Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Materialbeistellung, wenn ein Ausfuhrhändler, der Pumpen mit eingebautem Motor herstellen läßt, als Einkaufsvermittler des Werklieferers dadurch tätig wird, daß er bei einem dritten Unternehmer die Motore bestellt, den Preis dafür aushandelt und die technische Abnahme besorgt und bezahlt.

 

Normenkette

UStG § 16 Abs. 1; UStDB § 70 Abs. 2 Ziff. 21; UStDB § 70 Abs. 2 Ziff. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Steuerpflichtige -- Stpfl. --) führt Pumpen mit eingebautem Motor aus. Die Pumpen bezog sie von der Firma X. Sie beantragte und erhielt Ausfuhrhändlervergütung (AHV) gemäß § 16 Abs. 1 UStG.

Auf Grund des Ergebnisses einer Vergütungsprüfung forderte das Finanzamt (FA) AHV zurück. Der Streit geht lediglich darum, ob die Stpfl. in Höhe eines Betrages von ... DM zur Rückzahlung verpflichtet ist. Die Rückforderung in dieser Höhe beruht darauf, daß die Stpfl. die für den Einbau benötigten Motoren im Auftrag und für Rechnung der X bei der Firma Z (AG) bestellt und von einem von ihr beauftragten Abnahmebüro abnehmen ließ. Der Preis der Motoren wurde zwischen der Stpfl. und der AG festgelegt, wobei die AG der Stpfl. Rabatte bewilligte. Die AG sandte die Motoren an die X, die sie bezahlte. Die von der X eingebauten Motoren wurden von dieser der Stpfl. zu dem mit der AG ausgehandelten Preis einschließlich eines Zuschlages von 4,16 % in Rechnung gestellt.

Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, daß die Stpfl. nicht bloß Pumpen mit eingebautem Motor abgenommen, sondern zur Herstellung der Pumpen so weitgehend beigetragen habe, daß ihr der Einbau der Motoren nach § 12 Abs. 2 UStDB zugerechnet werden müsse.

Mit der Rb. beantragt die Stpfl., das Urteil des FG aufzuheben und den Rückforderungsbescheid vom 9. Juli 1962 um den streitigen Betrag herabzusetzen. Sie trägt hierzu vor, ursprünglich habe sie die Motoren im eigenen Namen und für eigene Rechnung bei der AG gekauft und sie an X im Wege der Materialbeistellung zum Zwecke des Einbaus in die Pumpen weitergegeben. Ab Herbst 1958 habe sie das gesamte Aggregat (Pumpe mit eingebautem Motor) bei X bestellt. Die Bestellung der Motoren habe sie im Namen und für Rechnung von X vorgenommen. Die Bestellschreiben enthielten Vorschriften über Ausstattung, Qualität und Wirkungsgrad der Motoren sowie Hinweise über die Vornahme der technischen Abnahme der Motoren. Das FG habe die zivilrechtliche Gültigkeit der durch die Stpfl. als Beauftragte der X mit der AG abgeschlossenen Kaufverträge ausdrücklich bestätigt. X sei Käufer der Motoren gewesen. Ein zivilrechtlich gültiger Vertrag sei auch umsatzsteuerlich anzuerkennen. Das FG habe insoweit die wirtschaftliche Bedeutung der Vertragsbeziehungen zwischen den Beteiligten unzutreffend gewürdigt. Gerade wirtschaftlich gesehen sei die Stpfl. in hohem Maße daran interessiert gewesen, X als Käuferin der Motoren auftreten zu lassen, und zwar deshalb, weil beim Erwerb des kompletten Aggregates von X das für die Stpfl. aus der Weiterveräußerung sich ergebende Haftungsrisiko wesentlich verringert worden sei.

In der mündlichen Verhandlung hat die Stpfl. noch vorgetragen, daß die von der Abnahmefirma in ihrem Auftrag durchgeführte technische Abnahme lediglich eine Güteprüfung darstelle, eine auf technischem Gebiet liegende Kontrollmaßnahme sei und mit der Verschaffung der Verfügungsmacht nichts zu tun habe. Die Verschaffung der Verfügungsmacht erfordere andere Kriterien. Die aus dem Kaufvertrag sich ergebende Abnahmeverpflichtung sei bei der X verblieben.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb., die nunmehr als Revision zu behandeln ist (§ 184 Abs. 2 Ziff. 1 FGO), hat keinen Erfolg.

