Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Wer bei Bankumsätzen in fremdem Namen auftritt, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Ziff. 8 UStG in Verbindung mit § 33 UStDB nicht beanspruchen.
Normenkette
UStG § 4 Ziff. 8
Tatbestand
Streitig ist, ob die Steuerpflichtige Geldsortengeschäfte als Eigenhändlerin durchgeführt hat und für diese Umsätze Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 8 UStG beanspruchen kann oder ob sie Vermittlerin für die X-Bank AG (X-Bank) war und umsatzsteuerpflichtige Vermittlungsprovisionen erhalten hat.
Die Steuerpflichtige betreibt in A. ein Reisebüro. Sie unterhält daneben in ihren Räumen ein Büro für Geldsortengeschäfte, das als Wechselstube der X-Bank bezeichnet ist. Auf Antrag der X-Bank erteilte das Wirtschaftsministerium B. dieser die Erlaubnis, in den Räumen der Steuerpflichtigen eine Wechselstube einzurichten. Durch Vertrag vom 24. April 1957 vereinbarten die X-Bank und die Steuerpflichtige, die Wechselstube unter der Bezeichnung "X-Bank AG, Zweigniederlassung K. - Agentur Reisebüro A." zu betreiben. Diese Bezeichnung ist auch auf den beim Devisenverkauf verwendeten Slips enthalten. Der Steuerpflichtigen wurde ferner die Auflage gemacht, an gut sichtbaren Stellen in ihren Räumen einen Hinweis auf die Wechselstube der X-Bank und eine Kurstafel mit den Tageskursen anzubringen. Die Wechselstube wurde von der Steuerpflichtigen betrieben. Sie stellte das erforderliche Betriebskapital. Die für die Bestandshaltung benötigten ausländischen Geldsorten kaufte die Steuerpflichtige entsprechend vertraglicher Vereinbarung bei einer anderen Wechselstube der X-Bank, überschüssige Sorten waren an diese Wechselstube abzuführen. Die Geschäfte wurden zu Kursen abgewickelt, die bei Sortengeschäften zwischen der Zentrale der X- Bank und ihren Wechselstuben zugrunde gelegt wurden. Diese Kurse galten auch für Sortengeschäfte zwischen dem Reisebüro und der Wechselstube. Die X-Bank überließ der Wechselstube ein Kommissionsdepot an ausländischen Reiseschecks (sfr.- und Lire- Schecks) sowie an X-Bank-Inlandreiseschecks.
Die Steuerpflichtige trug das Risiko für alle Geschäfte der Wechselstube (z. B. Ankauf von Falschgeld und gefälschten Reiseschecks, Kassendifferenzen usw.). Sie übernahm auch die Haftung für Bargeldbestände und Reiseschecks. Für den Geschäftsverkehr der Wechselstube mußten die von der X-Bank gelieferten Formulare und Vordrucke verwendet werden. Es galten die Wechselstubenrichtlinien der X-Bank. Die X-Bank war berechtigt, die Wechselstube durch ihren Beauftragten prüfen zu lassen. Die Steuerpflichtige war nach dem Vertrag vom 24. April 1957 verpflichtet, alle für eine solche Prüfung der Wechselstube erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Von dem Nettogewinn, der täglich festgestellt wurde, erhielt die X-Bank bis 1. Januar 1960 x v. H., mit Wirkung vom 1. Januar 1960 Y v. H. Die X-Bank hatte das Recht, den mit den Geschäften der Wechselstube betrauten Angestellten der Steuerpflichtigen seiner Stellung zu entheben, falls er gegen die Devisengesetzgebung oder sonstige, das Geldsortengeschäft betreffende Rechtsnormen verstoßen sollte.
Das Finanzamt war dem Betriebsprüfer folgend der Auffassung, die Steuerpflichtige sei hinsichtlich der Geldsortengeschäfte Vermittlerin für die X-Bank und könne daher für ihre Provisionseinnahmen die Steuerbefreiung nach § 4 Ziff. 8 UStG in Verbindung mit § 33 UStDB nicht beanspruchen, weil sie die Geschäfte nicht im eigenen Namen durchgeführt habe. Durch endgültige Umsatzsteuerbescheide 1959 und 1960 zog das Finanzamt die Steuerpflichtige mit den Provisionseinnahmen zur Umsatzsteuer heran.
Mit der Sprungberufung machte die Steuerpflichtige u. a. geltend, sie habe für die Geldsortengeschäfte das alleinige Geschäftsrisiko getragen. Sie habe daher die Geschäfte für eigene Rechnung abgewickelt. Ein Vermittlungsverhältnis liege aber nur vor, wenn jemand in fremdem Namen und für fremde Rechnung aufgetreten sei. An letzterer Voraussetzung fehle es im Streitfalle.
Die Sprungberufung war erfolglos. Das Finanzgericht war der Ansicht, daß das von der Steuerpflichtigen übernommene Geschäftsrisiko nicht gegen eine Vermittlungstätigkeit spreche.
