Leitsatz (amtlich)
Wird der aus einer Personengesellschaft ausscheidende Gesellschafter mit einem Sachwert abgefunden, den er in sein Privatvermögen übernimmt, so liegt für den das Unternehmen fortführenden Gesellschafter ein Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäft vor, bei dem dieser in Höhe seines Anteils an den stillen Reserven des Abfindungsgutes einen laufenden Gewinn erzielt.
Normenkette
EStG §§ 4-5, 6 Abs. 1 Nr. 4; BGB § 738
Tatbestand
Streitig ist im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung 1963, ob durch die Abfindung der aus einer Gesellschaft ausscheidenden Gesellschafter mit einem Sachwert, den sie in das Privatvermögen nahmen, bei dem verbleibenden Gesellschafter in Höhe seines Anteils an den stillen Reserven dieses Sachwertes ein Veräußerungsgewinn entsteht.
Der Kfz.-Händler H betrieb ein in das Handelsregister eingetragenes Einzelunternehmen bestehend aus Kfz.-Handel, Opel-Vertretung, Werkstätte und Tankstelle. Er verstarb 1963 und wurde kraft gesetzlicher Erbfolge von den Klägern beerbt, nämlich von seiner Ehefrau zu 1/2 und seinen drei Kindern A, R und B zu je 1/6. Der Nachlaß bestand im wesentlichen aus dem gewerblichen Unternehmen. Die Erben betrieben zunächst das Unternehmen gemeinsam auf eigene Rechnung und Gefahr weiter und wirkten alle im Geschäft und in der Geschäftsführung mit. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 2. September 1963 setzten sich die Kläger mit Wirkung vom 1. Juli 1963 in der Weise auseinander, daß A. den Betrieb als Alleininhaber übernahm, während die drei anderen Erben das Betriebsgrundstück K. Str., dessen Teilwert unstreitig 300 000 DM betrug, zu je 1/3 Miteigentumsanteil erhielten. In seinem nach einer Betriebsprüfung ergangenen Gewinnfeststellungsbescheid 1963 setzte das FA den Gewinn aus Gewerbebetrieb auf 324 840 DM fest. Darin waren Veräußerungsgewinne der drei ausscheidenden Erben in Höhe von (300 000 DM Grundstücksteilwert ./. 16 654 DM Kapitalkonten =) 283 345 DM enthalten. Der lt. Feststellungsbescheid A. zugerechnete laufende Gewinn in Höhe von 39 007 DM enthielt einen Betrag von 36 171 DM, um den der vorliegende Rechtsstreit geht und den das FA, wie folgt, ermittelte. Das FA ging davon aus, daß bei der Übereignung des Grundstücks an die drei ausscheidenden Miterben eine Aufdeckung der in diesem Grundstück steckenden stillen Reserven nicht nur insoweit eingetreten sei, als sie auf die drei ausscheidenden Miterben entfielen, sondern auch insoweit, als sie dem verbleibenden Gesellschafter A. anteilig zustanden. Das Grundstückskonto enthielt unstreitig stille Reserven in Höhe von (300 000 DM Grundstücksteilwert ./. Grundstücksbuchwert von 53 150 DM =) 246 850 DM, von denen nach Ansicht des FA A. entsprechend seinem Erbanteil von 1/6 = 41 141,67 DM zustanden und nach Abzug einer Gewerbesteuerrückstellung von 4 970 DM 36 171,67 DM als laufender Gewinn zuzurechnen waren.
Der gegen die Zurechnung dieses Betrages als laufender Gewinn gerichtete Einspruch der Kläger blieb erfolglos. Mit der Klage beantragten die Kläger, den Gewinn aus Gewerbebetrieb um 36 171 DM auf 288 668 DM herabzusetzen und A. nur einen laufenden Gewinn von 2 835 DM zuzurechnen. In der Klagebegründung verwiesen die Kläger auch auf die Rechtsprechung des BFH zur Realteilung von Betrieben.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte aus, auf den Auseinandersetzungsvertrag der Kläger vom 2. September 1963 seien nicht die steuerlichen Grundsätze einer Auseinandersetzung unter Erben, sondern einer Auseinandersetzung unter Mitgesellschaftern anzuwenden. Mit den Beteiligten sei davon auszugehen, daß die Kläger bis zum 30. Juni 1963 die Firma als Mitunternehmer betrieben hätten. Zwar hätten sich die Käger bereits wenige Monate nach dem Erbanfall dahingehend auseinandergesetzt, daß A. den Gerwerbebetrieb allein übernehmen sollte. Bis zur Auseinandersetzung hätten die Kläger aber nach den Gesamtumständen des Falles und ihrer glaubhaften Darstellung der tatsächlichen Begebenheiten auch nach außen hin auf gemeinsame Rechnung und Gefahr den Betrieb gemeinsam fortgeführt. Das Gericht messe deshalb der Tatsache, daß die Mitunternehmerschaft nur kurze Zeit bestanden habe, keine entscheidende Bedeutung zu. Die ausscheidenden Kläger hätten ihren Anteil an der Gesellschaft an A. veräußert und dafür als Gegenleistung je ein ideelles Drittel an dem Grundstück, K. Str., erhalten. Die Veräußerung des Betriebsgrundstücks an die ausscheidenden Gesellschafter habe zur Aufdeckung der stillen Reserven in der unbestrittenen Höhe von 246 850 DM geführt. An dem Grundstück sei der das Unternehmen fortführende A. gemäß § 11 StAnpG mit einem Bruchteil von 1/6 beteiligt gewesen. Dieses eine Sechstel habe er im Rahmen der Erbauseinandersetzung an die ausscheidenden Kläger veräußert, um Alleininhaber des ganzen Unternehmens werden zu können. Die aufgedeckten stillen Reserven gingen mithin in Höhe von 1/6 zu Lasten des A. und seien ihm (./. der Gewerbesteuerrückstellung) als laufender Gewinn zuzurechnen. Die Grundsätze der Realteilung seien in einem Fall wie dem vorliegenden auch nicht analog anwendbar. Denn die Fortführung der Buchwerte bestimmter Wirtschaftsgüter seien nur zulässig, wenn sie - nach Ausscheiden aus dem bisherigen Betriebsvermögen - in einem anderen Betriebsvermögen verbleiben könnten. Nur dann sei gewährleistet, daß die stillen Reserven nicht für immer der Besteuerung entzogen würden. Anders sei die Rechtslage, wenn - wie hier - ein Grundstück aus dem Betriebsvermögen ausscheide und bei den Erwerbern Privatvermögen werde. Entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG sei hier der Teilwert des ausscheidenden Wirtschaftsgutes anzusetzen. Damit würden die stillen Reserven aufgedeckt und müßten besteuert werden.
Mit der Revision beantragen die Kläger, die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben. Sie beziehen sich zur Begründung der Revision vor allem auf das durch Rücknahme der Revision rechtskräftig gewordene Urteil des FG Baden-Württemberg - Außensenate Stuttgart - vom 4. Juni 1969 V 320/68 (EFG 1969, 531), dessen Ausführungen sie sich voll zu eigen machen. Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung, da die Parteien in ihren Erklärungen vom 13. Juni 1970 (Klägerin) und 12. Mai 1970 (FA) auf die mündliche Verhandlung verzichteten. Der frühere Prozeßbevollmächtigte der Klägerin widerrief zwar das Einverständnis mit Schreiben vom 4. August 1972. Bei dem Verzicht auf mündliche Verhandlung handelt es sich aber um eine einseitige an das Gericht zu richtende prozeßgestaltende Prozeßhandlung, die nicht frei widerruflich ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. November 1970 IV R 131/69, BFHE 101, 61, BStBl II 1971, 241 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Nach den der Ansicht der Parteien entsprechenden und rechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen der Vorinstanz handelte es sich bei dem Auseinandersetzungsvertrag vom 2. September 1963 um die Auseinandersetzung von Mitunternehmern einer Personengesellschaft (Gesellschaft des bürgerlichen Rechts). Es geht daher um die steuerliche Behandlung der Abfindung der aus einer Personengesellschaft ausscheidenden Mitunternehmer mit Sachwerten, die sie - im Gegensatz zu den Fällen der echten Realteilung eines Unternehmens unter Mitunternehmern - in ihr Privatvermögen überführen. Streitpunkt ist dabei die vom BFH in einem veröffentlichten Urteil bisher noch nicht entschiedene Frage, ob neben dem Veräußerungsgewinn der ausscheidenden Gesellschafter bei dem das Unternehmen als Alleinunternehmer fortführenden Gesellschafter durch die Übertragung des Abfindungsgutes in Höhe seines Anteils an den stillen Reserven dieses Wirtschaftsgutes eine Gewinnrealisierung eintritt. Der Senat bejaht diese Frage.
Scheiden Gesellschafter gegen eine Sachwertabfindung, die sie in ihr Privatvermögen übernehmen, aus einer Personengesellschaft aus, während ein Gesellschafter den Betrieb als Alleinunternehmer fortführt, so stellt das für das Unternehmen einen Geschäftsvorfall dar, dessen Auswirkung hinsichtlich der Gewinnrealisierung besonders deutlich wird, wenn man den an sich meist einheitlichen Vorgang begrifflich in seine rechtlichen Bestandteile zerlegt.
a) Die ausscheidenden Gesellschafter erwerben zunächst einen Abfindungsanspruch, der - soweit keine besonderen Vereinbarungen bestehen - der Höhe nach der Geldsumme entspricht, die sie entsprechend ihrem Gesellschaftsanteil von dem Betrag zu beanspruchen hätten, der bei der Veräußerung des gesamten Unternehmens zur selben Zeit erzielt worden wäre (vgl. Baumbach-Duden, Handelsgesetzbuch, 20. Aufl., Anm. 5 zu § 138 HGB entgegen dem Wortlaut des § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Abfindungsanspruch stellt sozusagen den Teilwert ihres Gesellschaftsanteils dar. Die richtige Berechnung des Abfindungsanspruchs setzt also die Ermittlung der Teilwerte sämtlicher Wirtschaftsgüter des Unternehmens einschließlich eines Firmenwertes voraus. Sind danach in dem Betriebsvermögen stille Reserven vorhanden, so steht den ausscheidenden Gesellschaftern als Abfindung neben dem Betrag ihrer Kapitalkonten der ihren Beteiligungen entsprechende Anteil an den stillen Reserven sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens einschließlich eines Firmenwertes zu. Ihr Abfindungsguthaben stellt dann die Summe ihrer Kapitalkonten und ihrer Anteile an den der Auseinandersetzung zugrunde gelegten stillen Reserven des Unternehmens dar. Wurde umgekehrt von vornherein eine feste Abfindungssumme vereinbart, so ist davon auszugehen, daß mit dem die Kapitalkonten übersteigenden Mehrbetrag die Anteile der ausscheidenden Gesellschafter an den stillen Reserven und an einem eventuellen Firmenwert abgegolten werden sollten.
Das Abfindungsguthaben der ausscheidenden Gesellschafter ist für das Unternehmen eine Betriebsschuld, und damit eine Schuld des das Unternehmen als Alleinunternehmer fortführenden Gesellschafters gegenüber den ausscheidenden Gesellschaftern, die sich grundsätzlich von anderen Betriebsschulden nicht unterscheidet.
