Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen zur Beseitigung eines nicht wirksam gewordenen Pachtverhältnisses sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Normenkette
EStG § 9
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Grundstück betreffende Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung behandelt werden können.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte ein im Jahre 1954 erworbenes, etwa 2 500 qm großes Grundstück Kleingärtnern verpachtet. Diese Pachtverträge kündigte der Kläger, nachdem er einem Architekten am 12. Januar 1965 ein unwiderrufliches Angebot auf Abschluß eines Pachtvertrages abgegeben hatte. Es kam zu einem Rechsstreit mit dem Architekten darüber, ob ein rechtswirksamer Pachtvertrag zustande gekommen sei. Im Verlauf dieses Prozesses zahlte der Kläger aufgrund eines Vergleichs dem Architekten im Jahre 1967 10 000 DM. Diese Aufwendungen machte der Kläger zusammen mit seinen Anwaltsgebühren als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, daneben auch die für das Grundstück gezahlte Grundsteuer und eine Landpachtzahlung. Im selben Jahre mußte der Kläger sein Grundstück aus baupolizeilichen Gründen einzäunen lassen, weil die von den Kleingärtnern errichteten behelfsmäßigen Zäune schadhaft geworden waren. Auch die Kosten der Umzäunung sah der Kläger als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) erkannte jedoch diese Aufwendungen als Werbungskosten nicht an, weil kein ausreichender Zusammenhang mit etwaigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestehe.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Durch den Rechtsstreit mit dem Architekten habe sich der Kläger nicht zukünftige Einkünfte aufgrund der mit dem Architekten geführten Pachtvertragsverhandlungen sichern wollen, sondern das freie Verfügungsrecht über das Grundstück. Die weiteren Pläne des Klägers über die Verwendung des Grundstücks seien so wenig konkretisiert gewesen, daß ein ausreichend bestimmter und klar erkennbarer Zusammenhang zwischen etwaigen zukünftigen Einkünften und den mit dem Rechtsstreit in Zusammenhang stehenden Kosten nicht bestehe. Der Kläger habe das Grundstück als Vermögensanlage erworben. Aus diesem Grunde könnten auch die gezahlten Grundsteuern und die Landpachtzahlung nicht als Werbungskosten anerkannt werden. Gleiches gelte für die Umzäunungskosten.
Hiergegen richtet sich die Revision mit folgender Begründung: Die mit dem Rechtsstreit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen seien aufgrund des mit dem Architekten abgeschlossenen Pachtvertrags gezahlt worden. Dieser Vertrag habe die Grundlage späterer Pachteinnahmen bilden sollen. Damit ständen die Zahlungen in einem ausreichenden Zusammenhang mit den zukünftigen Einkünften aus Verpachtung. Von keiner ausschlaggebenden Bedeutung sei die Planung der zukünftigen Grundstücksnutzung nach Abschluß des Vergleichs gewesen. Es stehe fest, daß das Grundstück nicht verkauft werden sollte. Im übrigen bestehe noch immer die Absicht, das Grundstück zu bebauen. Die Umzäunung habe wegen der Kündigung der Kleingärtner erneuert werden müssen. Diese Kündigung aber sei aus Anlaß der mit dem Architekten aufgenommenen Pachtverhandlungen notwendig gewesen und habe die mit dem Abschluß des Pachtvertrags geplanten zukünftigen Pachteinnahmen ermöglichen sollen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG Münster vom 16. April 1970 aufzuheben und die Einkommensteuer für das Jahr 1967 auf 70 692 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Werbungskosten sind gem. § 9 Abs. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der BFH legt den Begriff der Werbungskosten allerdings weit aus und paßt ihn im wesentlichen dem Begriff der Betriebsausgaben an. So hat der Senat im Urteil vom 25. Juli 1972 VIII R 56/68 (BFHE 106, 532, BStBl II 1972, 880) Aufwendungen eines Hauseigentümers in einem Räumungsprozeß gegen seine Mieter als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt, obwohl der Hauseigentümer den Rechtsstreit allein zu dem Zwecke geführt hatte, das Haus zu veräußern. Dem Senat genügte zur Anerkennung der Aufwendungen als Werbungskosten, daß sie im Zusammenhang mit der Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit und damit mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gestanden hatten. Hiernach wären auch die Aufwendungen des Klägers zur Beseitigung der vertraglichen Beziehungen zu dem Architekten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen gewesen, wenn ein Zusammenhang mit diesen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hätte bejaht werden können. Das aber ist nicht der Fall, denn die Rechtsbeziehungen zu dem Architekten haben nicht zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geführt. Das Vorhandensein konkreter Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist allerdings nicht in jedem Fall Voraussetzung für die Anerkennung von Aufwendungen als Werbungskosten bei diesen Einkünften. Es reicht aus, daß die Aufwendungen zur Erlangung zukünftiger Einkünfte vorgenommen werden (vgl. Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 4 [7] zu § 9 EStG, Lieferung 109, und die dort aufgeführte Rechtsprechung). Der Kläger hat die Vergleichssumme aber nicht gezahlt und die Prozeßkosten nicht aufgewandt, um zukünftige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erlangen, sondern gerade dazu, diese Einkünfte zu verhindern. Der Kläger behauptet auch nicht mehr, das Rechtsverhältnis mit dem Architekten zu dem Zwecke beseitigt zu haben, um eine andere Quelle zukünftiger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erlangen. Selbst wenn er jedoch eine Vorstellung über die weitere Verwendung des Grundstücks zur Erlangung von Einkünften gehabt haben sollte, so reichte eine solche unbestimmte Vorstellung, bei der noch alle Möglichkeiten einschließlich der Veräußerung des Grundstücks offenbleiben, nicht aus, um die mit dieser Vorstellung verbundenen Aufwendungen als Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 1973 VIII R 157/70, BFHE 110, 556, BStBl II 1974, 161).
Die Aufwendungen für die Umzäunung des Grundstücks sind ebenfalls keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Sie fielen an, als der Kläger keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung hatte, weil er die Verträge mit den Kleingärtnern gekündigt hatte und ein Pachtvertrag mit dem Architekten noch nicht bestand. Sie waren auch nicht durch die Kündigung der Verträge mit den Kleingärtnern veranlaßt, sondern durch baupolizeiliche Anordnungen aufgrund der mit dem Erwerb des Grundstücks entstandenen Verpflichtung, es zu umzäunen. Sie standen also mit einem Gegenstand der Vermögensanlage in Zusammenhang und können aus den oben dargelegten Gründen nicht als Werbungskosten abgezogen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 71462 |
BStBl II 1975, 663 |
BFHE 1975, 479 |