Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuervergütungsverfahren; Ansässigkeit im Gemeinschaftsgebiet
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung der Begriffe "ansässig" und "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit" (§ 18 Abs. 9 UStG 1993)
Mit dem Verfahren zur Vorsteuervergütung für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Steuerpflichtige nach § 18 Abs. 9 Satz 6 und 7 UStG 1993 i.V.m. §§ 59 ff. UStDV 1993 hat der Gesetz- und Verordnungsgeber Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Art. 1 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG umgesetzt. Die in § 18 Abs. 9 UStG 1993 enthaltenen Begriffe "ansässig" bzw. "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit" sind daher richtlinienkonform auszulegen.
Normenkette
EWGRL 560/86 Art. 1; UStG 1993 § 18 Abs. 9; UStDV § 59; EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach luxemburgischem Recht (S.à.r.l.), betreibt ein Transportunternehmen. Alleinige Gesellschafterin der am 10. Oktober 1995 gegründeten Klägerin ist eine in der Schweiz ansässige Aktiengesellschaft (AG), bei der es sich ebenfalls um ein Transportunternehmen handelt. Geschäftsführer sind zwei in der Schweiz bzw. Italien wohnhafte Angestellte der AG.
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) "domiziliert" am Sitz der Gesellschaft in F Herr D, der nach dem Vorbringen der Klägerin ihre Geschäfte in Luxemburg führt. D hatte die Gründung der Klägerin als Vertreter der Alleingesellschafterin veranlasst. Unter der Adresse der Klägerin haben 13 weitere Gesellschaften, u.a. auch drei Tochtergesellschaften von Schweizer Transportunternehmen, ihren Sitz.
Im April 1997 beantragte die Klägerin beim Beklagten und Revisionskläger (Bundesamt für Finanzen ―BfF―) für 1996 die Vergütung von Vorsteuerbeträgen in Höhe von 11 004,25 DM, die nahezu ausschließlich aufgrund von Aufwendungen für Kraftstoff angefallen waren. Dem Antrag war eine Bescheinigung der Administration de L'Enregistrement et des Domaines des Großherzogtums Luxemburg vom 15. April 1997 beigefügt, wonach die Klägerin der Mehrwertsteuer unterliege. In der Bescheinigung war ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vermerkt.
Im Mai 1998 beantragte die Klägerin die Vergütung von Vorsteuerbeträgen für den Zeitraum 1997 in Höhe von 16 670,98 DM, die ebenfalls im Wesentlichen aufgrund des Bezugs von Kraftstoff angefallen waren. Auch diesem Antrag war eine dem Muster im Anhang B der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige ―Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABlEG) 1979 Nr. L 331, 11― (im Folgenden: Achte Richtlinie 79/1072/EWG) entsprechende Bescheinigung beigefügt.
Die Informationszentrale Ausland (IZA) des BfF erteilte auf Anfrage die Auskunft, die Klägerin unterhalte unter der in der Bescheinigung angegebenen Adresse keinen Telefonanschluss. Lediglich auf den Namen des D sei ein Anschluss angemeldet.
Das BfF kam zu dem Schluss, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass der Sitz ihrer Geschäftsleitung in Luxemburg ―und nicht in der Schweiz― sei; daher seien die Voraussetzungen für die Gewährung der Vorsteuervergütung nach § 59 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV 1993) nicht erfüllt. Es lehnte die Anträge deshalb mit Bescheiden vom 28. Januar 1998 und vom 29. Oktober 1998 ab.
