Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Körperschaftsteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Wird die beim Erwerb eines Grundstücks übernommene Vermögensabgabe auf Grund des 8. ändGLAG nachträglich herabgesetzt, so führt dies zu einer Ermäßigung der Anschaffungskosten und damit zu einer Verringerung der Absetzungen für Abnutzung des Grundstücks.
über die zeitliche Gewinnzurechnung bei Mitunternehmern einer Personengesellschaft wird nicht im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung, sondern im Veranlagungsverfahren des einzelnen Gesellschafters entschieden.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 5 Ziff. 2, § 6/1/1, § 7/1; KStG § 5 Abs. 2; AO §§ 215-216
Tatbestand
I. Streitig ist bei der vorläufigen Körperschaftsteuerveranlagung für 1958,
ob sich die nachträgliche Herabsetzung einer beim Erwerb eines Grundstücks übernommenen Vermögensabgabe auf die Anschaffungskosten (ß 6 Abs. 1 Ziff. 1 EStG) und die Absetzung für Abnutzung - AfA - (ß 7 Abs. 1 EStG) des Grundstücks auswirkt;
in welchem Kalenderjahr der einer Körperschaft mit abweichenden Wirtschaftsjahr zustehende Beteiligungsgewinn an einer nach dem Kalenderjahr bilanzierenden Personengesellschaft zu besteuern ist.
Zu 1.: Bei einem der Bfin. gehörenden Gebäude verminderte sich auf Grund des Achten Gesetzes zur änderung des Lastenausgleichsgesetzes (8. ändGLAG) die Vermögensabgabe um 9 870,25 DM. Das Finanzamt leitete daraus das Recht ab, den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der Bfin. um 760 DM wegen der nunmehr verminderten AfA zu erhöhen. Mit der Sprungberufung machte die Bfin. geltend, die nachträgliche Ermäßigung der Vermögensabgabe habe mit der fünf Jahre vorher erfolgten Anschaffung des Grundstücks nichts mehr zu tun. Der handelsrechtlich eingetretene Gewinn bleibe steuerlich nach § 211 Abs. 2 LAG außer Betracht.
Der Bg. vertrat demgegenüber die Auffassung, der Zusammenhang der übernommenen Vermögensabgabe mit dem Erwerb des Vermögenswertes sei auch dann noch als gewahrt anzusehen, wenn die Bemessung des Kaufpreises nicht auf Vereinbarungen mit dem Veräußerer, sondern, wie hier, auf einer gesetzlichen Herabsetzung der Vermögensabgabe beruhe. Die somit verringerten Anschaffungskosten seien auf Grund und Boden sowie Gebäude aufzuteilen. Die AfA sei entsprechend der Restnutzungsdauer des Gebäudes zu kürzen.
Zu 2.: Der Bg. machte weiter gelten, daß nach Durchführung der Körperschaftsteuerveranlagung 1958 und nach Einlegung der Sprungberufung das für eine Beteiligungsgesellschaft der Bfin. zuständige Finanzamt im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren nach § 215 AO den Gewinnanteil der Bfin. von ursprünglich 6 819 DM auf 10 329 DM erhöht habe, so daß die Körperschaftsteuer entsprechend heraufzusetzen sei.
Die Bfin. bestritt die Zulässigkeit dieser Gewinnerhöhung. Durch ihre Besteuerung nach dem Ergebnis eines abweichenden Wirtschaftsjahres vom 1. April bis 31. März könne ihr Gewinnanteil 1958 an der nach dem Kalenderjahr abschließenden Personengesellschaft erst 1959, nämlich in dem Kalenderjahr erfaßt werden, in dem das abweichende Wirtschaftsjahr der Bfin. vom 1. April 1958 bis 31. März 1959 ende. Ihr steuerlich maßgebender Gewinnanteil sei außerdem nicht der ursprünglich vom Finanzamt angesetzte Betrag von 6 819 DM laut Handelsbilanz, sondern der um 51 DM niedrigere Betrag von 6 768 DM laut dem einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid des zuständigen Finanzamts.
