Leitsatz (amtlich)

Ob Umsätze zur Durchführung der Errichtung einer Reichsheimstätte dienen, ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden.

 

Normenkette

Reichsheimstättengesetz § 34; UStDB § 49 Abs. 1 Ziff. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Revisionsbeklagte (Antragstellerin), eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft, für Umsätze an Einrichtungsgegenständen eines Eigenheimes Umsatzsteuervergütung erhält (§ 49 Abs. 3 UStDB).

Die Antragstellerin ist für die Errichtung von Heimstätten nach dem Reichsheimstättengesetz (RHeimstG) zugelassen. Sie errichtete u. a. für einen Herrn E. ein Eigenheim, das sie mit verschiedenen Kücheneinrichtungsgegenständen versah, so mit einem Spültisch, einem Spülschrank und mit anderen hierauf abgestimmten Schränken, ferner auch mit einem fest eingebauten Wandschrank.

Die einzelnen Einrichtungsgegenstände wurden von der jeweiligen Herstellerfirma nach den besonderen Erfordernissen des Baues geplant und geliefert.

Für die Lieferung der Einrichtungsgegenstände beantragte die Antragstellerin im ersten Halbjahr 1960 nach § 49 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 3 UStDB in Verbindung mit § 34 RHeimstG (Bekanntmachung vom 25. November 1937, RGBl I S. 1291) Umsatzsteuervergütung. Der Revisionskläger (Finanzamt -- FA --) lehnte für die oben angeführten Umsätze die Umsatzsteuervergütung zunächst ab.

Der Einspruch der Antragstellerin hatte teilweise Erfolg.

Das FA gewährte nunmehr für den Wandschrank die Umsatzsteuervergütung, weil dieser durch Einbau wesentlicher Bestandteil des Eigenheimes geworden sei. Für die übrigen Umsätze versagte es jedoch die Umsatzsteuervergütung weiterhin, weil Inventar und Zubehör von der Vergünstigung nach § 49 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB nicht erfaßt seien.

Die Berufung der Antragstellerin hatte in vollem Umfange Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ist der Auffassung, daß die Steuerbefreiung nach § 49 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB auch auf Inventar und Zubehör anzuwenden sei, soweit Gegenstände dieser Art üblicherweise zur Erstausstattung eines Eigenheimes gehören.

Mit der vom FG zugelassenen Rb., die seit dem Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 als Revision zu behandeln ist, macht das FA geltend, daß der Kreis der unter § 49 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB fallenden Umsätze nahezu unbegrenzt wäre, würde man auch Inventar und Zubehör miteinbeziehen. Sinn und Zweck des RHeimstG sei die Förderung des Erwerbs von Eigenheimen (Grundeigentum), nicht des Erwerbs beweglicher Habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision kann keinen Erfolg haben.

Die Steuerfreiheit nach § 49 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB setzt u. a. voraus, daß es sich um Umsätze handelt, die zur Begründung oder Vergrößerung von Heimstätten erforderlich sind. Die Revision geht mit Recht davon aus, daß die Steuerbefreiung nur dann gegeben ist, wenn die Umsätze mit der Erstellung der Heimstätte in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Dieser vom Reichsfinanzhof (RFH) für § 49 Abs. 1 Ziff. 1 UStDB (zur Durchführung von Siedlungsverfahren) aufgestellte Grundsatz (Urteil V A 571/36 vom 16. Juli 1937, Slg. Bd. 44 S. 306) findet auch auf § 49 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB Anwendung. Im Streitfall ist diese Voraussetzung nach den Feststellungen des FG gegeben

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits mit Urteil V 288/59 vom 14. Februar 1963 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -- HFR -- 1964 S. 35) entschieden, daß der Begriff "Begründung einer Heimstätte" in erster Linie wirtschaftlich zu verstehen sei und nicht an bestimmte Rechtsvorgänge anknüpfe. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für den Zeitpunkt, zu dem eine Heimstätte begründet wird, sondern auch für den Umfang ihrer Ausstattung. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, werden deshalb von der Vergünstigung des § 49 UStDB nicht nur Umsätze erfaßt, die zur Ausgestaltung des Grundeigentums im sachenrechtlichen Sinn der §§ 93, 94 Abs. 2 BGB bestimmt sind (Einfügung eines wesentlichen Bestandteils in ein Eigenheim). Vielmehr gehören dazu auch Umsätze von Inventar und Zubehör, soweit eine moderne, wirtschaftlich vernünftige Bauplanung diese Gegenstände regelmäßig in die spezielle Gestaltung der Heimstätte einbezieht. Für die Steuerbefreiung nach § 49 Abs. 1 Ziff. 3 UStDB (bäuerliche Siedlungen) erkennt dies der Runderlaß des Reichsministers der Finanzen vom 11. Dezember 1940 (RStBl 1940 S. 1026) ausdrücklich an (vgl. II Ziff. 4 des Runderlasses). Der gleiche Grundsatz gilt aber auch für § 49 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB. Der erwähnte wirtschaftliche Zusammenhang mit der Begründung der Heimstätte ist nach Auffassung des Senats insbesondere gegeben, wenn bei schlüsselfertiger Herstellung von Wohngebäuden Badeinrichtung, Toiletteneinrichtung und Küchenausstattung in angemessener Art und Güte eingefügt werden. Selbst wenn man davon ausgeht, daß zum Zeitpunkt der Einführung der Steuervergünstigung derartige Umsätze in die Steuerbefreiung nicht einbezogen waren, so wäre die getroffene Entscheidung doch mit Rücksicht auf die Entwicklung der Verhältnisse im Wohnungsbau nach § 1 StAnpG gerechtfertigt. Ob ein Einrichtungsgegenstand noch im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Begründung der Heimstätte steht oder bereits zur Ausstattung einer bestehenden Heimstätte zu rechnen ist, ist im Einzelfall zu entscheiden.

Im Streitfall hat das FG festgestellt, daß die von der Antragstellerin gelieferten Einrichtungsgegenstände üblicherweise zur normalen Erstausstattung eines Eigenheimes gehören. Diese Feststellung ist nicht zu beanstanden. Die Revision kann daher keinen Erfolg haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411992

BStBl III 1966, 260

BFHE 1966, 136

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