Hiergegen erhob die Klägerin Einsprüche. Im Einspruchsverfahren legte sie zusätzlich eine Bescheinigung der Luxemburger Finanzverwaltung vom 19. Februar 1999 vor, wonach sie "eine Handelsgesellschaft im Sinne des deutsch-luxemburgischen Doppelbesteuerungsabkommens" sei und den "luxemburgischen direkten Steuern" unterliege. Sie trug vor, die Kommission der Europäischen Gemeinschaft, Generaldirektion XXI, Steuern und Zollunion, Steuerpolitik habe auf Anfrage mit Schreiben vom 29. Oktober 1998 mitgeteilt, aus der Achten Richtlinie 79/1072/EWG ergebe sich, dass für die Bescheinigung der Qualität des Steuerpflichtigen die Behörde des Ansässigkeitsstaats zuständig sei. Sofern die Behörden des Erstattungsstaats Zweifel an der Eigenschaft einer natürlichen oder juristischen Person als Steuerpflichtiger hätten, könnten sie über die gemeinschaftsrechtlichen Instrumente der Amtshilfe den Ansässigkeitsstaat bitten, die Verhältnisse der fraglichen Person zu prüfen. Weiter führte die Klägerin aus, die Tatsache, dass sie dieselbe Anschrift habe wie andere Tochterunternehmen schweizerischer Transportunternehmen, erkläre sich daraus, dass Büroräume einer europaweit tätigen Bürogemeinschaft Schweizer Transportunternehmer angemietet worden seien. Für sie, die Klägerin, seien in Luxemburg die für alle Auslandsgeschäfte der klägerischen Unternehmensgruppe zuständigen beiden Geschäftsführer sowie D und noch eine weitere Person tätig, die auch für alle behördlichen Angelegenheiten und die Leitung der Buchhaltung verantwortlich seien. Geschäftsführer in Luxemburg sei D. Zusätzlich arbeiteten vier Deutsche und ein Franzose in Teilzeit als Fahrer am Sitzort, deren Gehalt von der Bürogemeinschaft Schweizer Transportunternehmer abgerechnet werde. Sie, die Klägerin, habe auch einen Telefonanschluss besessen, wie sich aus ihrem Briefkopf ergebe. Unter dieser Telefonnummer sei sie während der üblichen Geschäftszeiten erreichbar gewesen. Die in Luxemburg zugelassenen LKW seien für Aircargo-Paletten eingerichtet und von der zentralen Disposition in der Schweiz speziell für den Luftfrachtverkehr eingesetzt worden. Alle gefahrenen Strecken seien mit der Muttergesellschaft abgerechnet worden. Die Rechnungen würden am Sitz der Klägerin in Luxemburg erstellt und an die Muttergesellschaft geschickt.
Mit Einspruchsentscheidungen vom Juli 1999 wies das BfF die Einsprüche im Wesentlichen mit der Begründung zurück, der Ort der Geschäftsleitung liege in der Schweiz, nicht in Luxemburg; der lediglich rechtliche (statutarische) Sitz reiche nicht aus.
Im Klageverfahren machte die Klägerin ergänzend geltend, sie habe ihre Ansässigkeit in Luxemburg durch die Bescheinigung i.S. des § 61 Abs. 3 UStDV 1993 nachgewiesen. Hieran sei das BfF gebunden.
Das BfF brachte hingegen vor, in Luxemburg habe nur eine sog. Briefkastengesellschaft bestanden. Mit der Bescheinigung nach § 61 Abs. 3 UStDV 1993 erbringe der Antragsteller lediglich den Nachweis, dass er "Mehrwertsteuerpflichtiger" des Sitzstaates sei; dies impliziere nicht zwingend die ―nach § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993) zu prüfende― Unternehmereigenschaft.
Die Klage hatte Erfolg. Zur Begründung führte das FG in seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 166 veröffentlichten Entscheidung zunächst aus, die Klägerin sei Unternehmerin i.S. des § 2 UStG 1993, weil sie im eigenen Namen Verträge abgeschlossen und Leistungen gegenüber ihrer Muttergesellschaft in der Schweiz erbracht habe. Aus diesem Grunde könne dahinstehen, ob der Bescheinigung nach § 61 Abs. 3 UStDV 1993 für die Frage der Unternehmereigenschaft Bindungswirkung zukomme. Nach Aktenlage habe sie auch keine die Durchführung des Vergütungsverfahrens ausschließenden Umsätze im Ausland getätigt. Ausgangspunkt der der Muttergesellschaft in der Schweiz gegenüber erbrachten Umsätze sei überwiegend Luxemburg gewesen. Die Klägerin sei auch im Ausland ansässig und daher berechtigt, am Vorsteuervergütungsverfahren teilzunehmen.
Nach § 51 Abs. 3 Satz 1 UStDV 1993 sei ein im Ausland ansässiger Unternehmer derjenige Unternehmer, der jedenfalls nicht im Inland einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder seine Zweigniederlassung habe. Es sei unstreitig, dass die Klägerin ihren Sitz in Luxemburg habe und auch sonst keinerlei Anknüpfungspunkte zum Inland vorhanden seien.
Die Klägerin sei auch nicht nach § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG 1993 in der für die Antragsjahre geltenden Fassung vom 3. Juni 1995 (vgl. Art. 41 Abs. 6 und Art. 20 Nr. 13 Buchst. d des Gesetzes vom 11. Oktober 1995, BGBl I 1995, 1250) von der Vergütung der Vorsteuern ausgeschlossen. Denn sie sei im Gemeinschaftsgebiet ansässig, weil sie ihren "statutarischen" Sitz i.S. des § 11 der Abgabenordnung (AO 1977) in Luxemburg und damit im Gemeinschaftsgebiet habe. Dies genüge für die Begründung der Ansässigkeit i.S. des § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG 1993. Unabhängig davon sei die Ansässigkeit aber auch aufgrund der Unternehmerbescheinigung nach § 61 Abs. 3 UStDV 1993 zu bejahen, die zumindest die Ansässigkeit aufgrund des Sitzes i.S. des § 11 AO 1977 in dem die Bescheinigung ausstellenden Staat belege.
