Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Aktienoptionen als Arbeitslohn bei einem beschränkt Steuerpflichtigen
Leitsatz (amtlich)
1. Wird einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses ein nicht handelbares Optionsrecht auf den späteren Erwerb von Aktien zu einem bestimmten Übernahmepreis gewährt, so liegt darin zunächst nur die Einräumung einer Chance. Ein geldwerter Vorteil fließt dem Berechtigten erst zu, wenn dieser die Option ausübt und der Kurswert der Aktien den Übernahmepreis übersteigt (Bestätigung des BFH-Urteils vom 10. März 1972 VI R 278/68, BFHE 105, 348, BStBl II 1972, 596, und des BFH-Beschlusses vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BFHE 189, 403, BStBl II 1999, 684).
2. § 19a Abs. 6 Satz 5 EStG 1984 findet nur auf im Inland börsennotierte Aktien und damit nicht auf nicht handelbare Aktienoptionsrechte Anwendung (Bestätigung des BFH-Beschlusses vom 8. August 1991 VI B 109/90, BFHE 165, 101, BStBl II 1991, 929).
3. Das Optionsrecht wird regelmäßig nicht gewährt, um dadurch in der Vergangenheit erbrachte Leistungen abzugelten, sondern um eine zusätzliche besondere Erfolgsmotivation für die Zukunft zu verschaffen. Soweit die von dem begünstigten Arbeitnehmer in dem Zeitraum zwischen der Gewährung und der Ausübung des Optionsrechts bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wegen einer Auslandstätigkeit nach Abkommensrecht steuerfrei sind, ist deshalb auch der bei Ausübung des Optionsrechts zugeflossene geldwerte Vorteil anteilig steuerfrei.
4. Das anteilige deutsche Besteuerungsrecht wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer nach Gewährung, aber vor Ausübung des Optionsrechts von der unbeschränkten in die beschränkte Steuerpflicht gewechselt ist.
5. Wird das Optionsrecht von einem Dritten (hier: einer ausländischen Konzernobergesellschaft) gewährt und hat der Arbeitgeber (hier: die inländische Konzerntochtergesellschaft) von dieser Zuwendung keine konkrete Kenntnis, ist der Arbeitgeber gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht zum Einbehalt der bei Ausübung des Optionsrechts auf die Zuwendung entfallenden Lohnsteuer verpflichtet.
Normenkette
EStG 1990 § 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 38 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 4, § 50 Abs. 5 S. 1; EStG 1984 § 19a Abs. 6 S. 5; DBA ESP Art. 15 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war nichtselbständig bei einer inländischen Arbeitgeberin (A) tätig. Ab 1987 wurde er als sog. entsandter Arbeitnehmer bei Schwestergesellschaften der A in Brasilien und ―so auch im Streitjahr 1990― in Spanien eingesetzt und war seitdem im Inland (mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung) nur noch beschränkt einkommensteuerpflichtig.
Im Rahmen einer Lohnsteuer‐Außenprüfung bei der A wurde festgestellt, dass deren in den USA ansässige Konzernobergesellschaft (B) dem Kläger im Jahre 1986 ein vererbliches, nicht handelbares und stufenweise ―erst nach Ablauf von 1 bis 3 Jahren, spätestens bis zum Ablauf von 10 Jahren― ausübbares Optionsrecht auf den späteren Erwerb von 2 000 shares an ihrem Unternehmen zu einem bestimmten Übernahmepreis eingeräumt hatte, der dem damaligen Börsenkurs entsprach. Diese shares wurden später im Verhältnis 1 zu 4 gesplittet, so dass dem Kläger ein Optionsrecht auf 8 000 Anteile zustand, welches er im Streitjahr für 6 000 Anteile ausübte. Zu diesem Zeitpunkt lag der Börsenkurs der Anteile bei Zugrundelegung eines Umrechnungskurses von 1,64 DM/1 $ um … DM höher als der Börsenkurs zum Zeitpunkt der Einräumung des Optionsrechts.
