Leitsatz (amtlich)
Nur Spuren von Glukose enthaltende Dextro-Maltrine mit einem Gehalt an reduzierenden Zuckern, als Dextrose berechnet, von 10,2 % in der Trockenmasse gehören zur Tarifst. 17.02 D II.
Normenkette
GZT Tarifst. 17.02 B II, Vorschrift 2 zu Kapitel 35; GZT Tarifst. 17.02 D II, Vorschrift 2 zu Kapitel 35; GZT Tarifnr. 35.05, Vorschrift 2 zu Kapitel 35; GZT ATV 3 b; GZT ATV 5
Tatbestand
Die Klägerin beantragte bei der Beklagten (Oberfinanzdirektion – OFD –) ihr eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) zu erteilen, mit der eine von ihr als „Maltrin X (Dextro-Maltrin mit einem Dextroseäquivalent-Gehalt in der Trockensubstanz zwischen 10 und 20 v. H.)” bezeichnete Ware der Tarifst 17.02 B zugeordnet werde. Mit vZTA Nr. 541/1979 vom 22. Juni 1979 wies die OFD die Ware, die einen Gehalt an direkt reduzierendem Zucker, als Dextrose berechnet, von 10,2 v. H. in der Trockenmasse aufwies, als „anderer Zucker, fest, sog. Maltrin X” der Tarifst. 17.02 D II zu. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies die OFD mit Entscheidung vom 25. Juli 1979 zurück. Sie stützte sich dabei u. a. auf den Tarifentscheid vom 7. Mai 1971 Dok. III/335/71 D-Rev. 2 (ErlZT zu 17.02 Teil III, Rdnrn. 4 bis 6).
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, der Tarifentscheid sei nicht rechtsverbindlich. Er sei aber offensichtlich auch falsch. Denn er ordne eine Ware, die aus Mais hergestellt werde und der Getreidemarktordnung unterliege, der Zuckermarktordnung zu. Aus der „Verordnung” vor Kapitel 35 des Zolltarifs –ZT– (gemeint ist die Vorschrift 2 zu Kapitel 35) ergebe sich nur, daß Malto-Dextrine zur Tarifnr. 17.02 gehörten, nicht jedoch, ob zur Tarifst. B oder zur Tarifst. D.
Es sei unstreitig, daß es sich bei dem Produkt Maltrin X um ein aus Maisstärke durch Hydrolyse gewonnenes Malto-Dextrin mit einem Gehalt an reduzierenden Zuckern von mehr als 10 v. H. handle. Allein aufgrund der zitierten Tarifentscheidung sei das Produkt der Zuckermarktordnung unterworfen worden. Daß dieser Tarifentscheid falsch sei, ergebe sich aus der Absicht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Malto-Dextrin in der neuen Zuckermarktordnung, die voraussichtlich am 1. Juli 1980 in Kraft treten werde, der Tarifst. 17.02 B und damit der Getreidemarktordnung zuzuweisen. Die nationalen Behörden und Gerichte seien schon jetzt nicht mehr an den nur zur Auslegung des ZT dienenden Tarifentscheid gebunden.
Die Klägerin beantragt,
die vZTA und die Einspruchsentscheidung der OFD aufzuheben
und
- die OFD zu verurteilen, eine vZTA zu erteilen, mit der das Produkt „Maltrin X” der Tarifst. 17.02 B zugewiesen wird.
Die OFD beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Beteiligten sind zutreffend davon ausgegangen, daß das aus Stärke durch Hydrolyse gewonnene Malto-Dextrin nicht der Tarifnr. 35.05 (Dextrine und Dextrinleime; lösliche oder geröstete Stärke; …) zugewiesen werden kann, weil es einen Gehalt an reduzierenden Zuckern, berechnet als Dextrose, von mehr als 10 v. H. aufweist. Solche Dextrine gehören nach der Vorschrift 2 zu Kapitel 35 zur Tarifnr. 17.02.
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß die OFD das streitige Produkt innerhalb dieser Tarifnummer der Tarifst. 17.02 D II (andere Zucker, fest; Zuckersirupe ohne Zusatz von Aroma- oder Farbstoffen; Invertzuckercreme, auch mit natürlichem Honig vermischt; Zucker und Melassen, karamelisierte: D andere Zucker und Sirupe, II. andere) zugewiesen hat. Die von der Klägerin beanspruchte Tarifst 17.02 B (Glukose und Glukosesirup) umfaßt die Unterposition I (mit einem Reinheitsgehalt von 99 Gewichtshundertteilen oder mehr, bezogen auf den Trockenstoff) und die Unterposition II (andere – also mit weniger als 99 Gewichtshundertteilen Glukosegehalt –). Nach dem von der Klägerin nicht bestrittenen Untersuchungsergebnis der OFD enthält das streitige Erzeugnis, nach den Angaben der Klägerin ein Malto-Dextrin, nur Spuren von Glukose (= Dextrose, vgl. Tarifst. 17.02 B I a und II a) und daneben Maltose und deren Homologe. Der im Untersuchungsbefund festgestellte Gehalt an direkt reduzierendem Zucker, als Dextrose (= Glukose) berechnet, von 10,2 v. H. in der Trockenmasse betrifft nicht die in der Tarifst. 17.02 B erfaßte Glukose. Die Tarifst. 17.02 B II erfaßt allerdings auch Glukose mit einem geringeren Reinheitsgrad als 99 v. H. Im Hinblick darauf, daß diese Tarifstelle keine Aussage darüber enthält, welcher Mindestgehalt an Glukose für die Zuweisung zu dieser Tarifstelle erforderlich ist, und weiter darauf, daß von der Tarifst. 17.02 D andere Zucker und Sirupe erfaßt sind, ist eine Abgrenzung beider Tarifstellen im Wege der Auslegung unumgänglich.
