Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Wird bei einer Partenreederei die Veränderung der bisherigen Anteilsverhältnisse am Schiff dadurch zum Ausdruck gebracht, daß der einen zusätzlichen Anteil am Schiff erwerbende Mitreeder den Buchwert seines Miteigentumsanteils um seine Aufwendungen erhöht, so darf der einen entsprechenden Miteigentumsanteil abtretende Mitreeder den Buchwert seines Miteigentumsanteils nur um den Betrag vermindern, mit dem der abgetretene Anteil bei ihm zu Buche steht. Erhöht sich dadurch der Gesamtbuchwert des Schiffes der Partenreederei, ergibt sich für den abtretenden Mitreeder ein entsprechender steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn. EStG § 5, § 16 Abs. 1 Ziff. 2.
Normenkette
EStG §§ 5, 16/1/2
Tatbestand
Streitig ist bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1952 der aus der beschwerdeführenden OHG (Bfin.) und aus einer Kommanditgesellschaft (KG) bestehenden Partenreederei, ob die Bfin. durch die änderung des Beteiligungsverhältnisses am Schiff einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 351 000 DM erzielte.
Die Bfin. und die KG schlossen am 5. Oktober 1950 einen Vertrag über den Bau eines Frachtschiffes und über seine Verwendung für gemeinsame Rechnung. Die auf 3 100 000 DM geschätzten Herstellungskosten des Schiffes sollten durch Einlagen der Bfin. in Höhe von 1 000 000 DM und der KG in Höhe von 500 000 DM sowie durch Aufnahme eines Darlehens von 1 600 000 DM aufgebracht werden. Von den für das Schiff gebildeten 1500 Parten erhielten die Bfin. 2/3, also 1000 Parten, und die KG 1/3, also 500 Parten. In gleichem Verhältnis waren die Mitreeder am Gewinn und Verlust beteiligt. Die nach §§ 7a und 7d EStG 1952 zulässigen Sonderabschreibungen sollte jeder Mitreeder für sich selbst bestimmten.
Da sich die Baukosten des am 31. Dezember 1951 in Dienst gestellten Schiffes auf 3 510 000 DM erhöhten und der Bund die Gewährung eines Wiederaufbaudarlehens von der Beteiligung der KG (Altreeder) zur Hälfte abhängig machte, änderten die Beteiligten Anfang 1952 mit Wirkung vom 1. Januar 1952 ihre vertraglichen Bestimmungen, legten die zunächst mündlich getroffenen Vereinbarungen aber erst im Vertrag vom 21. Dezember 1953 schriftlich nieder. Nach diesem Vertrag übernahm die KG von den auf 2000 erhöhten Parten 1000 und wurde damit an der Reederei zu Hälfte beteiligt. Sie leistete eine weitere Einlage in der Weise, daß sie Schulden bei der Werft bezahlte und von der Bfin. für sie geleistete Einzahlungen zurückerstattete. Sie erwarb damit einen weiteren Bruchteil am Schiffseigentum in Höhe von 1/6 der Anschaffungskosten von 3 510 000 DM = 585 000 DM.
Die oberste Finanzbehörde des Landes genehmigte der Reederei durch in den Jahren 1950 und 1951 ergangene Einzelerlasse, daß die Bfin. auf die in den Jahren 1950 und 1951 geleisteten Anzahlungen für das Schiff die vollen, beiden Mitreedern nach Fertigstellung des Schiffes zustehenden Sonderabschreibungen nach §§ 7a und 7d EStG für sich allein geltend machte, obwohl sie nicht einmal die Voraussetzungen des § 7a EStG in ihrer Person erfüllte. Diese Abschreibungen betrugen nach § 7d EStG für zwei Jahre je 15 v. H. der Anschaffungskosten = 1 053 000 DM und nach § 7a EStG für die KG 1/3 von 2 x 15 v. H. = 10 v. H. der Anschaffungskosten = 351 000 DM, zusammen also 1 404 000 DM.