Durch die Ausübung erhielt der Kläger die durch das Optionsrecht zu seinen Gunsten reservierten Aktien. Der Kaufpreis wurde von einer Bank vorfinanziert, die gleichzeitig die Anweisung erhielt, die Aktien zu verkaufen, was dann zum aktuellen Marktkurs geschah. Mit dem Veräußerungserlös wurde die Vorfinanzierung des Kaufpreises von der B abgedeckt; der Restbetrag wurde dem Kläger auf dem Konto bei der Bank gutgeschrieben. Der Vorgang berührte nicht die laufenden Lohnzahlungen des Klägers, der als entsandter Arbeitnehmer die Wahl hatte, sich einen Teil seines Gehalts in Deutschland auszahlen zu lassen, allerdings mit entsprechender Weiterbelastung an die Gesellschaft im Ausland, für die er tätig war. Von dieser Wahlmöglichkeit hatte der Kläger bis März 1990 keinen Gebrauch gemacht, so dass die laufende Lohn‐ und Gehaltsabrechnung bis zu diesem Zeitpunkt zu 100 v.H. von der spanischen Tochtergesellschaft der B durchgeführt wurde, die das Gehalt auszahlte. Ab April 1990 hatte der Kläger sich für eine Aufteilung entschieden, wonach 70 v.H. des Gehalts in Spanien und ―unter entsprechender Weiterbelastung― 30 v.H. des Gehalts in Deutschland ausbezahlt wurden. Die Lohn- und Gehaltsabrechnung erfolgte nach wie vor ausnahmslos in Spanien.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) sah den vereinnahmten Unterschiedsbetrag von … DM als Arbeitslohn des Streitjahres an und erfasste im Rahmen der gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Einkommensteuerveranlagung entsprechende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Die dagegen gerichtete Klage blieb in diesem Streitpunkt ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 116 abgedruckt.
Seine Revision stützt der Kläger auf Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Er beantragt sinngemäß, das FG-Urteil und die Einkommensteuerbescheide vom 28. Dezember 1995 und vom 2. Dezember 1998 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Zwar ist der Vorinstanz darin beizupflichten, dass der geldwerte Vorteil aus der Optionseinräumung dem Kläger erst in jenem Zeitpunkt zufloss, in dem er die Rechte ausübte. Dabei sind jedoch Zeiten, in denen er seit Einräumung im Ausland tätig war, nach Maßgabe der einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen zu berücksichtigen. Die tatrichterlichen Feststellungen hierzu reichen nicht aus, um in der Sache selbst zu entscheiden.
1. Obwohl es sich bei den in Rede stehenden Aktienoptionen um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit eines beschränkt Steuerpflichtigen handelt (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG 1990―), war der Kläger aus den vom FG angeführten Gründen nicht nur mit seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 EStG 1990), sondern auch mit diesen Einkünften zu veranlagen. Die Sondervorschriften für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, insbesondere die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs vom Arbeitslohn gemäß § 50 Abs. 5 Satz 1 EStG 1990, finden keine Anwendung. Denn die seitens der B eingeräumten Optionsrechte unterfielen nicht dem Steuerabzug (§§ 38 ff. EStG 1990), weil es sich bei den Zuwendungen nach den den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG nicht um Arbeitslohn handelt, der i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 "im Rahmen des Dienstverhältnisses üblicherweise von einem Dritten für eine Arbeitsleistung gezahlt" wird, und weil die A als Arbeitgeberin des Klägers hiervon keine hinreichende Kenntnis hatte (vgl. dazu Bundesfinanzhof ―BFH―, Urteile vom 24. Oktober 1997 VI R 23/94, BFHE 184, 474, BStBl II 1999, 323; vom 20. Juli 2000 VI R 10/98, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst 2000, 1313; Trzaskalik in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 38 Rdnr. B 40).
2. Werden Aktien verbilligt erworben, so stellt dies einen geldwerten Vorteil dar. Dieser ist, wenn die Einräumung der Möglichkeit auf dem Arbeitsverhältnis beruht, Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 19 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 EStG 1990). Die hierauf entfallende Einkommensteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt (§ 38 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 EStG 1990).
