Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Freistellung vom Zinsabschlag bei Überzahlung wegen Konkurs und hoher Verlustvorträge
Leitsatz (NV)
1. Der Zinsabschlag gemäß § 43 Abs. 1 EStG ist auch bei dem Gläubiger von Kapitalerträgen vorzunehmen, der in Konkurs gefallen ist und bei dem wegen hoher Verlustvorträge die Kapitalertragsteuer und die anrechenbare Körperschaftsteuer auf Dauer höher waren als die gesamt festzusetzende Einkommensteuer (sog. Überzahler). Eine solche Überzahlung beruht nicht auf Grund der "Art seiner Geschäfte" im Sinne von § 44 a Abs. 5 EStG. Bei einem solchen Gläubiger von Kapitalerträgen kann deshalb auch nicht aus Gründen sachlicher Billigkeit vom Zinsabschlag abgesehen werden.
2. § 44 a Abs. 5 EStG ist verfassungsgemäß.
Normenkette
EStG § 43 Abs. 1, § 44a Abs. 5; KStG § 49 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist seit 1986 Konkursverwalter der X-GmbH i. L. (GmbH). 1993 wurden die bis dahin liquidierten Vermögenswerte der GmbH teilweise verteilt. Das Konkursverfahren dauert an, weil weitere Vermögenswerte im Prozeßwege geltend gemacht werden. Zur Deckung der Massekosten und Masseschulden ist liquides Vermögen von ... DM zurückbehalten worden, das als Termingeld auf einem für die GmbH "Konkurs" und "p. Adr." des Klägers geführten Bankkonto verwahrt worden ist und dessen Erträge der Zinsabschlagsteuer unterliegen.
Mit der vom Kläger für die GmbH eingereichten Körperschaftsteuererklärung für 1992 ist ein zwischen den Beteiligten nicht streitiger Verlustvortrag von ... DM erklärt worden. Der Kläger beantragte in Anbetracht dessen, für 1993 und die Folgejahre gemäß § 44 a Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vom Abzug der Kapitalertragsteuer, hilfsweise, aus Gründen sachlicher Billigkeit freigestellt zu werden. Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) lehnte dies ab.
Der vom FA als Beschwerde behandelte Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg. Die Oberfinanzdirektion (OFD) hielt die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 44 a Abs. 5 EStG als nicht gegeben. Für eine sachliche Billigkeitsentscheidung zugunsten des Klägers bestehe angesichts der abschließenden gesetzlichen Regelung in § 44 a Abs. 5 EStG kein Raum. Auch persönliche Billigkeitsgründe seien nicht ersichtlich.
Das Finanzgericht (FG) gab der anschließenden Klage insoweit statt, als diese sich gegen die Ablehnung des Billigkeitserweises richtete, wies die Klage aber in der Sache ab. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 44 a Abs. 5 EStG seien nicht erfüllt. Die Überbesteuerung sei weder auf die "Art der Geschäfte" der GmbH zurückzuführen noch bestehe sie "auf Dauer". Auch die analoge Anwendung der Vorschrift komme angesichts des klaren Gesetzeswortlauts nicht in Betracht. Der vom Kläger hilfsweise erhobene Freistellungsantrag aus Gründen sachlicher Billigkeit sei jedoch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Es handele sich hierbei um einen Antrag in entsprechender Anwendung von §§ 163 und 227 der Abgabenordnung (AO 1977), über den ermessensgerecht zu befinden sei. Die Beschwerdeentscheidung der OFD lasse indes keine hinreichenden Ermessenserwägungen erkennen.
Der Kläger und das FA haben Revision eingelegt. Sie rügen Verletzung materiellen Rechts.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
1. das FG-Urteil aufzuheben, soweit es die Klage in der Sache abweise, und das FA zu verpflichten, die Freistellungsbescheinigung gemäß § 44 a Abs. 5 EStG ab 1993 zu erteilen, und
2. die Revision des FA zurückzuweisen.
Das FA beantragt sinngemäß,
1. das FG-Urteil aufzuheben, soweit es der Klage im Hinblick auf den Billigkeitsantrag entspreche, und die Klage abzuweisen, und
2. die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i. V. m. § 44 a Abs. 5 EStG liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist bei Kapitalerträgen i. S. des § 43 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 EStG der Steuerabzug nicht vorzunehmen, wenn die Kapitalerträge Betriebseinnahmen des Gläubigers sind und die Kapitalertragsteuer und die anrechenbare Körperschaftsteuer bei ihm auf Grund der "Art" seiner Geschäfte "auf Dauer" höher wären als die gesamte festzusetzende Einkommensteuer. Auf dieses tatbestandliche Merkmal, daß die Zinsabschlagsteuer bei dem Gläubiger "auf Grund der Art seiner Geschäfte auf Dauer höher" wäre als die gesamte festzusetzende Körperschaftsteuer, kommt es im Streitfall an. Nach den Feststellungen des FG bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß dieses Merkmal erfüllt wäre.