Der Stpfl. steht die AHV in dem streitigen Umfang dann zu, wenn sie die von ihr ausgeführten Gegenstände im Inland erworben und nicht be- oder verarbeitet hat (§ 72 Abs. 2 Ziff. 1, 2 UStDB). Der von der Stpfl. ausgeführte Gegenstand muß deshalb der nämliche sein, den sie erworben hat. Erworben hat die Stpfl. einen Gegenstand dann, wenn dieser an sie geliefert, d. h. ihr die Verfügungsmacht daran übertragen worden ist (§ 2 Abs. 1 UStDB). Umsatzsteuerrechtlich sind Gegenstände der Lieferung durch X an die Stpfl. lediglich Pumpen gewesen. Denn an den Pumpen allein konnte X der Stpfl. die Verfügungsmacht verschaffen. X war es nicht möglich, der Stpfl. Verfügungsmacht auch an den eingebauten Motoren zu übertragen, weil die Stpfl. daran schon Verfügungsmacht hatte und diese nicht an die X weiter übertragen hat. Daß die Stpfl. bereits Verfügungsmacht an den eingebauten Motoren hatte, ergibt sich aus den folgenden Feststellungen der Vorentscheidung, die das FG in Verbindung mit dem Inhalt der Akten getroffen hat:

Die Stpfl. hat die Motoren im Namen und für Rechnung der X bestellt. Die Bestellschreiben enthielten umfangreiche technische Angaben. Die Einhaltung dieser technischen Bedingungen wurde im Auftrag der Stpfl. durch ein Abnahmebüro überprüft. Der Preis für die Motoren wurde zwischen der Stpfl. und der AG ausgehandelt. Die X bezahlte zwar den Preis, stellt der Stpfl. aber lediglich einen um die Umsatszteuer erhöhten Preis (Zuschlag von 4,16 v. H.) in Rechnung. Die Stpfl. trug auch die Kosten der Abnahme. Damit hat sich gegenüber der Bestellung der Motoren durch die Stpfl. im eigenen Namen und für eigene Rechnung im wirtschaftlichen Ergebnis nichts geändert. Dagegen kann auch nicht eingewendet werden, daß die Stpfl. durch Umstellung das Haftungsrisiko dadurch vermindert hat, daß nunmehr X für das gesamte gelieferte Aggregat haftete. Denn eine solche Minderung des Haftungsrisikos ist nach Auffassung des Senats gegenüber früher deshalb nicht eingetreten, weil infolge der Abnahme der Motoren durch eine von der Stpfl. beauftragte Abnahmefirma die X weiterhin nur haften konnte für die von ihr hergestellten Pumpen und für Mängel beim Zusammenbau der Pumpen mit den Motoren. Zusammenfassend läßt sich demnach feststellen, daß eine Änderung gegenüber dem früheren Zustand nur insoweit eingetreten ist, als die Stpfl. auf den Bestellschreiben den Vermerk angebracht hat: Im Auftrag und für Rechnung der X.

Dadurch hat sich aber hinsichtlich der Verfügungsmacht an den Motoren selbst nichts geändert. Die X konnte in keiner Weise anders verfügen als vor der Umstellung der Verträge. Dadurch, daß die Stpfl. die Motoren bestellt, den Preis dafür ausgehandelt hat und die Motoren in ihrem Auftrag und auf ihre Kosten abgenommen worden sind, hat sie das getan, was sonst der Käufer tut (vgl. Urteil des BFH V 205/61 U vom 14. Mai 1964, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 79 S. 450, BStBl III 1964, 395). Dem wirtschaftlichen Sinn gerade der Kostenübernahme würde die Annahme widersprechen, daß es X gleichwohl erlaubt gewesen sei, über die Motoren in anderer Weise frei zu verfügen, als sie in die bestellten Pumpen einzubauen. Auch der Umstand, daß X lediglich den von der Stpfl. mit AG ausgehandelten Preis zuzüglich eines Zuschlags von 4,16 v. H. und die Einbaukosten berechnet hat, spricht gegen die Auffassung, daß X über die Motoren hätte verfügen können. Unter diesen Umständen hat die Stpfl., wirtschaftlich gesehen, auch nach der Umstellung der Verträge an den Motoren die tasächliche Verfügungsmacht nicht erhalten. Die X hat, trotzdem sie als Käuferin der Motoren nach bürgerlichem Recht aufgetreten ist, nach der Umstellung keine größere Verfügungsmacht an den Motoren erlangt als vorher. Unter diesen Umständen stellt der Einbau der Motoren durch die X eine Bearbeitungsmaßnahme dar, die die Stpfl. hat durchführen lassen (§ 12 Abs. 2 UStDB). Die Vorinstanz ist demnach mit Recht davon ausgegangen, daß die Stpfl. die Motoren zur Herstellung der Pumpen beigestellt hat. Trifft dies aber zu, dann ist der von der Stpfl. ausgeführte Gegenstand (Pumpen mit eingebautem Motor) ein anderer als der, der an sie durch X geliefert worden ist (Pumpen). Es fehlt demnach an der Nämlichkeit des erworbenen und des ausgeführten Gegenstandes.

Bei dieser Sach- und Rechtslage braucht nicht näher geprüft zu werden, ob die zwischen der Stpfl., der AG und der Rh. getroffenen Abmachungen mit § 6 des Steueranpassungsgesetzes vereinbar sind oder nicht.

Die Revision war demnach mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückzuweisen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 140 Abs. 3 FGO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412323

BStBl III 1967, 55

BFHE 1967, 55

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