Bei der Einräumung eines Rechts deckt sich der Zeitpunkt des Zuflusses im Allgemeinen mit dem Zeitpunkt der Erfüllung des Anspruchs. In Einklang hiermit sieht die Rechtsprechung die Zusage des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, regelmäßig noch nicht als Zufluss eines Vorteils in Geldeswert an (BFH-Urteil vom 3. Juli 1964 VI 262/63 U, BFHE 81, 225, BStBl III 1965, 83). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber mit seinen Leistungen dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen einen Dritten verschafft.
3. Die geschilderten Grundsätze sind unabhängig davon bedeutsam, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Bar- oder Sachlohn einräumt. Dementsprechend fließt bei dem Versprechen des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer einen Gegenstand (z.B. ein Grundstück) zuzuwenden, Arbeitslohn nicht bereits mit wirksamer Zusage, sondern erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum verschafft (BFH-Urteile vom 26. Juli 1985 VI R 200/81, BFH/NV 1986, 306, und vom 10. November 1989 VI R 155/85, BFH/NV 1990, 290). Dabei ist auf den Zuflusszeitpunkt ungeachtet der Tatsache abzustellen, dass damit nicht nur die Höhe des geldwerten Vorteils beeinflusst sein kann, sondern auch ―wie beim Losgewinn (BFH-Urteil vom 25. November 1993 VI R 45/93, BFHE 173, 65, BStBl II 1994, 254)― davon abhängen kann, ob beim betreffenden Arbeitnehmer überhaupt ein geldwerter Vorteil anfällt.
Nichts anderes gilt, wenn sich das Versprechen des Arbeitgebers auf die spätere Verschaffung einer Aktie bezieht. Dementsprechend hat der VI. Senat des BFH für den Fall, dass einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses ein nicht handelbares Optionsrecht auf den späteren Erwerb von Aktien zu einem bestimmten Übernahmepreis eingeräumt wurde, als Arbeitslohn nicht den Wert des Optionsrechts bei dessen Gewährung, sondern die Differenz zwischen Kurswert und Übernahmepreis bei Ausübung der Option angesehen (BFH-Urteil vom 10. März 1972 VI R 278/68, BFHE 105, 348, BStBl II 1972, 596; BFH-Beschluss vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BFHE 189, 403, BStBl II 1999, 684, m.w.N.). Ob Gleiches auch für handelbare Optionen (vgl. dazu Oberfinanzdirektion Berlin, Verfügung vom 25. März 1999, Der Betrieb ―DB― 1999, 1241) gelten soll, ist bislang unbeantwortet geblieben.
4. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des VI. Senats an. Er folgt nicht den im Schrifttum vielfach vertretenen abweichenden Erwägungen (Nachweise bei Deutschmann, Vergütungshalber gewährte Aktienoptionen im deutschen und US-amerikanischen Steuerrecht, 2000, S. 92 ff.; vgl. auch Schubert, Finanz-Rundschau ―FR― 1999, 639; Neyer, Betriebs-Berater ―BB― 1999, 130; Kau/Leverenz, BB 1998, 2269; Portner/Bödefeld, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1995, 629; Portner, DStR 1998, 1535; vgl. auch die Zusammenfassung bei Herzig, DB 1999, 1). Diese Erwägungen rechtfertigen es weder allgemein noch für den streitgegenständlichen Sachverhalt, von den oben wiedergegebenen Grundsätzen abzuweichen. Sie rechtfertigen es auch nicht, das angefochtene Urteil schon deswegen aufzuheben, weil die Vorinstanz sie unter Verstoß gegen die Verfahrensgrundsätze des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO teilweise übergangen und sein Urteil nicht hinreichend begründet hätte (§ 105 Abs. 2 Nr. 5, § 119 Nr. 6 FGO). Die diesbezüglichen Verfahrensrügen des Klägers greifen nicht durch. Auch wenn das FG nicht sämtliche Einzelaspekte und Sachargumente, die vorgebracht worden sind, berücksichtigt hat, so ist dies doch nicht zu bemängeln. Eine Auseinandersetzung mit jedem einzelnen vorgetragenen Gesichtspunkt ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn die für die richterliche Überzeugung leitenden Gründe mitgeteilt werden (vgl. von Groll in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 105 Rz. 24 und 11, m.w.N.).
