Leitsatz (amtlich)
Wenn neben positiven Einkünften aus Berlin (West) noch andere negative Einkünfte vorliegen, ist der Ermäßigungsbetrag von der Einkommensteuer zu berechnen, die sich für den - nach einem Verlustausgleich zwischen begünstigten und nicht begünstigten Einkünften ermittelten - zu versteuernden Einkommensbetrag aus der Einkommensteuertabelle ergibt.
Normenkette
StErlG 1962 § 1 Abs. 1, § 8 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist die Berechnung der Berliner Steuerpräferenz, wenn neben positiven Einkünften aus Berlin (West) noch andere, und zwar negative Einkünfte vorliegen.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatten 1962 Einkünfte von 196 918 DM, die sich aus positiven Einkünften aus Berlin (West) von 204 691 DM und negativen anderen Einkünften von 7 773 DM zusammensetzten. Bei der Veranlagung für 1962 ermittelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) einen zu versteuernden Einkommensbetrag von 179 136 DM und ermäßigte die dafür nach der Einkommensteuertabelle zu veranlagende Einkommensteuer um 25 v. H. Einspruch und Klage hiergegen, mit denen geltend gemacht wurde, für die Berechnung der Ermäßigung müßten die negativen anderen Einkünfte außer Betracht bleiben, waren erfolglos. Das FG führte im wesentlichen aus:
Wenn sich nach dem Gesetz über Steuererleichterungen und Arbeitnehmervergünstigungen in Berlin (West) i. d. F. vom 26. Juli 1962 - StErlG 1962 - (BStBl I 1962, 1007) die veranlagte Einkommensteuer ermäßige, dann bedeute dies, daß die Ermäßigung nach der Steuer zu berechnen sei, die sich aus der dem EStG beigefügten Einkommensteuertabelle ergebe. Der Begriff der veranlagten Einkommensteuer in § 1 Abs. 1 StErlG 1962 knüpfe an den der zu veranlagenden Einkommensteuer in § 32a Abs. 1 EStG an. Die Anwendung der Einkommensteuertabelle setze die Kenntnis des zu versteuernden Einkommensbetrages voraus. Dieser werde durch die Berechnung ermittelt, bei der positive und negative Einkünfte auszugleichen seien. Demgegenüber laufe das Begehren der Kläger, den auch nach ihrer Ansicht zutreffend ermittelten zu versteuernden Einkommensbetrag für die Berechnung der Ermäßigung um die negativen anderen Einkünfte zu erhöhen, darauf hinaus, die Ermäßigung nicht von der veranlagten, sondern von einer fiktiv höheren Einkommensteuer vorzunehmen. Das sei nicht zulässig. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Aufteilungsvorschrift des § 4 Abs. 1 StErlG 1962. Diese Bestimmung könne nur sinnvoll angewandt werden, wenn in dem Gesamtbetrag der Einkünfte nichtbegünstigte positive Einkünfte enthalten sind.
Mit der unrichtigen Anwendung der §§ 1 Abs. 1, 8 Abs. 2 StErlG 1962 rügenden Revision wird dagegen vorgebracht, wenn das StErlG 1962 in den Fällen, in denen neben Einkünften aus Berlin (West) noch andere Einkünfte erzielt wurden, eine Aufteilung für die Berechnung der Ermäßigung vorsehe, dann müsse das auch gelten, wenn die anderen Einkünfte negativ sind. Die negativen anderen Einkünfte hätten für die Berechnung der Ermäßigung außer Ansatz zu bleiben. Um die so errechnete Ermäßigung sei dann die veranlagte Einkommensteuer zu kürzen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die Auffassung des FG, daß in den Fällen, in denen Einkünfte aus Berlin (West) mit negativen anderen Einkünften zusammentreffen, die Ermäßigung von der Einkommensteuer zu berechnen ist, die für den nach einem Verlustausgleich zwischen begünstigten und nicht begünstigten Einkünften sich ergebenden zu versteuernden Einkommensbetrag aus der Einkommensteuertabelle zu entnehmen ist, ist frei von Rechtsirrtum. Sie geht von einer zutreffenden Auslegung des § 1 Abs. 1 StErlG 1962 aus. Wenn nach dieser Vorschrift "sich die veranlagte Einkommensteuer, soweit sie auf Einkünfte aus Berlin (West) ... entfällt", um einen bestimmten v. H.-Satz ermäßigt, dann wird damit zum Ausdruck gebracht, daß zunächst die Einkommensteuer nach den Vorschriften des EStG zu veranlagen und danach davon die Ermäßigung vorzunehmen ist. Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der Bestimmung, der, worauf die Vorinstanz zutreffend hingewiesen hat, mit der Verwendung des Begriffs der veranlagten Einkommensteuer an die Gesetzessprache des EStG anknüpft. Das folgt auch aus Sinn und Zweck des StErlG 1962, mit dem für Berliner Steuerpflichtige eine Entlastung durch Ermäßigung der nach dem EStG geschuldeten Einkommensteuer bewirkt werden sollte. Dieser Auslegung steht § 4 Abs. 2 StErlG 1962 nicht entgegen. Wenn die Vorschrift die Berechnung der Ermäßigung der Einkommensteuer beim Zusammentreffen von begünstigten und nicht begünstigten Einkünften regelt, dann geht sie, wie aus ihrer Überschrift zu entnehmen ist, ebenfalls von der veranlagten Einkommensteuer aus. Sie ist nicht anwendbar beim Zusammentreffen von positiven begünstigten und negativen nicht begünstigten Einkünften, denn dann ist in der nach den Bestimmungen des EStG veranlagten Einkommensteuer keine Steuer für die nicht begünstigten Einkünfte enthalten.
Fundstellen
Haufe-Index 70409 |
BStBl II 1973, 471 |
BFHE 1973, 93 |