Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückübertragung einer wesentlichen Beteiligung wegen Täuschung als Veräußerung; Veräußerungsverlust bei Zahlungsunfähigkeit des ursprünglichen Veräußerers
Leitsatz (amtlich)
1. Das wirtschaftliche Eigentum an einem Wirtschaftsgut geht auch dann auf den Erwerber über, wenn dieser alsbald nach Abschluß des Erwerbsgeschäfts dessen Aufhebung oder Rückabwicklung betreibt und das Geschäft später tatsächlich rückgängig gemacht wird.
2. Überträgt der Erwerber einer wesentlichen Beteiligung diese in der Folge auf den Veräußerer zurück, weil der Veräußerer ihn über den Wert der Beteiligung getäuscht hat, so ist die Rückübertragung eine Veräußerung i.S. des § 17 EStG. Soweit er den gezahlten Kaufpreis wegen Zahlungsunfähigkeit des ursprünglichen Veräußerers nicht zurückerlangen kann und der entstandene Schaden nicht durch realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte kompensiert wird, liegt deshalb für den Erwerber ein steuerlich berücksichtigungsfähiger Veräußerungsverlust vor.
3. Der Zeitpunkt des Rechtsübergangs und damit der Entstehung eines Veräußerungsverlustes richtet sich, wenn die den Verlust auslösende Übertragung zivilrechtlich nach ausländischem Recht zu beurteilen ist, nach dem betreffenden ausländischen Recht.
4. Ein Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft ist nach dem DBA-USA 1964/65 auch dann nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer auszunehmen, wenn das Vermögen der Kapitalgesellschaft ausschließlich aus in den USA belegenem Grundbesitz besteht.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 1 S. 1; DBA USA 1954 Art. 9, 9 A, Art. 15 Abs. 1 Buchst. b
Verfahrensgang
FG Köln (Dok.-Nr. 0146734; EFG 1998, 1581) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein gescheiterter Erwerb von Anteilen an einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft zu negativen Einkünften geführt hat, die bei der deutschen Besteuerung gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren (1984 und 1985) unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren und zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie hatten im Jahr 1982 für insgesamt 5,7 Mio. US-$ sämtliche Anteile an der S erworben. S war eine Kapitalgesellschaft US-amerikanischen Rechts mit Sitz und Geschäftsleitung in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA), deren gesamtes Vermögen aus einer Farm in Mississippi bestand. Verkäufer der Anteile war der in den USA ansässige M, der die S gegründet hatte, nachdem dem Verkauf der Farm unmittelbar an die Kläger rechtliche Hindernisse entgegengestanden hatten.
Im weiteren Verlauf stellten die Kläger fest, daß die ihnen gegenüber gemachten Angaben über die Erträge und den Wert der Farm unzutreffend waren. Sie verklagten daraufhin im Jahr 1983 einerseits M und andererseits weitere Personen, die als Rechtsberater und Makler an dem Anteilserwerb mitgewirkt hatten, vor einem US-amerikanischen Distriktsgericht. Die Klage war gestützt auf ein amerikanisches "Gesetz über Falschdarstellungen beim Wertpapierverkauf" und ein "Gesetz über Betrug in Verbindung mit dem Verkauf einer Sicherheit"; der Klageantrag richtete sich auf Annullierung bzw. Aufhebung der Transaktionen oder auf Schadensersatz in Höhe von 6,5 Mio. US-$ sowie auf ein Bußgeld in Höhe von 50 Mio. US-$. Im Mai 1983 und im August 1984 kam es in den Verfahren der Kläger gegen die Rechtsberater und Makler zu Vergleichen, nach denen die Kläger Zahlungen in Höhe von insgesamt 3 Mio. US-$ erhalten sollten; der Prozeß gegen M wurde demgegenüber zunächst fortgesetzt.
Im März und im Mai 1983 hatte das Distriktsgericht auf Antrag der Kläger zwei einstweilige Verfügungen erlassen, durch die M eine Verfügung über sein Vermögen verboten wurde. Zugleich wurde den Klägern das Recht zum Besitz der Farm bis zur Entscheidung in der Hauptsache zuerkannt und ihnen auferlegt, die Farm einstweilen zu bewirtschaften und später dem Gericht gegenüber Rechnung zu legen. Die Aktien an der S wurden im März 1983 beim Distriktsgericht hinterlegt.
Am 17. Oktober 1984 verurteilte das Distriktsgericht M, an die Kläger 7 858 081 US-$ abzüglich der bereits im Vergleichswege erhaltenen 3 Mio. US-$, also insgesamt 4 858 081 US-$ zu zahlen. Das Urteil wurde nicht schriftlich begründet; es beruht auf einem Geschworenenspruch, dessen Grundlage bestimmte von den Geschworenen zu beurteilende Fragen waren. Aus dem Katalog der Fragen und Antworten ist nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ersichtlich, daß in dem von M zu zahlenden Betrag u.a. die Anschaffungskosten der Anteile (5,7 Mio. US-$) sowie Zinsen (1 140 783 US-$), Anwaltsgebühren (400 000 US-$) und eine Entschädigung in Höhe von 700 000 US-$ nach dem "Racketeer Influenced and Corrupt Organisations Act" enthalten sind. Regelungen über den Verbleib der Anteile an S enthält das Urteil nicht.