a) Dass es sich bei der Einräumung der Option um einen geldwerten Vorteil handeln kann, wird an sich zwar auch vom Kläger eingeräumt. Der Kläger ist jedoch ―unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 23. Juli 1984 (BStBl I 1984, 416)― der Auffassung, im Streitfall könne ein solcher Vorteil schon deshalb nicht bestehen, weil nach der bei Gewährung der Optionen geltenden Gesetzeslage gemäß § 19a Abs. 6 Satz 5 EStG 1983 i.d.F. der Bekanntmachung vom 24. Januar 1984 (BGBl I 1984, 113) dem Optionspreis der Wert der Anteile am Tage der Beschlussfassung über die Gewährung der Vermögensbeteiligung gegenüberzustellen sei. Diese Regelung finde gemäß § 52 Abs. 19 a Satz 2 EStG 1987 für alle vor dem 31. Dezember 1986 gewährten Optionen Anwendung, auch wenn sie danach ausgeübt werden. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass ungeklärt ist, ob § 19a Abs. 6 Satz 5 EStG 1984, der ausdrücklich auf eigene Aktien des Unternehmens abstellt, überhaupt auf Aktienbezugsrechte einer Konzernobergesellschaft anwendbar ist, gilt die Vorschrift jedenfalls nur für solche Aktien, die an einer deutschen Börse notiert oder die in den geregelten Freiverkehr einbezogen sind (BFH-Beschluss vom 8. August 1991 VI B 109/90, BFHE 165, 101, BStBl II 1991, 929). Der erkennende Senat schließt sich dieser Sichtweise an; sie ist durch die weitere Gesetzesentwicklung bestätigt worden, nachdem Abs. 6 Satz 5 des § 19a EStG 1984 zwischenzeitlich ―durch die Neufassung im EStG 1987― in § 19a Abs. 8 Satz 2 aufgegangen ist.
b) Es ist unbeachtlich, dass die Optionen nicht durch den Arbeitgeber, vielmehr durch deren Konzernobergesellschaft, also durch einen Dritten, eingeräumt worden sind. Es kommt darauf an, dass die Zuwendung des Dritten sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und aus Sicht des Zuwendenden im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (BFH-Urteile vom 24. Februar 1981 VIII R 109/76, BFHE 133, 375, BStBl II 1981, 707; vom 5. Juli 1996 VI R 10/96, BFHE 180, 441, BStBl II 1996, 545). Ein Zusammenhang ist erst auszuschließen, wenn zwischen dem Zuwendenden und dem Empfänger unmittelbare eigene rechtliche oder wirtschaftliche Beziehungen gegeben sind (Urteil in BFHE 180, 441, BStBl II 1996, 545). Solche Beziehungen sind im Streitfall nicht ersichtlich oder geltend gemacht. Die im Schrifttum (vgl. z.B. Portner, DStR 1997, 1876; 1998, 1535, 1536) geäußerte Vermutung, das Interesse einer Muttergesellschaft, die das Aktienoptionsprogramm auflege, ziele in eine andere Richtung als das Interesse des Arbeitgebers, ist nicht durchschlagend. Auch wenn der Anteilseigner mit einem solchen Programm noch weitere, eigene Zwecke verfolgen sollte, so würde dies doch nichts daran ändern, dass er die Option mit Blick auf das jeweilige konkrete Arbeitsverhältnis einräumt (vgl. im Einzelnen Deutschmann, a.a.O., S. 137 ff.).
c) Die im Streitfall in Rede stehenden Optionsrechte sind nach den Zusagebedingungen nicht übertragbar; ihre Ausübung unterfällt überdies einer ein- bis dreijährigen Sperrfrist. Damit sind sie für den Berechtigten bis zum Ablauf dieser Frist unverwertbar. Der Umstand, dass die Optionen vererblich sind, ändert daran nichts. Das bestätigt lediglich, dass es sich bei der Einräumung der Option um einen geldwerten Vorteil handelt und stellt sicher, dass die mit der Einräumung der Anwartschaft versehene Chance beim Tode des Berechtigten nicht ersatzlos wegfällt, sondern auf seine Erben übergehen kann. Dieser tritt als Rechtsnachfolger ―ausnahmsweise― in die Anwartschaftsposition des Berechtigten ein, die an sich von diesem nur höchstpersönlich wahrgenommen werden kann. Die Bedingungen, unter die diese Chance gestellt worden ist, bleiben hiervon jedoch unberührt, insbesondere deren Unübertragbarkeit (Deutschmann, a.a.O., S. 161; Thomas, Deutsche Steuer-Zeitung ―DStZ― 1999, 710, 713).
