Leitsatz (amtlich)
Einkünfte eines Hochschullehrers (Professor) aus Gutachter- und Beratertätigkeit sind nicht Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit i. S. des § 34 Abs. 4 EStG, sondern solche eines beratenden Ingenieurs, wenn sich die Tätigkeit im ganzen gesehen einschließlich einer wissenschaftlichen Begutachtung als laufende Beratung bei der Planung und Abwicklung eines großen Vorhabens in allen schwierigen Einzelfragen darstellt.
Normenkette
EStG 1967 § 34 Abs. 4
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in den Streitjahren Hochschullehrer (Professor) an der Technischen Hochschule X und leitete dort das Institut für Bergkunde. Neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielte er weitere Einkünfte aus Gutachter- und Beratertätigkeit für Industriefirmen. In seiner Einkommensteuererklärung 1967 gab er als Einnahmen aus selbständiger wissenschaftlicher Tätigkeit u. a. an:
Gutachten A - A Kons.: ... DM
Gutachtenprojekt B ... DM
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) gewährte für diese Beträge nach Abzug der hierauf entfallenden Ausgaben die Vergünstigung des § 34 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Bei einer Betriebsprüfung für die Jahre 1967 bis 1969 wurde u. a. folgendes festgestellt: Das A-Konsortium, ein Konsortium aus fünf Industriefirmen, hatte sich laut Vertrag mit dem Kläger vom 31. August 1966 an einer Ausschreibung zur Erschließung und Verwertung der Braunkohlevorkommen im Gebiet von A beteiligt. Gemäß den Ausschreibungsbedingungen sollte das Angebot des Konsortiums Vorschläge in Form eines Ideenwettbewerbs über den Abbau und die Verwertung der Braunkohle umfassen. Zu diesem Zweck beauftragte das Konsortium den Kläger mit der schriftlichen Ausarbeitung eines Gutachtens. Außerdem sollte der Kläger seinen Rat bei Verwendung seiner Vorschläge für die technische und kalkulatorische Ausarbeitung des Angebotes zur Verfügung stellen. Die dem Kläger vorliegenden Ausschreibungsbedingungen sahen neben der Projektierung des Bergbaues u. a. auch die Anlage von Hoch- und Tiefbauten sowie Straßen- und Brückenbauten auf dem Baugelände für das Gesamtprojekt vor.
Nachdem das Firmenkonsortium den Auftrag für das A-Projekt erhalten hatte, schloß eine der Konsortialfirmen mit dem Kläger, der zugleich namens der von ihm mit zwei Mitarbeitern seines Hochschulinstituts gegründete Arge A handelte, den Vertrag vom 18. April 1968. Hiernach übernahmen der Kläger und die Arge A folgende Aufgaben:
a) die Durchführung aller für den Tagebau erforderlichen Planungsarbeiten,
b) die Erbringung der Leistungen des bisher von der Konsortialfirma vorgesehenen Oberingenieurs,
c) die Gestellung eines Planungsingenieurs, der auch die Planungsarbeiten unter Leitung des Klägers während einer Zeit von 16 Monaten nach Inbetriebsetzung des Kraftwerkes zu übernehmen hatte,
d) ggf. die Hinzuziehung von Geologen, Bodenmechanikern und Hilfskräften.
Dem Kläger oblag es insoweit, die Verhandlungen mit dem Auftraggeber zu führen. Außerdem übernahm er Planungsarbeiten und die Aufsicht über eine Konsortialfirma, die mit der Festlegung der Bauausführung des Schutzdammes, der Hanggräben und Vorfluter, der Anlage von Straßen und der Festlegung der Ausführung des Einschnitts für den Tagebau betraut worden war. Gegenstand des Gutachtens für das Projekt B war die Erstellung eines bergmännischen Rahmenplans zum Abbau eines Kohlefeldes. Hierbei handelte es sich um einen im wesentlichen gleichgelagerten Fall wie im vorerwähnten, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
Das FA folgte der Auffassung des Betriebsprüfers, daß die Vergünstigung des § 34 Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus den vorgenannten Tätigkeiten einschließlich der Einkünfte der Arge A in 1969 (Gewinnanteil des Klägers: ... DM) zu versagen sei, weil sie als praktische Berufstätigkeit anzusehen seien, und erließ dementsprechend den berichtigten Einkommensteuerbescheid 1967, den Gewinnfeststellungsbescheid 1969 für die Arge A und den erstmaligen Einkommensteuerbescheid 1969.