Mit der Revision rügt das BfF Verletzung von § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG 1993.
Das BfF beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Das FG-Urteil war aufzuheben. Das FG ging zu Unrecht davon aus, die Klägerin sei aufgrund ihres rechtlichen Sitzes in Luxemburg und nicht in der Schweiz ansässig; ihr stehe daher auch die Vergütung der Vorsteuerbeträge auf den Bezug von Kraftstoff zu.
a) Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG 1993 in der für das Antragsjahr geltenden Fassung ab 3. Juni 1995 kann das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Zustimmung des Bundesrats die Vergütung der Vorsteuerbeträge an im Ausland ansässige Unternehmer abweichend von § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG 1993 durch Rechtsverordnung in einem besonderen Verfahren regeln. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in §§ 59 ff. UStDV 1993 Gebrauch gemacht.
Nach § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG 1993 sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge von der Vergütung ausgeschlossen, die u.a. auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen.
b) Zu Unrecht legt das FG die Begriffe "ansässig" bzw. "Sitz" i.S. von § 18 Abs. 9 Sätze 6 und 7 UStG 1993 anhand der Sitz-Regelung in § 11 AO 1977 aus. Nach § 11 AO 1977 hat eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse den Sitz an dem Ort, der durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung, Stiftungsgeschäft oder dergleichen bestimmt ist. Da die in der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige (ABlEG Nr. L 326) ―im Folgenden: Dreizehnte Richtlinie 86/560/EWG) verwendeten Begriffe solche des Gemeinschaftsrechts sind, ist ihre Auslegung am Gemeinschaftsrecht auszurichten.
Das in § 18 Abs. 9 UStG 1993 i.V.m. §§ 59 ff. UStDV 1993 geregelte Vorsteuervergütungsverfahren beruht auf der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 17 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer 77/388/EWG - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABlEG 1977 Nr. L 145, 1) ―im Folgenden: Richtlinie 77/388/EWG―. Danach erfolgen Mehrwertsteuererstattungen bei im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern nach der Achten Richtlinie 79/1072/EWG und ―bei nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern― nach der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG.
Mit dem Verfahren zur Vorsteuervergütung für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Steuerpflichtige nach § 18 Abs. 9 Satz 6 und 7 UStG 1993 i.V.m. §§ 59 ff. UStDV 1993 hat der Gesetzgeber bzw. der Verordnungsgeber Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG umgesetzt. Gemäß Art. 1 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG gilt als nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässiger Steuerpflichtiger derjenige Steuerpflichtige nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, der in diesem Gebiet "weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, noch -in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung- seinen Wohnsitz oder üblichen Aufenthaltsort gehabt hat".
2. Ob die in § 11 AO 1977 umschriebenen Voraussetzungen den gemeinschaftsrechtlichen Begriffsmerkmalen der "Ansässigkeit" bzw. des "Sitzes" i.S. von Art. 1 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG entsprechen, ist im Wege der richtlinienkonformen Auslegung zu ermitteln (vgl. z.B. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ―EuGH― vom 11. Juli 2002 Rs. C-62/00 ―Marks & Spencer―, Slg. 2002, I-6325).
Die genannten Rechtsbegriffe sind in der Rechtsprechung des EuGH bisher noch nicht ausgelegt worden. Der zur Ansässigkeit bedeutsamen Voraussetzung der "festen Niederlassung" ergangenen Rechtsprechung ist aber zu entnehmen, dass diese einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur besitzen muss, die eine Erbringung von Umsätzen ermöglicht (vgl. EuGH-Urteil vom 17. Juli 1997 Rs. C-190/95 ―ARO Lease BV―, Slg. 1997, I-4383 Rn. 16, Umsatzsteuer-Rundschau ―UR― 1998, 185).
Dem steht die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit nach Art. 52 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) nicht entgegen, die an den satzungsmäßigen Sitz einer Gesellschaft anknüpft. Denn die Niederlassungsfreiheit betrifft nur die Zugehörigkeit einer Gesellschaft zur Rechtsordnung eines Mitgliedstaats (vgl. EuGH-Urteile vom 14. Dezember 2000 Rs. C-141/99 ―AMID―, Slg. 2000, I-11619 Rn. 20, und vom 5. November 2002 Rs. C-208/00 ―Überseering BV―, Internationales Steuerrecht ―IStR― 2002, 809), während der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit für die Bestimmung von wirtschaftlichen Folgen (z.B. Ort von Dienstleistungen, Vorsteuervergütungsberechtigung) ausschlaggebend ist.
