Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die ertragsteuerliche Auswirkung, die sich wegen des nach § 80 EStDV zugelassenen Bewertungsabschlags für bestimmte Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens ausländischer Herkunft (Importwaren) ergibt, ist auf den Teilwert dieser Waren ohne Einfluß.

Die mit der Auflösung des Bewertungsabschlags zusammenhängenden Ertragsteuern können vor ihrer Entstehung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Betriebsschuld berücksichtigt werden.

 

Normenkette

BewG §§ 12, 10, 62, 103, 66, 109; BewDV § 53a

 

Tatbestand

Streitig ist, ob zur Ermittlung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs der Abzug einer Steuerbelastung, die sich durch Auflösung des Bewertungsabschlags nach § 80 EStDV ergeben würde, zulässig ist.

Die Revisionsklägerin hat in ihrer Steuerbilanz zum 31. Dezember 1959 bei der Bewertung von Importwaren einen Abschlag gemäß § 80 EStDV 1958 vorgenommen. Diesen Abschlag übernahm sie zwar nicht in ihre Vermögensaufstellung auf den 1. Januar 1960; sie machte jedoch den Abzug von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer geltend, die nach ihrer Auffassung bei Auflösung des Bewertungsabschlags entstehen würden. Das Finanzamt (FA) ließ bei der Ermittlung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs auf den 1. Januar 1960 unter Hinweis auf Abschn. 45 Abs. 4 VStR 1960 (Bewertung der Darlehen nach § 7 c und § 7 d des Einkommensteuergesetzes - EStG -) hierfür keinen Schuldposten zu.

Mit der Sprungberufung machte die Revisionsklägerin geltend, die Rechtsprechung des BFH zu den 7 c)- Darlehen könne im Streitfall nicht angewendet werden, weil diese Darlehen den Vorteil der Abzinsung hätten. Werde der Abschlag nach § 80 EStDV nicht berücksichtigt, ergebe sich ein Gewinn, der sowohl der Körperschaftsteuer als auch der Gewerbesteuer unterliege. Ein Erwerber des Unternehmens würde diese Tatsache der Belastung, die sich bei Auflösung des Warenabschlags ergebe, berücksichtigen. Die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer seien Betriebsschulden, die den Wert des Unternehmens für einen Erwerber minderten.

Die Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die Entscheidung, die in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1963, 551, veröffentlicht wurde, führte u. a. aus, der für die Steuerbilanz in § 80 EStDV zugelassene Bewertungsabschlag sei für die Einheitsbewertung des gewerblichen Betriebs ohne Bedeutung. Dieser Abschlag habe lediglich den Zweck, das erhebliche Risiko, das die Lagerung von Importwaren wegen der schwankenden Weltmarktpreise mit sich bringe, in der Weise zu berücksichtigen, daß Gewinne so lange nicht erfaßt würden, als die Veräußerung der Importwaren für ein den Bewertungsabschlag einschließendes Entgelt nicht stattgefunden habe. Der Abschlag bezwecke somit nicht, der Ermittlung des richtigen Teilwerts zu dienen. Bei der Ermittlung des Teilwerts der Importwaren, für den grundsätzlich der Stichtagspreis maßgebend sei, sei zutreffenderweise der Bewertungsabschlag unberücksichtigt geblieben. Ebensowenig seien die mit dem Bewertungsabschlag zusammenhängenden Ertragsteuern unter dem Gesichtspunkt des Schuldenabzugs abzugsfähig. Ein Abzug erst in Zukunft entstehender Schulden, um die es sich hier handle, sei unzulässig.

 