Sowohl die Kläger als auch M legten gegen das genannte Urteil Berufung ein. Ferner stellte M noch im Oktober 1984 einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen. Der mit der Prozeßführung in den USA befaßte Rechtsanwalt T schrieb hierzu im November 1984 an die deutschen Steuerberater der Kläger, daß diese seit dem Ergehen des Urteils "nicht mehr Eigentümer der Aktien" seien; statt dessen stehe ihnen ein Zahlungsanspruch in Höhe von 5,1 Mio. US-$ zu, der aber wegen des Konkursantrags des M weitgehend wertlos sei. Im Verlauf des Gerichtsverfahrens sei zwar Vermögen des M beschlagnahmt worden; außerdem habe M 127 000 US-$ hinterlegt. Mehr als 400 000 US-$ würden sich aber voraussichtlich nicht realisieren lassen.
Durch Verfügung vom 3. Mai 1985 enthob das Distriktsgericht die Kläger sämtlicher Pflichten in bezug auf die Verwaltung des Vermögens der S und erlaubte ihnen, sich aus dem Betrieb der Farm zurückzuziehen. Anschließend kam es im Juni 1985 zu einer als "Teilvergleich" bezeichneten Vereinbarung zwischen den Klägern und M. Hiernach sollten
- M bereits beim Gericht hinterlegte 134 439,82 US-$ an die Kläger zahlen,
- darüber hinaus M und sein Vater einen hypothekarisch gesicherten Betrag von weiteren 200 000 US-$ an die Kläger zahlen,
- die Zahlung von insgesamt 334 439,82 US-$ nur eine "Teilzahlung im Rahmen des Urteils, … jedoch nicht als endgültige Freigabe, Entlastung oder Befriedigung des Urteils zu betrachten" sein sowie
- bei Gericht eine "Vereinbarung über Rechnungslegung und dazu gehörige Angelegenheiten zu unterzeichnen und gemeinschaftlich einzureichen" sein.
Ferner erkannten die Kläger ihre Befriedigung aus dem Urteil in Höhe von 4,5 Mio. US-$ an und verzichteten insoweit auf eine Vollstreckung des Urteils. Hinsichtlich weiterer Ansprüche in Höhe von 584 661 US-$ behielten sie sich weitere Vollstreckungsmaßnahmen vor. M erklärte sich bereit, das Urteil in Höhe von 200 000 US-$ anzuerkennen. Die beiderseitigen Berufungen gegen das Urteil sowie der Konkursantrag und weitere Klagen sollten zurückgezogen werden.
Die zugesagte Vereinbarung über die Rechnungslegung wurde noch im Juni 1985 bei Gericht eingereicht. Es heißt dort u.a., daß die Kläger "seit Inkrafttreten des … am 17. Oktober 1984 erlassenen Urteils … keinerlei Eigentum oder sonstige Anteile" an der S mehr besaßen und daß die "Aktien an M zurückzugeben" seien. Zum weiteren Fortgang des Verhältnisses zwischen den Klägern und M hat das FG keine Feststellungen getroffen.
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb der S Veräußerungsverluste in Höhe von 12 418 674,87 DM (1984) und 588 082,07 DM (1985) geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) berücksichtigte diese Verluste nicht, da die Kläger die Anteile an der S nicht veräußert, sondern an M zurückgegeben hätten. Auf dieser Basis wurde die Einkommensteuer nach zu versteuernden Einkommen in Höhe von 65 999 699 DM (1984) und 3 258 461 DM (1985) festgesetzt.
Im Verlauf des daraufhin angestrengten Klageverfahrens beim FG bezifferten die Kläger ihren gesamten Veräußerungsverlust auf 15 708 465 DM. In diesem Betrag sind u.a. der Kaufpreis der Anteile an der S (13 342 294 DM), Bewirtschaftungskosten der Farm (nach den Feststellungen des FG 1 021 807,61 DM), Rechts- und Beratungskosten (2 627 714 DM), Reisekosten (173 612 DM), sonstige Kosten (z.B. Beurkundungs- und Dolmetscherkosten) in Höhe von 8 414 DM und Kosten im Zusammenhang mit der Anteilsrückgabe (588 082 DM) enthalten; eine von M an die Kläger geleistete Zahlung ist mit 1 026 730 DM als Abzugsposten angesetzt worden. Die Kläger haben vor dem FG in erster Linie begehrt, den genannten Verlust zunächst im Veranlagungszeitraum 1985 und lediglich im Wege des Verlustrücktrags im Veranlagungszeitraum 1984 zu berücksichtigen. Das FG hat die dahingehenden Klagen abgewiesen; sein das Streitjahr 1984 betreffendes Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1581 veröffentlicht.
Mit ihren vom FG zugelassenen Revisionen rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen sinngemäß, die Urteile des FG aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 1984 und 1985 in der Weise abzuändern, daß die Einkommensteuer 1985 auf 0 DM festgesetzt und bei der Festsetzung der Einkommensteuer 1984 ein Verlustrücktrag in Höhe von 783 935 DM berücksichtigt wird, hilfsweise die Berücksichtigung eines Verlustes in Höhe von 16 147 113 DM bei der Festsetzung der Einkommensteuer 1984 und eines Verlustes in Höhe von 588 082 DM bei der Festsetzung der Einkommensteuer 1985.
