Leitsatz (amtlich)

§ 34 Abs. 2 RHeimstG hindert die Finanzbehörden nicht, nachzuprüfen, ob der Antragsteller den Bau der Heimstätte im Sinne des Erlasses des Reichsministers der Finanzen vom 20. Januar 1939 -- S 4015 -- 1 III, Abschnitt B Ziff. 26 Abs. 4 (RStBl 1939 S. 129, 138 rechte Spalte) betreut hat.

 

Normenkette

UStDB § 49 Abs. 1 Ziff. 2; RHeimstG § 34 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Bfin., die Stadt L., verkaufte im Februar 1957 an den Kaufmann M. ein Grundstück. Anfang Juni 1957 wurde dieser als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Er bebaute das Grundstück mit einem Einfamilienhaus, das bis Ende des Jahres fertiggestellt wurde.

Streitig ist, ob die Bfin. den Bau dieses Einfamilienhauses als Ausgeberin einer Heimstätte betreut hat. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts beantragte M. im Juli 1957 bei der Bfin., sein Grundstück als Heimstätte auszugeben. Daraufhin wurde der Heimstättenvertrag unterschrieben, und zwar von der Bfin. im August 1957 und von M. nach Vorliegen der Zustimmung des zuständigen Ministers Anfang Februar 1958.

Die Bfin. begehrt gemäß § 49 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB 1951 in Verbindung mit § 34 des Reichsheimstättengesetzes (RHeimstG) die Vergütung von der Umsatzsteuer in Höhe von 3673,20 DM. Sie ist der Ansicht, diese Vergütung stehe ihr zu, weil sie den Bau der Heimstätte des M. im Sinne des Erlasses des Reichsministers der Finanzen S 4015 -- 1 III Ziff. 26 vom 20. Januar 1939 (RStBl 1939 S. 129 ff.) betreut habe.

Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Umsatzsteuervergütung ab. Einspruch und Berufung hatten keinen Erfolg.

Mit der Rb. macht die Bfin. zunächst geltend, das Finanzgericht habe gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen. Es habe ihr nicht den Schriftsatz des Finanzamts vom 9. Dezember 1958 zur Kenntnisnahme zugeleitet. Ferner rügt die Bfin. unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Hierzu trägt sie in erster Linie vor, das Finanzgericht habe zu Unrecht nachgeprüft, ob sie den Bau der Heimstätte betreut habe. Nach § 34 Abs. 2 RHeimstG sei das Finanzgericht hierzu nicht berechtigt gewesen, weil der Inhalt der von ihr im Vergütungsantrag abgegebenen Versicherung für das Finanzgericht bindend sei. Aber selbst wenn man dieser Meinung nicht folge, könne die Auffassung des Finanzgerichts, daß sie den Bau als Ausgeberin einer Heimstätte nicht betreut habe, nicht zutreffen. Hätte das Finanzgericht bei der Würdigung des Sachverhalts ausreichend berücksichtigt, daß sie dem Heimstätter das Grundstück verkauft habe, ferner ihm bei Beschaffung der Darlehen behilflich gewesen sei und schließlich bei der Errichtung des Einfamilienhauses die Baumaßnahmen überprüft habe, dann würde das Finanzgericht zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangt sein.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Die Rüge der Bfin., das Finanzgericht habe gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen, ist nicht gerechtfertigt. Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt nicht in jedem Falle vor, in dem das Finanzgericht unterlassen hat, einen bei ihm eingegangenen Schriftsatz des einen Prozeßbeteiligten dem anderen zuzuleiten. Das Finanzgericht kann vielmehr bei Schriftsätzen, die offensichtlich keine entscheidenden neuen rechtlichen oder tatsächlichen Darlegungen enthalten, von einer Übersendung an den gegnerischen Prozeßbeteiligten absehen. Im Streitfalle ist es deshalb nicht zu beanstanden, wenn das Finanzgericht den hier in Betracht kommenden Schriftsatz des Finanzamts der Bfin. nicht bekanntgegeben hat. Dieser Schriftsatz enthielt keine bisher nicht bereits dargelegten, für die Entscheidung des Finanzgerichts maßgebenden Ausführungen.