II. Das Verwaltungsgericht wies die Sprungberufung in vollem Umfang als unbegründet zurück, setzte aber die Körperschaftsteuer 1958 von 26 059 DM, laut Veranlagung, auf 28 042 DM, schließlich nach Berichtigung eines Rechenfehlers auf 27 513 DM fest, indem es den Beteiligungsgewinn der Bfin. entsprechend der nachträglich eingegangenen Mitteilung über die einheitliche Gewinnfeststellung 1958 von 10 329 DM statt ursprünglich 6 819 DM zugrunde legte. Hinsichtlich der Auswirkungen der durch das 8. ändGLAG herabgesetzten Vermögensabgabeschuld auf die AfA folgte das Verwaltungsgericht dem Finanzamt. Die Regelung des § 211 Abs. 2 LAG wegen der erfolgsneutralen Behandlung der Vermögensabgabe betreffe nur änderungen im Wertansatz der Schulden, nicht aber Fälle, wo die übernahme der Vermögensabgabeschuld ausschließlich mit dem Erwerb des Vermögenswertes als solchem zusammenhänge.
Auch hinsichtlich der Zurechnung des Beteiligungsgewinns der Bfin. schloß sich das Verwaltungsgericht dem Vorgehen des Finanzamts an, indem es den auf 10 329 DM erhöhten Gewinnanteil aus der einheitlichen Gewinnfeststellung 1958 bei der Körperschaftsteuerveranlagung der Bfin. für 1958 erfaßte.
III. Mit der Rb. beantragt die Bfin., unter Aufhebung des Berufungsurteils die Körperschaftsteuer 1958 auf einem Einkommen von 63 653 DM auf 25 933 DM festzusetzen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt.
Hinsichtlich der Auswirkungen des Vermögensabgabeerlasses auf die nachträgliche Herabsetzung der Anschaffungskosten des Grundstücks ist dem Verwaltungsgericht zustimmen. Die von der Bfin. beim Erwerb des Grundstücks in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommene Vermögensabgabeschuld war bei ihr ein Teil der Anschaffungskosten. Sie war eine Betriebsschuld und als solche zu passivieren, da das Grundstück Betriebsvermögen der Bfin. wurde, die als GmbH kein anderes Vermögen haben konnte. Buchmäßige Gewinne (bzw. Verluste), die sich in einem solchen Fall bei der Erwerberin durch spätere änderungen im Wertansatz der Schuld ergeben, z. B. im Fall vorzeitiger Ablösung der Vermögensabgabe, bleiben trotz des Charakters der Schuld als Betriebsschuld nach § 211 Abs. 2 Satz 1 LAG bei der steuerlichen Gewinnermittlung außer Ansatz (vgl. Anhang zu den EStR "Richtlinien zur Behandlung der LAG-Abgaben bei der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer" unter Abschn. 5 Abs. 1 und 2). Diese Behandlung entspricht der gesetzlich geregelten möglichst erfolgsneutralen Abwicklung der Ausgleichsabgaben. Sie trifft aber nicht auf diejenigen Fälle zu, bei denen die übernommenen Abgabenbeträge ausschließlich mit dem Erwerb des Vermögenswertes zusammenhängen. Für einen ähnlichen Fall hat der Bundesfinanzhof im amtlich nicht veröffentlichten Urteil VI 200/58 vom 29. Juli 1960 (Deutsche Steuer-Zeitung Ausgabe A 1960 S. 341) entschieden, daß Anschaffungskosten eines Grundstücks um die vom Käufer übernommenen, dem Käufer nachträglich nach § 104 LAG erlassenen Umstellungsgrundschulden zu kürzen sind. Diese nachträgliche Verminderung der Anschaffungskosten wurde gebilligt, obwohl der Erlaß der Grundschulden ein Tätigwerden des Erwerbers, nämlich den Wiederaufbau eines zerstörten oder beschädigten Grundstücks voraussetzte. Der Bundesfinanzhof hat in der Entscheidung VI 200/58 dahingestellt gelassen, ob eine solche Verminderung der Anschaffungskosten auch dann anzunehmen ist, wenn es sich um eine Billigkeitsmaßnahme wegen Zahlungsunfähigkeit des Erwerbers handelt oder der Erlaß auf Gründen beruht, die mit dem Erwerb des Grundstücks und der hierdurch bedingten übernahme der Umstellungsgrundschulden in keinem Zusammenhang stehen. Auch im vorliegenden Fall ist die Herabsetzung der Anschaffungskosten in der übernahme der Vermögensabgabeschuld von Anfang an mit enthalten und begründet. Diese Behandlung entspricht dem auch sonst angewandten allgemeinen Rechtsgedanken bei nachträglicher Ermäßigung der Anschaffungskosten. Es wäre schwer zu verstehen, daß die nach Anschaffungskosten berechneten AfA auf ein Gebäude unverändert beibehalten werden dürften, obwohl die Bemessungsgrundlage für den Wertverzehr teilweise weggefallen ist. Daß die Vermögensabgabe erst fünf Jahre nach dem Grundstückserwerb ermäßigt worden ist, kann an diesem Ergebnis nichts ändern.