Das FA beantragt Zurückweisung der Revisionen.
Entscheidungsgründe
Die Revisionsverfahren werden gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden. Die Revisionen der Kläger sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der finanzgerichtlichen Urteile und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
1. Das FG hat ―mit Bindungswirkung für den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO)― festgestellt, daß die Kläger in den Streitjahren einen Wohnsitz im Inland hatten. Sie waren folglich unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG) mit der Folge, daß ―vorbehaltlich des Eingreifens eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) oder einer sonstigen Sonderregelung― ihr gesamtes Welteinkommen zur Einkommensteuer heranzuziehen ist. Demgemäß sind bei der Festsetzung der Einkommensteuer auch ihre im Ausland erzielten Einkünfte zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, ob diese positiv oder negativ sind. Dabei ist die Frage, ob ein bestimmter Vorgang überhaupt zu steuerpflichtigen Einkünften geführt hat und in welcher Höhe diese ggf. entstanden sind, auch im Zusammenhang mit Auslandssachverhalten allein nach deutschem Steuerrecht zu beantworten.
2. Zu den hiernach dem Grunde nach berücksichtigungsfähigen Einkünften der Kläger gehört u.a. der Verlust, der ihnen im Zusammenhang mit der Anschaffung und der späteren Rückgabe der Anteile an der S entstanden ist. Hierbei handelt es sich um einen Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, der aus einkommensteuerrechtlicher Sicht dem Anwendungsbereich des § 17 EStG zuzuordnen ist:
a) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, die der Einkommensteuer unterliegen (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG), u.a. der Gewinn aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Dasselbe gilt nach allgemeiner Ansicht, die auch von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen wird, für die bei einer solchen Veräußerung entstehenden Verluste (Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 24. April 1997 VIII R 16/94, BStBl II 1999, 339, 340; vom 24. April 1997 VIII R 23/93, BStBl II 1999, 342; vom 4. November 1997 VIII R 18/94, BStBl II 1999, 344, 345; jeweils m.w.N.). § 17 EStG greift auch dann ein, wenn es sich um die Veräußerung von Anteilen an einer ausländischen Kapitalgesellschaft handelt (Senatsurteil vom 22. Februar 1989 I R 11/85, BFHE 156, 170, BStBl II 1989, 794, m.w.N.).
b) Im Streitfall ist den Klägern ein gemäß § 17 EStG zu berücksichtigender Verlust entstanden:
aa) Bei der S handelte es sich nach den Feststellungen des FG um eine Gesellschaft, die nach ihrem US-amerikanischem Heimatrecht als juristische Person ausgestaltet und mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet war. Ihr Bestand war unabhängig vom Bestand der Gesellschafter und die Anteile an ihr waren frei übertragbar. Ihre Geschäftsführung oblag einem zentralen Organ, dem board of directors. Das FG hat hieraus ohne Rechtsfehler geschlossen, daß S für Zwecke des § 17 EStG als Kapitalgesellschaft anzusehen ist. Diese Würdigung wird im übrigen auch vom FA nicht in Zweifel gezogen.
bb) Das FG ist erkennbar davon ausgegangen, daß die Kläger aufgrund des (ursprünglich) mit M abgeschlossenen Vertrags die Gesellschaftsanteile an der S erworben haben und daß es sich hierbei um "Anteile" i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG handelt. Dem ist ebenfalls zu folgen:
aaa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG sind "Anteile" i.S. des § 17 EStG u.a. Aktien und GmbH-Anteile sowie diesen ähnliche Beteiligungen. Zu letzteren können insbesondere Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften zählen (Senatsurteil vom 24. Oktober 1984 I R 228/81, nicht veröffentlicht). Nach den vom FG getroffenen Feststellungen muß davon ausgegangen werden, daß die in Rede stehenden Anteile an der S nach US-amerikanischem Recht Gesellschafterrechte verkörperten, wie sie nach deutschem Recht beispielsweise mit Aktien oder GmbH-Anteilen verbunden sind. Deshalb sind sie als "ähnliche Beteiligungen" i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG zu qualifizieren (BFH-Urteil vom 19. März 1996 VIII R 15/94, BFHE 180, 146, BStBl II 1996, 312, 313, m.w.N.).
bbb) Das FG hat festgestellt, daß die Kläger zunächst 55 v.H. und später weitere 45 v.H. der Anteile an der S erworben haben. Diese Feststellung ist nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden und deshalb im Revisionsverfahren ebenfalls bindend. Sie schließt erkennbar die Tatsache ein, daß die Kläger nach dem insoweit maßgeblichen US-amerikanischen Recht Eigentümer der Anteile geworden sind. Anhaltspunkte dafür, daß der Eigentumserwerb noch vom Eintritt irgendwelcher Umstände abhängig gewesen wäre oder daß die Kläger in der Ausübung ihres Eigentumsrechts von Anfang an beschränkt gewesen wären, lassen sich dem finanzgerichtlichen Urteil nicht entnehmen.