1. Zwar ist nach den Feststellungen der Vorinstanz anzunehmen, daß gegen die GmbH als Gemeinschuldnerin auf Grund der sich für 1992 ergebenden hohen Verlustvorträge (§ 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 10 d EStG) auf längere Zeit keine oder eine niedrigere Körperschaftsteuer festzusetzen sein wird als die Zinsabschlagsteuer. Nach Lage der Dinge kann jedoch nicht davon die Rede sein, daß die Verlustsituation auf der "Art" der von dem Kläger ausgeübten Geschäftstätigkeit beruht und dieser wesensimmanent wäre. Dies aber ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 44 a Abs. 5 EStG und nach der Gesetzeskonzeption erforderlich. Danach sollte nur bei solchen Gläubigern vom Zinsabschlag Abstand genommen werden, bei denen die Überbesteuerung auf der Geschäftsstruktur beruht (vgl. die Gesetzesbegründung, BTDrucks 12/2501, S. 20). Zu solchen Dauerüberzahlern sollen nach den in der amtlichen Gesetzesbegründung beispielhaft genannten Beispielen in erster Linie Versicherungen und Verwertungsgesellschaften im Sinne des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes gehören, die über große Wertpapierbestände verfügen, die auf Grund der Art ihrer Geschäfte aber ihre Kapitalerträge größtenteils an ihre Kunden weitergeben und diese infolgedessen gewinnmindernd als Betriebsausgaben in Abzug bringen (BTDrucks, ebd.).
Der erkennende Senat braucht der Frage, bei welchen Steuerpflichtigen die Voraussetzungen des § 44 a Abs. 5 EStG darüber hinaus erfüllt sein können (vgl. dazu Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, Rdnr. 656 ff.), im Streitfall nicht weiter nachzugehen. Das Tatbestandsmerkmal "aufgrund der Art seiner Geschäfte" ist jedenfalls nicht erfüllt, wenn die Überzahlung auf der jeweiligen Marktsituation beruht, also beispielsweise -- wie bei der GmbH als Gemeinschuldnerin -- auf Konkurs und Gewinnlosigkeit (und daraus folgenden steuerlichen Verlustvorträgen) oder auch auf Preisverfall, schlechter Marktlage oder auf individualrechtlichen Gestaltungen, wie z. B. Gewinnabführungsverträgen, und wenn sich hieraus keine Einkommen- oder Körperschaftsteuer ergeben sollte (einhellige Meinung, vgl. Senatsurteile vom 9. November 1994 I R 5/94, BFHE 176, 248, BStBl II 1995, 255, unter 3. der Entscheidungsgründe, sowie vom heutigen Tage I R 118/94 (BFHE 179, 396); Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 44 a Rdnr. 1 und 25; Riegler in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 44 a EStG Rdnr. 24; Lindberg in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 14. Aufl., § 44 a EStG Rdnr. 20 b; Schöne/Ley, Der Betrieb -- DB -- 1992, 1405, 1408; Scheurle, DB 1993, 1594, und 1994, 1897, jeweils m. w. N.; a. A. Philipowski, DB 1994, 1895; Raber, Betriebs-Berater -- BB -- 1995, 384; Neyer, Deutsches Steuerrecht -- DStR -- 1993, 230). Daß im Fall des Konkurses durch dessen Eintritt der Unternehmenszweck des bislang werbenden Unternehmens sich regelmäßig für die gesamte Dauer des Konkursverfahrens ändert, bedingt nichts anderes. Ergibt sich dadurch infolge des Zinsabschlags eine Überbesteuerung, so beruht diese gleichwohl nicht abstrakt auf der "Art" seiner Geschäfte i. S. von § 44 a Abs. 5 EStG, sondern auf der gegenwärtigen, durch den Konkursfall des Gemeinschuldners verursachten Situation. Denn Zweck des Konkurses ist die möglichst rentable Verwertung des vorhandenen Vermögens durch den Konkursverwalter. Die hierdurch oftmals bedingte Auflösung stiller Reserven zieht aber Veräußerungsgewinne mit entsprechenden Steuerfestsetzungen nach sich und verdeutlicht, daß die Überbesteuerung für die "Art" der Geschäfte des Gemeinschuldners nicht zwingend ist (Senatsurteil in BFHE 176, 248, BStBl II 1995, 255, unter 3.; Welzel, Deutsche Steuer-Zeitung -- DStZ -- 1993, 197, 200; anders insoweit Bullinger/Radke, a.a.O., Rdnr. 665).
