Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Betrieb, der auf Grund von Verträgen mit Grundstückseigentümern durch Naßbaggerei Sand und Kies an Flußufern abbaut, entfallen regelmäßig die dafür gezahlten Vergütungen in voller Höhe auf die überlassung der Kies- und Sandausbeute. Ein Betrag für die Verpachtung der Bodenoberfläche ist in der Regel nicht auszusondern.
In der Regel ist die Hälfte der vom Pächter als Pachtzinsen gezahlten Vergütung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn wieder zuzurechnen.
Normenkette
GewStG § 8 Ziff. 8, § 8 Ziff. 7, § 12 Abs. 2 Ziff. 2
Tatbestand
Das Finanzamt hat bei der Festsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge für 1954 und 1955 und bei den berichtigten Gewerbesteuermeßbescheiden für 1956 und 1958 die Hälfte der von der Bfin. für die Ausbeutung von Kiesgruben bezahlten Pachtzinsen bei der Ermittlung des Gewerbeertrages dem Gewinn wieder zugerechnet. Entsprechend hat es den Teilwert des Kiesausbeuterechts bei der Ermittlung des Gewerbekapitals durch Zurechnung zum Einheitswert des Betriebsvermögens berücksichtigt. Es handelt sich dabei um verschiedene Kiesausbeuteverträge, die die Bfin. berechtigten, binnen 10 Jahren Kiesfelder auf ihr nicht gehörigen Grundstücken am Rhein durch Naßbaggerei auszubeuten.
Die Sprungberufung, mit der sich die Bfin. gegen die Hinzurechnung wendete, hatte insoweit keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte aus: Verträge auf überlassung des Rechts zur Gewinnung von Bodenbestandteilen seien bürgerlich-rechtlich und für die Besteuerung in der Regel Pachtverträge. Kaufverträge seien solche Ausbeuteverträge nur in Ausnahmefällen, z. B. wenn es sich um einen einmaligen, auf eine bestimmte Zeit und eine fest abgegrenzte Menge beziehenden Lieferungsvorgang handle. Im Streitfall spreche das Gesamtbild der getroffenen Vereinbarungen für Pachtverträge, wenn auch das eine oder andere Merkmal für sich allein betrachtet in einem Kaufvertrag enthalten sein könne.
Die Bfin. wendet sich mit ihrer Rb. dagegen, daß das Finanzgericht ebenso wie das Finanzamt die Kiesausbeuteverträge als Pachtverträge behandelt hat. Die Regelung des § 581 BGB für Pachtverträge habe für ihre Vereinbarungen nur insofern Bedeutung, als sie zum Gebrauch der Bodenfläche der Grundstücke berechtigt sei. Sie genieße jedoch nicht durch ordnungsmäßige Bewirtschaftung entstandene Früchte, sondern zerstöre die Grundstücke durch die Ausbeutung des Kiesvorkommens, da die Grundstücke nach Beendigung des Kiesabbaus vom Flußwasser überflutet würden. Sie habe auch die ganze Fülle der Auflagen aus wasserbauwirtschaftlichen Gründen zu tragen und Zerstörungen durch Hochwasser usw. zu beseitigen. Die zu zahlenden Entgelte richteten sich nach der Menge und auch nach der Art des gebaggerten Materials. Daß die Grundstückseigentümer die Verträge fristlos kündigen könnten, wenn sie gegen die Abmachungen verstoße oder wenn es ein dringendes öffentliches Interesse erfordere, spreche gleichfalls gegen die Annahme von Pachtverträgen. Sie habe auch kein Mineralgewinnungsrecht im Sinne des § 58 BewG, sondern lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf die Ausbeute von Sand und Kies erworben. Daß der Abbau von Sand und Kies behördlich genehmigt werden müsse, mache diesen Abbau nicht zu einem Mineralgewinnungsrecht. Aber selbst wenn man das Abbaurecht als pachtfähiges Wirtschaftsgut ansehe, kämen die Hinzurechnungsvorschriften nicht zur Anwendung, da das Recht dann nicht zum Anlagevermögen, sondern zum Umlaufvermögen gehöre. Ihr schuldrechtlicher Anspruch sei nach dem BewG nicht selbständig bewertungsfähig. Damit entfalle die Möglichkeit von Zurechnungen nach § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Nach der Rechtsprechung des III. Senats des Bundesfinanzhofs stellt das durch Verpachtung genutzte Recht auf den Abbau von Bodenschätzen eine Gewerbeberechtigung dar, die regelmäßig dem Grundstückseigentümer zuzurechnen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs III 242/59 S vom 22. Juli 1960, BStBl 1960 III S. 420, Slg. Bd. 71 S. 454). Das gilt nicht nur für Bodenschätze, bei denen das Recht zur Gewinnung von dem Eigentum am Grundstück getrennt und als selbständiges Recht (Gerechtigkeit) behandelt wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 110/58 S vom 4. November 1960, BStBl 1961 III S. 250, Slg. Bd. 72 S. 682), sondern auch für solche Bodenbestandteile, deren Abbau dem unbeschränkten Verfügungs- und Ausbeuterecht des Grundstückseigentümers unterliegt (Urteil des Bundesfinanzhofs III 406/59 U vom 12. Oktober 1962, BStBl 1963 III S. 2, Slg. Bd. 76 S. 1), wie dies z. B. für Steine und Erden (Basalt, Kies, Sand, Ton usw.) der Fall ist. Daß auch bei Bodenschätzen, die ohne besondere staatliche Verleihung auf Grund des Eigentums am Grund und Boden aufgesucht und gewonnen werden können, ein besonders zu bewertendes Recht (Minderalgewinnungsrecht) im Sinne des § 21 BewG vorhanden ist, wurde durch die Neufassung des § 58 durch das Gesetz zur änderung des Bewertungsgesetzes vom 10. August 1963 (BGBl 1963 I S. 676, BStBl 1963 I S. 608) ausdrücklich klargestellt. Diese Rechtslage, die sich aus dem BewG ergibt, ist bei der Gewerbesteuer nicht anders und wirkt sich deshalb bei der Anwendung des § 8 Ziff. 8 GewStG 1950, 1955 bzw. des § 8 Zff. 7 GewStG 1957 und des § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG 1950, 1955, 1957 aus (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 199/57 U vom 7. Oktober 1958, BStBl 1959 III S. 5, Slg. Bd. 68 S. 10).