Vor diesem Hintergrund vermag sich der Senat nicht der Ansicht des FA anzuschließen, eine Anwendung des § 17 EStG müsse im Streitfall schon daran scheitern, daß die Kläger zu keinem Zeitpunkt zivilrechtliche oder wirtschaftliche Eigentümer der Gesellschaftsanteile gewesen seien. Eine dahingehende Beurteilung läßt sich insbesondere nicht aus dem Umstand ableiten, daß die Kläger alsbald die Rückabwicklung des Vertrags mit M betrieben haben und daß diese letztendlich auch erfolgt ist. Denn ungeachtet dessen standen den Klägern jedenfalls unmittelbar nach dem Erwerb sowohl etwaige Gewinne der S als auch die Verfügungsbefugnis über die Gesellschaftsanteile zu; das gilt zumindest für die Zeit bis zur Hinterlegung der Anteile bei Gericht im März 1983. Die Feststellungen des FG rechtfertigen deshalb unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die Annahme, daß das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen von Anfang an nicht auf die Kläger übergegangen wäre. Das gilt selbst für den Fall, daß nach amerikanischem Zivilrecht die spätere Rückabwicklung des Vertrags zur rückwirkenden Vernichtung des Eigentumsrechts der Kläger geführt haben sollte, da eine solche Rückwirkung jedenfalls steuerrechtlich nicht nachvollzogen werden könnte (vgl. BFH-Beschluß vom 5. März 1981 IV R 150/76, BFHE 132, 563, BStBl II 1981, 435; Jäschke in Lademann, Einkommensteuergesetz, § 17 Anm. 85, m.w.N.).
Eine abweichende Beurteilung dieses Punktes ergibt sich schließlich nicht aus dem Vergleich zwischen den Klägern und M, auf den das FA in diesem Zusammenhang möglicherweise verweisen will. Denn dort ist zwar u.a. davon die Rede, daß die Kläger "keinerlei Eigentum an den Aktien" besessen hätten. Diese Aussage bezieht sich aber erklärtermaßen auf die Zeit "seit Inkrafttreten des Urteils", womit das Urteil des Distriktsgerichts vom 17. Oktober 1984 gemeint ist. Die genannte Passage läßt deshalb nicht den Schluß zu, daß die Vertragsparteien den Erwerb der Anteile für von Anfang an unwirksam erachtet hätten. Demgemäß läßt sich auch hierauf die Annahme des FA, daß die Kläger von vornherein nicht wirtschaftliche Eigentümer der Anteile geworden seien, nicht stützen.
cc) Aufgrund des hiernach vorliegenden Anteilserwerbs waren die Kläger an der S wesentlich beteiligt i.S. des § 17 EStG. Ausweislich des finanzgerichtlichen Urteils hatten sie sämtliche Anteile gemeinschaftlich erworben. Beide Kläger waren daher zu jeweils mehr als einem Viertel Eigentümerder Gesellschaftsanteile, so daß bei jedem von ihnen die gesetzlich vorgegebene Wesentlichkeitsgrenze (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG 1984 und 1985) überschritten war.
dd) Nach den vom FG getroffenen Feststellungen haben die Kläger im Zuge der Rückabwicklung des ursprünglichen Anschaffungsgeschäfts ihre Gesellschaftsanteile auf M zurückübertragen. Dieser Vorgang ist als "Veräußerung" der Anteile i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG anzusehen:
aaa) "Veräußerung" i.S. des § 17 EStG ist nach feststehender höchstrichterlicher Rechtsprechung die entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf einen anderen Rechtsträger (z.B. BFH-Urteil vom 28. Februar 1990 I R 43/86, BFHE 160, 180, BStBl II 1990, 615; Blümich/Ebling, Einkommensteuergesetz und Nebengesetze, § 17 EStG Rz. 130, m.w.N.). Unerheblich ist, ob diese Übertragung freiwillig oder unfreiwillig erfolgt und ob ihr ein Rechtsgeschäft oder z.B. ein hoheitlicher Eingriff zugrunde liegt (Senatsurteil vom 10. Dezember 1969 I R 43/67, BFHE 98, 30, BStBl II 1970, 310; Blümich/Ebling, a.a.O., § 17 EStG Rz. 140, m.w.N.). Sie ist allerdings zu unterscheiden von einer unentgeltlichen Übertragung der Anteile, die nicht zur Gewinnrealisierung führt und demgemäß auch einen einkommensteuerrechtlich erheblichen Verlust nicht auslösen kann (BFH-Urteil vom 17. Juli 1980 IV R 15/76, BFHE 131, 329, BStBl II 1981, 11; Blümich/Ebling, a.a.O., § 17 EStG Rz. 131, m.w.N.).
bbb) Im Streitfall liegen die so beschriebenen Merkmale eines Veräußerungsgeschäfts zum einen insoweit vor, als die zunächst den Klägern zuzurechnenden Gesellschaftsanteile in der Folge auf M übergegangen sind. In diesem Zusammenhang muß nicht die ―vom FG offen gelassene― Frage erörtert werden, ob der Eigentumsübergang auf dem Vergleich zwischen den Klägern und M beruhte oder ob seine Rechtsgrundlage vielmehr entweder das Urteil oder ein sonstiger (konstitutiver) Ausspruch des Distriktsgerichts war. Denn selbst wenn nach dem einschlägigen amerikanischen Recht letzteres der Fall wäre, könnte der Vorgang doch jedenfalls nicht anders als eine Enteignung oder eine Zwangsversteigerung beurteilt werden, die ebenfalls dem bisherigen Eigentümer als "Veräußerung" zugerechnet würde.
