Leitsatz (amtlich)

1. Umsatzsteuerfreiheit nach § 4 Nr. 18 UStG steht nur den Hausgewerbetreibenden im Sinne des § 2 Abs. 2 HAG zu, nicht aber den nach § 1 Abs. 2 Buchst. b HAG gleichgestellten Personen.

2. Die trotz arbeitsrechtlicher Gleichstellung unterschiedliche umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Hausgewerbetreibenden und der diesen Gleichgestellten ist mit Art. 3 GG vereinbar.

3. Ein Zwischenmeister gibt seine Eigenschaft als bloße Mittelsperson seines Auftraggebers auf, wenn er die von seinem Auftraggeber zur Weitergabe an Heimarbeiter erhaltene Ware vor der Weitergabe in irgendeiner Weise bearbeitet.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 18; UStDB § 44; Heimarbeitsgesetz 1951 (BGBl I 1951, 191) = HAG § 1 Abs. 1 Buchst. b; Heimarbeitsgesetz 1951 (BGBl I 1951, 191) = HAG § 1 Abs. 2 Buchst. b; Heimarbeitsgesetz 1951 (BGBl I 1951, 191) = HAG § 1 Abs. 2 Buchst. d; Heimarbeitsgesetz 1951 (BGBl I 1951, 191) = HAG § 2 Abs. 2; Heimarbeitsgesetz 1951 (BGBl I 1951, 191) = HAG § 2 Abs. 3

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Stpfl.) ist Schneidermeister. Im Jahre 1960 erwarb er einen Damenoberbekleidungsbetrieb, den er in seiner zugleich erworbenen Wohnung weiterführte. Er arbeitete im wesentlichen für zwei Auftraggeber, mit denen er in ständigem Geschäftsverkehr stand und denen er den Absatz der hergestellten Kleidung überließ. Er selbst arbeitete am Stück wesentlich mit. In seinem Betrieb beschäftigte er durchschnittlich 16 fremde Hilfskräfte. Außerhalb des Betriebs beschäftigte er vier weitere, als Heimarbeiter bezeichnete Personen mit Nebenarbeiten an vorher im Betrieb vorbereitetem Material, insbesondere mit dem Zusammennähen von zugeschnittenen Stoffen. Die an ihn zurückgegebenen Stücke ließ er dann in seinem Betrieb zu Ende fertigen.

Der Stpfl. wurde vom zuständigen Heimarbeitsausschuß durch Beschluß vom 20. Juni 1961 den in Heimarbeit Beschäftigten (§ 1 Abs. 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 -- HAG --, BGBl I 1951, 191) gleichgestellt, und zwar nach § 1 Abs. 2 Buchst. b HAG als Hausgewerbetreibender, der mit mehr als zwei fremden Hilfskräften arbeitet, und nach § 1 Abs. 2 Buchst. d HAG als Zwischenmeister.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) veranlagte den Stpfl. für den Veranlagungszeitraum 1962 entsprechend der Steuererklärung, in der dieser sich als sogenannter gleichgestellter Hausgewerbetreibender bezeichnete und sich für nicht berechtigt hielt, Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 18 UStG zu beanspruchen.

Gegen den Steuerbescheid legte der Stpfl. Einspruch ein und beanspruchte nunmehr Umsatzsteuerfreiheit mit der Begründung, gleichgestellte Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister seien nicht anders zu behandeln, als Hausgewerbetreibende im eigentlichen Sinne, also umsatzsteuerrechtlich denen, die mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften arbeiten, gleichzusetzen.

Einspruch und Berufung blieben erfolglos.

Mit der Rb. rügt der Stpfl. unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Er führt aus: § 44 UStDB, der zu § 4 Nr. 18 UStG ergangen sei, spreche nur von Hausgewerbetreibenden und Zwischenmeistern "im Sinne des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951". Das HAG kenne nur einen einheitlichen Begriff des Hausgewerbetreibenden. Lediglich wegen der Zuordnung dieses Begriffs zum Heimarbeitsrecht sei er in solche mit nicht mehr als zwei und solche mit mehr als zwei fremden Hilfskräften unterteilt. Das FG habe rechtsirrtümlich angenommen, daß die Worte "im Sinne des Heimarbeitsgesetzes vom ..." nur in Verbindung mit der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 2 HAG zu verstehen seien, wo es heißt: "Hausgewerbetreibender im Sinne dieses Gesetzes ist, wer ... mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften ..." arbeitet. Die unterschiedliche Behandlung der gleichgestellten und eigentlichen Hausgewerbetreibenden verstoße auch gegen Art. 3 GG. Die Gleichgestellten könnten nämlich ebensowenig die Umsatzsteuer überwälzen wie die eigentlichen Hausgewerbetreibenden. Auch dürfe die umsatzsteuerrechtliche Behandlung nicht anders sein wie bei der Gewerbesteuer. Dort würden die eigentlichen und die gleichgestellten Hausgewerbetreibenden unterschiedslos begünstigt. Das FG könne auch nicht zu dem Ergebnis kommen, er sei nicht Zwischenmeister. Der BFH habe nämlich in dem Urteil IV 154/61 U vom 7. Februar 1963 (BFH 76, 399, BStBl III 1963, 146), das in seiner Gewerbesteuersache 1957 ergangen sei, festgestellt, er sei gleichgestellter Hausgewerbetreibender und Zwischenmeister. Der Stpfl. legte zur Untermauerung seiner Rechtsauffassung zwei gutachtliche Stellungnahmen vor zu den Fragen: a) Sind Hausgewerbetreibende nach § 1 Abs. 2 Buchst. b HAG 1951 "Hausgewerbetreibende im Sinne dieses Gesetzes" bzw. des § 44 UStDB? und b) Sind die Finanzbehörden berechtigt, die Gleichstellung der Hausgewerbetreibenden nicht anzuerkennen?