Mit der Rb. weist die Steuerpflichtige erneut darauf hin, daß sie das alleinige Geschäftsrisiko für das Geldsortengeschäft trage, also nicht für fremde Rechnung, sondern für eigene Rechnung gehandelt habe. Sie führt weiter aus, daß die X-Bank keine Provisionen gezahlt habe. Vielmehr habe sie selbst aus den mit ihrem Kapital erwirtschafteten Kursgewinnen an die X-Bank einen von Jahr zu Jahr verschiedenen Vomhundertsatz als Gegenleistung für die überlassung von Vordrucken, Kurstabellen, Hinweisschildern und ähnlichem gegeben. Das Finanzgericht gehe zu Unrecht davon aus, daß alle Voraussetzungen eines Agenturverhältnisses im Streitfall gegeben seien.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann keinen Erfolg haben, weil die Steuerpflichtige die Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 8 UStG in Verbindung mit § 33 UStDB nicht in Anspruch nehmen kann. Zutreffend geht das Finanzgericht davon aus, daß die Frage, ob jemand als Vermittler oder Eigenhändler aufgetreten ist, entscheidend danach zu beurteilen ist, wie er nach außen den Abnehmern gegenüber auftritt (vgl. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs V 249/59 U vom 22. März 1962, BStBl 1962 III S. 229, Slg. Bd. 74 S. 621; V 214/59 U vom 7. Juni 1962, BStBl 1962 III S. 361, Slg. Bd. 75 S. 262). Den Formulierungen des Vertrags mit der X-Bank kann danach im Streitfalle nicht ein größeres Gewicht beigemessen werden, als der tatsächlichen Abwicklung der Geldsortengeschäfte mit den Kunden der Steuerpflichtigen.
Umsatzsteuerrechtlich ist Vermittler, wer in fremdem Namen und für fremde Rechnung handelt (§ 5 Abs. 3 UStG). Ein Handeln eines Vermittlers in fremdem Namen ist dann gegeben, wenn dem Leistungsempfänger (Kunden) beim Abschluß des Umsatzgeschäfts nach den Umständen des Falles klar ist, daß er zu einem Dritten in unmittelbare Rechtsbeziehungen tritt (vgl. Entscheidung des Bundesfinanzhofs V 98/59 U vom 24. August 1961, BStBl 1961 III S. 492, Slg. Bd. 73 S. 620). Das Finanzgericht hat aus den Umständen des Streitfalles zutreffend angenommen, daß die Steuerpflichtige bei der Abwicklung der Geldsortengeschäfte in fremden Namen aufgetreten ist. Für einen unbefangenen Kunden, der die Geschäftsräume der Steuerpflichtigen betrat, um inländische oder ausländische Zahlungsmittel oder Reiseschecks zu wechseln oder einzulösen, war auf Grund der angebrachten Hinweisschilder und der verwendeten Vordrucke klar ersichtlich, daß die Steuerpflichtige für die X-Bank auftrat.
Die Steuerpflichtige wendet sich hauptsächlich dagegen, daß das Finanzgericht angenommen hat, sie habe Geldsortengeschäfte auch für fremde Rechnung durchgeführt. Das Finanzgericht führt zutreffend mehrere Merkmale an, die dafür sprechen, daß die Steuerpflichtige für Rechnung der X-Bank gehandelt hat. Die Bank hat als Konzessionsinhaberin insbesondere erhebliche Kontrollbefugnisse gegenüber der Steuerpflichtigen ausgeübt. Die Steuerpflichtige mußte größere Anteile an ihrem überschuß an die Bank abführen. Demgegenüber kann dem Umstand, daß die Steuerpflichtige das Geschäftsrisiko getragen hat, im Streitfalle keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden, weil das Geschäftsrisiko auch auf einen Vermittler übertragen werden und weil ferner die Provision eines Vermittlers auch in einem Gewinnanteil bestehen kann.
Für den Streitfall kommt es jedoch nicht entscheidend darauf an, ob die Steuerpflichtige für fremde Rechnung gehandelt hat, denn § 33 UStDB setzt für die Steuerbefreiung nach § 4 Ziff. 8 UStG ausdrücklich voraus, daß ein Unternehmer im eigenen Namen aufgetreten ist. § 33 UStDB entspricht den Besonderheiten des Bankgeschäfts. Beim Bankgeschäft muß die Gewähr gegeben sein, daß jedermann sofort feststellen kann, mit wem er es zu tun hat. Nur für Bankgeschäfte die im eigenen Namen durchgeführt werden, kann gemäß § 33 UStDB die Steuerbefreiung nach § 4 Ziff. 8 UStG gewährt werden. Da im Streitfalle die Steuerpflichtige im fremden Namen, nämlich im Namen der X-Bank aufgetreten ist, kann sie § 4 Ziff. 8 UStG nicht beanspruchen, ohne daß es auf die Frage, ob sie für fremde Rechnung gehandelt hat, noch ankommt.
Fundstellen
Haufe-Index 411917 |
BStBl III 1966, 162 |
BFHE 1966, 452 |
BFHE 84, 452 |