ccc) Entgeltlich erfolgt die Übertragung von Gesellschaftsanteilen dann, wenn ihr eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht (BFH-Urteile vom 5. März 1991 VIII R 163/86, BFHE 164, 50, BStBl II 1991, 630, 631; vom 1. August 1996 VIII R 4/92, BFH/NV 1997, 215, 216). Das Gegenstück zur entgeltlichen Veräußerung ist die unentgeltliche Übertragung von Anteilen, die dadurch gekennzeichnet ist, daß der Übertragende dem Empfänger eine freigiebige Zuwendung machen will. Letzteres ist bei Verträgen unter fremden Dritten im allgemeinen nicht anzunehmen, sofern nicht Anhaltspunkte für eine Schenkungsabsicht des übertragenden Vertragspartners bestehen. Deshalb spricht hier eine (widerlegbare) Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts (BFH-Urteil vom 7. März 1995 VIII R 29/93, BFHE 178, 116, BStBl II 1995, 693, 696, m.w.N.)
Im Streitfall handelte es sich bei den Klägern einerseits und M andererseits um fremde Dritte. Eine Schenkungsabsicht der Kläger gegenüber M kann nach den Gesamtumständen des Falles ausgeschlossen werden und wird auch vom FA nicht behauptet. Demgemäß muß hier die genannte Vermutung durchgreifen, daß die Übertragung der Gesellschaftsanteile einerseits und die Zahlung des M andererseits Bestandteile eines nach kaufmännischen Grundsätzen abgewogenen Leistungsaustauschs waren. Das aber ist gerade das entscheidende Merkmal für die Annahme eines entgeltlichen Geschäfts, das deshalb im Streitfall vorliegt.
ddd) Das FG hat seine gegenteilige Entscheidung vor allem damit begründet, daß die Übertragung der Gesellschaftsanteile einerseits und die Zahlung des M andererseits nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis gestanden hätten, sondern voneinander unabhängige Vorgänge gewesen seien: Nach dem Wortlaut des Vergleichs sei die Zahlung des M in Erfüllung des zuvor ergangenen Urteils erfolgt, das aber lediglich eine Schadensersatzverpflichtung des M und nicht die Rückgewähr der Anteile zum Gegenstand gehabt habe. Daraus folge, daß M lediglich den ausgeurteilten Schadensersatz geleistet habe, weshalb seine Zahlung nicht als Gegenleistung für die Anteilsrückgabe gewertet werden könne. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Selbst wenn nämlich die von M erfüllte Zahlungsverpflichtung aus rechtlicher Sicht Schadensersatzcharakter gehabt haben sollte, würde eine isolierte Betrachtung der Anteilsrückgewähr einerseits und der Zahlung andererseits den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht gerecht. Sie würde entweder dazu führen, daß die Rückübertragung der Anteile als unentgeltlich gewertet werden müßte; das wäre deshalb nicht angemessen, weil dann die Kläger den bei ihnen entstandenen Vermögensverlust steuerlich nicht geltend machen könnten, obwohl jegliche Anzeichen für eine freigiebige Zuwendung ―und damit eine private (Mit-) Veranlassung des Verlustes― fehlen. Oder sie könnte andererseits bewirken, daß die Kläger einen Veräußerungsverlust in Höhe der gesamten Anschaffungskosten geltend machen könnten, ohne sich die empfangenen Zahlungen entgegenhalten lassen zu müssen; bei einem solchen Ergebnis, das sich im Fall einer objektiven Wertlosigkeit der Gesellschaftsanteile einstellen würde, könnte der steuerlich anzusetzende den wirtschaftlich erlittenen Verlust ggf. erheblich übersteigen. Vor diesem Hintergrund ist der Senat der Auffassung, daß bei der Beurteilung der Entgeltlichkeit weniger auf die Rechtsnatur der erhaltenen Zahlungen als darauf abzustellen ist, daß die Zahlungen im Hinblick auf die Minderwertigkeit der Anteile geleistet wurden und daß sie die aus dieser Minderwertigkeit resultierende Vermögenseinbuße der Kläger tatsächlich verringert haben. Davon aber kann im Streitfall, was die Zahlungen des M angeht, nach den Feststellungen des FG ausgegangen werden.
In dieser Beurteilung sieht sich der Senat durch den Umstand bestätigt, daß die Auslegung des § 17 EStG sich auch in anderen Zusammenhängen vor allem daran orientiert, den wirtschaftlichen Gehalt jener Vorschrift zur Geltung zu bringen. So hat der BFH beispielsweise eine Übertragung wertloser Anteile zum Preis von 0 DM als entgeltliches Geschäft gewürdigt, da nur so der Wertverlust steuerlich bei demjenigen angesiedelt werden könne, der ihn bei wirtschaftlicher Betrachtung tatsächlich erlitten hat (BFH-Urteil vom 18. August 1992 VIII R 13/90, BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34, 35; BFH in BFH/NV 1997, 215, 216). Ebenso hat er im Zusammenhang mit eigenkapitalersetzenden Darlehen den Begriff "Anschaffungskosten" für Zwecke des § 17 EStG vor allem deshalb extensiv ausgelegt, weil anderenfalls der Verlust eines solchen Darlehens steuerlich unberücksichtigt bleiben müßte und hierdurch das die Einkommensbesteuerung beherrschende Nettoprinzip beeinträchtigt würde (BFH-Urteil vom 10. November 1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348, 349, m.w.N.). In beiden Bereichen geht die Rechtsprechung also dahin, die Zuordnung eines Vermögensverlustes zu einer wesentlichen Beteiligung weniger an dogmatisch-konstruktiven denn an wirtschaftlichen Überlegungen zu orientieren. Diesem Gedanken entspricht es, eine den Verlust kompensierende Zahlung auch dann als Entgelt für die Übertragung anzusehen, wenn es sich aus rechtlicher Sicht um Schadensersatz handelt.