Das Finanzamt hat demnach die AfA für den Veranlagungszeitraum 1958 zu Recht um 760 DM gekürzt.
Der Vorinstanz kann bezüglich der Zurechnung der Gewinnanteile, die der nach dem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1. April bis 31. März bilanzierenden Bfin. an einer nach dem Kalenderjahr bilanzierenden KG zustehen, nicht gefolgt werden. Hierfür bestehen an sich zwei denkbare Lösungen: Der Beteiligungsgewinn wird entweder bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1958 also des Kalenderjahres erfaßt, in dem das Wirtschaftsjahr Kalenderjahr der Personengesellschaft endet, oder er wird in dem Veranlagungszeitraum besteuert, in dem das Wirtschaftsjahr der Bfin. endet, dessen Abschlußzeitpunkt dem unmittelbar vorangehenden Abschlußzeitpunkt der Personengesellschaft folgt. Die hierzu im Schrifttum vertretenen voneinander abweichenden Auffassungen sind vielfach darauf zurückzuführen, daß zwischen den wechselnden gesetzlichen Regelungen nicht deutlich unterschieden wird. Bei einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen buchführenden Gewerbetreibenden gilt nach § 2 Abs. 5 Ziff 2 EStG und § 5 Abs. 2 KStG seit 1957 der Gewinn des Wirtschaftsjahres als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das maßgebliche Wirtschaftsjahr endet. Damit ist die vor der Währungsreform geltende grundsätzliche Regelung über die zeitliche Gewinnzurechnung wieder eingeführt worden. In der Zeit von 1948 bis 1957 galt für diese Steuerpflichtigen die nach dem Umsatzverhältnis vorzunehmende Aufteilung der Gewinne aus abweichenden Wirtschaftsjahren auf die in Betracht kommenden beiden Kalenderjahre. Beim Vergleich der beiden bezüglich der zeitlichen Zuweisung übereinstimmenden Regelungen ab 1957 und nach dem EStG 1925/1934 ergeben sich jedoch insofern Abweichungen, als das frühere Recht auch auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung abstellte (vgl. hierzu Bock, Finanz-Rundschau 1961 S. 68, Barthel und Schandalik, "Zeitlich richtige Erfassung der anteiligen steuerlichen Gewinne von Personengesellschaften bei abweichendem Wirtschaftsjahr" in "Die steuerliche Betriebsprüfung" 1962 S. 169 und S. 263, Gericke in Hartmann-Böttcher, Großkommentar zum Einkommensteuergesetz, Anm. 14a zu § 2). Beide Auffassungen beriefen sich gelegentlich auf das Urteil des Reichsfinanzhofs I A 216/37 vom 31. August 1937 (RStBl 1937 S. 1272). Die zutreffende Auslegung ergibt sich allein aus der Neuregelung 1957. Inhalt und Anwendungsbereich der einheitlichen Gewinnfeststellung (§§ 215, 216 AO) sind genau abgegrenzt. Mit der Feststellung endet die Reichweite dieses Verfahrens. Eine ganz andere außerhalb des einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahrens liegende Frage ist es, wann bzw. für welchen Veranlagungszeitraum der festgestellte Gewinn bei den einzelnen Mitunternehmern der Personengesellschaft besteuert wird. Erst in dem Veranlagungsverfahren, in das die festgestellten Gewinnanteile einmünden, ist hierüber zu entscheiden (vgl. hierzu insbesondere Koch "Zur einheitlichen Gewinnfeststellung bei abweichendem Wirtschaftsjahr", Der Betrieb 1961 S. 1372).