Bei der Prüfung der Frage, ob der Anspruch der Bfin. auf Grund des bestehenden Rechts begründet ist, ist das Finanzgericht zutreffend davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB in Verbindung mit § 34 RHeimstG nicht erfüllt sind. Nach diesen Vorschriften sind nur die an den Ausgeber der Heimstätte bewirkten Umsätze von der Umsatzsteuer befreit. Die Bfin. hat jedoch bei Errichtung des Einfamilienhauses des Heimstätters M. keine Umsätze ausgeführt. Als Bauherr ist allein der M. aufgetreten. Zu einem anderen Ergebnis kann auch nicht der Einwand der Bfin. führen, ihr sei dennoch die Umsatzsteuervergütung auf Grund des oben angeführten Milderungserlasses des Reichsministers der Finanzen von 1939 zu gewähren. Der Senat kann hier unerörtert lassen, ob dieser Erlaß für die Finanzgerichte bindend ist, weil bereits ein anderer Grund seiner Anwendung entgegensteht. Nach diesem Erlaß ist einem Vergütungsantrage nur dann zu entsprechen, "wenn der Bau von dem Ausgeber betreut" ist. Im Streitfalle hat das Finanzgericht das Vorliegen dieser Voraussetzung ohne Rechtsirrtum verneint.

Die Ansicht der Bfin., das Finanzgericht dürfe gemäß § 34 Abs. 2 RHeimstG nicht nachprüfen, ob sie den Bau der Heimstätte betreut habe, geht fehl. Die Vorschrift des § 34 Abs. 2 RHeimstG ist nur dann anzuwenden, wenn als Rechtsgrundlage für die Gewährung der Vergütung der im UStG geregelte Tatbestand in Betracht kommt, wenn also die vergütungsfähigen Umsätze an den Ausgeber der Heimstätte bewirkt worden sind. Im Streitfalle sind hingegen die vergütungsfähigen Umsätze an den Heimstätter selbst bewirkt worden. Die Vergütung kann daher nur dann gewährt werden, wenn die Voraussetzungen der Milderungsregelung des oben angeführten Erlasses des Reichsministers der Finanzen erfüllt sind. In diesem Falle ist für die Anwendung des § 34 Abs. 2 RHeimstG kein Raum. Der Reichsminister der Finanzen hat in dieser Milderungsregelung nicht festgelegt, daß der Ausgeber einer Heimstätte mit verbindlicher Wirkung für die Finanzbehörden die Versicherung abgeben kann, er habe den Bau der Heimstätte im Sinne des Erlasses betreut. Die Finanzverwaltung und die Steuergerichte sind daher nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, in Fällen der vorliegenden Art selbst zu prüfen, ob der Ausgeber der Heimstätte Maßnahmen durchgeführt hat, die als Betreuung des Baus der Heimstätte anzusehen sind. Daher hat das Finanzgericht zu Recht geprüft, ob die Bfin. beachtliche Betreuungsmaßnahmen ausgeführt hat. Es hat eingehend im einzelnen die hierfür von der Bfin. behaupteten Maßnahmen gewürdigt. Wenn das Finanzgericht zu der auf tatsächlichem Gebiete liegenden Feststellung gekommen ist, daß die Bfin. den Bau des Einfamilienhauses nicht betreut hat, so vermag der Senat darin keinen im Rechtsbeschwerdeverfahren zu beachtenden Mangel zu erkennen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Finanzgerichts zutrifft, daß vor der Stellung des Antrags auf Ausgabe der Heimstätte liegende Handlungen für die Umsatzsteuerbegünstigung stets unbeachtlich seien. Auf jeden Fall setzt die Begünstigung solcher Maßnahmen voraus, daß das Bauvorhaben ausreichend betreut worden ist. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Das Finanzgericht hat auch mit Recht den Bauaufsichtsmaßnahmen der Bfin. keine entscheidende Bedeutung beigemessen. In nicht zu beanstandender Weise ist das Finanzgericht davon ausgegangen, daß die Bfin. hierbei nur im Rahmen der allgemeinen Bauaufsicht tätig geworden ist. Die Bfin. hat auch keine Anhaltspunkte zur Rechtfertigung ihres gegenteiligen Standpunkts, daß sie die Bauaufsichtsmaßnahmen im Rahmen ihrer Tätigkeit als Ausgeberin der Heimstätte vorgenommen habe, dargelegt. Schließlich kann nicht unbeachtet bleiben, daß das Einfamilienhaus in dem Zeitpunkt, in dem M. den Heimstättenvertrag angenommen hat, bereits fertiggestellt war und somit keiner Betreuung durch die Bfin. als Ausgeberin der Heimstätte mehr bedurfte. Nach allem ist die Feststellung des Finanzgerichts, die Bfin. habe den Bau des Einfamilienhauses als Ausgeberin der Heimstätte nicht betreut, nicht rechtsirrig. Die Vorinstanz hat daher zu Recht der Bfin. die Umsatzsteuervergütung versagt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410201

BStBl III 1961, 476

BFHE 1962, 582

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge