Entscheidungsstichwort (Thema)
Nur AfA für vergebliche Anschaffungskosten eines errichteten Gebäudes
Leitsatz (NV)
Zahlungen zur Anschaffung eines Grundstücks mit einem darauf zu errichtenden Einfamilienhaus, die wegen Konkurses des Lieferanten ohne Gegenleistung bleiben, sind auch dann keine sofort abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern als Anschaffungskosten des tatsächlich errichteten Gebäudes nur im Rahmen der AfA abzugsfähig, wenn bei Eintritt des Konkurses erst die Planung für das Haus abgeschlossen war.
Normenkette
EStG 1980 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 7b
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1980 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Aufgrund eines Vertrages über die Lieferung eines schlüsselfertigen Reihen-Einfamilienhauses zahlten die Kläger im Jahr 1978 einen Betrag in Höhe von 65 180 DM an den Vertragspartner, die Firma X. Die Firma X stellte kurze Zeit darauf ihren Geschäftsbetrieb ein. Die Kläger hatten lediglich das Grundstück zu einem Wert von 25 523 DM erhalten. Die Restforderung in Höhe von 39 657 DM war für die Kläger, wie sich im Streitjahr 1980 herausstellte, endgültig verloren. Zur Vermeidung weiterer Geldverluste entschlossen sich die Kläger ebenso wie andere Kaufanwärter, das Bauvorhaben fortzusetzen, das zum Zeitpunkt der Einstellung des Geschäftsbetriebes der Firma X erst in der Planungsphase abgeschlossen war. Da den Klägern die Planungsunterlagen der Firma X nicht zur Verfügung standen, mußten die Pläne für das Einfamilien-Reihenhaus von dem Architekten erworben werden. Nach einer Erklärung der Klägerin gegenüber dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) am 13. Januar 1982 sollen sich Änderungen des Grundrisses und der Raumaufteilung gegenüber dem ursprünglichen Bauplan nicht ergeben haben. Bis zur endgültigen Fertigstellung des im Jahre 1979 bezugsfertigen Hauses wandten die Kläger neben den verlorengegangenen Beträgen in Höhe von 39 657 DM weitere Kosten in Höhe von 151 249 DM auf. Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 1980 machten die Kläger vergeblich die Kosten in Höhe von 39 657 DM als Werbungskosten geltend. Das FA vertrat in seiner Einspruchsentscheidung die Auffassung, die umstrittenen Kosten seien den Herstellungskosten des Gebäudes zuzurechnen und nur im Wege der Absetzungen für Abnutzung (AfA) zu berücksichtigen.Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) beurteilte mit seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1984, 227 veröffentlichten Entscheidung die unstreitig verlorenen Anzahlungen in Höhe von 39 657 DM als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§§ 21, 9 des Einkommensteuergesetzes - EStG -).
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung der § 6, § 7 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Sie führt unter Aufhebung der Vorentscheidung zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Zu Unrecht hat das FG die ohne Gegenleistung der Firma X gebliebenen Zahlungen der Kläger als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt. Diese Aufwendungen sind Anschaffungskosten des Einfamilienhauses. Wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tag IX R 31/84, BFHE 149, 552, BStBl II 1987, 695, entschieden hat, sind wegen Konkurses des Bauunternehmers ohne Gegenleistung gebliebene Zahlungen Herstellungskosten des fertiggestellten Hauses. Die Grundsätze dieser Entscheidung gelten auch für Anschaffungskosten.
Anschaffungskosten sind alle Aufwendungen, um ein Wirtschaftsgut von der fremden in die eigene wirtschaftliche Verfügungsgewalt zu überführen und es in einen betriebsbereiten (nutzungsbereiten) Zustand zu versetzen. Dazu gehören der Anschaffungspreis und die Anschaffungsnebenkosten, d. h. alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb des Wirtschaftsguts und der Versetzung in einen zweckentsprechenden Zustand stehen, soweit diese Aufwendungen dem Wirtschaftsgut einzeln zugeordnet werden können (ständige Rechtsprechung z. B. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1983 IV R 160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101 mit weiteren Hinweisen; vgl. nunmehr auch § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches - HGB -). Ebenso wie der Begriff der Herstellungskosten wird der Begriff der Anschaffungskosten final bestimmt. Maßgebend für die Zuordnung zu den Anschaffungskosten ist die Zweckrichtung der Aufwendungen auf die Anschaffung des Wirtschaftsguts (vgl. u. a. BFH-Urteile vom 12. November 1975 I R 135/73, BFHE 118, 44, BStBl II 1976, 297; BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101; vom 13. September 1984 IV R 101/82, BFHE 142, 247, BStBl II 1985, 49).
Die Zahlungen der Kläger an die Firma X waren darauf gerichtet, von dieser ein Grundstück mit einem darauf zu errichtenden Einfamilienhaus zu erwerben. Da die Firma die Planung für das Haus abgeschlossen, mithin mit der Herstellung des Einfamilienhauses begonnen hatte (vgl. BFH-Urteil vom 11. März 1976 IV R 176/72, BFHE 119, 240, BStBl II 1976, 614), ist mit dem FG davon auszugehen, daß die von den Klägern als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Aufwendungen nicht den Erwerb des Grund und Bodens, sondern des Gebäudes betrafen (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 14. Februar 1978 VIII R 9/76, BFHE 125, 153, BStBl II 1978, 455). Die auf den Erwerb des Hauses gerichteten Zahlungen der Kläger sind wegen ihres finalen Charakters Anschaffungskosten des Gebäudes, auch wenn ein Ungleichgewicht zwischen ihrer Leistung und der Gegenleistung der Firma X dadurch besteht, daß sie für die Planung nochmals zahlen mußten und mit dem Bau noch nicht begonnen war. Nach den Feststellungen des FG, an die der Senat mangels begründeter Rügen der Kläger gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), haben diese das von der Firma X geplante Objekt ohne Änderungen des Grundrisses und der Raumaufteilung gegenüber dem ursprünglichen Bauplan tatsächlich verwirklicht. Es wurde mithin das Haus gebaut, für dessen Anschaffung die Kläger die verlorenen Zahlungen geleistet hatten. Die Frage, ob vergebliche Aufwendungen zur Anschaffung oder Herstellung wertbestimmend in das Gebäude eingegangen sind, kann sich im Streitfall nicht stellen, da kein anderes als das ursprünglich geplante Haus errichtet wurde. Der Senat verweist insoweit auf seine Ausführungen im Urteil IX R 31/84. Wegen der Identität des Objekts führt es auch zu keiner anderen Beurteilung, daß die Kläger beabsichtigten, das Haus anzuschaffen und es dann infolge des Konkurses der Firma X herstellen ließen. Die Anschaffungskosten der Kläger bilden zusammen mit den späteren Herstellungskosten die Bemessungsgrundlage für die Gebäude-AfA (vgl. BFH-Urteil vom 15. März 1973 VIII R 58/69, BFHE 109, 185, BStBl II 1973, 559).
Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Das FA hat die vergeblichen Aufwendungen der Kläger zwar den Herstellungskosten zugerechnet. Da sich die Qualifizierung der Aufwendungen als Anschaffungskosten statt als Herstellungskosten jedoch weder auf die Höhe der Bemessungsgrundlage, noch die Höhe der AfA bzw. der erhöhten Absetzungen gemäß § 7b EStG auswirkt, ist die Klage als unbegründet abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 61675 |
BFH/NV 1987, 709 |