bedenken, die Grundsätze des § 74 Abs. 2 BewG gemäß § 21 LAG für die Vermögensabgabe zur Anwendung zu bringen, da, selbst wenn der Wortlaut des § 74 Abs. 2 BewG auf die Fälle des § 24 LAG nicht genau zutrifft, die Vorschrift einen allgemeinen, auch auf dem Gebiet der Lastenausgleichsabgaben zu beachtenden Rechtsgrundsatz zum Ausdruck bringt. Die Anwendung dieses Grundsatzes entspricht auch dem offenbaren Willen des Gesetzgebers (vgl. § 2 der 10. AbgabenDV-LA für die Fälle, in denen auf Grund des § 18 LAG Befreiungen oder Teilbefreiungen für bestimmte Vermögensgegenstände ausgesprochen worden sind).
Daraus ergibt sich, daß die hier streitige Rückerstattungsverbindlichkeit nicht in Abzug gebracht werden kann, weil sie mit Vermögensteilen in Verbindung steht, die von der Vermögensabgabe befreit sind. Wenn der Bf. insoweit bemängelt, dies führe im Ergebnis dazu, daß ein Teil der Rückerstattungsverbindlichkeiten gegenüber dem Vorbesitzer der Fabrik überhaupt nicht zur steuerlichen Auswirkung gelange, so trifft dies an sich zwar zu. Diese Folge tritt aber nicht deshalb ein, weil der Abzug der fraglichen Rückerstattungsverbindlichkeiten an sich beschränkt wäre, sondern nur deshalb, weil sie zum Teil mit nicht abgabepflichtigen Vermögensteilen in Verbindung stehen. Daß dies dem Sinn des LAG widerspreche, kann dem Abgabepflichtigen nicht zugegeben werden (vgl. auch die Gründe des Urteils des Reichsfinanzhofs III 7/43 vom 3. Juni 1943 - Steuerrechtsprechung in Karteiform, Bewertungsgesetz 1934 § 74 Abs. 2 Rechtsspruch 5).
Unter diesen Umständen war die Rb. als unbegründet mit der Kostenfolge aus § 307 der Reichsabgabenordnung zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408737 |
BStBl III 1957, 223 |
BFHE 1957, 596 |
BFHE 64, 596 |