Die Reederei brachte die erhöhte Beteiligung der KG am Schiff in der Weise außerhalb der Bilanz zum Ausdruck, daß sie den Buchwert der Schiffsparten der KG um 585 000 DM erhöhte und den Buchwert der Schiffsparten der Bfin. um den gleichen Betrag verminderte. Dadurch wurde der Gewinn nicht berührt. Der Buchwert des Schiffs am 31. Dezember 1952 von 1 711 125 DM ergab sich aus folgenden Buchungen:
KG Bfin DM DM DM Anschaffungskosten 3.510.000 1.170.000 2.340.000 genehmigte Sonder- abschreibungen 1950 und 1951 1.404.000 -- 1.404.000 Buchwert am 31. Dezember 1951 2.106.000 1.170.000 936.000 Erhoehung der Beteiligung der KG + 585.000 ./. 585.000 Sonderabsetzung fuer Abnutzung 175.000 ./. 175.000 -- Laufende Absetzung fuer Abnutzung 219.375 ./. 179.489 ./. 39.886 Buchwert des Schiffs am 31. Dezember 1952 1.711.125 1.400.011 311.114Das Finanzamt sah in der änderung der Beteiligungsverhältnisse am Schiff eine Veräußerung von 250 Schiffsparten (1/6 Miteigentum am Schiff) durch die Bfin. an die KG für 585 000 DM. Da die am 31. Dezember 1951 im Besitz der Bfin. befindlichen 1000 Parten (4/6 Miteigentum am Schiff) an diesem Stichtag bei der Bfin. mit 936 000 DM zu Buche stünden, ergebe sich für die veräußerten 250 Schiffsparten (1/6 Miteigentum am Schiff) ein Buchwert von 1/4 von 936 000 = 234 000 DM. Nur diesen Betrag dürfe die Bfin. von ihrem anteiligen Buchwert des Schiffs absetzen. Der Unterschied zwischen dem Buchwert von 234 000 DM und dem Veräußerungserlös von 585 000 DM = 351 000 DM sei ein nach § 16 EStG steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn. Um diesen Betrag erhöhe sich auch der Buchwert des Schiffs.
Die Bfin. ist demgegenüber der Auffassung, daß eine zur Gewinnrealisierung führende Veräußerung nicht vorliege. Die Partenreederei stehe steuerlich der OHG gleich. Trete ein Gesellschafter in das Unternehmen eines Einzelkaufmanns ein, so komme in der Regel keine Gewinnrealisierung in Frage, weil die Buchwerte fortgeführt werden müßten (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 1856/32 vom 1. Februar 1934, RStBl 1934 S. 540, Slg. Bd. 35 S. 248). Nach diesen Grundsätzen sei auch dann zu verfahren, wenn ein Gesellschafter unter änderung der Beteiligungsverhältnisse eine Einlage leiste.
Die Sprungberufung der Bfin. war erfolglos. Der Mitreeder einer Partenreederei sei, so führt das Finanzgericht aus, Mitunternehmer im Sinne des § 15 Ziff. 2 EStG. Sein Anteil am Betriebsvermögen und am Gewinn und Verlust ergebe sich in der Regel aus der Höhe seines Miteigentumsanteils am Schiff, so daß die Veräußerung von Schiffsparten der Anteilsveräußerung bei einer OHG gleichstehe (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 1772/30 vom 5. November 1930, RStBl 1931 S. 193). Eine solche zur Gewinnrealisierung führende Veräußerung liege auch dann vor, wenn sich die Miteigentumsanteile am Schiff und damit die Anteile am Betriebsvermögen zu Lasten eines Gesellschafters und zugunsten eines anderen eine Kapitaleinlage machenden Gesellschafters änderten.
Entscheidungsgründe
Die Rb. der Bfin. ist nicht begründet.