Für diese Abgrenzung ist von entscheidender Bedeutung, daß Malto-Dextrine der vorliegenden Art mit einem Gehalt an reduzierenden Zuckern von mehr als 10 Gewichtshundertteilen, wie bereits ausgeführt als „andere Zucker” unter die Tarifnr. 17.02 fallen und daß andererseits die streitige Ware nur Spuren von Glukose enthält. Dieser geringe Gehalt an Glukose gegenüber den anderen reduzierenden Zuckern läßt es nicht zu, das streitige Dextro-Maltrin der für Glukose vorgesehenen Tarifst. 17.02 B II zuzuweisen. Maßgebend für die Tarifierung kann vielmehr nur sein, daß das streitige Malto-Dextrin 10,2 v. H. reduzierende Zucker enthält. Solche Waren fallen aber, da für sie neben der Tarifst. B auch die Tarifst. A, C, E und F nicht in Betracht kommen unter die Tarifst. 17.02 D II.
Daß nur diese Tarifierung richtig ist, ergibt sich im übrigen auch aus der Allgemeinen Tarifierungs-Vorschrift (ATV) 3 b i. V. m. der ATV 5 Danach sind Gemische (Mischungen) und Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, nach dem charakterbestimmenden Stoff oder Bestandteil zu tarifieren, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann. Da Stärkeabbauprodukte mit einem Gehalt an reduzierenden Zuckern von mehr als 10 v. H. zur Tarifnr 17.02 gehören, kann es bei der Bewertung des charakterbestimmenden Stoffes oder Bestandteiles nur darauf ankommen, welcher der in der Tarifnr. 17.02 erfaßten anderen Zucker den Charakter des streitigen Malto-Dextrins bestimmt. Das aber sind nicht die nur in Spuren vorhandenen Glukosebestandteile, sondern die 10,2 v. H. anderen Zucker i. S. der Tarifst. 17.02 D.
In seiner Auffassung über die Tarifierung sieht sich der Senat durch den von der OFD zitierten Tarifentscheid vom 7. Mai 1971 bestätigt in diesem Tarifentscheid ist der Ausschuß für das Schema des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT), der durch die Verordnung (EWG) Nr. 97/69 (VO Nr. 97/69) des Rates vom 16. Januar 1969 über die zur einheitlichen Anwendung des Schemas des GZT erforderlichen Maßnahmen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften – ABlEG – Nr. L 14/1 vom 21. Januar 1969) eingesetzt worden ist, zu dem Ergebnis gekommen, daß eine als Malto-Dextrin bezeichnete Ware mit einem als Dextrose berechneten Gehalt an reduzierenden Zuckern von mehr als 10, jedoch weniger als 20 Gewichtshundertteilen und einem nur geringen Gehalt an Glukose zur Tarifst. 17.02 D gehört.
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, daß, wie sie vorträgt, die Kommission beabsichtigt, Malto-Dextrine in der bevorstehenden neuen Zuckermarktordnung der Tarifst. 17.02 B zuzuweisen. Die OFD konnte bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer vZTA nur das Tarifrecht anwenden, das im Zeitpunkt der Entscheidung gilt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 2 Oktober 1973 VII K 3/71, BFHE 110, 386). Sie konnte dabei angesichts des klaren Wortlauts der in Frage kommenden Tarifst. 17.02 B und D keine Rücksicht darauf nehmen, daß das streitige Malto-Dextrin durch Hydrolyse aus Maisstärke und damit einem Produkt, das der Getreidemarktordnung unterliegt, hergestellt wird und daß Glukose mit einem Reinheitsgrad von 99 Gewichtshundertteilen oder mehr der Tarifst. 17.02 B I im Gegensatz zu anderen Zuckern der Tarifst. 17.02 D mit einem geringeren Gehalt an anderen Zuckern nicht der Zuckermarktordnung unterliegt Gegenstand der Tarifierung konnte nur die Tarifnr. 17.02 sein. Ob und aus welchen Gründen die in der Tarifnr. 17.02 aufgeführten anderen Zucker von den Verordnungen über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide oder für Zucker erfaßt werden, war für die Tarifierung nicht maßgebend. Für diese sind nur maßgebend der Wortlaut der Tarifnummern, die Vorschriften zu den Abschnitten oder Kapiteln sowie die ATV (vgl. ATV 1). Die Klägerin verkennt im übrigen, daß die von der Kommission ins Auge gefaßte Neufassung der Tarifst 17.02 B darin bestünde, daß die dort schon vorhandenen Warenbegriffe „Glukose und Glukosesirup” durch die weiteren Begriffe „Malto-Dextrin und Malto-Dextrinsirupe” erweitert werden. Daraus folgt aber, daß Malto-Dextrine etwas anderes sind als Glukose und daß es zu der tariflichen Gleichbehandlung beider Warenbegriffe einer Änderung des GZT bedarf, die keineswegs nur klarstellende Bedeutung hat.
Für den erkennenden Senat ergeben sich keine Zweifel bei der Auslegung des GZT. Er hielt sich daher nicht für verpflichtet, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 177 Abs. 1 und 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft einzuholen (vgl. Urteil vom 22. Oktober 1975 VII R 105/73, BFHE 117, 313).
Fundstellen
Haufe-Index 510454 |
BFHE 1981, 566 |