2. Im Gesetz kommt sonach klar zum Ausdruck, daß die Regelung in § 44 a Abs. 5 EStG abschließend ist. Andere als die dort bestimmten Steuerpflichtigen sollen von der Freistellung des Zinsabschlags ausgeschlossen sein. Dies schließt es zugleich aus, den Regelungsbereich des § 44 a Abs. 5 EStG im Wege der Rechtsanalogie zu erweitern. Die dafür erforderliche Gesetzeslücke, die es durch die Analogie auszufüllen gälte, fehlt.
3. Verfassungsrechtlich ist dieses Ergebnis unbedenklich. Für die unterschiedliche Behandlung der unterschiedlichen Sachverhalte bestehen sachliche Gründe (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes -- GG --).
a) Es ist anerkannt, daß auch steuererhebungstechnische Gründe eine unterschiedliche Behandlung von Personengruppen rechtfertigen können. Auch muß der Gesetzgeber nicht um die Gleichbehandlung aller denkbaren Einzelfälle besorgt sein. Er darf vielmehr von einem Gesamtbild ausgehen, das sich aus ihm vorliegenden Erfahrungen ergibt (Bundesverfassungsgericht -- BVerfG --, Beschlüsse vom 31. Mai 1988 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214, 227; vom 8. Oktober 1991 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, 359, DB 1991, 2522, 2523). Auf dieser Grundlage darf er generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden, ohne allein schon wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Entstehen dabei aber erhebliche Abweichungen vom Gleichheitssatz und betreffen sie nicht nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Personen, so ist Art. 3 Abs. 1 GG allenfalls dann nicht verletzt, wenn sich die eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeiden ließen. Hierfür sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht (BVerfG in DB 1991, 2522, 2523).
b) So verhält es sich auch hier. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, bei dem als Abzugsteuer ausgestalteten Zinsabschlag von der Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse des einzelnen Steuerpflichtigen abzusehen, um die einfache und gleichmäßige Handhabung des Verfahrens sicherzustellen. Die Zinsabschlagsteuer als Abzugsteuer unterscheidet sich von den endgültig festgesetzten Steuern durch ihre pauschalierte Erhebungsform. Bei Abzugsteuern muß der Gesetzgeber entscheiden, ob er dem mit solchen Steuern erstrebten Sicherungszweck oder dem materiell richtigen Steuerergebnis Vorrang einräumt. Für die Zinsabschlagsteuer hat der Gesetzgeber in § 44 a EStG nur sehr begrenzte Möglichkeiten geschaffen, vom Steuerabzug abzusehen. Es sollen nur der mit dem Zinsabschlaggesetz neu geschaffene Sparerfreibetrag, die Nichtveranlagung des Gläubigers und die durch die Art (betrieblicher) Geschäfte bedingte dauerhafte Überzahlung berücksichtigt werden (§ 44 a Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 5 EStG). Dem Sicherungszweck ist Vorrang vor einer schon im Abzugsverfahren individuell richtigen Besteuerung eingeräumt worden. Dies rechtfertigt sich durch den mit der Erhebungsform einer Abzugsteuer verbundenen verwaltungstechnischen Vereinfachungseffekt. Die weitergehende Berücksichtigung individueller Verhältnisse des einzelnen Steuerschuldners könnte diesen Zweck erschweren oder in Einzelfällen sogar vereiteln. Die für den betroffenen Steuerpflichtigen hierdurch eintretende vorübergehende Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Vermögenssituation muß angesichts dessen hingenommen werden, zumal sie nur vorübergehend ist und der Steuerpflichtige es selbst in der Hand hat, diese Situation zu beeinflussen, entweder durch vorzeitige Abgabe der Einkommensteuererklärungen oder gegebenenfalls dadurch, daß er die Herabsetzung der Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen beantragt (§ 49 Abs. 1 KStG i. V. m. § 37 Abs. 3 Satz 2 EStG; vgl. auch Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Juni 1995 VI R 93/93, BFH/NV 1995, 1058, unter 2. c im Hinblick auf die Gleichbehandlung von Einkommensteuer-Vorauszahlern und Lohnsteuerzahlern). Daß dies in rechtspolitischer Hinsicht nicht überzeugt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Es kann nicht Sache der Rechtsprechung sein, sondern es ist Sache des Gesetzgebers, die gesetzlichen Vorgaben entsprechend zu ändern.