Die Sprungklage gegen die Einkommensteuerbescheide 1967 und 1969 hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus: Das FA habe zutreffend die zu den strittigen Einkünften führende Tätigkeit des Klägers mit der eines Ingenieurs verglichen, so daß § 34 Abs. 4 EStG nicht anwendbar sei. Der Kläger habe in der Praxis auftretende Probleme, wenn auch auf wissenschaftlicher Grundlage, zu lösen gehabt. Das werde deutlich, wenn man sich den Inhalt des Gutachtens zum Projekt A vergegenwärtige. Der nach dem Vertrag vom 31. August 1966 ausgearbeitete Rahmenplan sei, wie im Vertrag vom 17. April 1968 ausgeführt, die Grundlage für den den Bergbau betreffenden Teil des Konsortialangebots gewesen. Der Kläger habe auch dem Konsortium nach Auftragserteilung beratend zur Seite stehen sollen. Dementsprechend sei er, bzw. die Arge A, mit den Planungs- und Abwicklungsarbeiten bei der Durchführung des Objektes betraut worden. Der Kläger habe Entwurfsarbeiten ausgeführt und die technische Oberleitung über die nach seinen Plänen zu errichtenden Anlagen übernommen. Darin liege eine typische Tätigkeit eines beratenden Ingenieurs oder eines Ingenieurbüros. Die Beaufsichtigung einer Konsortialfirma beim Bau des Schutzdamms, der Hanggräben und Vorfluter und der Anlage der Straßen sowie gegebenenfalls die Gestellung von Geologen, Bodenmechanikern und Hilfskräften sei ein wesentlicher Inhalt des Vertrages gewesen. Maßgeblich sei die Gesamtleistung des Klägers, die als einheitliche und unaufteilbare Leistung geschuldet worden sei. Eine Tarifermäßigung für Einzelleistungen innerhalb des gesamten Auftrags komme nicht in Betracht. - Wenn in dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. November 1969 IV R 1/68 (BFHE 97, 306, BStBl II 1970, 117) ausgeführt werde, daß ein Hochschullehrer einer Technischen Hochschule, der unter weitgehender Einschaltung des von ihm geleiteten staatlichen Instituts gutachtlich verschiedene Firmen berate, nicht die Tätigkeit eines Ingenieurs oder eines diesem ähnlichen Berufsträgers, sondern eine wissenschaftliche Tätigkeit i. S. des § 34 Abs. 4 EStG ausübe, so sei davon auszugehen, daß diesem Urteil ein anderer, mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Das ergebe sich aus dem Hinweis in jenem Urteil, der Streitfall entspreche sachverhaltsmäßig weitgehend dem Fall des Urteils vom 22. Februar 1968 IV R 196/67 (BFHE 91, 530, BStBl II 1968, 406), bei dem der Steuerpflichtige Firmen, die in Laboratorien für Grundlagenforschung wissenschaftlich qualifizierte Angestellte beschäftigten, auf seinem Fachgebiet beraten habe. Das FG gehe davon aus, daß das Urteil in BFHE 97, 306, BStBl II 1970, 117 auch nur für einen solchen Fall Bedeutung haben solle. - Unstreitig handle es sich bei den Einkünften des Klägers für das Gutachten zum Projekt B um einen im wesentlichen gleichgelagerten Sachverhalt, so daß auch insoweit die Voraussetzungen des § 34 Abs. 4 EStG nicht gegeben seien.
Die Revision des Klägers wird auf die Verletzung des § 34 Abs. 4 EStG und auf eine ungenügende Aufklärung des Sachverhalts gestützt.
Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die umstrittenen Einkünfte herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat mit Recht die Nebeneinkünfte des Klägers aus der Erstellung der Gutachten zu den Projekten A und B und aus der Beteiligung an der Arge A nicht als solche aus wissenschaftlicher Tätigkeit i. S. des § 34 Abs. 4 EStG angesehen, weil nach dieser Bestimmung nur solche Nebeneinkünfte begünstigt sind, die von den Einkünften aus Berufstätigkeit abgrenzbar sind. Das ist im Streitfall nicht gegeben.