eee) Abgesehen davon wäre zweifelsfrei ein Veräußerungsgeschäft i.S. des § 17 EStG gegeben, wenn die Kläger die Gesellschaftsanteile nicht im Rahmen eines Gewährleistungsverhältnisses "zurückgegeben", sondern zu einem entsprechend geringeren Preis veräußert hätten. Das müßte auch im Fall einer Veräußerung an M gelten. Vor diesem Hintergrund ist es nur konsequent, die hier zu beurteilende Rückgewähr ebenso zu behandeln. Schließlich erscheint eine solche Behandlung auch deshalb sachgerecht, weil sich ein vergleichbarer Vorgang im Anwendungsbereich des § 16 EStG ebenfalls gewinnmindernd auswirken würde und § 17 EStG u.a. eine Gleichstellung des wesentlich Beteiligten mit dem gewerblichen Unternehmer bezweckt (BFH in BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34, 36).
ee) Der Beurteilung des Vorgangs als entgeltliches Veräußerungsgeschäft steht die Rechtsprechung zur rückwirkenden steuerlichen Berücksichtigung von Leistungsstörungen (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1993 VIII R 69/88, BFHE 174, 324, BStBl II 1994, 648, m.w.N.), auf die das FG hingewiesen hat, nicht entgegen. Denn diese Rechtsprechung betrifft allein die Frage, wie sich planwidrige Entwicklungen bei der Erfüllung des Veräußerungsgeschäfts auf die Besteuerung des (ursprünglichen) Veräußerers auswirken. Darum aber geht es im Streitfall nicht. Hier handelt es sich vielmehr um die Besteuerung des (ursprünglichen) Erwerbers, der als Konsequenz der Leistungsstörung die erworbenen Anteile an den Veräußerer zurückgibt. Die damit zusammenhängenden Rechtsfragen werden von der genannten Rechtsprechung nicht erfaßt.
Abgesehen davon ist nicht erkennbar, wie eine Übertragung jener Rechtsprechung auf die vorliegend zu beurteilende Konstellation gestaltet werden könnte. Denn eine Rückbeziehung des Vermögensverlustes auf den Zeitpunkt des Erwerbs müßte steuerrechtlich schon deshalb ins Leere gehen, weil der Anteilserwerb für den Erwerber immer ein neutraler Vorgang ist, also weder zu einem Gewinn noch zu einem Verlust führen kann. Auch eine Teilwertabschreibung auf den Anteil ist im Anwendungsbereich des § 17 EStG nicht möglich, da sie nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens vorgesehen ist, während es hier immer nur um im Privatvermögen gehaltene Anteile gehen kann (Schmidt/Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., § 17 Rz. 16). Es liegt deshalb gerade im System des § 17 EStG begründet, daß Vermögensgewinne und -verluste erst in demjenigen Zeitpunkt erfaßt werden, in dem das Engagement des Gesellschafters bei der Gesellschaft endet. Das muß demgemäß auch in der hier zu beurteilenden Konstellation gelten, so daß der Weg über die steuerliche Rückwirkung des Vermögensverlustes auf den Erwerbszeitpunkt auch unter diesem Gesichtspunkt nicht gangbar ist.
3. Der den Klägern erwachsene Verlust ist hiernach bei der Besteuerung für denjenigen Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem die Anteile an M veräußert worden sind. Die Bestimmung des Veräußerungszeitpunkts richtet sich danach, wann das wirtschaftliche Eigentum vom Veräußerer auf den Erwerber übergeht (BFH-Urteil vom 10. März 1988 IV R 226/85, BFHE 153, 318, BStBl II 1988, 832, 834, m.w.N.). Das wiederum bestimmt sich im Regelfall nach zivilrechtlichen Kriterien (BFH-Urteil vom 16. Mai 1995 VIII R 33/94, BFHE 178, 197, BStBl II 1995, 870). Im Streitfall ist demnach vor allem maßgeblich, wann die Eigentumsrechte an den Anteilen auf M übergegangen sind. Das richtet sich nach dem einschlägigen amerikanischen Recht, zu dessen Inhalt das FG insoweit keine Feststellungen getroffen hat.