4. Angesichts dessen kann dahinstehen, ob die Klage des Klägers nicht bereits deshalb erfolglos bleiben mußte, weil § 44 a Abs. 6 EStG für die Freistellung voraussetzt, daß die fraglichen Einlagen und Guthaben im Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen unter dem Namen des Gläubigers der Kapitalerträge bei der diese Erträge auszahlenden Stelle verwahrt oder verwaltet werden. Bei Kapitalerträgen, die auf einem Treuhandkonto des Konkursverwalters anfallen, kann mithin nicht vom Zinsabschlag abgesehen werden (Lindberg in Blümich, a.a.O., § 44 a EStG Rdnr. 20 b). Im Streitfall könnten Zweifel daran bestehen, ob diesem Erfordernis genügt ist. Das Konto, dem die Kapitalerträge gutgeschrieben worden sind, wird zwar auf den Namen der GmbH als der Gläubigerin der Erträge geführt, allerdings mit dem Zusatz "Konkurs" sowie "p. Adr." des Klägers.
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage in vollem Umfang (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Die Vorinstanz ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß die OFD in ihrer Beschwerde entscheidung das ihr in § 163 AO 1977 eingeräumte Ermessen nicht hinreichend ausgeübt habe.
1. Nach § 163 Satz 1 AO 1977 können Steuern niedriger festgesetzt werden, und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuern unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Der hiernach mögliche Billigkeitserweis ist auch im Hinblick auf einen Freistellungsbescheid möglich (vgl. § 155 Abs. 1 Satz 3 AO 1977; Baum in Koch/Scholtz, Abgabenordnung, 4. Aufl., § 163 Rdnr. 7). Er kann aus sachlichen Gründen gewährt werden, wenn die Besteuerung eines Sachverhalts, der unter einen gesetzlichen Besteuerungstatbestand fällt, im Einzelfall mit dem Sinn des Steuergesetzes nicht vereinbar ist, wenn also ein "Überhang" des gesetzlichen Tatbestandes über die Wertungen des Gesetzgebers feststellbar ist und der Sachverhalt zwar den gesetzlichen Tatbestand erfüllt, die Besteuerung aber den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft (z. B. Senatsurteil vom 8. März 1984 I R 44/80, BFHE 140, 421, BStBl II 1984, 415 m. w. N.).
2. Die OFD ist im Streitfall in ihrer Beschwerdeentscheidung von diesen Grundsätzen ausgegangen, sie hat ihr Vorliegen aber zutreffend verneint. Wie sich aus den Ausführungen unter 1., insbesondere 1. b) und c) ergibt, hat der Gesetzgeber die Erhebungsform der Kapitalertragsteuer als Abschlagsteuer ausgestaltet und hat mit den Regelungen in § 44 a Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 5 EStG abschließende Ausnahmetatbestände geschaffen, nach denen von dem Zinsabschlag abzusehen ist. Von weitergehenden Möglichkeiten hat er im Interesse der verwaltungstechnischen Vereinfachung und der berechenbaren Sicherung des Steueraufkommens aus den Kapitalerträgen Abstand genommen. Dies ist auch von Verfassungs wegen hinzunehmen.
Angesichts dessen kann eine Freistellung vom Zinsabschlag aus Gründen sachlicher Billigkeit grundsätzlich nicht in Betracht kommen (vgl. auch Lindberg in Blümich, a.a.O., § 44 a EStG Rdnr. 8 d; anders Neyer, DStR 1993, 230, 231). Sie wäre --insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und des Übermaßverbots -- allenfalls aus ganz außergewöhnlichen Gründen zu erwägen (vgl. von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 227 AO 1977 Rdnr. 287). Im Streitfall hat das FG keine Feststellungen getroffen, die eine solche Entscheidung rechtfertigten. Allein der Umstand, daß die GmbH in Konkurs gefallen ist, und daß sich aus dem Vorjahr hohe Verlustvorträge ergeben, stellt nach der gesetzlichen Wertentscheidung einen solchen Grund nicht dar.
3. Die Vorinstanz hat insoweit eine andere Rechtsauffassung vertreten. Ihre Entscheidung war deshalb aufzuheben, soweit durch sie der Klage des Klägers im Hinblick auf den hilfsweise beantragten Billigkeitserweis entsprochen worden ist. Da die Sache spruchreif ist, war die Klage auch insoweit abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 65515 |
BFH/NV 1996, 162 |
BFH/NV 1996, 665 |
BFHE 1997, 46 |
NJW 1996, 2056 |
NWB 1997, 1732 |
ZBB 1996, 242 |
NWB-DokSt 1999, 377 |