Zutreffend ist das FG von der ständigen Rechtsprechung des BFH ausgegangen, nach der die laufend anfallende praktische Berufsarbeit nicht der eigentlichen wissenschaftlichen Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 i. V. m. § 34 Abs. 4 EStG gleichgestellt werden kann, auch wenn sie auf wissenschaftlicher Grundlage und Vorbildung beruht (vgl. zuletzt BFH-Urteile vom 12. Dezember 1974 IV R 198/71, BFHE 115, 33, BStBl II 1975, 476, und vom 22. September 1976 IV R 20/76, BFHE 120, 204, BStBl II 1977, 31). Diese Auslegung des § 34 Abs. 4 EStG hat auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsgleichheit der typischen freien Berufe gebilligt (Beschluß vom 3. Januar 1973 1 BvR 508/72, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz, § 34 Abs. 4 - ab 1955 -, Rechtsspruch 43).
FA und FG haben auch mit Recht die den strittigen Nebeneinkünften zugrunde liegende Tätigkeit des Klägers derjenigen eines Ingenieurs i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, also eines sog. Katalogberufes, gleichgestellt.
1. Das Revisionsvorbringen vermag die Entscheidung des FG, daß der Kläger laufend in der Praxis auftretende Probleme, wenn auch auf wissenschaftlicher Grundlage, zu lösen gehabt hatte, im Ergebnis nicht zu erschüttern. Der Meinung des Klägers, damit werde der Begriff der Wissenschaftlichkeit entgegen der Rechtsprechung des BFH auf die reine Forschertätigkeit und auf Tätigkeiten begrenzt, die sich nur mit rein abstrakten Vorgängen befaßten, kann nicht gefolgt werden. In dem BFH-Urteil vom 13. November 1952 IV 104/52 U (BFHE 57, 83, BStBl III 1953, 33), auf das sich der Kläger bezieht, wird zwar hervorgehoben, daß nicht nur die reine Forschertätigkeit als wissenschaftlich anzusehen ist, daß zwischen reiner und angewandter Wissenschaft nicht unterschieden werden kann und daß auch die Anwendung des aus der Forschertätigkeit hervorgehenden Wissens auf abstrakte und konkrete Vorgänge wissenschaftliche Tätigkeit sein kann. Aber wenn auch die wissenschaftliche Tätigkeit, wie das Urteil weiter ausführt, "die Anwendung der Lehren und Grundsätze einer Wissenschaft auf konkrete Verhältnisse zum Gegenstand hat" und sonach auch dem Arzt, Anwalt und Richter allgemein ein wissenschaftliches Arbeiten nicht abgesprochen wird, so ist damit noch nichts über die steuerliche Behandlung gesagt. Nebeneinkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit i. S. des § 34 Abs. 4 EStG sind nicht gegeben, wenn es sich um die praktische Ausübung eines als wissenschaftlich zu kennzeichnenden Berufes handelt (BFH-Urteile vom 6. Dezember 1956 IV 171/55 U, BFHE 64, 338, BStBl III 1957, 129, und BFHE 115, 33, BStBl II 1975, 476).
Dem Kläger ist zuzugeben, daß sich die wissenschaftlichen Gutachten eines Mediziners mit ganz konkreten Fällen, die der Praxis entstammen, auseinandersetzen und daß diese wissenschaftlichen Arbeiten der "normalen" Berufsarbeit eines Arztes nicht zuzuordnen sind. Dem Kläger ist aber entgegenzuhalten, daß auch der "Wissenschaftlichkeit" solcher Gutachten Grenzen gesetzt sind. Es ist nicht in Zweifel zu ziehen, daß ein Professor der Psychiatrie, wenn er den Krankheitszustand eines Menschen aus besonderem Anlaß (im Wege der Diagnose) als Sachverständiger wissenschaftlich begutachtet, insoweit wissenschaftlich tätig wird. Erklärt er sich aber bereit, den Patienten über längere Zeit zu behandeln und über den Krankheitszustand des Patienten jeweils neue wissenschaftliche Gutachten mit Empfehlung weiterer Behandlungsmethoden abzugeben, so kann das nicht mehr als Vorgang einer - wissenschaftlichen - Diagnose, sondern nur als Teil einer - ärztlichen - Therapie betrachtet werden, mit der Folge, daß die diesen Gutachten zugrunde liegende Tätigkeit als die eines Arztes und nicht als wissenschaftliche Tätigkeit i. S. des § 34 Abs. 4 EStG zu beurteilen ist.
2. Das Vorbringen des Klägers, das FG habe die besonderen Verhältnisse der Ausgangslage für den Auftrag des Konsortiums (Unzulänglichkeit der herkömmlichen Methoden, Ideenwettbewerb der Regierung, Gesamtkonzept für die Ausnutzung des Kohlevorkommens, Auftrag statt an beratende Ingenieure an einen international anerkannten Wissenschaftler) unberücksichtigt gelassen, ist nicht berechtigt.