Denkbar erscheint in diesem Punkt zunächst, daß der Rechtsübergang erst bei oder nach Abschluß des Vergleichs zwischen den Klägern und M stattgefunden hat. Sofern die Kläger aufgrund des Vergleichs die Anteile mit konstitutiver Wirkung auf M übertragen haben sollten und sofern dies ―was das FG bislang ebenfalls nicht festgestellt hat― im Jahr 1985 geschehen sein sollte, wäre der Veräußerungsverlust diesem Jahr zuzuordnen. Es erscheint aber nicht gänzlich ausgeschlossen, daß nach amerikanischem Recht der Eigentumsübergang sich bereits in dem Zeitpunkt vollzogen hat, in dem das den Klägern günstige Urteil des Distriktsgerichts erging; in diesem Fall wäre der Veräußerungsvorgang zeitlich im Jahr 1984 anzusiedeln. Unter Umständen könnte sogar schon die Hinterlegung der Aktien im Jahr 1983 einen Übergang des Eigentumsrechts bewirkt haben und folglich als Veräußerung anzusehen sein. Vor diesem Hintergrund kann die Frage nach dem maßgeblichen Veräußerungszeitpunkt derzeit nicht abschließend beurteilt werden.
Die hierfür erforderlichen Feststellungen zum Inhalt des amerikanischen Rechts zu treffen, ist Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz (vgl. Senatsurteile vom 9. August 1989 I R 88/85, BFHE 158, 456, BStBl II 1990, 224; vom 30. Mai 1990 I R 97/88, BFHE 160, 567, BStBl II 1990, 875, 876). Demgemäß muß der Rechtsstreit zwecks weiterer Aufklärung dieses Punktes gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückverwiesen werden.
4. Das FG hat sich ―von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig― bislang nicht mit der Frage befaßt, wie der den Klägern entstandene Veräußerungsverlust betragsmäßig zu beziffern ist. Das wird im Rahmen der erneuten Verhandlung und Entscheidung nachzuholen sein. Dabei wird das FG zum einen der Frage nach der Höhe der den Klägern entstandenen Anschaffungskosten nachgehen müssen. Zum anderen wird zu ermitteln sein, zu welchen Zeitpunkten M und sein Vater welche Zahlungen an die Kläger geleistet haben und wie die ―offenbar in US-$ gezahlten― Beträge in DM umzurechnen sind. Sofern es den Verlust aus der Anteilsveräußerung ―in Übereinstimmung mit den Klägern― in zeitlicher Hinsicht dem Veranlagungszeitraum 1984 zuordnet, wird das FG ferner der Frage nachgehen müssen, was es mit dem Betrag von 588 082,07 DM auf sich hat, den die Kläger selbst dem Veranlagungszeitraum 1985 zugeordnet haben. Außerdem wird zu prüfen sein, ob bei der Bemessung des Veräußerungsverlustes auch der Betrag von 3 Mio. US-$ berücksichtigt werden muß, den die Kläger gegenüber den Rechtsanwälten und Maklern erstritten haben. Hierzu weist der Senat ―ohne Bindungswirkung für das FG― darauf hin, daß gerade die im Zusammenhang mit § 17 EStG geltende wirtschaftliche Betrachtungsweise (oben 2. b dd ddd) Anlaß dafür sein könnte, mit dem Vermögensverlust zusammenhängende Erstattungsleistungen Dritter in die Berechnung des steuerlich abzugsfähigen Betrags einzubeziehen.
5. Der Berücksichtigung des den Klägern erwachsenen Veräußerungsverlustes steht, wie das FG zu Recht ausgeführt hat, § 2a Abs. 1 EStG nicht entgegen. Denn für die Streitjahre ist die genannte Vorschrift in ihrer Fassung durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 (HBegleitG 1983) vom 20. Dezember 1982 (BGBl I, 1857, BStBl I, 972) anwendbar, und diese erfaßte Verluste aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nicht. Die nunmehr geltende Regelung in Abs. 1 Nr. 4 des § 2a EStG ist erst durch das Steueränderungsgesetz 1992 (vom 25. Februar 1992, BGBl I, 297, BStBl I 1992, 146) mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum 1992 an geschaffen worden.
6. Schließlich hat das FG zu Recht ausgeführt, daß ein etwa angefallener Veräußerungsverlust der Kläger auch aus doppelbesteuerungsrechtlicher Sicht deren zu versteuerndes Einkommen mindert und nicht lediglich im Rahmen des (negativen) Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden kann. Das ergibt sich aus Art. XV Abs. 1 Buchst. b i.V.m. Art. IX A des im Streitfall einschlägigen Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und einiger anderer Steuern vom 22. Juli 1954 / 17. September 1965 (DBA-USA 1954/65).
a) Nach Art. XV Abs. 1 Buchst. b Nr. 1 Doppelbuchst. aa DBA-USA 1954/65 dürfen nur diejenigen Einkünfte nicht in die Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer einbezogen werden, die erstens aus Quellen in den USA stammen und zweitens in den USA nicht steuerbefreit sind. Im Streitfall muß nicht erörtert werden, unter welchen Voraussetzungen Einkünfte im doppelbesteuerungsrechtlichen Sinne "aus Quellen in den USA" stammen und ob ein von den Klägern erlittener Veräußerungsverlust diese Voraussetzungen erfüllen würde. Denn jedenfalls hat das FG zu Recht ausgeführt, daß ein solcher Verlust deshalb nicht unter die Regelung des Art. XV Abs. 1 b Nr. 1 Doppelbuchst. aa DBA-USA 1954/65 fallen kann, weil Einkünfte eines in Deutschland Ansässigen aus der Veräußerung von Anteilen an einer amerikanischen Kapitalgesellschaft in den USA steuerbefreit sind:
aa) Nach Art. IX A Abs. 1 DBA-USA1954/65 sind Einkünfte, die eine natürliche Person mit Wohnsitz in der Bundesrepublik aus der Veräußerung von Vermögenswerten bezieht, in den USA steuerbefreit. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sieht die Regelung nur für Gewinne aus der Veräußerung von Vermögen vor, das in Art. IX des Abkommens bezeichnet ist. Art. IX A Abs. 1 DBA-USA 1954/65 ist nicht anzuwenden, wenn der veräußerte Gegenstand zu einer amerikanischen Betriebstätte des Veräußerers gehörte (Art. IX A Abs. 3 DBA-USA 1954/65) oder wenn der Veräußerer sich erstens in den USA insgesamt mindestens 183 Tage während des Steuerjahres aufgehalten hat und zweitens der veräußerte Gegenstand nicht länger als sechs Monate in seinem Eigentum stand (Art. IX Abs. 4 DBA-USA 1954/65).
