Altersentlastungsbetrag. Ermittlung des Verlustabzugs

Mehrere Finanzgerichte haben sich bereits mit der Frage befasst, ob der Altersentlastungsbetrag in den Rück- bzw. verbleibenden Verlustvortrag miteinzubeziehen ist.

Der Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG ist ein Freibetrag auf bestimmte Alterseinkünfte. Er wird auf Einkünfte gewährt, die keine Versorgungsbezüge und keine Leibrenten sind, und soll bei diesen Einkünften einen Ausgleich dafür schaffen, dass sie in voller Höhe in die Steuerbemessungsgrundlage eingehen. Begünstigt ist, wer vor Beginn des Kalenderjahres das 64. Lebensjahr vollendet hat.

Der Altersentlastungsbetrag beträgt im VZ 2022 14,4 % des Arbeitslohns und der positiven Summe der anderen Einkünfte (höchstens aber 684 EUR), die nicht solche aus nichtselbstständiger Arbeit sind. Er wird für den Arbeitslohn (vor Abzug von Werbungskosten oder des Arbeitnehmer-Pauschbetrags) einerseits und die "positive Summe der anderen Einkünfte" andererseits getrennt ermittelt.

Beispiel: Ermittlung des Altersentlastungsbetrags

Der 65-jährige A hat in 2022 negative Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i. H. v. 1.000 EUR (Bruttoarbeitslohn 7.000 EUR - Werbungskosten 8.000 EUR). Zusätzlich hatte er Renteneinkünfte i. H. v. 800 EUR. Nach Verlustausgleich und Abzug des Altersentlastungsbetrags i. H. v. 684 EUR beträgt der Gesamtbetrag der Einkünfte (G. d. E.) -884 EUR.

Ermittlung des Verlustabzugs

Nach § 10d EStG werden negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des G. d. E. nicht ausgeglichen wurden, rück- bzw. vorgetragen. Nach R 10d Abs. 1 EStR soll der Altersentlastungsbetrag bei der Ermittlung des Verlustabzuge nicht zu berücksichtigen sein.

FG Köln: Erhöhung des Verlusts möglich

Nach Auffassung des FG Köln (Urteil v. 12.12.2018, 10 K 1730/17) ist der Altersentlastungsbetrag in den Rück- bzw. verbleibenden Verlustvortrag miteinzubeziehen und zwar selbst dann, wenn sich hierdurch ein nicht ausgeglichener Verlust weiter erhöht. Dies ergäbe sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 10d EStG, wonach zunächst die negativen Einkünfte mit allen Besteuerungsgrundlagen, die nach § 2 Abs. 3 EStG in den G. d. E. eingehen, auszugleichen sind. Sodann ist von den bei der Ermittlung des G. d. E. nicht ausgeglichen Einkünften der Verlustabzug durchzuführen, vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen.

Da nach § 2 Abs. 3 EStG der Altersentlastungsbetrag bereits in den G. d. E. einfließt, nehme er am Verlustausgleich nicht nur in der Weise teil, dass er mit positiven Einkünften zu verrechnen ist, sondern z. B. auch mit der Wirkung, dass er einen negativen G. d. E. erhöht. § 2 Abs. 3 EStG unterscheide weder für die Ausgangsgröße "Summe der Einkünfte" noch für die "Endgröße Gesamtbetrag der Einkünfte" zwischen positiven und negativen Einkünften. Ein nach Verlustausgleich im Entstehungsjahr verbleibender negativer G. d. E. sei damit die Ausgangsgröße für den allgemeinen Verlustabzug.

Dies habe zwangsläufig zur Folge, dass eine negative "Summe der Einkünfte" durch die Abzugsbeträge zu einem noch höheren negativen "Gesamtbetrag der Einkünfte" führt. Eine andere Beurteilung käme nur dann in Betracht, wenn nach dem Gesetzeswortlaut nur solche negativen Einkünfte in den Verlustabzug Eingang fänden, die bei der Ermittlung der "Summe der Einkünfte (S. d. E)" nicht ausgeglichen würden.

Entlastung für Steuerpflichtige, die nicht Versorgungs- und Rentenempfänger sind

Für diese Beurteilung spricht nach Meinung des FG auch, dass der Altersentlastungsbetrag eingeführt wurde, um eine steuerliche Entlastung derjenigen Steuerpflichtigen zu erreichen, die nicht Versorgungs- und Rentenempfänger sind. Bei diesen Empfängern wird nämlich ein Versorgungsfreibetrag berücksichtigt bzw. es erfolgt eine Ertragsanteilsbesteuerung.

Sowohl die Steuerentlastung bei der Rentenbesteuerung als auch der Versorgungsfreibetrag bleiben auch bei einer negativen S. d. E. erhalten, da beide Komponenten bereits bei der Einkünfteermittlung Berücksichtigung finden und dementsprechend einnahmemindernd in der S. d. E. enthalten sind, unabhängig davon ob diese positiv oder negativ ist.

Daher bleibt dem Stpfl. durch die Berücksichtigung des Altersentlastungsbetrages beim Verlustabzugs auch bei einer negativen S. d. E. lediglich die Steuererleichterung erhalten, die dem Versorgungsempfänger und dem Rentenempfänger dadurch gewährt wird, dass sie an einer anderen Stelle in die Berechnungen einfließen (diese Auffassung bestätigt auch das FG Münster mit Urteil v. 28.2.2018, 9 K 3343/13 E).

Revisionsverfahren beim BFH

Gegen die Entscheidung des FG Köln wurde Revision eingelegt. Der BFH musste aber nicht über die streitige Rechtsfrage entscheiden (Urteil v. 30.6.2020, IX R 3/19), da sich die Klage nicht gegen den Verlustfeststellungsbescheid, sondern gegen den Einkommensteuerbescheid richtete.

Nun hat sich das Thüringer FG (Urteil v. 26.4.2022, 4 K 510/20) aber der Auffassung des FG Köln angeschlossen und die Revision zugelassen. Hier wurde eine Klage gegen den Verlustfeststellungsbescheid eingereicht. Der BFH (Az IX R 7/22 hat nun unter dem über folgenden Rechtsfrage zu entscheiden:

Ist der im Einkommensteuerbescheid angesetzte Altersentlastungsbetrag im Rahmen der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags bei der Bezugsgröße "den bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte" erhöhend zu berücksichtigen?


Schlagworte zum Thema:  Einkommensteuer, Verlustvortrag