b) Der Abfindungsvorgang selbst, der ein Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG zum Inhalt hat, vollzieht sich in Form eines Leistungsaustausches (§ 738 BGB). Im Rahmen des Leistungsaustausches stellt der Abfindungsbetrag für den verbleibenden Gesellschafter den Anschaffungspreis für den Erwerb der Gesellschaftsanteile der ausscheidenden Gesellschafter und damit auch für den Erwerb ihrer Eigentumsanteile an den einzelnen Aktiven des Betriebsvermögens dar. Von diesen Anschaffungskosten muß der Mehrbetrag, der den ausscheidenden Gesellschaftern für ihre Anteile an den stillen Reserven des Unternehmens zuerkannt wurde, in der Steuerbilanz des Unternehmens aktiviert werden, und zwar durch eine den Anteilen der ausscheidenden Gesellschafter entsprechende Teilaufstockung der Wirtschaftsgüter, deren Buchwerte unter ihren Teilwerten liegen, und eventuell durch den Teilansatz eines Firmenwertes. Betrug also der Gesellschaftsanteil eines ausgeschiedenen Gesellschafters 50 v. H., so können bei jedem Wirtschaftsgut, in dem stille Reserven enthalten sind, nur 50 v. H. dieser Reserven aufgelöst werden (vgl. Urteil des RFH vom 14. Januar 1942 VI 129/41, RStBl 1942, 314; BFH-Urteile vom 11. Oktober 1960 I 229/59 U, BFHE 71, 695, BStBl III 1960, 509; vom 22. Juni 1965 I 405/61 U, BFHE 82, 651, BStBl III 1965, 482). Bei dem verbleibenden Gesellschafter führt diese Teilauflösung der stillen Reserven zu keiner Gewinnrealisierung, da die Aktiva insgesamt nur um den Betrag aufgestockt werden, um den die Abfindungsguthaben der ausscheidenden Gesellschafter ihre Kapitalkonten übersteigen. Der Vorgang ist also bei dem das Unternehmen fortführenden Gesellschafter an sich erfolgsneutral, wenn die Abfindungsguthaben der ausscheidenden Gesellschafter - wie es wohl der Regel entspricht - durch Geldleistungen getilgt werden.
Bei den ausscheidenden Gesellschaftern entstehen in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Buchwert ihrer Kapitalkonten und den Abfindungsguthaben als Veräußerungspreis abzüglich der Veräußerungskosten Veräußerungsgewinne, die sie nach §§ 16, 34 EStG zu versteuern haben.
c) Werden die ausscheidenden Gesellschafter nicht mit Geldwerten abgefunden, sondern mit Sachwerten des Betriebsvermögens, die sie in ihr Privatvermögen übernehmen, so bedeutet das, daß der verbleibende Gesellschafter die Betriebsschuld (Abfindungsverpflichtung) durch die Übertragung von Sachwerten erfüllt, wobei es für die vorliegende Streitfrage im Ergebnis ohne Bedeutung ist, ob die Abfindung mit Sachwerten von vornherein vereinbart war, oder ob es sich dabei um eine Leistung an Erfüllungs Statt handelt. Im letzteren Fall wird allerdings - wie anschließend zu zeigen sein wird - begrifflich die Besonderheit der Erfüllung der Abfindungsverpflichtung mit Sachwerten besonders deutlich. Es wird dem Wesen einer solchen Abfindung am ehesten gerecht, auch in ihr - wie eben schon im Abfindungsvorgang beim Ausscheiden eines Gesellschafters an sich - ein besonderes Veräußerungsgeschäft zu erblicken, nämlich die Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens zur Tilgung der Abfindungsschuld gegenüber den ausscheidenden Gesellschaftern. Für den das Unternehmen fortführenden Gesellschafter stellt dieses Geschäft wegen des Erwerbs der Gesellschaftsanteile der ausscheidenden Gesellschafter zugleich ein Anschaffungsgeschäft dar. Der Leistungsaustausch vollzieht sich dabei in der Weise, daß die ausscheidenden Gesellschafter gegen den Anschaffungspreis der Abfindungsguthaben das Abfindungsgut erwerben. In der Höhe, in der dieser Anschaffungspreis (Anrechnungspreis) den schon durch den Veräußerungsgewinn der ausgeschiedenen Gesellschafter erhöhten Buchwert des Abfindungsgutes übersteigt, tritt nunmehr durch das Ausscheiden des Abfindungsgutes aus dem Betriebsvermögen nach den allgemeinen Grundsätzen der Gewinnermittlung eine weitere Gewinnrealisierung ein, d. h. es fällt ein außerordentlicher Ertrag des Unternehmens an. Durch die Veräußerung werden also zwangsläufig die auf den verbleibenden Gesellschafter entfallenden stillen Reserven des Abfindungsgutes, die im Falle der Geldabfindung - im Gegensatz zu den auf die ausscheidenden Gesellschafter entfallenden stillen Reserven - nicht aufgelöst werden müßten, aufgedeckt und damit realisiert. Dadurch entsteht bei dem verbleibenden Gesellschafter in Höhe seines Anteils an den stillen Reserven des Abfindungsgutes ein Veräußerungsgewinn. Da aber die Veräußerung des Abfindungsgutes an die ausscheidenden Gesellschafter für den verbleibenden Gesellschafter nur einen laufenden Geschäftsvorfall darstellt, ist der dabei anfallende Gewinn für ihn laufender Gewinn, der nicht nach §§ 16, 34 EStG begünstigt sein kann. Der das Unternehmen fortführende Gesellschafter hat weder einen Teilbetrieb noch einen Anteil am Gesellschaftsvermögen veräußert, sondern nur ein Wirtschaftsgut seines Betriebsvermögens.