 

Entscheidungsgründe

Die Rb., die nach dem Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 als Revision zu behandeln ist (§ 184 Abs. 2, §§ 115 ff. FGO), ist unbegründet.

Die Entscheidung des FG zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der sogenannten gleichgestellten Hausgewerbetreibenden entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats. Die Ausführungen des Stpfl. zu dieser Frage geben dem Senat auch nach erneuter Prüfung der Rechtslage keinen Anlaß, von seiner in den Urteilen V 53/54 U vom 17. Mai 1955, (BFH 61, 54, BStBl III 1955, 218) und V 152/60 vom 18. Juni 1964 (Steuerrechtsprechung in Karteiform -- StRK -- Umsatzsteuergesetz § 4 Ziff. 18, Rechtsspruch 11) dargelegten Rechtsauffassung abzuweichen. Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, daß die arbeitsrechtliche Gleichstellung von Unternehmern, die mehr als zwei fremde Hilfskräfte beschäftigen, mit den Hausgewerbetreibenden nicht bewirkt, daß diese Unternehmer auch auf dem Gebiete des Umsatzsteuerrechts als Hausgewerbetreibende im Sinne des HAG und damit im Sinne von § 44 UStDB zu behandeln sind. Denn der Begriff "Hausgewerbetreibender" ist in § 2 Abs. 2 HAG durch das Gesetz bestimmt und setzt voraus, daß "mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften" gearbeitet wird. Der Stpfl. hat aber durchschnittlich 16 fremde Hilfskräfte in seinem Betrieb beschäftigt. Soweit der Stpfl. auf die Gewerbesteuer verweist, übersieht er, daß dort -- im Gegensatz zur Umsatzsteuer -- vom Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt ist, die gleichgestellten Personen wie die eigentlichen Hausgewerbetreibenden zu begünstigen. Eine derartige Gesetzesänderung war zwar für die Umsatzsteuer im ursprünglichen Entwurf des Elften Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vorgesehen (vgl. Drucksache 1403 des Deutschen Bundestags 3. Wahlperiode), ist aber nicht Gesetz geworden. Hieraus ergibt sich, daß die Umsatzsteuerbefreiung der gleichgestellten Personen nur durch eine Änderung der umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften möglich wäre.

Eine Verletzung des Art. 3 GG liegt nicht vor. Es besteht nämlich ein erheblicher Unterschied, ob ein Unternehmer nicht mehr als zwei, oder aber, wie der Stpfl., etwa 16 fremde Hilfskräfte beschäftigt. Wenn deshalb umsatzsteuerrechtlich die eigentlichen Hausgewerbetreibenden anders behandelt werden als die nur arbeitsrechtlich Gleichgestellten, so wird damit nicht Gleiches ungleich, sondern Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit verschieden behandelt. Auch der Umstand, daß eine Überwälzung der Umsatzsteuer bei den Gleichgestellten ebensowenig möglich sei wie bei den echten Hausgewerbetreibenden, verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Denn der Gesetzgeber hat die Überwälzbarkeit der Umsatzsteuer nicht zur Voraussetzung der Umsatzbesteuerung gemacht. Insoweit wird auf das Urteil des Senats V 69/53 S vom 25. September 1953 (BFH 58, 109, BStBl III 1953, 332) verwiesen.

Das FG hat den Stpfl. für seine im Jahre 1962 ausgeübte Tätigkeit zu Recht nicht als Zwischenmeister im Sinne des HAG und damit von § 44 UStDB angesehen.

Zwischenmeister im Sinne des HAG ist, "wer, ohne Arbeitnehmer zu sein, die ihm von Gewerbetreibenden übertragene Arbeit an Heimarbeiter oder Hausgewerbetreibende weitergibt" (§ 2 Abs. 3 HAG). Zwischenmeister ist hiernach eine zwischen Auftraggeber und Heimarbeiter oder Hausgewerbetreibenden stehende Mittelsperson, deren Tätigkeit darin besteht, die Vergabe von Heimarbeit zu organisieren, die geeigneten Beschäftigten auszusuchen, die Arbeitsergebnisse zu kontrollieren und anstelle des Auftraggebers die meisten seiner Funktionen auszuüben (vgl. Fitting-Karpf, Heimarbeitsgesetz, 1953, Anm. H zu § 2 HAG, und Maus, Heimarbeitsgesetz, 2. Aufl., § 2 HAG Rdnr. 33). Der Mittelsmann verliert die Eigenschaft als Zwischenmeister, wenn er die vom Auftraggeber erhaltene Ware vor ihrer Weitergabe an die Heimarbeiter in irgendeiner Weise bearbeitet (vgl. insoweit die Ausführungen im Urteil des Senats V 27/59 vom 23. Februar 1961 in HFR 1961, 186, StRK, Umsatzsteuergesetz, § 4 Ziff. 18, Rechtsspruch 7). So ist es im Streitfall. Soweit der Stpfl. auf das in seiner Gewerbesteuersache 1957 ergangene Urteil IV 154/61 U a. a. O. verweist, übersieht er, daß dort ein Sachverhalt des Jahres 1957 zu beurteilen war, während im vorliegenden Fall über den im Jahre 1960 erworbenen "Zwischenmeisterbetrieb" zu entscheiden ist. Im übrigen ist in dem angeführten Urteil der Stpfl. als "anderer im Lohnauftrag arbeitender Gewerbetreibender im Sinn des § 1 Abs. 2 Buchst. c HAG" Gleichgestellter angesehen worden.

Nach alledem war die Vorentscheidung zu bestätigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412644

BStBl III 1967, 741

BFHE 1967, 399

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