d) Auch der Einwand, die Option lasse sich ungeachtet ihrer Unübertragbarkeit durch ein Gegengeschäft (ein sog. Opening und Closing Geschäft durch Eingehen einer Verpflichtung aus einer sog. Put Option auf die sog. Call Option) "glattstellen", indem der Berechtigte den ihm in Aussicht gestellten Differenzgewinn im Vorwege realisiert, erweist sich als nicht tragfähig. Solche Transaktionen werden gegenwärtig allein an der Deutschen Terminbörse ermöglicht, an denen Mitarbeiteroptionen nicht gehandelt werden, wie sie im Streitfall in Rede stehen (vgl. dazu Deutschmann, a.a.O., S. 70, 79 f., 120; BMF-Schreiben vom 10. November 1994, BStBl I 1994, 816). Eine unabhängig davon mögliche bloße wirtschaftliche "Glattstellung" genügt hingegen nicht, weil sie nicht die endgültige Verwertung der Option gewährleistet. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Glattstellungstransaktion die Aktienoption endgültig zum Erlöschen brächte. Hierfür wäre eine rechtliche Verknüpfung erforderlich, die indes außerhalb des Börsenhandels nicht möglich ist (Deutschmann, a.a.O., S. 79 f., S. 120; Herzig, DB 1999, 1, 4; vgl. auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Juni 1999 10 K 464/96, EFG 2000, 64, 65). Die wirtschaftliche "Glattstellung" wird deshalb seitens der Finanzverwaltung zutreffend nicht anerkannt (BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 816; a.A. Portner/Bödefeld, DStR 1995, 629, 634; Schubert, FR 1999, 639, 643). Ob eine hiervon abweichende rechtliche Einschätzung nach Wegfall der Verwertungshindernisse geboten wäre (so FG Baden-Württemberg, Urteil in EFG 2000, 64, 65, gegen BFH-Urteil in BFHE 105, 348, BStBl II 1972, 596), kann im Streitfall dahinstehen; hier fallen das Ende der Sperrfrist und die Optionsausübung im Streitjahr zusammen.
e) Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf sonstige Sachzuwendungen, die gleichermaßen nicht übertragbar seien, wie beispielsweise der zur Verfügung gestellte Firmenwagen. Dieses Argument verkennt den Unterschied zwischen dem Recht, ein Wirtschaftsgut nutzen und dem Recht, lediglich das Recht auf dieses Wirtschaftsgut ausüben zu können. Zur Nutzung überlassene Sachzuwendungen und Aktienoptionen sind sonach nicht vergleichbar (Deutschmann, a.a.O., S. 121; Kessler/ Strnad, BB 2000, 641, 645; Herzig, DB 1999, 1, 3).
f) Auch der Vergleich mit Belegschaftsaktien trägt nicht (Schubert, FR 1999, 639, 641). Die Verfügungsbeschränkungen (in Gestalt der sechsjährigen Sperrfrist nach § 19a Abs. 1 Satz 2 EStG 1990) wirken dort nur im Innenverhältnis und lassen die Veräußerbarkeit der Aktien als solche unberührt. Darin unterscheiden sich die Verhältnisse von jenen, wie sie den im Streitfall in Rede stehenden Aktienoptionen zugrunde liegen: Die Beschränkungen wurden hier nicht lediglich in einer vertraglichen Nebenabrede getroffen; sie sind vielmehr als Recht unübertragbar (Deutschmann, a.a.O., S. 120 f.; 140 f.).
