Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonstiges Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der gemäß § 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 10. März 1949 fortgeschriebene Einheitswert eines Ruinengrundstücks bezieht sich auf den Grund und Boden einschließlich des zerstörten oder nicht mehr benutzbaren Gebäudes.

Befindet sich ein Ruinengrundstück am Stichtag im Wiederaufbau, so ist § 33a Absatz 3 RBewDVO anzuwenden.

Wird eine stehengebliebene Ruine für den Wiederaufbau verwendet, so ist ihr Wert nicht den Kosten für das im Bau befindliche Gebäude hinzuzurechnen.

 

Normenkette

FortschrG § 2/1; BewDV § 33a; BewG § 91

 

Tatbestand

Die Beschwerdegegnerin (Bgin.), eine Wohnungs- und Siedlungs-GmbH, ist Eigentümerin eines infolge Kriegssachschadens nicht mehr benutzbaren Mietwohngrundstücks. Am 21. Juni 1948 befand sich das Ruinengrundstück im Wiederaufbau. Der Einheitswert des Grundstücks wurde vom Finanzgericht für den 21. Juni 1948 gemäß § 2 Absatz 1 des Gesetzes betreffend Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes auf den 21. Juni 1948 vom 10. März 1949 (Steuer- und Zollblatt 1949 S. 109) fortgeschrieben, wobei nur der Wert des Grund und Bodens angesetzt wurde. Gleichzeitig wurde für den bis 21. Juni 1948 durchgeführten Wiederaufbau auf Grund des § 33a Absatz 3 der Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz (RBewDVO) ein besonderer Einheitswert für die Vermögensteuer in Höhe der bis zum Feststellungszeitpunkt zur Wiedererrichtung des Gebäudes gemachten Aufwendungen festgestellt. Hierbei sind die bis zum Stichtage ausgeführten Bauarbeiten nach den Wertverhältnissen vom 1. Januar 1935 (Baukosten-Index von 130 v. H. der Kosten 1913/14) angesetzt worden. Das Finanzamt bekämpft in der Rechtsbeschwerde (Rb.) die Höhe dieses besonderen Einheitswertes. Es ist der Ansicht, daß für die Ermittlung des besonderen Einheitswertes nach § 33 a Absatz 3 a. a. O. nicht nur die baren Aufwendungen der Bgin., sondern auch die stehengebliebenen, in den Wiederaufbau einbezogenen Ruinenteile zu berücksichtigen seien.

 

Entscheidungsgründe

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Rb. ist nicht begründet.

Nach § 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 10. März 1949 wird, wenn bei bebauten Grundstücken die Gebäude durch Kriegseinwirkung zerstört oder infolge von Kriegssachschäden nicht mehr benutzbar sind, nur der Wert des Grund und Bodens angesetzt. Hieraus folgt jedoch nicht, daß das Grundstück seinen früheren Charakter als bebautes Grundstück verloren hat und unbebautes Grundstück geworden ist. Auch wenn im Rahmen der Mindestbewertung eines bebauten Grundstücks nach § 52 Absatz 2 RBewG nur der Grund und Boden bewertet wird, bleibt das Grundstück ein bebautes Grundstück. Entsprechendes gilt für die Bewertung von Ruinengrundstücken gemäß § 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 10. März 1949. Der für ein Ruinengrundstück fortgeschriebene Einheitswert gilt somit für die wirtschaftliche Einheit des Grund und Bodens einschließlich des zerstörten oder nicht mehr benutzbaren Gebäudes. Nicht mehr benutzbar ist nicht gleichbedeutend mit nicht mehr verwertbar. Nicht mehr benutzbar ist das Gebäude für seine ursprüngliche Zweckbestimmung. Das schließt nicht aus, daß z. B. bei dem Abbruch einer Ruine noch verwertbare Bestandteile, z. B. Ziegel usw., gewonnen werden können. Im Streitfalle liegt es nicht so, daß die Ruine abgerissen wurde und die gewonnenen Materialien beim Wiederaufbau Verwendung fanden, sondern die noch brauchbaren Ruinenteile blieben stehen und wurden in den Wiederaufbau einbezogen. Die Rb. meint, daß der Grundsatz des § 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 10. März 1949 über Nichtberücksichtigung der unbenutzbaren Gebäudeteile nur solange gelte, als der Grund und Boden samt der Ruine als eine wirtschaftliche Einheit, und zwar eine wirtschaftlich wertlose Einheit anzusehen sei. Das ist nicht zutreffend. Die wirtschaftliche Einheit zwischen Grund und Boden und aufstehender Ruine wird nicht schon dadurch beseitigt, daß in der Ruine Wiederaufbauarbeiten begonnen werden. Auch stellt ein Ruinengrundstück nicht ohne weiteres eine wirtschaftlich wertlose Einheit dar. Gehören hiernach die stehengebliebenen Ruinenteile zu der wirtschaftlichen Einheit des nach § 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 10. März 1949 fortgeschriebenen Einheitswertes, so sind sie in diesem auch dann enthalten, wenn für die wirtschaftliche Einheit nur der Wert des Grund und Bodens anzusetzen war. Dann ist es aber nicht gerechtfertigt, die Einbeziehung der Ruinenteile in den Wiederaufbau über Baukosten für den besonderen Einheitswert nach § 33 a Absatz 3 RBewDVO zu berücksichtigen. Wie die Rechtslage zu beurteilen wäre, wenn die Ruine abgerissen wäre, und die hierbei gewonnenen Mauersteine beim Wiederaufbau eingebaut würden, braucht nicht entschieden zu werden, da dieser Fall hier nicht vorliegt. Das Finanzamt besorgt, daß die hier vertretene Auffassung zu einer Ungleichmäßigkeit in der Besteuerung führen würde, insofern der Eigentümer einer noch verwertbaren Ruine einen niedrigen, der Eigentümer einer nicht mehr verwertbaren Ruine dagegen einen hohen Einheitswert erhalten würde. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Gesetzgeber im § 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 10. März 1949 nicht auf die mehr oder weniger große Verwertbarkeit der Ruinen, sondern ausschließlich auf die Benutzbarkeit der Gebäude abgestellt hat. Ferner handelt es sich hier nur um den besonderen Einheitswert nach § 33 a Absatz 3 RBewDVO, der lediglich bis zur Höhe der aufgewendeten Baukosten für die besonderen Zwecke der Vermögensteuer festzustellen ist. Nach Beendigung des Wiederaufbaues wird durch Wert- bzw. Wert- und Artfortschreibung die Gleichmäßigkeit der allgemeinen Einheitswerte sichergestellt werden können.

Die Rb. war hiernach als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407313

BStBl III 1952, 3

BFHE 1953, 5

BFHE 56, 5

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