Wurde beim Ausscheiden eines oder mehrerer Gesellschafter von vornherein kein Abfindungsbetrag vereinbart, sondern die Überlassung von Sachwerten, wie z. B. im vorliegenden Fall die Überlassung eines Grundstücks, so muß zunächst mangels eines Anrechnungspreises der Anschaffungspreis dieses Abfindungsgutes als Wert des auch hier bilanziell anzusetzenden Abfindungsanspruchs ermittelt werden. Da es sich bei einer solchen Vereinbarung um ein Tauschgeschäft (Sachwert gegen Gesellschaftsanteil) handelt, ist der Anschaffungspreis des eingetauschten Wirtschaftsgutes gleich dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes. Der Wert des Abfindungsanspruchs und damit des Abfindungsguthabens ist danach nach dem gemeinen Wert des Abfindungsgutes, z. B. also hier des Betriebsgrundstücks, zu bestimmen. Dieser gemeine Wert wird in der Praxis dem Teilwert des Abfindungsgutes meist entsprechen. Der gemeine Wert des Abfindungsgutes bestimmt also die Höhe des Abfindungsguthabens, damit die Höhe des vom ausscheidenden Gesellschafter erzielten Veräußerungsgewinns und die sich daraus ergebende anteilige Auflösung der stillen Reserven bei allen Aktiven des Betriebsvermögens einschließlich des Abfindungsgutes. Durch das Ausscheiden des Abfindungsgutes aus dem Betriebsvermögen gegen einen Anschaffungspreis, der dem gemeinen Wert des Abfindungsgutes entsprechen muß, werden die restlichen stillen Reserven, das sind die auf den Anteil des verbleibenden Gesellschafters entfallenden stillen Reserven, zwangsläufig realisiert.
Schon die Notwendigkeit der Gewinnrealisierung durch das Ausscheiden des Abfindungsgutes aus dem Betriebsvermögen durch Veräußerung schließt es bei einer solchen Sachwertabfindung aus, die Grundsätze anzuwenden, die die Rechtsprechung in den Fällen der echten Realteilung eines Betriebes unter Mitunternehmern angewandt hat. Zu diesem Problem hat der Senat erst im Urteil vom 10. Februar 1972 IV 317/65 (BFHE 104, 543, BStBl II 1972, 419) Stellung genommen. Er hat dabei ausgesprochen, daß keine Gewinnverwirklichung eintrete, wenn sich die Gesellschafter einer KG in der Weise auseinandersetzen, daß einer der Gesellschafter den einen und die anderen Gesellschafter den zweiten der beiden vorhandenen Teilbetriebe erhielten. Der Senat hat aber keinen Zweifel daran gelassen, daß die Möglichkeit, von einer Gewinnrealisierung abzusehen, auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben müsse und daß ferner in jedem Fall Voraussetzung für das Unterbleiben einer Gewinnrealisierung sei, daß die betreffenden Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen verbleiben.
Auch die von der Klägerin angeführte Auffassung des FG Baden-Württemberg im Urteil V 320/68, die Übereignung des im Gesamthandseigentum befindlichen Abfindungsgutes an den ausscheidenden Gesellschafter vollziehe sich - ähnlich wie bei der Realteilung - noch im betrieblichen Bereich durch Austausch der Gesamthandsanteile an den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens, und zwar ohne Gewinnrealisierung, die erst eintrete, wenn der ausscheidende Gesellschafter das nunmehr in seinem Alleineigentum stehende Abfindungsgut aus dem Betriebsvermögen entnehme, hält der Senat nicht für vertretbar. Sie führt das FG einmal dazu, die Gewinnrealisierung nicht in Höhe des Unterschiedes zwischen Buchwert und Teilwert des Abfindungsgutes, sondern konsequenterweise in Höhe der Differenz zwischen Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters und dem Teilwert des Abfindungsgutes eintreten zu lassen. In allen Fällen also, in denen die Differenz zwischen Kapitalkonto und Abfindungsguthaben des ausscheidenden Gesellschafters geringer ist als die Differenz zwischen Buchwert und Teilwert des Abfindungsgutes, würde ein Teil der im Abfindungsgut steckenden stillen Reserven bei dieser Konstruktion nicht erfaßt und damit der Besteuerung entzogen. Das ließe sich nur vermeiden, wenn die Buchwerte der dem verbleibenden Gesellschafter überlassenen Wirtschaftsgüter in gleicher Höhe abgestockt würden. Stille Reserven können aber ohne Rechtsgrundlage nicht von einem Wirtschaftsgut auf andere Wirtschaftsgüter übertragen werden (siehe hierzu die Ausführungen am Ende des Urteils). Das kann nach den Grundsätzen der steuerlichen Gewinnermittlung nicht zulässig sein. Selbst wenn man in der Übertragung des Abfindungsgutes mit dem FG Baden-Württemberg kein Veräußerungsgeschäft der Gesellschaft, sondern eine Privatentnahme erblicken würde, wozu auch der RFH (vgl. Entscheidung vom 25. Mai 1938 VI 230/38, RStBl 1938, 718) neigte (ebenso ein Teil der Literatur, vgl. u. a. Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., Anm. 4n zu § 16 EStG; Brönner, Die Besteuerung der Gesellschaften, 12. Aufl., Abschn. VII, Tz. 132, und J. Thiel, FR 1964, 146), so wäre es nach Auffassung des Senats der verbleibende Gesellschafter, der das Wirtschaftsgut zum Zwecke der Abfindung der ausscheidenden Gesellschafter aus dem Betriebsvermögen entnehmen müßte. Der verbleibende Gesellschafter könnte von der Entnahme eines Wirtschaftsgutes seines Betriebsvermögens keineswegs unberührt bleiben, wie das FG Baden-Württemberg es annahm.
Schließlich hat - entgegen der Meinung des FG Baden-Württemberg - die Frage des Veräußerungsgewinns bei den verbleibenden Gesellschaftern unmittelbar nichts mit dem Umstand zu tun, daß in Höhe des Veräußerungsgewinns, den die ausscheidenden Gesellschafter durch das ihnen zugesprochene Abfindungsguthaben erzielen, in jedem Fall der Abfindung - nicht nur im Falle der Sachwertabfindung - ihrem Anteil entsprechend die stillen Reserven auch der im Betrieb verbleibenden Wirtschaftsgüter teilweise offengelegt werden müssen. Denn nicht diese Offenlegung führt bei den verbleibenden Gesellschaftern zur Gewinnrealisierung, sondern die Veräußerung des Abfindungsgutes als Entgelt für den Erwerb der Gesellschaftsanteile der ausscheidenden Gesellschafter und damit das Ausscheiden des Abfindungsgutes aus dem Betriebsvermögen, soweit nämlich die im Abfindungsgut steckenden stillen Reserven, entsprechend dem Anteil des verbleibenden Gesellschafters, durch den Veräußerungsgewinn der ausscheidenden Gesellschafter nicht schon erfaßt und aufgelöst wurden.