bb) Im Streitfall hatten die Kläger einen Wohnsitz in der Bundesrepublik. Nach den vom FG getroffenen Feststellungen kann ferner davon ausgegangen werden, daß sie sich in beiden Streitjahren weniger als 183 Tage in den USA aufgehalten und die Beteiligung an der S nicht im Rahmen einer amerikanischen Betriebstätte gehalten haben. Schließlich handelte es sich bei einem ihnen entstandenen Verlust um einen solchen, der aus einer Veräußerung von Vermögensgegenständen resultierte. Damit sind in bezug auf die hier interessierenden Einkünfte alle Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung in den USA erfüllt.
b) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, daß Art. IX A Abs. 1 DBA-USA 1954/65 Gewinne aus der Veräußerung des in Art. IX genannten Vermögens ausdrücklich von seinem Anwendungsbereich ausnimmt. Denn Art. IX DBA-USA 1954/65 behandelt lediglich die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen, und zu diesem gehören Anteile an einer Kapitalgesellschaft auch dann nicht, wenn das Vermögen der Kapitalgesellschaft ―wie im Streitfall― überwiegend oder sogar ausschließlich aus Immobilien besteht. Das FG hat hierzu zwar ausgeführt, daß nach dem in den Streitjahren geltenden US-amerikanischen Steuerrecht alle Gewinne aus der Veräußerung von Eigentumsrechten an US-Grundvermögen als US-Quelleneinkommen gelten und daß zum "US-Grundvermögen" in diesem Sinne auch Anteile an einer Kapitalgesellschaft zählen, deren Vermögen zu mehr als 50 v.H. aus US-Grundvermögen besteht (vgl. hierzu Fischer/Töben, Deutsches Steuerrecht 1982, 3, 7 f.). Es hat jedoch andererseits zu Recht darauf hingewiesen, daß diese Systematik nicht in das DBA-USA 1954/65 umgesetzt worden ist. Insbesondere enthält das DBA keine Bestimmung, der sich entnehmen ließe, daß Anteile an einer grundbesitzverwaltenden Kapitalgesellschaft "unbewegliches Vermögen" i.S. des Art. IX seien. Demgemäß unterfällt der Gewinn aus der Veräußerung solcher Anteile nicht Art. IX, sondern Art. IX A DBA-USA 1954/65. Dasselbe muß in bezug auf Veräußerungsverluste gelten.
Die vorstehende Beurteilung entspricht nicht nur der Kommentierung zu der ―mit Art. IX A DBA-USA 1954/65 vergleichbaren― Regelung in Art. 13 des OECD-Musterabkommens (OECD-Kommentar, Art. 13 Nr. 23). Sie wird auch durch eine Verständigungsvereinbarung zwischen der deutschen und der amerikanischen Steuerverwaltung vom 18. Oktober 1965 (abgedruckt bei Debatin/Walter, DBA-USA, C 1.6) gestützt, in der es (unter Nr. 5) heißt: "Es besteht Einverständnis darüber, daß sich die in Art. IX A des Abkommens vorgesehene Befreiung von Veräußerungsgewinnen auf den Verkauf, die Liquidierung oder sonstige Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer Gesellschaft erstreckt." Es mag dahingestellt bleiben, ob sich diese Klarstellung speziell auf die Abgrenzung der Anwendungsbereiche von Art. IX und Art. IX A des Abkommens (und damit auf die Behandlung der hier interessierenden Problematik) bezieht. Denn jedenfalls trifft die genannte Vereinbarung eine klare Aussage zur Behandlung von Anteilsveräußerungen, die einen Vorbehalt in bezug auf Anteile an Grundstücksgesellschaften gerade nicht enthält. Sie ist während der Geltungsdauer des DBA-USA 1954/65 nicht aufgehoben oder abgeändert worden und bestätigt daher die Annahme, daß Anteile an US-Grundstückgesellschaften aus doppelbesteuerungsrechtlicher Sicht ―abweichend von der Perspektive des amerikanischen Rechts― in den Streitjahren nicht zum "unbeweglichen Vermögen" i.S. des Art. IX DBA-USA 1954/65 zählten.
Fundstellen
Haufe-Index 424767 |
BFH/NV 2000, 639 |
BStBl II 2000, 424 |
BFHE 2000, 377 |
BB 2000, 492 |
DStR 2000, 174 |
DStRE 2000, 292 |
HFR 2000, 357 |
StE 2000, 131 |