g) Die Einräumung einer Option durch den Arbeitgeber bewirkt nicht deshalb einen Lohnzufluss, weil ein Optionsrecht ein im Grundsatz bewertbarer Vermögensgegenstand sein kann (zur prinzipiellen Bewertbarkeit von Aktienoptionen, z.B. nach der sog. Black-Scholes-Formel, s. umfassend Deutschmann, a.a.O., S. 101 ff., m.w.N.). Zwar ist unbestritten, dass der Option ein "innerer" Wert beizumessen ist, der sich in dem gegenwärtigen und zukünftigen Wert der Anteilscheine ausdrückt, auf die die Option den Zugriff ermöglicht. Es ist sicherlich auch richtig, dass insbesondere Ausübungshürden, wie Sperrfristen und Wartezeiten, entweder mittels eines Bewertungsabschlages berücksichtigt werden können oder aber im Hinblick auf § 9 des Bewertungsgesetzes unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. zum Diskussionsstand Deutschmann, a.a.O., S. 108 ff., m.w.N.; s. auch BFH-Urteil vom 7. April 1989 VI R 47/88, BFHE 156, 468, BStBl II 1989, 608, 611). Solange der Berechtigte aber infolge der Unübertragbarkeit und der Verwertungshindernisse nicht in der Lage ist, diesen Wert zu realisieren, ist er für ihn ohne jeden Nutzen. Zu einem für ihn messbaren Vorteil wird er erst im jenem Zeitpunkt, in dem er die Option ausübt (Deutschmann, a.a.O., S. 118 f.). Wie bei anderen bereits vorhandenen, aber noch nicht erfüllten Ansprüchen auch, kommt es sonach weder darauf an, ob ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber ein Wirtschaftsgut darstellt, noch darauf, wie schwer er zu bewerten ist; vielmehr ist einheitlich auf den Zufluss abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 16. April 1999 VI R 60/96, BFH/NV 1999, 1411; BFH-Beschluss in BFHE 189, 403, BStBl II 1999, 684).
h) Schließlich kann eine Anfangs- anstelle einer Endbesteuerung der Optionen nicht erfolgreich damit begründet werden, dass der Zusagende als sog. Stillhalter möglicherweise gehalten ist, entsprechenden Personalaufwand bereits im Zusagezeitpunkt bilanziell auszuweisen (vgl. dazu im Einzelnen Deutschmann, a.a.O., S. 162 ff.; Haarmann, Steuerrecht und Europäische Integration, Festschrift für Rädler, 1999, S. 229 ff.). Der Zeitpunkt, in dem eine Sozialverpflichtung beim Gewährenden, in der Regel dem Arbeitgeber, zu passivieren ist, und der Zeitpunkt, in dem das Gewährte dem Arbeitnehmer zufließt, brauchen nicht übereinzustimmen.
5. Ungeachtet dessen, dass es für den Zufluss des mit der Optionseinräumung verbundenen geldwerten Vorteils auf denjenigen Zeitpunkt ankommt, in dem die Optionen realisiert werden, kann der in Rede stehende Unterschiedsbetrag gemäß Art. 15 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Spanien) zu einem Teil in Spanien, gegebenenfalls auch in Brasilien (vgl. Art. 15 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Republik Brasilien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen), zu besteuern und insoweit im Inland steuerbefreit sein.