Das Finanzgericht geht zutreffend davon aus, daß die Partenreederei steuerlich der OHG gleichzustellen ist (vgl. Gutachten des Reichsfinanzhofs I D 2/26 vom 16. November 1926, Slg. Bd. 20 S. 35, Mrozek-Kartei, Vermögensteuergesetz 1925 § 2 Nr. 2 Rechtsspruch 4), und zwar unabhängig davon, ob man in den Schiffsparten nur einen Ausdruck des Eigentumsanteils am Schiff oder am gesamten Betriebsvermögen sieht. Auch bei der OHG sind Fälle denkbar, in denen ein wesentliches Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens, zum Beispiel ein Grundstück, den Gesellschaftern nicht zur gesamten Hand, sondern als Miteigentümern zu Bruchteilen gehört. Für die Frage der Gewinnrealisierung ist diese Unterschiedlichkeit der Eigentumsbeziehungen zu bestimmten Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens ohne Bedeutung. Sie kann nur Einfluß auf die Verteilung des Veräußerungsgewinns haben. Die änderung der Beteiligungsverhältnisse am Schiff verbunden mit der gleichen änderung der Anteile am Betriebsvermögen und am Gewinn und Verlust durch eine Vereinbarung der beiden Mitreeder muß deshalb steuerlich in der gleichen Weise behandelt werden wie eine entsprechende Vereinbarung zwischen zwei Gesellschaftern einer OHG, die am gesamten Betriebsvermögen Eigentümer zur gesamten Hand sind.
Der Senat hat sich im Urteil I 29/59 vom 19. Januar 1960 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, EStG, § 5 Rechtsspruch 249, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1961 S. 2) den Grundsätzen des Urteils des Reichsfinanzhofs VI A 1856/32 (vgl. auch Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 443/34 vom 14. September 1935, RStBl 1936 S. 121; VI A 729/36 vom 21. Juli 1937, Steuer und Wirtschaft 1937 Nr. 472; VI 36/41 vom 29. Oktober 1941, RStBl 1942 S. 1; ferner Mirre, Deutsche Steuer-Zeitung 1937 S. 629, 631; Falkenroth, Finanz und Steuer, Teil II, 1947 S. 133) angeschlossen. Demnach bedeutet der Eintritt eines Dritten in das Geschäft eines Einzelkaufmanns als Gesellschafter gegen Leistung einer Kapitaleinlage regelmäßig die Fortführung des Betriebes in neuer Form mit der Folge, daß die Gesellschafter zur Fortführung der bisherigen Buchansätze gezwungen sind, wenn nicht ausnahmsweise wirtschaftliche und nicht steuerliche Gründe eine Erhöhung der Buchwerte erforderlich machen. Obwohl die Begründung des Gesamthandseigentums am Betriebsvermögen eine Verminderung der Eigentumsrechte des bisherigen Alleineigentümers zugunsten des eingetretenen Gesellschafters bedeutet und der bisherige Alleineigentümer in aller Regel nicht bereit ist, die im Betriebsvermögen steckenden stillen Reserven dem eintretenden Gesellschafter ohne Gegenleistung zu überlassen, so führt dieser Vorgang dennoch unter bestimmten Voraussetzungen zu keiner Realisierung der stillen Reserven. Das ist besonders dann der Fall, wenn die stillen Reserven in den Buchwerten der einzelnen Wirtschaftsgüter erhalten bleiben, die Buchwerte also fortgeführt werden, der bisherige Einzelunternehmer keine Zahlungen außerhalb der betrieblichen Sphäre erhält und sein Kapitalkonto nicht ohne entsprechende Einlagen aufgebucht wird. Der Ausgleich der auf den eintretenden Gesellschafter übergehenden stillen Reserven wird dann durch die künftige Gewinnverteilung oder bei der Auseinandersetzung herbeigeführt. Diese steuerliche Behandlung beruht auf der Erwägung, daß der Eintritt von Gesellschaftern und die Veränderung von Beteiligungsverhältnissen nicht in jedem Falle durch die erzwungene Auflösung stiller Reserven erschwert werden sollen und daß vor allem die in der künftigen Gewinnverteilung oder Auseinandersetzung liegende Gegenleistung schon wegen der Ungewißheit der künftigen Ertragsgestaltung nur schwer zu bewerten ist. Dieselben Grundsätze müssen dann gelten, wenn es sich nicht um den Eintritt eines Gesellschafters in das Unternehmen eines Einzelkaufmanns, sondern um die änderung der Beteiligungsverhältnisse der bisherigen Gesellschafter handelt.