Der Senat geht davon aus, dass die Auslegung der Tatbestandsmerkmale "ansässig" und "Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit" des Art. 1 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG dem EuGH vorbehalten ist (vgl. Art. 234 EGV). Hierfür könnten folgende Kriterien entscheidungserheblich sein:
- War die Klägerin in den Streitjahren unter ihrer Firma am Sitzort in Luxemburg im Telefonbuch eingetragen?
- Hatte sie unter ihrer Firma Büroräume angemietet?
- Hatte sie Arbeitsverträge abgeschlossen?
- Wo und wann waren etwaige Arbeitnehmer für sie in Luxemburg tätig?
- Wo wurden die Rechnungen für die gegenüber der Muttergesellschaft erbrachten Umsätze erstellt?
- Waren die LKW der Klägerin in Luxemburg zugelassen?
- Wo befand sich der Standort der Fahrzeuge, wenn sie nicht für Transportleistungen eingesetzt wurden?
- Hat die Klägerin in Luxemburg Umsatzsteuererklärungen abgegeben?
- Haben die zuständigen Luxemburger Behörden ihr gegenüber Umsatzsteuerbescheide erlassen?
Der Tatbestand der Vorentscheidung gibt insoweit lediglich den Vortrag der Beteiligten wieder; die erforderlichen Feststellungen muss das FG noch treffen.
3. Der Senat kann auch nicht aufgrund der gemäß § 61 Abs. 3 UStDV 1993 vorgelegten Bescheinigungen der Luxemburger Behörde abschließend entscheiden. Die Frage einer etwaigen Bindungswirkung für das Vorsteuervergütungsverfahren kann vor einer dem EuGH vorbehaltenen Klärung der unter 2. benannten Rechtsbegriffe nicht entschieden werden.
§ 61 Abs. 3 UStDV 1993, der Art. 3 Buchst. b der Achten Richtlinie 79/1072/EWG umsetzt, bestimmt:
"Der Unternehmer muss der zuständigen Finanzbehörde durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist."
Der gemeinschaftsrechtliche Begriff "ansässig" ist noch ungeklärt. Die Beantwortung der Frage einer etwaigen Bindungswirkung hängt damit auch von dem ―noch zu bestimmenden― Inhalt dieses Begriffs bzw. dem des "Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit" ab. Dies folgt auch aus den vorgelegten dem Muster nach Anhang B der Achten Richtlinie 79/1072/EWG entsprechenden Unternehmerbescheinigungen, in denen lediglich der "Sitz" vermerkt ist; sind für den Begriff des "Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit" andere Voraussetzungen zu erfüllen, so spricht dies ggf. gegen eine Bindungswirkung für die Ansässigkeit.
Das BfF bezweifelt, dass der in den vorgelegten Bescheinigungen vermerkte Unternehmenssitz mit dem Ort identisch ist, von dem aus die Klägerin Umsätze erbringt. Aus den Feststellungen der Vorinstanz ist nicht ersichtlich, ob das BfF insoweit von seiner Befugnis Gebrauch gemacht hat, sich an die Behörde des Mitgliedstaats zu wenden, die die Bescheinigung ausgestellt hat, um Informationen einzuholen (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Antonio Saggio vom 13. April 2000 in der Rs. C-136/99 ―Société Monte Dei Paschi Di Siena―, Slg. 2000, I-6111 Randnr. 13). Auch insoweit hat das FG die notwendigen Feststellungen nachzuholen.
4. Schließlich hat das FG nicht festgestellt, dass die Klägerin in den Streitjahren 1996 und 1997 nur vergütungsunschädliche Umsätze ausgeführt hat (vgl. § 59 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStDV 1993). Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin in den Streitjahren in Deutschland für über 11 000 DM bzw. 16 000 DM Kraftstoff eingekauft hat, drängt sich die Frage auf, ob sie auch im Inland steuerbare und steuerpflichtige Beförderungsleistungen erbracht hat.
Das FG hat auch insoweit noch die notwendigen Feststellungen nachzuholen.
Fundstellen
Haufe-Index 976170 |
BFH/NV 2003, 1509 |
BStBl II 2003, 819 |
BFHE 2004, 193 |
BFHE 203, 193 |
BB 2004, 30 |
DB 2003, 2210 |
DStR 2003, 1658 |
DStRE 2003, 1256 |
HFR 2003, 1081 |
UR 2003, 505 |