Entscheidungsgründe

I. -

II. -

Die Vorinstanz ging zutreffend davon aus, daß der nach § 80 EStDV 1958 zugelassene Bewertungsabschlag für bestimmte Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens ausländischer Herkunft (Importwaren) nicht der Ermittlung des Teilwerts, sondern steuer- und wirtschaftspolitischen Zwecken dient. Dies kommt in § 80 EStDV auch ausdrücklich zum Ausdruck, indem dort angeordnet ist, daß bestimmte Wirtschaftsgüter statt mit dem sich nach § 6 Abs. 1 Ziff. 2 EStG ergebenden Wert mit einem niedrigeren Wert anzusetzen sind. Nach § 66 Abs. 1 BewG in der am hier maßgebenden Stichtag geltenden Fassung sind die zu einem gewerblichen Betrieb gehörigen Wirtschaftsgüter - mit bestimmten hier nicht interessierenden Ausnahmen - mit dem Teilwert anzusetzen. Da der Bewertungsabschlag nach § 80 EStDV den Teilwert der Importwaren nicht unmittelbar betrifft, hat die Vorinstanz geprüft, ob, wie die Revisionsklägerin vortrug, der Teilwert dadurch beeinflußt wird, daß bei Auflösung des Bewertungsabschlags Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer entstehe; die Revisionsklägerin wandte nämlich ein, ein Erwerber ihres Unternehmens würde diesen Umstand bei der Bemessung des Entgelts berücksichtigen. Die Vorinstanz hat die Frage ohne Rechtsirrtum verneint. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde unter der Voraussetzung, daß er das Unternehmen fortführt (§ 12 BewG 1934). Hiernach deckt sich der Teilwert eines Wirtschaftsguts in der Regel mit den Wiederbeschaffungskosten gleicher Art und Güte. Dies gilt insbesondere für die im Streitfall zu bewertenden Waren des Vorratsvermögens (Importwaren). Steuerliche Belastungen, die sich bei der Veräußerung dieser Waren ergeben, berühren und mindern den Teilwert nicht. Mit Recht weist die Vorentscheidung darauf hin, daß die Belastung mit den angeführten Steuern für den Erwerber des Unternehmens nur dann von Bedeutung wäre, wenn er selbst für diese Steuern einstehen müßte. Daß dies nicht der Fall ist, hat die Vorinstanz zutreffend dargelegt. Sie führte hierzu aus, es komme wegen des Bewertungsabschlags überhaupt kein steuerpflichtiger Gewinn und damit auch keine entsprechende Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer in Betracht, wenn der Revisionskläger dem Erwerber des Unternehmens die Importwaren zu einem um den Bewertungsabschlag geringeren Preis überlasse. Habe der Erwerber aber einen den Bewertungsabschlag einschließenden Preis zu bezahlen, so stelle der Teil des Entgelts, der auf die Abgeltung des Bewertungsabschlags entfalle, eine der Ertragsbesteuerung unterliegende Betriebseinnahme der Revisionsklägerin dar, für die sie selbst und nicht der Erwerber des Unternehmens die Steuer zu entrichten habe. Diese bei der Revisionsklägerin anfallenden Steuern gäben einem Erwerber des Unternehmens, den sie nicht belasten, keine Veranlassung, den Kaufpreis für das Unternehmen zu mindern. Diesen Ausführungen der Vorinstanz stimmt der Senat zu. Die ertragsteuerliche Auswirkung, die sich wegen des nach § 80 EStDV zugelassenen Bewertungsabschlags für bestimmte Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens ausländischer Herkunft (Importwaren) ergibt, ist somit auf den Teilwert dieser Waren ohne Einfluß.

III. - Der Vorentscheidung ist auch darin zuzustimmen, daß die mit der Auflösung des Bewertungsabschlags zusammenhängenden Ertragsteuern vor ihrer Entstehung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Betriebsschuld berücksichtigt werden können. Der Abzug von Steuerschulden ist nach § 53 a BewDV a. F., der für den hier maßgebenden Feststellungszeitpunkt noch in Kraft und auch rechtsgültig war (vgl. Urteil des BFH III 94/61 U vom 30. April 1965, BFH 82, 425, BStBl III 1965, 402 und die dort unter I. angeführte Rechtsprechung), für laufend veranlagte Steuern u. a. davon abhängig, daß die Steuern entweder spätestens im Feststellungszeitpunkt fällig geworden sind oder bei späterer Fälligkeit für einen Zeitraum erhoben werden, der spätestens im Feststellungszeitpunkt geendet hat. Unabhängig von dieser Bestimmung ist aber weitere Voraussetzung für den Abzug einer Steuerschuld wie für jede andere Schuld, daß sie am Stichtag bereits entstanden ist (§ 62 BewG 1934). Eine Steuerschuld entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Steuer knüpft (§ 3 Abs. 1, Abs. 5 Nrn. 1 und 3 StAnpG). Bei der Ertragsbesteuerung ist der Bewertungsabschlag für den mit dem 31. Dezember 1959 endenden Veranlagungszeitraum zugelassen worden. Die Gewährung des Bewertungsabschlags hat zur Folge, daß ein Gewinn in Höhe des Abschlags und damit entsprechende Ertragsteuern zum Abschlußzeitpunkt (31. Dezember 1959) nicht zur Entstehung gelangt sind. Die Vorinstanz hat damit zu Recht einen Schuldabzug unter dem Gesichtspunkt einer Steuerschuld versagt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412421

BStBl III 1967, 284

BFHE 1967, 139

BFHE 88, 139

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