Es kann bereits zweifelhaft sein, ob nicht schon der Auftrag, ein Gesamtkonzept für die Ausnutzung des Vorkommens zu erstellen, über den Rahmen einer wissenschaftlichen Tätigkeit, wie sie den Nebeneinkünften i. S. des § 34 Abs. 4 EStG zugrunde liegen muß, hinausgeht. In jedem Fall handelt es sich hier offensichtlich nicht mehr um eine konkrete Frage, ob und wie ein Kohlevorkommen genutzt werden kann, die durch ein abgeschlossenes wissenschaftliches Gutachten beantwortet werden sollte. Der Kläger hatte vielmehr Vorschläge für die gesamte Durchführung des Abbaues des Kohlevorkommens einschließlich der Planung der Hoch- und Tiefbauten, der Zuwegungen und sonstigen Hilfsanlagen auszuarbeiten, er hatte also einen umfassenden Planungs- und Beratungsauftrag erhalten, so, wie auch in dem Vertrag vom 17. April 1968 vereinbart war, daß der Kläger im Falle der Verwendung seiner Vorschläge dem Konsortium beratend zur Seite stehen sollte. Das FG hat mit Recht die Tätigkeit des Klägers, der die beiden Verträge vom 31. August 1966 und vom 17. April 1968 zugrunde lagen, einheitlich als die eines beratenden Ingenieurs und nicht als wissenschaftliche Tätigkeit i. S. des § 34 Abs. 4 EStG behandelt.
Dagegen spricht auch nicht das Vorbringen des Klägers, die beratenden Ingenieure der beteiligten Industriefirmen seien zu dem Ergebnis gekommen, daß die Kohlevorkommen nicht ausgebeutet werden könnten, so daß neue Möglichkeiten durch wissenschaftliche Untersuchungen hätten erforscht werden müssen. Das Versagen bisher eingeschalteter Ingenieure und die Heranziehung einer international bekannten Kapazität schließt nicht aus, daß auch der Kläger in diesem Fall als beratender, wenn auch wissenschaftlich erfahrener, Ingenieur tätig geworden ist.
3. Auch das weitere Vorbringen des Klägers, die Konsortialfirmen hätten sich bei der Detailarbeit der Mitwirkung des Klägers versichern wollen, da die Forschungsergebnisse den Ausschreibungsbedingungen entsprechend hätten vorgelegt werden müssen und wegen der Vielzahl von Einzelproblemen - mit weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen und laufenden gutachtlichen Arbeiten - die wissenschaftliche Begleitung des Projektes durch den Kläger erforderlich geworden sei, vermag das Revisionsbegehren des Klägers nicht zu stützen. Gerade die - vertraglich vorgesehenen - laufenden wissenschaftlichen Untersuchungen und laufenden gutachtlichen Arbeiten zeigen, daß hier nicht die Erstellung eines abgeschlossenen wissenschaftlichen Gutachtens, sondern die Begleitung eines Projektes durch einen wissenschaftlich erfahrenen Ratgeber zur Lösung der Vielzahl von laufend erscheinenden Einzelproblemen gefordert und geleistet wurde.
4. Der Kläger rügt zu Unrecht, daß das FG die Gründe der BFH-Urteile IV R 196/67 (BFHE 91, 530, BStBl II 1968, 406) und IV R 1/68 (BFHE 97, 306, BStBl II 1970, 117) dahin eingeengt habe, daß die Steuervergünstigungen nur den Betreuern von solchen Firmen zuzuerkennen seien, "die in Laboratorien für Grundlagenforschung wissenschaftlich qualifizierte Angestellte beschäftigen".
Das FG war mit Recht davon ausgegangen, daß der Sachverhalt in beiden Fällen gleichgelagert war. Im Urteil IV R 196/67 (BFHE 91, 530, BStBl II 1968, 406) beriet der Steuerpflichtige unter Einschaltung seines Instituts gutachtlich verschiedene Firmen bei ihren Untersuchungen auf dem Gebiet der metallurgisch-physikalischen Grundlagenforschung. In dem Fall des Urteils IV R 1/68 (BFHE 97, 306, BStBl II 1970, 117) beriet der Steuerpflichtige unter Einschaltung seines Instituts gutachtlich verschiedene Firmen auf dem Gebiet der metallurgisch-chemischen Grundlagenforschung, ein Passus der Urteilsbegründung, der seinerzeit bei der Kürzung des Urteils für die Veröffentlichungsfassung gestrichen wurde. In beiden Fällen mußte der BFH zu dem Ergebnis kommen, daß die jeweils zu beurteilende Tätigkeit des Steuerpflichtigen nicht der eines Ingenieurs oder eines diesem ähnlichen Berufsträgers gleichsteht. Demgegenüber kann nicht von Bedeutung sein, daß auch die Konsortialfirmen über eigene Forschungsstellen und - laboratorien verfügten. Wie der Kläger selbst vorträgt, war für den Streitfall kennzeichnend, daß gerade nicht die Forschungsstellen der Konsortialfirmen betraut worden waren, sondern der Kläger mit der Erforschung und Begutachtung beauftragt wurde.