Der erkennende Senat hat im Urteil I 231, 232/62 U vom 30. September 1964 (BStBl 1965 III S. 54) für einen dem vorliegenden Fall ähnlicher Sachverhalt entschieden, daß bei einer GmbH mit abweichendem Wirtschaftsjahr der Gewinn aus der Beteiligung an einer KG mit Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr ein laufender Geschäftsvorfall ist und im Ergebnis des Wirtschaftsjahrs der GmbH zum Ausdruck kommt, das am Bilanzstichtag der KG läuft. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt das Finanzgericht Karlsruhe im rechtskräftigen Urteil II 27/62 vom 30. Mai 1962, Entscheidungen der Finanzgerichte 1962 Nr. 524 S. 487; ebenso jetzt in teilweiser Abweichung von der früheren Erläuterung Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Ausgabe 1963, Anm. 117 zu § 2 EStG. Das Urteil des erkennenden Senats I 255/60 U vom 21. August 1962 BStBl 1962 III S. 511, Slg. Bd. 75 S. 668, ist deshalb zu einem anderen Ergebnis gelangt, weil es einen unter die Aufteilungsregelung bei Wirtschaftsjahren fallenden Sachverhalt des Veranlagungszeitraumes 1955 zum Gegenstand hatte. Der Senat hat in diesem Urteil ausdrücklich hervorgehoben, daß er nicht zu der Frage Stellung nehme, ob er auch nach der Rechtsänderung ab 1957 der Auffassung des dem Verfahren beigetretenen Bundesministers der Finanzen folgen werde, daß der einheitlichen Gewinnfeststellung bei einer Personengesellschaft auch hinsichtlich des Zurechnungszeitraums bindende Wirkung für die an der Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft zukomme.
Das Finanzamt hat dem Einkommen der Bfin. für das Kalenderjahr 1958 (Ergebnis des Wirtschaftsjahres vom 1. April 1957 bis 31. März 1958) zutreffend den Anteil aus der Gewinnbeteiligung an der KG von 6 819 DM für das Kalenderjahr 1957 hinzugerechnet, der nur auf 6.768 DM laut dem Bescheid für die einheitliche Gewinnfeststellung berichtigt werden muß. Die Besteuerung nach dem Vorgehen des Verwaltungsgerichts würde den erst am 31. Dezember 1958 feststehenden Gewinnanteil an der KG entgegen dem Wortlaut und dem Sinn der Regelung über die Gewinnzuteilung bei abweichendem Wirtschaftsjahr bereits zum Abschlußzeitpunkt 31. März 1958 miterfassen.
Der vom Verwaltungsgericht für 1958 durch Verböserung zugrunde gelegte Gewinnanteil von 10 329 DM entstammt der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG für das Kalenderjahr 1958. Er ist deshalb erst dem Einkommen der Bfin. für 1959 zuzurechnen. Die Ausführungen dem Verwaltungsgericht in der Urteilsbegründung, daß die Bfin. selbst für 1957 und 1958 unrichtig, d. h. verfrüht, die Gewinnanteile zugerechnet habe, steht mit dem Akteninhalt in Widerspruch. Aber selbst wenn die Bfin. so fehlerhaft vorgegangen wäre, müßte diese nicht von ihrem Willen abhängige Besteuerung beseitigt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 411508 |
BStBl III 1965, 296 |
BFHE 1965, 139 |
BFHE 82, 139 |
BB 1965, 530 |
DB 1965, 839 |
DStR 1965, 371 |