a) Zwar hat der Kläger die Optionsrechte zu einem Zeitpunkt ―im Jahre 1986― erhalten, als er noch bei der A in Deutschland tätig war. Zu diesem Zeitpunkt ist ihm, wie dargelegt, gerade kein geldwerter Vorteil zugeflossen. Es ist gleichwohl denkbar, dass die Optionen gewährt wurden, um dadurch in der Vergangenheit erbrachte Leistungen rückwirkend abzugelten (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 1975 VI R 55/73, BFHE 115, 366, BStBl II 1975, 690). Im Allgemeinen und nach Lage der Dinge auch im Streitfall wird es sich jedoch so verhalten, dass es sich bei der besagten "Chance" um einen "Anreiz-Lohn" handelt, welcher "erst nach Erreichung des gesetzten Ziels" einen Vermögenszufluss beim Optionsberechtigten auslösen soll (so Deutschmann, a.a.O., S. 125; Thomas, DStR 1991, 1405, 1407). Sinn und Zweck der Option ist es, dem Arbeitgeber zusätzlich zur normalen Vergütung eine besondere Erfolgsmotivation für die Zukunft zu verschaffen. Als solche wird die Option unentgeltlich gewährt. Eine besondere Arbeitsleistung muss hierfür nicht erbracht werden. Dem Arbeitnehmer drohen auch keine Nachteile, wenn erhoffte Leistungsziele nicht eintreten; ihm geht lediglich der mögliche Bonus in Gestalt des Ausübungsvorteils verloren (Deutschmann, a.a.O., S. 56). Zu Recht wird darauf verwiesen, dass die hiervon abweichende Betrachtungsweise der Vorinstanz (vgl. ebenso Knoll, DStZ 1999, 242, 243) zu dem "geradezu paradoxen" Ergebnis führen würde, dass "der Optionsberechtigte … durch zukünftige Mehrleistung erst seinen Zusatzverdienst für die Vergangenheit verdienen" müsste (Deutschmann, a.a.O.). Durch die Optionseinräumung sollen der Unternehmenswert ("shareholder value") erhöht und überdies der Berechtigte für die Zukunft an den Arbeitgeber gebunden werden (Deutschmann, a.a.O., S. 66; so auch im Streitfall, vgl. die in den Akten befindliche Optionszusage: " … to increase shareholder values by meeting effectively future challenges and opportunities. This will require a continuing high level of performance by you and other key employees … "). Nicht zuletzt deswegen setzt das Optionsrecht regelmäßig ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Optionsausübung voraus, bei vorzeitigem Ausscheiden des berechtigten Arbeitnehmers durch Kündigung des Arbeitsverhältnisses verfällt es. Im Streitfall verhält es sich nicht anders.
b) Ist hiernach in der bei Ausübung des Optionsrechts zugeflossenen Vergütung eine Leistung zu sehen, mittels derer die ―vom Zeitpunkt der Optionseinräumung aus gesehen― zukünftige Tätigkeit des Berechtigten bis zur Optionsausübung honoriert wurde, sind die betreffenden Bezüge dem Kläger zeitraumbezogen zugleich für den Zeitraum seit der Optionseinräumung und nicht nur bezogen auf den Ausübungszeitpunkt gewährt worden. Die Bezüge sind deshalb unabhängig von ihrem Zuflusszeitpunkt aufzuteilen und zeitanteilig in jenem Umfang, in dem sie auf die Zeiten der Auslandsentsendung entfallen, nach Maßgabe des allein einschlägigen DBA-Spanien von der inländischen Besteuerung freizustellen und im Einsatz- bzw. im Ansässigkeitsstaat zu besteuern. Dass der Arbeitnehmer zwischenzeitlich ―bei Ausübung des Optionsrechts― im Inland beschränkt steuerpflichtig geworden ist, steht dem nicht entgegen (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 27. Januar 1972 I R 37/70, BFHE 105, 8, BStBl II 1972, 459; vom 18. Juli 1973 I R 52/69, BFHE 110, 43, BStBl II 1973, 757; vom 5. Februar 1992 I R 158/90, BFHE 167, 496, BStBl II 1992, 660; Prokisch in Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, 3. Aufl., Art. 15 Rz. 15; Schieber in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 15 MA Rz. 78 und 143; bezogen auf Optionsrechte ausdrücklich auch Vosen, Internationales Steuerrecht 2000, 167; Haas/Pötschan, DStR 2000, 2018, 2021 f.).
c) Was das konkret für den Kläger bedeutet, lässt sich anhand der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen des FG allerdings nicht abschließend bestimmen; genaue Angaben über die Beschäftigungszeiten und -orte des Klägers fehlen. Insbesondere fehlen Angaben dazu, ob und ggf. inwieweit die in Rede stehenden Vergütungen für eine Tätigkeit des Klägers gezahlt worden sind, deren Entgelt nach Maßgabe des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 und des Art. 15 Abs. 2 DBA-Spanien in Deutschland besteuert werden darf. Die erforderlichen Feststellungen sind vom FG nachzuholen. Zu diesem Zweck ist das Urteil des FG aufzuheben und ist die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 581411 |
BFH/NV 2001, 968 |
BStBl II 2001, 512 |
BFHE 2002, 110 |
DB 2001, 1176 |
DStR 2001, 934 |
DStRE 2001, 653 |
DStZ 2001, 477 |
HFR 2001, 763 |
StE 2001, 322 |