Der Veräußerungsgewinn des verbleibenden Gesellschafters könnte bei den Sachwertabfindungen, bei denen der Veräußerungsgewinn der ausscheidenden Gesellschafter insgesamt gleich oder größer ist als die stillen Reserven des Abfindungsgutes, dann vermieden werden, wenn man mit dem Veräußerungsgewinn der ausscheidenden Gesellschafter zuerst die stillen Reserven des Wirtschaftsgutes, mit dem sie abgefunden werden - soweit möglich - voll - nicht ihrem Anteil entsprechend - auflöste und die stillen Reserven in den anderen Wirtschaftsgütern nur in Höhe eines etwa noch vorhandenen Restes realisiert würden. Der Tauschvorgang der Abfindung selbst wäre dann erfolgsneutral. Diese Sachbehandlung, die auch von Littmann (vgl. Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 10. Aufl., Tz. 65 zu § 16) gebilligt wird, hält der Senat aber aus folgenden Gründen nicht für zutreffend:
a) Alle Gesellschafter, also auch die ausscheidenden Gesellschafter, sind als Gesamthänder auch bürgerlichrechtlich an den stillen Reserven aller Wirtschaftsgüter anteilsmäßig beteiligt. Gerade der Anteil der ausscheidenden Gesellschafter an den stillen Reserven aller Wirtschaftsgüter hat die Höhe ihres Veräußerungsgewinns bestimmt. Diesem Umstand trägt nur die anteilsmäßige, durch das Ausscheiden der Gesellschafter bedingte Auflösung der stillen Reserven bei allen Wirtschaftsgütern Rechnung.
b) Jede Gewinnrealisierung muß einen Rechtsgrund haben. Dieser ist hier die Veräußerung. Ob eine Sach wertabfindung eine Veräußerung darstellt, kann aber nicht davon abhängen, ob mehr oder weniger zufällig der Veräußerungsgewinn der ausscheidenden Gesellschafter geringer ist als die stillen Reserven im Abfindungsgut. Trifft letzteres zu, so entstünde sofort das Problem, ob das Abfindungsgut nunmehr ganz oder nur hinsichtlich des übrigbleibenden Betrages als "veräußert" gelten könnte.
c) Es ist ein Unterschied, ob ein ausscheidender Gesellschafter mit Geld abgefunden wird, dessen Nominalwert gleich dem Teilwert ist, oder ob er mit einem Gegenstand des Betriebsvermögens abgefunden wird, dessen Buchwert nicht seinem gemeinen Wert entspricht, auf den es ankommt, und dessen Veräußerung durch den verbleibenden Gesellschafter zur Begleichung seiner Abfindungsverpflichtung also schon für sich zu einer Gewinnrealisierung führen muß. Wenn Brönner die Auffassung vertritt, die Anteile an den stillen Reserven der Wirtschaftsgüter müßten eben zu diesem Zweck vorher zwischen den ausscheidenden Gesellschaftern und dem verbleibenden Gesellschafter ausgetauscht werden (vgl. Brönner, Die steuerliche Betriebsprüfung 1961 S. 105 ff. am Schluß) so weist demgegenüber Groh (BB 1969, 86 ff.) mit Recht darauf hin, daß Anteile an den stillen Reserven keine austauschfähigen Objekte sind, sondern Bewertungsdifferenzen, die beim Inhaber des Wirtschaftsgutes wirksam werden. Die Übertragung stiller Reserven auf andere Wirtschaftsgüter ist nach dem Einkommensteuergesetz grundsätzlich nicht möglich. § 6b EStG stellt eine Ausnahmeregelung dar (vgl. BFH-Entscheidung IV 317/65).
Die Vorentscheidung entspricht im Ergebnis der dargelegten Auffassung des Senats, wenn auch die Überführung des Grundstücks in das Privatvermögen der ausgeschiedenen Gesellschafter als Privatentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG und nicht als Veräußerungsgeschäft angesehen wurde.
Fundstellen
Haufe-Index 70506 |
BStBl II 1973, 655 |
BFHE 1973, 438 |