Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsaustausch bei Sacheinlage in GbR
Leitsatz (NV)
Bringt ein Gesellschafter Wirtschaftsgüter in eine GbR ein, kann es sich um eine Leistung gegen Entgelt (Gesamthandsbeteiligung) handeln. Bringt der Gesellschafter lediglich Gegenstände zur Nutzung ein, fehlt es für einen Vorsteuerabzug nach §15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG an einer Leistung im Zeitpunkt der Gesellschaftsgründung.
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 3 Abs. 1, 12, § 10 Abs. 2 S. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30. November 1989 durch die Eheleute H und I gegründet. Die Klägerin nahm ihren Geschäftsbetrieb am 1. Dezember 1989 auf. Gemäß §1 des Gesellschaftsvertrages brachten der Gesellschafter H seinen landwirtschaftlichen Betrieb in der Größe von 34,28 ha, die Gesellschafterin I Flächen von 24 ha in die Gesellschaft ein. Nach §3 des Vertrages war das Kapital des Gesellschafters H aus der Schlußbilanz seines einzulegenden Einzelbetriebes abzuleiten. Dabei sollten die Gebäude zur Nutzung eingebracht werden, das tote und lebende Inventar Eigentum der Gesellschaft werden. Gemäß §3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages übertrugen die Gesellschafter die bestehenden Milchquoten auf die Gesellschaft. Desgleichen übernahm die Gesellschaft das Feldinventar, die Vorräte und sonstige materielle und immaterielle Wirtschaftsgüter, auch die im Betriebsvermögen nicht ausgewiesenen, aber zum Betrieb des Gesellschafters gehörenden Wirtschaftsgüter. Nach §8 des Gesellschaftsvertrages war der Gewinn der Gesellschaft nach steuerlichen Gesichtspunkten zu ermitteln. Vor Verteilung des Gewinns aus der Hauptbilanz sollten die Aufwendungen für den Unterhalt der Gebäude einschließlich Abschreibungen berücksichtigt werden. Danach war der Gewinn oder Verlust auf die Gesellschafter im Verhältnis von 80 v. H. auf H und 20 v. H. auf I zu verteilen.
Der Gesellschafter H hatte den Einzelbetrieb, der nach dem Gesellschaftsvertrag in die Gesellschaft eingebracht werden sollte, mit Vertrag vom 27. Januar 1984 von seinem Vater gepachtet. Nach diesem Vertrag blieb das vom Pächter mit Pachtantritt übernommene und zum Hof gehörende lebende und tote Inventar Eigentum des Verpächters. Gemäß §4 Abs. 2 dieses Pachtvertrages übergab der Verpächter dem Pächter die bei Pachtbeginn vorhandene und nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft ausgeführte Feldbestellung "als eisern". Die Verpachtung endete nach diesem Vertrag am 30. Juni 1998.
Der Gesellschafter H erteilte der Klägerin unter dem Datum vom 31. November 1989 eine Rechnung bezüglich der Übereignung des toten und lebenden Inventars. Darin wies er für bauliche Anlagen, Maschinen und Geräte, Viehbestand, Vorräte und Milchquote Bemessungsgrundlagen zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ... DM aus.
Die Klägerin erklärte gegenüber dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --), daß sie ab Beginn ihrer unternehmerischen Tätigkeit die Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes versteuern wolle. Sie machte in ihrer Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 1989 die ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als abziehbaren Vorsteuerbetrag geltend. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Bemessungsgrundlagen für die baulichen Anlagen, die Maschinen und Geräte und die Milchquote seien zu hoch. Dementsprechend korrigierte der Gesellschafter H seine Rechnung, so daß nur noch Umsatzsteuer in Höhe von ... DM gesondert ausgewiesen war.
In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin als abziehbare Vorsteuerbeträge u. a. den Betrag von ... DM aus der korrigierten Rechnung des Gesellschafters H vom 31. November 1989 geltend. Das FA vertrat nach einer Betriebsprüfung die Auffassung, der Gesellschafter H habe nur für diejenigen Wirtschaftsgüter Umsatzsteuer in Rechnung stellen dürfen, die in seinem Eigentum gestanden hätten. Dies seien nur die zugekauften und selbst erzeugten Vorräte gewesen. Bei einer eisernen Zupachtung des lebenden und toten Inventars gingen vom Pächter als Ersatz beschaffte Wirtschaftsgüter sofort in das Eigentum des Verpächters über. Eine Lieferung dieser Gegenstände an die Klägerin sei nicht möglich gewesen. Daher entfalle bei der Klägerin der Vorsteuerabzug nach §24 Abs. 1 Satz 6 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (im folgenden UStG). Auch die Milchquote habe nicht in die Gesellschaft eingebracht werden können. Sie sei untrennbar mit dem Grundstück verbunden. Der Gesellschafter H sei jedoch nicht Eigentümer des Grundstücks gewesen. Der Prüfer kürzte deshalb den Vorsteuerabzug aus dem Einbringungsvorgang um ... DM. Entsprechend dem Ergebnis der Außenprüfung erließ das FA einen nach §164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Steuerbescheid.
Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte aus: Zwar habe der Gesellschafter H sonstige Leistungen an die Klägerin ausgeführt, indem er ihr die Nutzung der baulichen Anlagen, der Maschinen und des Viehbestandes überlassen und die Milchrefenzmenge übertragen habe. Den Leistungen des H habe jedoch keine Gegenleistung, auch nicht in Gestalt der Gesellschaftsrechte, gegenübergestanden. Im übrigen sei die Nutzungsüberlassung als Duldungsleistung noch nicht vollständig ausgeführt. Eine vor Ausführung der Leistung erteilte Rechnung berechtige den Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug nur dann, wenn die Zahlung geleistet worden sei. Im Streitjahr sei jedoch kein Entgelt gezahlt worden.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, Gegenleistung für die Einbringung der Nutzungsrechte sowie der Milchquote seien sowohl die Gesellschaftsrechte als auch die Übernahme von Verbindlichkeiten gewesen.
Die Klägerin beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Das FG ist von Rechtsgrundsätzen ausgegangen, die mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht im Einklang stehen. Der Senat hebt die Entscheidung des FG deshalb auf, damit das FG Gelegenheit erhält, den Sachverhalt unter Beachtung der Rechtsauffassung des BFH neu zu würdigen (§126 Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Gemäß §15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer unter weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen als Vorsteuerbeträge die ihm von anderen Unternehmern in Rechnung gestellten Steuern für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Der Anspruch der Klägerin auf Abzug der ihr in Rechnung gestellten Steuern setzt demnach voraus, daß der Gesellschafter H durch Einbringung Leistungen gegen Entgelt an die Klägerin erbracht hat. Der BFH hat im Urteil vom 8. November 1995 XI R 63/94 (BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114) ausgeführt, daß ein Einzelunternehmer Wirtschaftsgüter in eine neu gegründete Personengesellschaft gegen die Verschaffung der gesamthänderischen Beteiligung an der Gesellschaft einbringen kann. Der Gesellschafter leistet unter solchen Umständen an die Gesellschaft, um hierdurch seine Gesamthandsbeteiligung zu begründen und diese mit wirtschaftlichem Wert zu versehen. Die Sacheinlage bedingt den wirtschaftlichen Gehalt der Gesellschaftsanteile und erfolgt, um an der Gesellschaft beteiligt zu sein. Dadurch wird der für eine Leistung "gegen Entgelt" (Leistungsaustausch) nach §1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG vorausgesetzte Zusammenhang hergestellt.
Das FG hat demgegenüber verneint, daß die bloße Erlangung von Gesellschaftsrechten Gegenleistung für die Einbringung sein kann. Es hat die Annahme eines Leistungsaustausches von der zusätzlichen Vereinbarung eines Sonderentgelts und der Darstellung des Einbringungsvorgangs in der Bilanz abhängig gemacht (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 18. Dezember 1997 V R 44/95, BFH/NV 1998, 628). Da diese Auffassung mit den Grundsätzen der BFH- Rechtsprechung nicht übereinstimmt, war das Urteil des FG aufzuheben.
2. Das FG wird den Sachverhalt erneut unter Berücksichtigung der bezeichneten Rechtsprechung zu würdigen haben.
a) Was die vom FG angenommene Einbringung der Milchquote angeht, wird das FG festzustellen haben, ob die Übertragung auf die Klägerin zum Zwecke der Erlangung der Gesellschaftsrechte erfolgte und welche Bemessungsgrundlage hierfür anzusetzen ist.
b) Das FG ist davon ausgegangen, daß H der Klägerin Gebäude und Inventar zur Nutzung überlassen hat. Es hat diese sonstige Leistung als Dauerleistung qualifiziert. Diese Auffassung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Demzufolge hat insoweit der Gesellschafter H im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft keine Leistung an die Klägerin ausgeführt, so daß ein Vorsteuerabzug der Klägerin gemäß §15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG nicht in Betracht kommt.
Das FG hat in diesem Zusammenhang erwogen, ob die Klägerin Vorsteuern gemäß §15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG abziehen könne, weil der von dem Gesellschafter H ausgewiesene Steuerbetrag auf eine vor Ausführung der Umsätze (Nutzungsüberlassung) geleistete Zahlung entfallen sein könnte. Der Vorsteuerabzug nach dieser Vorschrift setzt voraus, daß eine Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet wird. Ein Anspruch der Klägerin auf Abzug der Vorsteuern auf dieser Grundlage scheitert bereits daran, daß der Gesellschafter H der Klägerin die Lieferung von baulichen Anlagen und Inventar in Rechnung gestellt hat, so daß es bereits an einer Rechnung fehlt, die die Überlassung der Nutzung zum Gegenstand hat.
Fundstellen
Haufe-Index 55724 |
BFH/NV 1999, 523 |
HFR 1999, 287 |