Das Finanzgericht hat demnach zutreffend angenommen, daß die Einnahmen aus Verträgen, durch die ein Grundstückseigentümer einem anderen gestattet, in dem Grundstück vorhandene Bodenschätze auszubeuten, der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind. Diese Beurteilung stimmt überein mit dem bürgerlichen Recht sowie mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. z. B. die Urteile des Bundesfinanzhofs VI 169/59 S vom 21. Oktober 1960, BStBl 1961 III S. 45, Slg. Bd. 72 S. 119; I 199/57 U, a. a. O.; IV 365/59 U vom 10. Juli 1963, BStBl 1964 III S. 116, Slg. Bd. 78 S. 289).
Soweit die hiernach als Pachtzinsen anzusehenden Einnahmen des Grundstückseigentümers auf einen Ausbeutevertrag über Bodenschätze entfallen, sind sie bei dem Pächter nach § 8 Ziff. 8 bzw. Ziff. 7 GewStG zur Hälfte seinen gewerblichen Gewinn bei der Ermittlung des Gewerbeertrags wieder zuzurechnen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 199/57 U, a. a. O.). Diese Zurechnung hängt nicht davon ab, ob für die Gewerbeberechtigung ein Einheitswert festgestellt wurde (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 333/60 vom 6. Juli 1961, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1962 S. 8).
Der Einwand der Bfin., die Berechtigung zum Kiesabbau gehören zu ihrem Umlaufvermögen und nicht, wie es § 8 Ziff. 9 bzw. Ziff. 7 GewStG voraussetze, zum Anlagevermögen, trifft nicht zu. Bei der vertraglich vereinbarten Dauer des Sand- und Kiesabbaus auf den von der Bfin. gepachteten Grundstücken von regelmäßig 10 Jahren ist die der Bfin. eingeräumte Abbauberechtigung ihrem Anlagevermögen zuzurechnen.
Im Urteil des Bundesfinanzhofs IV 122/58 U vom 12. Mai 1960 (BStBl 1960 III S. 466, Slg. Bd. 71 S. 580) wird darauf hingewiesen, daß die Hälfte der Pachtzinsen nicht zuzurechnen ist, soweit die Pachtzinsen auf die überlassung der Grundstücksoberfläche entfallen, da die Zurechnung nur für die nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vorgesehen ist (siehe dazu auch Urteil des Reichsfinanzhofs VI 629/39 vom 17. Juli 1940, RStBl 1940 S. 914). Das Finanzgericht hat von den der Bfin. zugeflossenen Pachteinnahmen keinen Teil als Pachtzins für den Grund und Boden ausgeschieden. Für den Streitfall, bei dem es sich um Naßbaggerei handelt, ist dies zu billigen. Da die Grundstücke durch den Sand- und Kiesabbau zerstört werden, wie die Bfin. selbst ausführt, weil der Grund und Boden nach dem Ausbaggern des Kieses eine Wasserfläche bildet und sogar Teil des Flußbetts wird, kommt der überlassung der Grundstücksoberfläche an die Bfin. im Rahmen der mit den Grundstückseigentümern geschlossenen Verträge keine wesentliche Bedeutung zu. Jedenfalls ist der Pachtzins für die Grundstücksoberfläche gegenüber der übertragung der Berechtigung zur Sand- und Kiesentnahme von so untergeordneter Bedeutung, daß von einer Ausscheidung eines Teils der von der Bfin. geleisteten Pachtzahlungen als Pachtzins für die Grundstücksoberfläche bei der Eigenart des Betriebs der Bfin. wegen Geringfügigkeit bei der Anwendung des § 8 Ziff. 8 GewStG abgesehen werden kann (siehe dazu auch Urteil des Bundesfinanzhofs IV 333/60, a. a. O.).
Der Hinzurechnung der Hälfte der Pachtzinsen beim Gewerbeertrag entspricht dem Gewerbekapital die Zurechnung des Teilwerts des Sand- und Kiesgewinnungsrechts nach § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG. Ist dieses Recht, wie vorstehend ausgeführt, als Gewerbeberechtigung anzusehen, die zum Anlagevermögen der Bfin. gehört, so folgt daraus notwendig die Hinzurechnung beim Gewerbekapital der Bfin. nach § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG. Da die Bfin. gegen die Bewertung dieses Rechts keine Einwendungen erhoben hat und der Senat auch keine Bedenken gegen die von den Vorinstanzen angesetzten Werte hat, ist die Rb. auch insoweit unbegründet.
Fundstellen
Haufe-Index 411349 |
BStBl III 1964, 557 |
BFHE 1965, 229 |
BFHE 80, 229 |