Diese weitgehend von praktischen Erwägungen bestimmten Grundsätze können dann nicht angewandt werden, wenn es sich um eine Verminderung der Beteiligungsquoten der Gesellschafter an einem bestimmten Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens handelt, dessen Buchwert sich aus den für die Besteuerung maßgeblichen Sonderbilanzen der Gesellschafter ergibt, und wenn der erwerbende Gesellschafter in seiner Sonderbilanz die die stillen Reserven berücksichtigenden Anschaffungskosten aktiviert. Denn dann wird der Ausgleich der auf den erwerbenden Gesellschafter übergehenden stillen Reserven nicht durch eine schwierig feststellbare und kaum bewertbare künftige Gewinnverteilung oder Auseinandersetzung, sondern dadurch herbeigeführt, daß der von einem Gesellschafter auf einen anderen Gesellschafter übergehende Anteil am Eigentum eines bestimmten Wirtschaftsguts in den Sonderbilanzen ziffernmäßig zum Ausdruck kommt. Aktiviert der erwerbende Gesellschafter den erworbenen Anteil am Wirtschaftsgut mit dem Betrag, den er tatsächlich aufwendet, so kann die Gewinnrealisierung nicht dadurch vermieden werden, daß der abtretende Gesellschafter den gleichen Betrag von dem Buchwert des Wirtschaftsgut in seiner Sonderbilanz absetzt. Denn der Buchwert des abtretenden Gesellschafters darf nur um den Betrag vermindert werden, mit dem der veräußerte Anteil bei ihm noch zu Buche steht. Würde man im vorliegenden Fall der Bfin. gestatten, den Buchwert ihrer Parten nicht nur um den Buchwert des abgetretenen Miteigentumsanteils von 1/6, sondern um die ursprünglichen Anschaffungskosten des abgegebenen Miteigentums, also um 585 000 DM, zu vermindern, so würde sich eine wirtschaftlich ungerechtfertigte Herabsetzung des Buchwerts der ihr verbleibenden 3/6 Miteigentumsanteile um den Betrag ergeben, um den die 585 000 DM den Buchwert des abgetretenen Miteigentumsanteils von 234 000 DM übersteigen. Wenn demnach die Bfin. den Buchwert ihres Anteils am Schiff nur um den Buchwert des abgetretenen Miteigentumsanteils von 234 000 DM mindern darf, so ist die notwendige Folge die Erhöhung des Gesamtbuchwerts des Schiffs in der Bilanz der Partenreederei um 351 000 DM. Das führt bei der Bfin. zu einer Gewinnrealisierung in Höhe dieses Betrages.
Die Akten lassen nicht erkennen, aus welchen rechtlichen Erwägungen das Finanzamt die Sonderabschreibungen der Bfin. in den Jahren 1950 und 1951 zuließ und womit vor allem die Verlagerung der der KG zustehenden Sonderabschreibungen nach § 7a EStG auf die Anzahlungen der Bfin. begründet werden soll. Da indessen diese Maßnahmen zu keiner Erhöhung der der KG und der Bfin. im Streitjahr zustehenden Abschreibungen führten, ist die Aufklärung dieses Punktes für die Entscheidung nicht von Bedeutung.
Fundstellen
Haufe-Index 410194 |
BStBl III 1961, 500 |
BFHE 1962, 643 |
BFHE 73, 643 |
BB 1961, 1190 |