5. Zu Unrecht wendet sich der Kläger auch gegen die Überlegung des FG, es werde deutlich, daß der Kläger in der Praxis auftretende Probleme zu lösen gehabt habe, "wenn man sich den Inhalt des Gutachtens zum Projekt A vergegenwärtigt"; denn das FG habe nicht in das Gutachten Einblick genommen und sich lediglich auf die schriftlich niedergelegten Vereinbarungen gestützt. Das FG konnte sich mit Recht auf den "Inhalt des Gutachtens" nach den schriftlichen Vereinbarungen über den Inhalt des vom Kläger zu erstellenden Gutachtens beziehen, ohne in die später abgegebenen umfangreichen gutachtlichen Äußerungen des Klägers Einblick nehmen zu müssen. Ergab bereits die Beurteilung der schriftlichen Vereinbarungen über den vom Auftraggeber gewünschten und erforderlichen Inhalt des Gutachtens, daß der Rahmen der Wissenschaftlichkeit i. S. des § 34 Abs. 4 EStG überschritten wurde, so konnte auch eine Überprüfung der späteren schriftlichen Äußerungen nicht mehr zu der Annahme führen, die laufende gutachtliche Tätigkeit des Klägers sei nicht die eines beratenden Ingenieurs.
6. Schließlich kann auch das weitere Vorbringen des Klägers der Revision nicht zum Erfolg verhelfen, daß das FG zu Unrecht meine, Gutachtertätigkeit dürfe sich nicht auf Probleme der Praxis beziehen; das sei unrichtig, weil alle Gutachten ein wissenschaftliches Problem, bezogen auf einen praktischen Tatbestand, zu lösen hätten und weil es bei wissenschaftlichen Gutachten auf die Art der Tätigkeit und nicht auf die von der Industrie verfolgten Zwecke ankomme.
Dem Kläger ist einzuräumen, daß es bei Prüfung der Voraussetzungen für die Anwendung des § 34 Abs. 4 EStG im wesentlichen auf die Beurteilung der Tätigkeit ankommt, die den fraglichen Nebeneinkünften zugrunde liegt. Der Kläger verkennt aber, daß diese Beurteilung nicht allein auf die Person des Begutachtenden abstellen darf - mit der Folge, daß die Tätigkeit eines international anerkannten Hochschullehrers stets wissenschaftliche Tätigkeit sein müssen -, daß vielmehr der Gegenstand der Begutachtung miteinbezogen werden muß, wenn es darum geht, zu entscheiden, ob eine wissenschaftliche Tätigkeit vorliegt oder die laufende Tätigkeit eines gutachtlich beratenden Ingenieurs. Dabei muß von entscheidender Bedeutung sein, ob, wie in den Fällen der beiden BFH-Urteile IV R 196/67 (BFHE 91, 530, BStBl II 1968, 406) und IV R 1/68 (BFHE 97, 306, BStBl II 1970, 117), gutachtlich die Firmen bei Untersuchungen auf dem Gebiete der metallurgisch-physikalischen oder metallurgisch-chemischen Grundlagenforschung beraten werden, oder ob, wie im Streitfall, der Kläger Planung und Abwicklung eines großen Vorhabens in allen schwierigen Einzelfragen wissenschaftlich begutachtend begleitet und deshalb seine Tätigkeit im ganzen gesehen einheitlich als die eines laufend beratenden Ingenieurs auf wissenschaftlicher Grundlage eingestuft werden muß.
Die Feststellungen des FG tragen die Vorentscheidung, daß die Voraussetzungen einer wissenschaftlichen Tätigkeit i. S. des § 34 Abs. 4 EStG im Streitfall nicht gegeben sind, weil die streitigen Einkünfte des Klägers von den Einkünften aus Berufstätigkeit nicht abgrenzbar sind. Die Revision war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 73554 |
BStBl II 1980, 503 |
BFHE 1980, 322 |